Als nächstes kamen wir wieder in einen Gang, von dem mehrere Türen abgigen. Astrid öffnete die erste Tür rechts. Dahinter befand sich die Küche, die vielleicht so groß war wie das innere eines Wohnwagens. In der einen Ecke stand ein Gefrierofen der so groß war, dass man einen Schneemann darin hätte bauen können. Auf einer Arbeitsplatte daneben stand eine Mikrowelle. Ansonsten war die übliche Küchen-Ausstattung zu finden. Eine kleinere Tür am anderen Ende des Raums führte wohl in die Vorratskammer. Neugierig öffnete ich sie und entdeckte alles mögliche essbare. Von Haselnüssen über Salamisalat, Kartoffelsalat, Essiggurken, Senfgurken und Toast bis hin zu Dosenpfirsichen, Bananen, Kiwis und Donuts. Und so viele leere Bierflachen wie hier standen müssten alle einen Bierbauch haben. Als ich immer noch überrascht wieder in die Küche trat, grinste Astrid wie eine Grinsekatze "Na, überwältigt?".
"Auf jeden Fall. Warum habt ihr nur so viele Gurken?" sagte ich immer noch etwas verwundert. Sie zuckte mit den schultern "Billig und lecker. Und jetzt komm". Ungeduldig zog sie mich in den nächsten Raum. Im Flur blieb ich jedoch stehen. An der Tür des nächst Raums hing ein Schild auf dem Stand "Um hier zu Überleben". Interessiert blieb ich stehen und begann zu lesen "Erstens: Nicht Barfuß laufen, um Fußpilz zu vermeiden. Zweitens: Suppenlöffel nur in den Mund nehmen, wenn man Karies möchte. Drittens: Nach dem Schwimmen keine Bikinis! Ist nicht sexy! Zieht euch Bademäntel über! Und wenn ich das beachte, überleb ich hier?" wollte ich amüsiert wissen. Auch Astrid lachte "Ließ weiter". Darunter hatte jemand mit Kugelschreiber geschrieben "Beim kaken am besten weder Klobrille noch Klopapier berühren". Ich konnte nur lachen "Wenn das so ist, freu ich mich ja schon darauf morgen Nacht hier weg zu kommen".

"Soo, dass ist der sogenannte Horst" erörterte Astrid als wir den nächsten Raum betraten (der, an dem das Überlebendsschild hing). "Horst?" fragte ich verwirrt. Sie nickte bekräftigend "Ja. Einfach Leute nennen es auch Nest eines Raubvogels". Ich lachte auf "Dann übersteigt eure Intelligenz meine um weiten". Jetzt betrachtete ich den Raum näher. Als erstes fiel mir ein großes Bild in einem noch viel größerem Bilderrahmen auf. Es zeigte eine kleine Katze und einen doppelt so großen, starken Tiger. Unter ihnen stand kursiv 'Vom Kätzchen zum Tiger'. So ein ähnliches hing nochmal im Raum, es zeigte eine Taube und eine Schildkröte und darunter stand 'Gepanzert wie eine Schildkröte und frei wie eine Taube'. Die Sprüche sollen wohl eine Art Botschaft sein, irgendwas wie 'Gib nicht auf' oder so. Jetzt fiel mir auf, dass in der Mitte des Raumes ein Couchtisch stand, auf dem - wer hätte es gedacht - Gurkenscheiben lagen. Auf einem Sofa saß ein Mann mittleren Alters mit Augenklappe, Glatze und einem Teddybären im Arm. Er schaute wohl gerade einen Film auf einer steinalten Medienscheibe. "Ähm... hallo" sprach ich ihn zögerlich an. "Schalom" erweiterte er, ohne in meine Richtung zu gucken. Fragend schaute ich zu Astrid, die seufzte "Er ist nicht mehr ganz nomal im Kopf. Bei dem ist Hopfen und Malz verloren". "Warum?" wollte ich wissen und warf einen vorsichtigen Blick zu dem Mann. Leise bekann die Frau zu erklären "Er hat sich mit Polizisten der Regierung angelegt und... naja Mord begangen. Als er dann auf der Flucht vor ihnen war, hat er nach einem kurzen Autorennen Bekanntschaft mit Sprengstoff und Schüssen gemacht. Seine rasante Autofahrt fand dann an einem Baumstamm seinen Schluss. Die Expusion seines Taks war heftig und hat eine kleine Verwüstung angerichtet. Die Polizisten sind umgedreht, weil sie nicht davon ausgegangen, dass er das Überlebt. Hat er aber, irgendwie. Unsere Leute haben ihn gefunden und her gebracht. Ich sag dir, so viel Blut... Nicht nur eine Platzwunde die man mit einem Taschentuch abwischt. Wir brauchten den großen Verbandskasten um all seine Wunden zu versorgen. Und jetzt ist er ein arroganter Idiot ohne Hirn und Haare. Man kann ihn durchaus zu den Naturkatastrophen zählen". Ich musste schlucken. Schon heftig, was die Regierung macht... automatisch musste ich an Bastian denken. Wie es ihm wohl geht? Und das alles nur wegen Alex seinem dummen, leeren Zettel. Oder war es am Ende gar nicht Alex' sondern Colins Idee? Egal, Alex betrügt mich und ich habe keine Ahnug wie ich ihm wieder Vertrauen kann. Kalte Eifersucht schoss ohne Grund in mir auf. Eifersucht, auf das Mädchen, dass Alex berühren durfte... vielleicht sogar auf sexueller Ebene? 'Hör auf darüber nach zu denken' schallte ich mich selbst 'Denk an Dennis. Denk einen einen Kuss mit ihm. Er küsst so gut. Er ist so anziehend, alles kribbelt wenn er mich berührt. Ich bin froh wenn er da ist. Er ist meine Hitze an kalten Tagen'. Doch egal was ich versuchte, das Bild einer Blonden Schönheit im Tanga und Alex hatte sich schon in mein Gehirn gebrannt.

Ich schreckte aus meinen Gedanken auf, als plötzlich eine angenehme Melodie den Raum erfüllte. Ich sah mich um und sah Astrid an einem Klavier, dass links von mir an der Wand stand, Musik machen. Einen Moment wollte ich sie fragen, wo sie das gelernt hat, doch sie wirkte so konzentriert, dass ich sie nicht stören wollte. Also sah ich mich weiter um. Auf dem Couchtisch lagen neben den Gurkenscheiben noch ein paar Bücher. Ich griff nach dem obersten und schlug da auf, wo das Lesezeichen war. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass es sich um ein Telefonbuch handelt. Schnell legte ich es zurück und stellte fest, dass auch Astrid mit ihrem Musikstück fertig war. "Das klag wunderschön" sagte ich leise. Sie winkte ab "Komm, zwei Räume kann ich dir noch zeigen". Sie zog mich wieder auf den Flur und dieses mal gingen wir ein ganzes Stück, ehe sie vor einer Metalltür stehen blieb. Auf dem Boden neben der Tür standen fünf Taschenlampen und sie reichte mir eine mit den Worten "Da haben wir keinen Strom". Etwas zögerlich knipste ich die Lampe an und fogte ihr durch die Tür. Was dahinter lag, raupte mir den Atem. Eine unterirdische Eisenbahnstrecke. "Ist an alle Stadtteile und angeschlossen" sagte sie stolz und führte mich zu einer Werkbank, auf der neben Schraubenzieher und so Zeug auch ein Stadtplan lag. Ich konnte auf der Karte sogar den Spielplatz ausfindig machen, auf den ich in meiner Kindheit immer gespielt hatte. Und als ich den Blick hob, stocke mir der Atem zum zweiten mal. Da stand doch echt ein Gleiskettenfahrzeug. "Falls wir kurzfristig fliehen müssen" sagte Astrid als ob das Fahrzeug nichts Wert wäre. Ich hingegen war überwältigt "Voll der Luxus". Sie zuckte nur mit den Schultern "Ja... naja... egal jetzt, komm ich muss dir noch mein Zimmer zeigen". Nach einem weiteren kurzen Lauf durch die Gänge des westlichen Stützpunktes blieb Astrid also vor einer Tür stehen, auf der stand 'Ich schmeiß alles hin und werd Prinzessin'. Eilig kramte sie einen Schlüssel heraus und schloss auf. In dem Raum herrschte Chaos. Überall lagen Klamotten wie Jeans, Leggins und Shirts. Von irgendeinem Kleiderberg zog sie Ringelsocken und murmelte etwas wie "Ach da sind die. Ich dachte, die hätte ich Verloren". Allerdings schmiss sie jetzt die Socken hinter sich und grinste "Naja, hier musst du es bis heute Nacht mit mir aushalten".

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