Lächelnd schmiss ich mich aufs Bett, dann griff ich nach meinem Handy und wählte die Nummer meiner Schwester. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann hob Coco ab und begrüßte mich fröhlich.

"Hey, schön, dass du anrufst."

"Hey, schön, dass ich anrufe", äffte ich sie schmunzelnd nach und quittierte dafür ein Lachen am anderen Ende der Leitung.

"Du bist echt unmöglich, Lou. Was verschafft mir denn die Ehre deines Anrufs? Bist du etwa schon wieder von der Rennstrecke geflohen und spazierst jetzt durch einen kleinen Ort an der Côte d'Azur?", scherzte sie und brachte mich damit zum Schmunzeln.

"Nein, ich bin im Hotel und hab gerade geduscht."

"Das erklärt noch nicht, wieso du anrufst", entgegnete Coco sofort.

"Kann ich meine Schwester nicht einfach mal so anrufen?"

"Doch, natürlich. Aber meine schwesterliche Intuition sagt mir, dass du dich nicht grundlos meldest."

Ertappt biss ich mir auf die Lippe und seufzte dann leise.

"Ich hab was gemacht und ich weiß nicht, ob es vielleicht sehr, sehr dumm war", gestand ich leise und rollte mich auf den Rücken.

"Oh mein Gott, was hast du angestellt?", fragte Coco panisch und ich konnte es ihr mit einem Blick auf all die Dummheiten, die ich schon so verzapft hatte, nicht verdenken.

"Ich hab mit Pierre geschlafen."

"Du hast WAS?!", kreischte meine Schwester und ich verzog bei der Lautstärke schmerzverzerrt das Gesicht, "Wie zum Henker konnte das denn passieren?"

"Jemand aus Pierres Team hat einen Wassereimer weggekippt und das mit so viel Schwung, dass er mich getroffen hat und mein ganzes Oberteil nass geworden ist. Ich hatte eine weiße Bluse an, also hat man alles durchgesehen und dann kam Pierre, hat mir wegen der ganzen Kameras dort sein T-Shirt zum Überziehen und gegeben und mir anschließend gesagt, dass ich mitkommen soll. Also sind wir in sein Fahrerzimmer in der Garage gegangen, da konnte ich mich abtrocknen und hab einen Hoodie von ihm bekommen, weil meine Bluse und mein BH ja klatschnass waren, dann wollte ich gehen und war schon fast draußen und dann... dann hat er mich geküsst. Na ja, aus dem Kuss ist dann irgendwie mehr geworden", erzählte ich in Kurzfassung und wurde ein wenig unruhig, als es am anderen Ende der Leitung einige Augenblicke lang still blieb, "Coco? Bist du noch dran?"

"Ja, bin ich. Ich versuche nur gerade zu verarbeiten, was du mir erzählt hast."

"Bin ich bescheuert, weil ich das getan habe? Ich hab keine Ahnung, wieso ich nicht einfach gegangen bin, aber irgendwie... irgendwie wollte ich es auch. Pierres Nähe hat mir gefühlt keine Wahl gelassen, diese Spannung zwischen uns war einfach... unbeschreiblich."

Ich merkte, wie ich langsam ins Schwärmen geriet, weshalb ich sofort verstummte und auf das Urteil meiner Schwester wartete.

"Hat es sich richtig angefühlt?", fragte sie mit ruhiger Stimme und ich zögerte keine Sekunde mit meiner Antwort.

"Ja."

"Wenn es sich richtig angefühlt hat, kann es nicht falsch sein, oder?"

"Aber mein Kopf sagt mir, dass es falsch war. Pierre hasst mich, das hat er sogar kurz davor noch selbst gesagt und trotzdem... trotzdem konnte ich mich nicht bremsen. Und obwohl es in diesem winzig kleinen Fahrerzimmer war, war es echt schön. Alles war so vertraut und ich hab mich so... so sicher gefühlt. Als wären die letzten fünf Jahre nicht gewesen, als wären wir immer noch Lou und Pierre, die bald heiraten wollen."

"Wenn dein Kopf dir sagt, dass es falsch war, aber dein Herz sagt, dass es richtig war, dann solltest du auf dein Herz hören. Außerdem werdet ihr euch nie wieder sehen, also was hättest du davon, wenn du dir darüber jetzt den Kopf zerbrichst und vor Reue zerfließt? Speicher' es als schöne Erinnerung ab und das war's. Oder...?"

"Oder was?", fragte ich verwirrt.

"Oder hast du immer noch Gefühle für ihn? Du hast ihn damals schließlich nicht verlassen, weil du ihn nicht mehr geliebt hast, sondern eher im Gegenteil."

"Ja, ich hab ihn geliebt, aber das ist lange her. Jetzt liebe ich nur noch die Erinnerungen."

"Na dann ist doch alles in Butter. Kommen wir jetzt zu den wirklich wichtigen Dingen: Ist er seit dem letzten Mal gewachsen?"

Ich brauchte einen Moment bis mir klar wurde, dass Coco auf Pierres bestes Stück anspielte und schnaubte gespielt empört.

"Also wirklich, du bist viel zu neugierig!", schimpfte ich meine Schwester schmunzelnd, musste dann aber selbst lachen und es entbrannte eine Diskussion darüber, wie sehr man unter Schwestern ins Detail gehen durfte bis wir beide Seitenstechen vor Lachen hatten.

Something Old, Something New, Something Borrowed, Something Blue.Where stories live. Discover now