Coco und Jules erzählten ein wenig von der Arbeit und dem Besuch von Jules' Eltern vorletzte Woche und ich hörte ihnen einfach nur schweigend zu, während ich Kartoffelsalat in meinen Mund schaufelte. Erst jetzt merkte ich, was für einen Hunger ich eigentlich hatte und stellte fest, dass ich in den letzten zwei Wochen wirklich viel zu wenig gegessen hatte.

Nach dem Essen bestand ich darauf, beim Spülen zu helfen, obwohl meine Schwester mir einreden wollte, ich sei der Gast und dürfe das deshalb nicht tun. Anschließend verabschiedete Jules sich, weil er noch verabredet war und Coco und mir etwas Zeit zu zweit lassen wollte und so kam es, dass ich schließlich mit meiner Schwester auf dem Sofa lag. Sie saß halbwegs aufrecht in der Ecke der Couch und ich hatte mich an sie gekuschelt, so wie ich es früher getan hatte, wenn ich mich vor einem Gewitter gefürchtet hatte.

"Wie gehts dir, meine Kleine?", erkundigte sie sich mit sanfter Stimme, während ihre Finger liebevoll durch meine Haare fuhren und meine Kopfhaut leicht massierten.

"Besser seit ich hier bin", antwortete ich und es war die Wahrheit. In meiner Wohnung hatte ich mich einfach nur eingeschlossen gefühlt, aber hier konnte ich endlich wieder richtig atmen und ich war froh, dass ich Cocos Einladung gefolgt war.

"Das freut mich zu hören. Magst du mir vielleicht erzählen, was seit vorletztem Montag passiert ist?"

Ich zuckte frustriert mit den Schultern.

"Keine Ahnung, es war alles so chaotisch. Als ich montags ins Büro gekommen bin, waren es bloß ein paar Gerüchte über Pierre und eine Unbekannte, dann wurde aus der Unbekannten seine Exfreundin und aus seiner Exfreundin wurde diejenige, die den Artikel über ihn und Esteban geschrieben hat. Mehr gibt es dazu nicht wirklich zu sagen", murmelte ich und musterte mit starrem Blick den Wohnzimmertisch.

"Ich denke schon, dass es dazu mehr zu sagen gibt. Du solltest die Gefühle benennen, die es in dir auslöst, damit du mit ihnen umgehen kannst", antwortete Coco bestimmt und doch sanft.

"Meine Gefühle benennen? Kein Problem.
Ich bin wütend auf das Universum, weil ich es schon fast aus dem Paddock rausgeschafft hatte und dann von diesem Wasser getroffen wurde.
Ich bin wütend auf Pierre, weil er mich geküsst hat.
Und ich bin verdammt nochmal wütend auf mich selbst, weil ich zugelassen habe, dass wir miteinander schlafen, obwohl ich hätte wissen müssen, dass es eine schlechte Idee ist", antwortete ich mit bebender Stimme und verfluchte die Tränen, die sich dabei in meinen Augen sammelten.

"Bist du wirklich wütend oder in Wahrheit eher verletzt?", fragte Coco mit ruhiger Stimme und ich richtete mich vorsichtig auf, um sie mit tränenverschleiertem Blick anzusehen.

"Wie machst du das bloß? Dass du immer genau weißt, was mit mir los ist?", fragte ich leise und sie strich mir tröstend über die Wange.

"Weil ich deine große Schwester bin und dich unendlich lieb habe, deshalb. Ich kenne dich seit du auf der Welt bist, wir waren immer füreinander da und kennen uns in- und auswendig", erklärte sie mit einem liebevollen Lächeln und ich bemerkte, dass auch in ihren Augen Tränen glänzten.

"Denkst du das Universum bestraft mich dafür, dass ich mit Pierre geschlafen habe?", fragte ich unsicher und bekam ein entschlossenes Kopfschütteln zur Antwort.

"Nein, auf keinen Fall. Du hast gesagt, dass es sich richtig angefühlt hat mit ihm zu schlafen, also kann es meiner Meinung nach kein Fehler gewesen sein. Der Fehler liegt bei den Menschen, die in ihrem langweiligen, eintönigen Leben Erfüllung darin finden, über jemand Fremden herzuziehen, den sie nicht kennen, aber um sein Leben beneiden. Was gerade in den sozialen Netzwerken passiert, ist nicht deine Schuld, sondern deren."

"Hast du die ganzen alten Bilder gesehen, die ausgekramt wurden? Die hässlichen, als ich noch meine furchtbare Zahnspange hatte? Und hast du die Kommentare gelesen?"

Ich hasste es, wie weinerlich und verletzt meine Stimme klang, aber all die Geschehnisse der letzten zwei Wochen hatten so lange an meinen Nerven geschabt bis sie von robusten Drahtseilen zu dünnen Schnüren geworden waren und jetzt ging mir alles sofort ans Mark.

"Ja, ich hab mir ein paar Sachen angeschaut und durchgelesen, aber sofort wieder aufgehört und das solltest du auch tun. Quäl' dich nicht, indem du dir diese Sachen zu Herzen nimmst. Die haben keine Ahnung, wer du bist und deshalb solltest du keinerlei Wert auf ihre Meinung legen."

"Aber sie haben mit so vielem Recht. Ich bin nicht hübsch, ich bin nicht erfolgreich, ich bin im Grunde genommen ein Niemand", entfuhr es mir verzweifelt und sofort wurde Cocos Blick ernst und sie sah mich eindringlich an.

"Nein, sie haben nicht Recht. Du bist wunderschön, innerlich und äußerlich, du bist freundlich und hilfsbereit, du bist zielstrebig und ehrgeizig, du bist selbstlos und hast das Herz einer Kämpferin. Du bist kein Niemand. Du bist ein Jemand, von dem sich diese Leute eine Scheibe abschneiden sollten, ein Jemand, der sehr geliebt wird und auf den ich wahnsinnig stolz bin."





Ach Coco🥹 Das geht raus an alle, die gerade sich selbst zweifeln: Coco hat das nicht nur zu Lou gesagt, sondern auch zu euch🫶🏻

Something Old, Something New, Something Borrowed, Something Blue.Where stories live. Discover now