Kapitel 1

13.5K 421 79
                                    


Gelangweilt tippte ich mit meinem Fuß gegen die Wand.
Ich lag so im Bett, dass meine Beine gegen sie gestützt waren und mein Kopf über die Kante hing. Es war schon komisch, wie anders die Welt aussah, wenn man sie verkehrt herum betrachtete.
Mein Zimmer war ziemlich vollgestellt: Ich liebte Erinnerungsstücke, und so gab es neben Bett und Schrank unzählige Vitrinen, gefüllt mit Glastieren, Broschen und Briefchen.
Dazu kam, dass ich schon eine Art Sucht entwickelt hatte, immer und überall Pflanzen zu kaufen. Ich hatte Zimmerpalmen, Kakteen, Zierrosen, einen Gummibaum, verschiedene übers Zimmer verteilte Kletterpflanzen und dutzende farbenfrohe Blumen.
Das grüne Licht hatte schon immer eine beruhigende Wirkung auf mich gehabt- ein Zimmer voller Leben, aber dennoch so leise.

Während ich meinen Gedanken nachhing, nahm ich aus dem Augenwinkel wahr, dass meine Zimmertüre langsam geöffnet wurde.
Meine Mutter steckte den Kopf herein. "Jenna, Telefon für dich." Ich setzte mich auf und die Welt kippte zurück in ihre ursprüngliche Form. Mit brummendem Kopf und bunten Sternchen vor den Augen nahm ich nahm den Hörer entgegen. 

"Hallo?"

"Jenna, hey!"

Die Stimme meiner Freundin Grace ertönte und ich musste unbewusst lächeln. Grace, ihrer Zeit unübertroffen in guter Laune und der Fähigkeit, jeden in Grund und Boden zu reden, hatte mich irgendwann in der Grundschule als beste Freundin auserkoren und seitdem nicht mehr gehen lassen.
"Du wirst es nicht glauben, ich habe es tatsächlich geschafft! Wir müssen uns unbedingt um ein Outfit für dich kümmern- du hast ja kein einziges vernünftiges Kleidungsstück im Schrank. Hilfst du mir auch bei den Vorbereitungen? Wehe wenn nicht, ich zähl auf dich!
Und wag es ja nicht, hier nicht aufzukreuzen! Dann mach ich dir die Hölle heiß. Es ist deine Pflicht als beste Freundin, zu dieser Party zu kommen, außerdem-"

"Ist ja gut, ich komme. Glückwunsch! Hätte echt nicht gedacht, dass du deine Eltern noch rumkriegst." 

 „Ich auch nicht, aber Wunder geschehen", lachte sie.

Obwohl Graces Eltern eigentlich absolute Traumeltern waren und ihrer einzigen Tochter so gut wie alles erlaubten, waren sie nicht besonders begeistert gewesen, als diese ihren 18. Geburtstag mit einer Hausparty feiern wollte. Aber es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis Grace sie überreden würde. Sie hatte nämlich nicht nur große, bittende Hundeaugen, sondern war auch überaus hartnäckig und nervig, wenn sie ihren Willen durchsetzen wollte.
Seit Wochen sprach sie nur von ihrem Geburtstag und der dafür geplanten Party. Ein bisschen neidisch war ich schon, ich war nämlich die Jahrgangsjüngste und musste noch ein halbes Jahr auf meine Volljährigkeit warten.

Obwohl ich Grace meine beste Freundin nannte, ähnelten wir uns charakterlich überhaupt nicht. Sie war das genaue Gegenteil von mir: laut, überdreht und so selbstbewusst, dass sie von jedem respektiert wurde (oder gefürchtet, aber das habt ihr nicht von mir). Ich dagegen verbrachte meine Zeit am liebsten außerhalb des Rampenlichts und daher sehr gerne in ihrem Schatten. Denn da wo Grace war, blieb nicht viel Platz für andere Personen. Vielleicht waren wir gerade deshalb ein so gutes Team.

Aber Grace würde mich an den Haaren herziehen, sollte ich zu der Feier nicht auftauchen, und das machte mir Sorgen.
Ich konnte Partys nicht ausstehen. Die vielen Menschen auf einem Platz, der Geruch nach Schweiß und Alkohol, die Tatsache, dass nach der Party alle Bettbezüge gewaschen werden mussten.
Schrecklich.
Zudem fühlte ich mich immer wie der letzte Volltrottel, wenn ich alleine am Rand der Menge stand, an meiner Fanta nippte und mich so unsichtbar wie möglich machte.
Als beste Freundin der Party-Veranstalterin würde diese Methode höchstwahrscheinlich nicht funktionieren.

Der hyperaktive Pudel am Telefon namens Grace quietschte dagegen aufgeregt. "Das wird der schönste Abend meines Lebens! Oh, und Jen? Denk ja nicht, dass du dich wieder verstecken kannst. Dieses Mal wirst auch du dran glauben müssen!"

Soviel dazu.

"Hm... ich treibe einen Jungen auf, der dich notfalls auf die Tanzfläche trägt, du wirst sehen, das macht Spaß! Oh Mist, jetzt muss ich muss auflegen, meine Mutter will dringend telefonieren. Bis morgen!"
Sie wartete meine Antwort gar nicht ab, sondern legte einfach auf.
Seufzend legte ich das Telefon beiseite, schnappte mir ein Kissen und vergrub mein Gesicht darin.
Heute war Donnerstagabend, die Party sollte Samstag steigen.
Jeden anderen Menschen hätte ich für diesen Plan ausgelacht, aber Grace war ein solches Organisationstalent, dass ich keine Sekunde an der Umsetzung zweifelte.

Am nächsten Tag in der Schule kam sie mir bereits strahlend entgegen und drückte mir eine Liste in die Hand.
"Hier, da steht drauf was wir noch alles machen müssen, ich geh sie gleich mit dir durch. Oh Mann, Jenna, ich bin so aufgeregt!" Während sie wie eine aufgedrehte 13-Jährige vor mir auf und ab hüpfte, ließ ich meinen Blick über die Liste schweifen.
Zuerst sah sie ganz harmlos aus.

-Möbel wegräumen, Tanzfläche und Bar aufbauen
-dekorieren
-wichtige Räume abschließen
-jemanden finden, der Alkohol besorgt
-Bowle, Cocktails usw. machen
-Einladungen verteilen

doch dann kamen Punkte, die mein Blut gefrieren ließen.

zu Jenna:
-Kleid besorgen (sexy!)
-neue Frisur
-tanzen üben
-Schminken, schminken, schminken!

Fassungslos starrte ich Grace an.
Sie klimperte jedoch nur unschuldig mit den Wimpern und meinte:
"Was? Tut mir leid, Jen, aber du brauchst wirklich dringend eine Generalüberholung."

"Oh nein oh nein. Auf gar keinen Fall. Du weißt doch, wie sehr ich sowas hasse! Ich komme zu deiner Party, okay. Aber ich werde nicht in einem sexy Kleid erscheinen und mich erst recht nicht aufdonnern!"

Sie zog beleidigt eine Schnute und erwiderte: "Aber es ist mein Geburtstag!"
"Ja, es ist dein Geburtstag. Und den möchte ich auch mit dir feiern, aber ich will definitiv keine Typen aufreißen. Okay?"

Grace überlegte kurz. "Meinetwegen. Aber um ein Kleid und ein bisschen Schminke kommst du nicht drum herum."

Na gut, damit konnte ich leben. Dachte ich zumindest.


Hallo und Willkommen an alle neuen Leser! Diese Geschichte ist abgeschlossen, das heißt, ihr könnt sie in einem Rutsch durchlesen :) Allerdings werdet ihr vielleicht merken, dass sich mein Schreibstil im Verlauf leicht verändert hat - das liegt daran, dass ich Undercover vor 6 Jahren angefangen habe und damals natürlich noch deutlich jünger war. Ich werde das Buch stückchenweise überarbeiten, also bitte nicht wundern, wenn sich einige Details verändern! Bis dahin: Bitte entschuldigt den Schreibstil :) Viel Spaß beim Lesen!

Eure Palodie <3

Undercover || Niall HoranWo Geschichten leben. Entdecke jetzt