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»Bild dir darauf jetzt nichts ein«, befahl Raffaele und schnappte mir die Zeichnungen aus der Hand

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»Bild dir darauf jetzt nichts ein«, befahl Raffaele und schnappte mir die Zeichnungen aus der Hand.

Ich runzelte die Stirn. »Okay. Darf ich sie mir genauer ansehen?«

»Nein.«

»Wieso nicht?«

»Ich zeichne dich nicht aus einem speziellen Grund. Nur so. Zum Üben.«

Das tat komischerweise weh. Sehr sogar. Ich meine, ich war allgemein nicht wirklich romantisch veranlagt und hatte nie das Verlangen, Männern zu gefallen. Meinen ersten Kuss hatte ich wahllos, nur um es hinter mich zu kriegen und mein erstes Mal mit einem Mann dessen Name ich nicht kannte. Ich war nie in einer festen Beziehung und das ganze Zeug war einfach nicht in meinem Blickfeld.

Aber verdammt, der Gedanke... Nein, der Fakt, dass Raffaele mich nicht schön fand, sondern mich nur so zeichnete... Das traf mich. Mein Herz hatte einen Sprung gemacht, in der Hoffnung er fand mich schön genug, um diese dutzenden Skizzen anzufertigen, allerdings wurde dieser Funke augenblicklich ausgelöscht. Einfach ins kalte Wasser geschmissen. War es denn nötig mir zu sagen, dass er mich hässlich fand?

Ich schluckte, »Oh, okay.«

Plötzlich drehte ich mich um. Meine Beine hörten nicht mehr und machten sich selbstständig. Wie Blut was strömte, wenn der Körper wusste, dass er verletzt wurde. Auf einmal setzte ich mich auf mein Moped und wollte es starten, wäre da nicht Raffaele der mir hinterherrief.

»Dannazione! Warte!«

Ich versuchte hektisch meinen Helm aufzusetzen, doch er hatte mich schon eingeholt und zog den Helm wieder ab und bückte sich auf meine Augenhöhe.

»Vergiss alles, was ich gesagt habe. Ich bin unreif und unehrlich und...« Er kniff seine Augen zusammen, als würden seine Worte ihm viel Mühe kosten.

»Du bist... Sei la donna più bella del mondo. Vertrau mir, du bist alles andere als hässlich.«

Mein Herz schlug unglaublich schnell. Ich wusste nicht, was er sagte, aber legte meine Arme um seinen Bauch und umarmte ihn. Als ich mich von ihm löste nahm er meine Wange in seine Hand und neigte meinen Kopf hoch, sodass seine strahlend goldenen Augen mir entgegen sahen.

»Sei meine Muse«, hauchte er, »Bitte.«

Abends besuchte ich Loretta und fragte sie was ›Sei la donna più bella del mondo bedeutete.

Loretta lächelte so stark, dass ich befürchtete, sie würde diese Grimasse jetzt für den Rest ihres Lebens tragen. Ihre Antwort sorgte dafür, dass ich eine Stunde später auf meinem Fensterbrett saß und die Sterne in der Dunkelheit beobachtete, während Tränen meine Wange herunterkullerten. Niemand hatte jemals sowas zu mir gesagt.

»Du bist die schönste Frau der Welt.«

Florenz, Sommer '85Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt