Das kleine Atelier von Monique ist vollgestellt mit Staffeleien, Farben, und Leinwänden, auf denen unfertige Skizzen und Studien liegen. An den Wänden hängen ihre Werke: meisterhaft gemalte Portraits und Landschaften, die von ihrer Geduld und Hingabe zur Kunst erzählen. Doch heute gibt es nur eine Leinwand, die Moniques volle Aufmerksamkeit verlangt – die Kopie der Mona Lisa, das größte und gewagteste Werk, das sie je gemalt hat.
Monique steht im Zentrum des Raumes vor einer Staffelei, die im besten Licht steht. Sie hat eine Lampe so eingestellt, dass sie den gleichen warmen Schein wie der Museumsbeleuchtung im Louvre imitiert. Monique trägt einen schlichten, abgetragenen Malerkittel, dessen Taschen mit Pinseln in verschiedenen Größen und Dutzenden Farbtuben gefüllt sind. Vor ihr auf der Staffelei ist die fast vollendete Mona Lisa – ihre Kopie des weltberühmten Gemäldes – so lebendig und eindrucksvoll, dass man kaum glauben kann, es sei eine Nachbildung.
Kimberly steht in der Nähe und verfolgt jede Bewegung von Moniques Pinsel mit gespannter Aufmerksamkeit. Sie beobachtet, wie Monique den feinen Pinsel langsam eintaucht, eine Mischung aus Ocker, Siena und einem Hauch Schwarz aufnimmt und sanft über die Leinwand führt, um die tieferen Schatten um die Augen und den Mund noch präziser zu gestalten. Monique arbeitet konzentriert, fast hypnotisch, während sie jedes Detail von Leonardos Technik imitiert.
„Siehst du das, Kimberly?" Monique deutet auf eine Stelle direkt neben Mona Lisas Auge. „Leonardo hat seine Schatten in hauchdünnen Lasuren aufgetragen, Schicht für Schicht, als würde er einen Schleier über einen Schleier legen, bis die Tiefe des Gesichts perfekt war."
Kimberly nickt, fasziniert. Sie hätte nie gedacht, dass das berühmte Lächeln so viel Geduld und Hingabe verlangt. „Wie viele Schichten sind das jetzt?" fragt sie leise, um Monique nicht aus ihrem Rhythmus zu bringen.
„Zehn. Vielleicht zwölf," murmelt Monique, ohne den Blick von der Leinwand zu nehmen. Sie setzt ihren Pinsel kurz ab und wechselt zu einem feineren Exemplar, nimmt ein wenig von einem transparenten Gel-Medium und mischt es mit einem sanften Elfenbein-Farbton. „Diese Lasur ist für die Lichter auf der Stirn und die Wangen – sie bringt das Leuchten zurück, das bei all den Schatten leicht verloren gehen kann."
Mit langsamen, gleichmäßigen Pinselstrichen trägt sie die Lasur auf, verteilt sie so behutsam, als würde sie über die Oberfläche streicheln, und fügt so eine weitere Schicht Tiefe hinzu. Das Bild scheint unter ihren Händen zu atmen, das Gesicht fast lebendig zu werden.
„Unglaublich," flüstert Kimberly. „Es sieht aus, als wäre sie wirklich da. Es ist, als würde sie einen ansehen... wie im Louvre."
Monique lächelt, aber sie unterbricht ihre Arbeit nicht. „Es ist das Geheimnis der Augen. Sieh mal genau hin – sie sind ein winziges bisschen unscharf, als würde der Blick in die Ferne verschwimmen, und dennoch fixieren sie einen, egal, von wo man sie ansieht."
Langsam setzt Monique den Pinsel wieder an und widmet sich den feinsten Details des Lächelns – jenem Lächeln, das so rätselhaft und zugleich sanft ist. Sie nimmt einen Pinsel mit extrem feiner Spitze und setzt minimale Tupfer in verschiedenen Farbtönen entlang der Lippenkontur. Die Farben verschmelzen unter ihrem Pinselstrich und erzeugen die Illusion einer schimmernden Oberfläche.
„Leonardo hat seine Farben häufig selbst hergestellt," erklärt Monique plötzlich und wirft Kimberly einen wissenden Blick zu. „Ich habe ein bisschen experimentiert und eine ähnliche Mischung aus natürlichen Pigmenten und Ölen für den Teint verwendet. Das gibt dem Gesicht diese warme, fast durchsichtig wirkende Haut."
Kimberly staunt über die Hingabe ihrer Freundin. „Und was ist mit den Rissen? Die, die das Alter des Bildes zeigen?"
Monique nickt und zieht eine kleine Flasche hervor. „Das ist ein spezieller Firnis, gemischt mit etwas Klarlack. Ich habe ihn mit einem dünnen Schwämmchen aufgetragen, um mikroskopische Risse zu erzeugen, die beim Trocknen aushärten und dem Gemälde das typische Erscheinungsbild verleihen, das durch Jahrhunderte entsteht."
Sie geht mit dem Schwämmchen in schnellen, präzisen Bewegungen über die Oberfläche des Bildes, ohne dabei die Pinselarbeit zu zerstören. Unter dem Licht erkennt man kleine, feine Linien, die dem Gemälde das Aussehen jahrhundertealter Risse verleihen.
Kimberly lehnt sich vor und betrachtet das Ergebnis voller Bewunderung. „Monique... das sieht aus wie ein Wunder. Niemand wird das jemals als Fälschung erkennen."
Monique nimmt einen Schritt Abstand, betrachtet das Bild lange und tief. „Weißt du, ich habe mich oft gefragt, was sie denkt. Ob sie Geheimnisse verbirgt oder einfach nur glücklich ist."
Kimberly lacht leise und schüttelt den Kopf. „Vielleicht genau beides."
Monique nickt nachdenklich, wischt sich mit dem Handrücken einen winzigen Farbklecks von der Wange und sieht zu ihrer Freundin. „Es ist seltsam, weißt du? Ich fühle mich fast, als würde ich einen Teil von ihr hier bei mir zurücklassen, bevor wir das echte Bild ersetzen. Vielleicht bleibt dieses Lächeln tatsächlich ein Geheimnis – selbst in meiner Kopie."
Kimberly greift vorsichtig nach Moniques Hand und drückt sie fest. „Das macht es so perfekt, Monique. Weil du deine Seele darin verewigt hast."
Mit diesen Worten tritt sie zurück, und Monique steht noch eine Weile vor ihrer Arbeit, betrachtet die Mona Lisa und legt ihre Hand sanft auf den Rahmen, als würde sie sich verabschieden.
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Catch me if you can
RomanceEine Meisterdiebin die alles klaut, was ihr unter den Nagel kommt. Ein Polizist der versucht die Diebstähle aufzuklären.
