»Gott, Lexi! Für einen Moment hattest du mich echt - bin ich erleichtert.« Seine Wangen wurden wieder rosig und auch sein angespannter Körper löste mit einem Mal seine Haltung. Auch ein Lachen ertönte aus seiner Kehle.

Eine kurze Pause entstand und während ich nicht wusste, was ich tun sollte, nutzte Ryan seine Chance.

»Hier ist es wirklich schön, Lexi«, sagte er auf einmal ziemlich sanftmütig und hob mit seiner Hand sachte mein Kinn an damit er mir in die Augen sehen konnte.
Ohne etwas zu sagen, bemerkte Ryan trotzdem meine Stumme Anerkennung und schenkte mir ein ehrliches Lächeln.

»Danke, dass du mich hier hergebracht hast...« Vorsichtig ließ er mein Gesicht los und unterbrach diesen innigen Moment, welcher genauso plötzlich endete, wie er begann, damit, dass er sich aufraffte und zum Geländer des Daches ging.

»Nichts lieber als das...«, murmelte ich, womöglich gar nicht hörbar für ihn, denn sein Auftreten zog gerade meine komplette Aufmerksamkeit auf sich.

Er schaute nach unten auf die Straßen, die selbst zu dieser Tageszeit noch reichlich befahren waren, und drehte sich nach einem kurzen Moment wieder zu mir um.
Er lehnte gegen das Geländer und mein Blick wanderte über seinen muskulösen Körper, welcher mich zu Träumereien verleiten ließ.

»Lexi?«, fragte er nach einem kurzen Moment der Stille und riss mich aus meiner Gedankenwelt.
»Ja?« Ich sammelte mich wieder und versuchte mich auf seine Worte zu konzentrieren.
»Wieso bist du hier weggezogen, wenn dir es hier so gefällt?«

Seine Frage war präzise und ehrlich gesagt auch sehr privat. Ich hatte so gehofft, dass ich es nicht erwähnen musste, aber was soll's. Das Thema war so umfassend, sodass er wahrscheinlich mit jeder Frage an diesem Abend mich irgendwie in Verlegenheit gebracht hätte. Ich wollte ihn nicht anlügen.

Ich stöhnte.
»Das ist eine sehr lange Geschichte...«
»Gib mir die Kurzfassung«, forderte er schulterzuckend.
»Na schön - du hast es so gewollt.« Bevor ich weiter reden konnte, atmete ich einmal tief ein, um meine Gedanken zu sammeln. »Ich habe hier mit meinem Ehemann gelebt und nach der Scheidung konnte ich hier einfach nicht mehr bleiben - zu schmerzhaft waren die Erinnerungen...«

Selbstverständlich hatte er mit der für mich schwersten Frage starten müssen, aber zu meiner Erleichterung blieb er viel gefasster, als ich erwartete.
Immerhin hatte ich ihn an einen Ort gebracht, an dem ich mit meinem Mann zuvor war.

»Du warst verheiratet?«, fragte er interessiert ohne vorwurfsvoll zu klingen und setzte sich wieder.
»Ja, ganze fünf Jahre...«
»Interessant...« Kurzes Schweigen trat auf, ehe Ryan seinen durchdringenden Blick wieder auf mich richtete. »Möchtest du mehr darüber erzählen?«, tastete er sich vorsichtig zu mir vor, um mir nicht zu nahe zu treten. »Du musst natürlich nicht, wenn du nicht willst!«

»Wenn wir schon damit angefangen habe.« Ich zuckte mit den Schultern. »Ich rede zwar nicht gerne drüber, weil es immer noch schmerzt, aber ich will dir nichts verschweigen. Du kannst mich alles fragen und ich werde dir alles sagen, wozu ich im Stande bin...«

Dieses Gespräch über mein verkorkstes Leben forderte verdammt viel von mir, aber aus mir unerklärlichen Gründen, wollte ich ehrlich zu Ryan sein und wenn ich eine Zukunft mit ihm haben wollte, dann musste ich genau an dieser Stelle anfangen.

»Manchmal fällt es leichter mit einem Fremden zu reden, nicht wahr? Sag mir einfach, wenn ich zu weit gehe...«
Ich nickte und gab ihm damit meine Erlaubnis mich mit Fragen zu löchern, die mir weh tun würden.

»Wie habt ihr euch kennengelernt?«
»Wir kennen uns seit Kindertagen - unsere Eltern sind bis heute eng befreundet. Ein Paar waren wir seitdem wir 15 waren, im letzten Dezember wären es zehn Jahre gewesen...« Ich wendete für einen Moment den Blick ab, denn ich hatte einen dieser schwachen Momente, wie Holly sie nannte, und wollte am liebsten weinen.

I never thoughtWhere stories live. Discover now