Elizabeth

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Erstaunlicherweise wurde uns sofort die Tür von einem schon sehr angetrunkenem Jungen geöffnet, der sich kaum auf den Beinen hielt und stark hin und her schwankte. Benebelt lehnte er sich an den Türrahmen, um nicht hinzufallen.

„Hersich wikommn, was kan ich fur Sie tun?", lallte er und versuchte seine Augen offenzuhalten, indem er seine Augenbrauen hochzog. Doch bevor wir ihm antworten konnten, knickten seine Beine weg, da sie der Last nicht standhalten konnten und der Junge fiel mit dem Rücken nach hinten, wo er dann liegen blieb. Die Flüssigkeit in dem roten Plastikbecher, die er in seiner Hand hielt, verschüttete er auf sich, was ihn nicht interessierte. 

„Bar ist dort", nuschelte er noch vom Boden aus und deutete mit seinem Zeigefinger in irgendeine Richtung. Nervös richtete ich meine Brille, die mir auf die Nasenspitze gerutscht war und wusste nicht, ob ich ihm helfen sollte oder nicht. Helene allerdings packte mich am Arm und zog mich rein. Elegant stiegen wir über seinen Körper rüber und drängelten uns durch die Menschenmenge, die trotz der Hitze, die hier drinnen herrschte, dicht aneinandergepresst standen, weil sie sonst nicht alle in das alte Haus gepasst hätten. Ich reckte meinen Kopf und suchte nach einem Platz, wo etwas weniger Leute waren, weil ich etwas Luft zum Atmen brauchte. Meine Haare klebten schon nach den ersten paar Minuten unangenehm an meinem verschwitzten Nacken und ich bereute es, keinen Haargummi mitgenommen zu haben.

Ich spürte ein Ziehen an meinem Kleid und drehte meinen Kopf. Es war Helene.

 Sie machte ein paar Mundbewegungen, die ich wegen der lauten Musik, die aus den Lautsprechern dröhnte, nicht verstand. Sie bemerkte meinen verwirrten Gesichtsausdruck und deutete dann zur Bar, dann schaute sie mich fragend an und deutete mit dem Daumen an ihren Mund, während sie denn kleinen Finger abgespreizt hatte. Sofort verstand ich, was sie meinte und nickte zögerlich. Gemeinsam lehnten wir uns an die Bar, doch sofort zog ich meine Arme, die ich draufgestützt hatte, angeekelt zurück, denn die Theke klebte unangenehm und überall waren nasse Pfützen von Getränken. 

"Ein Russian Spring Punch und...", brüllte Helene zum Barkeeper über die laute Musik hinweg. Dann wandte sie sich an mich, damit ich auch bestellte.

"Und eine Cola", schrie ich und erntete einen komischen Blick von einem älteren Mann, der mit einer Bierflasche in der Hand fast auf dem Barhocker lag und ziemlich betrunken schien. 

Wir beobachteten die flinke Arbeit von dem Barkeeper, der Flaschen durch die Luft wirbeln ließ, Gläser hochwarf und sie fing und metallische Behälter, die ich nicht beim Namen nennen konnte, weil ich sie noch nie zuvor gesehen hatte, schüttelte. Zum Ende gab er noch eine Menge Eiswürfel dazu. 

Ich reichte ihm einen Geldschein und bekam im Gegenzug die Getränke. Vorsichtig nippte ich an der eiskalten Cola und betrachtete die Umgebung. 

Angetrunkene Menschen, denn wie es schien, war ich eine der einzigen, die kein Alkohol tranken, tanzten eng beieinander. Niemanden störte es, dass fremde Körper gegen ihren rieben. Ich roch den Schweiß und das billige Aftershave und rümpfte die Nase. Lichtstrahlen tanzten über die Menge und erhellten die Köpfe der Menge. Ein DJ stand auf einer erhöhten Plattform. Frauen schwangen anzüglich ihre Hüften, um seine Aufmerksamkeit zu gelangen, damit er sie hoch rief. Musik dröhnte aus den Lautsprechern und eine Discokugel drehte sich an der hohen Decke. Mich wunderte es, dass sie noch nicht kaputt war.

In der Zwischenzeit hatte Helene schon ihren ganzen Drink geleert und bestellte Nachschub. Besorgt sah ich sie an. Wollte sie nicht erst mal ein wenig warten? Es schien ihr jedoch nichts auszumachen, wahrscheinlich war da nicht so viel Alkohol drinnen. Ich nahm noch einen Schluck, während Helene ihr Getränke in nur drei Schlucken austrank und sich dann angeekelt schüttelte. Mit aufgerissenen Augen sah ich sie an.

"Komm gehen wir tanzen", brüllte sie mir zu, packte meine Cola, exte sie und knallte sie auf die Theke, um mich an der Hand in die Menge zu ziehen. Ich stolperte ihr hinterher und krallte mich in ihrem Arm fest, um nicht hinzufallen. Nutzlos stand ich herum und wippte ein wenig mit der Musik mit, während Helene die Tanzfläche zu erobern schien. Ihre Hände wanderten über ihren Körper, zogen den Stoff ihres Kleides nach unten, ohne zu viel zu entblößen und kreiste gekonnt mit ihrer Hüfte. 

Viele Menschen drehten sich nach ihr um, während sie ihre Haare schwang und sich lässig bewegte, als täte sie das schon im Leibe ihrer Mutter. Ich mochte es, ihr beim Tanzen zuzusehen, denn sie konnte es unglaublich gut. Seit vielen Jahren nahm sie schon an Kursen teil und unterrichtete selber. Das beeindruckte mich und ich war sehr stolz drauf, wir viel sie mit ihrem Talent schon erreicht hatte.

Sie hatte mehrere Wettbewerbe gewonnen und die Pokale und Medaillen stapelten sich nur auf ihrem Wandschrank.

Dass sie gut tanzen konnte, bemerkte auch ein Mann mit blonden Locken, der sie von hinten antanzte. Sofort passte sie sich seinen Bewegungen an. 

Ich lächelte leicht und wandte mich um. Ich wollte die beiden nicht stören.

Suchend sah ich mich um. An einer Wand hing ein Schild, der zu den Toiletten führte. Ich folgte dem Pfeil und entdeckte eine lange Schlange. Genervt seufzte ich auf und reihte mich ein, um zu warten. Das konnte noch lange dauern, aber Helene würde mich jetzt sowieso nicht suchen. Sie war anders beschäftigt.

The taste of your lipsOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz