8. Heiß Wasser mit Liebe als Tee

82 10 0
                                    

War es Liebe?, fragten sich die beiden Menschen, die sich gegenübersaßen und sich in die Augen sahen. Zwischen ihnen war ein Berg aus zu lange versteckt gehaltenen Geheimnissen, unerklärlichen Gefühlen und geweinten Tränen. War das die Liebe, von der sie so vielgelesen hatten? - Oder war es nur ein Gefühl, aus der Hilflosigkeit geboren und die Verzweiflung fressend? War es ein leiser Wind, der kam, um zu bleiben oder war es der Sturm, der über sie hinwegfegte und sich nach kurzer Zeit wieder verflüchtigte, eine Verwüstung hinterlassend?

Was immer es war, es wirbelte ihre Gedanken umher und brachte sie aus dem Gleichgewicht, sodass sie sich aneinander klammern mussten.

Ihr einziger Halt im Gewitter der Angst waren die zitternden Arme des Anderen. Sie versuchten, sich gegenseitig vor der regnenden Furcht zu schützen, kauerten sich zusammen aus Angst vor den Blitzen der Wut und erzitterten unter dem Donner der Erkenntnis, die sich langsam näherte. Die Erkenntnis, dass vielleicht diesmal nicht alles gut werden würde, dass die erdrückende Kälte des Bösen ihre Herzen zu Eis frieren könnte.

Und auf einmal, aus dieser Welle der Emotionen heraus, trafen sich ihre Lippen.

In Büchern hieß es immer, der erste Kuss sei wie ein Feuerwerk, aber das war er nicht. Er war wie das verzweifelte Klammern an den anderen, das Greifen nach etwas, an dem man sich festhalten konnte. Zwei einsame Seelen auf der Suche nach etwas, was sie ehrfürchtig Liebe nannten und was sich hinter ihren Rücken teuflisch über ihre Naivität amüsierte.

Das Pendel der alten Standuhr an der Wand zuckte einmal kurz, bevor es stehen blieb, einfach in der Luft, ein Stück nach links geneigt. Nach links, nicht nach rechts, denn es war nicht recht, was im Raum geschah.

War es Liebe? Vielleicht. Wer wusste so etwas schon? Vor allem aber war es Verzweiflung.

Das Blut rauschte in den Ohren der jungen Leute und sie pressten sich aneinander, versuchten sich so nah wie möglich zu sein, um das Sorgengebirge zwischen ihnen verschwinden zu lassen.

Das Pendel der Uhr zuckte und löste sich aus seiner Starre, bevor es viel zu schnell weitertickte, im Versuch, die verlorene Zeit aufzuholen.

"Warum ist die Welt so schlecht?", flüsterte Hermine leise und Draco fuhr sanft mit seinem Finger über ihr Gesicht und verwischte die Tränenspuren.

"Vielleicht wird es irgendwann wieder besser", meinte er leise, aber sie entwand sich ihm.

"Aber wie?", wisperte sie. "Ich kann nicht mehr. Ich werde verrückt in dieser Welt! Ich brauche frische Luft, ich brauche Tageslicht." Sie wimmerte leise. "Ich will meine Freiheit zurück."

Sanft nahm Draco ihre Hand in ihre.

"Lass uns nach draußen gehen. Heute Nacht. Nicht weit von hier ist ein kleiner See im Wald. Dort wird dich niemand sehen."

Hermines Vernunft riet ihr davon ab, das spürte sie genau. Aber sie hatte seit Tagen in diesem Anwesen gesessen und sie sehnte sich nach frischer Luft, also nickte sie.

"Und dann", sprach Draco leise weiter, "mit einem klaren Kopf, überlegen wir, was wir tun."

"Was wir tun?" Hermine sah ihn aus großen, langsam trocknenden Augen an. Draco blickte ihr fest ins Gesicht.

"Du bist die klügste Hexe deines Alters und ich bin auch nicht ganz blöd. Du hast fünf Jahre an der Seite von Harry Potter überlebt", erklärte er entschlossen. "Wir werden eine Lösung finden. Wir finden einen Weg, Kontakt zu Dumbledore aufzunehmen und..."

"Ich dachte, du hasst Dumbledore", unterbrach Hermine ihn überrascht.

"Ich halte nicht viel von ihm, da hast du recht." Draco nickte. "Was daran liegt, dass er nicht so unparteiisch ist, wie er als Schulleiter sein sollte. Und wenn du einmal einen kleinen Fehler an jemandem gefunden hast, dann suchst du danach - und wenn man bei diesem Mann mal genauer hinsieht, ist er nicht so wunderbar, wie er wirkt."

"Aber?", fragte Hermine.

"Aber er ist definitiv der richtige - und der einzige - Ansprechpartner für diese Situation. Er wird wissen, was zu tun ist."

Hermine nickte. Das war eine recht logische Argumentation.

"Und wo fangen wir an?", fragte sie, sich entschlossen über das Gesicht wischend.

"Wir könnten meine Mutter um Hilfe bitten", schlug Draco vor. "Vielleicht hat sie eine Idee und selbst wenn nicht, darf sie zumindest zaubern, was uns sicher von Vorteil ist."

Hermine kniff die Augen zusammen.

"Wie viel weiß sie denn schon?", fragte sie scharf. Draco seufzte.

"Sie weiß, dass ich jemanden verstecke, der in Gefahr ist", berichtete er leise. "Aber sie weiß nicht, wer du bist und warum du hier bist."

"Und...angenommen, wir erzählen ihr alles. Wie können wir sicher sein, dass sie uns nicht verrät?", fragte Hermine misstrauisch.

"An wen?" Draco zog spöttisch die Augenbrauen nach oben. "Sie hat keinerlei Kontakt zu Nicht-Reinblütern und wenn sie der Dunkle Lord Wind davon bekommt, dass das Haus Malfoy einem solchen Asyl gewährt hat, dann geht diese ganze Sache für niemanden von uns gut aus. Außerdem ist meine Mutter nur bei den Todessern, weil mein Vater da ist."

Hermine zögerte kurz, dann nickte sie langsam.

"In Ordnung", meinte sie und straffte die Schultern. "Gehen wir an die frische Luft. Und wenn wir wiederkommen, legen wir die Karten offen und - und ich hätte nicht gedacht, dass ich das jemals sagen würde -" ein leicht amüsiertes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht, " - retten wir die Reinblüter."

Help Me OutWhere stories live. Discover now