Ein besessener Idiot

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Rin hatte mit vielem gerechnet, als sein Meister sagte das Training würde 'kräftezehrend' werden. Er dachte allerdings nicht, dass er danach am liebsten drei Tage (normal!) durchgeschlafen hätte. Ein kleiner Teil von ihm war ganz froh, dass sich Kotaru erst eine Woche später bei ihm melden wollte.

Dennoch sah er seinem Meister mit gemischten Gefühlen nach, als dieser ihn nach einer letzten Kuschelattacke endlich losließ und in einen Phantomzug stieg. Selbst als der Zug schon längst außer Sichtweite war, brauchte der Schwarzhaarige lange um den Weg zum Kloster einzuschlagen. Schon den ganzen Tag verfolgte ihn ein schlechtes Gefühl, und nicht nur wegen des Abschiedes. Es fuhr ihm unter die Haut, schien sich dort festzusetzen und wurde von Stunde zu Stunde stärker.

Es war später Nachmittag als er durch die Schutzbarriere des Stiftes trat. Sie kitzelte ihn nur leicht. Da er versiegelt war, konnte er wie jeder Dämon niedriger Ordnung einfach hindurchgehen. Am Eingang sah er den Alten stehen. Er unterhielt sich mit einem kleinen Mädchen und ihren Eltern, während ein junger Hobgoblin sich von hinten an sie anschlich und ihr den Schal vom Hals schnappte. Der kleine Dämon kam, samt Schal, in seine Richtung gelaufen und war nur noch wenige Meter von ihm entfernt.

„Hey, Okumura! Ich wollte mich für gestern entschuldigen. Hast du kurz Zeit?", rief ihn plötzlich jemand von hinten. Er drehte seinen Kopf und sah Renji Shiratori am Tor stehen. Hinter ihm wuselten ein paar seiner Schlägerfreunde herum. Rin seufzte innerlich. Er hatte am vorherigen Tag mitbekommen, wie sie Tauben gequält hatten und ihnen mit ein paar Schlägen gezeigt, was er davon hielt. Es konnte nicht einmal als Prügelei gezählt werden, denn dafür hätten sie ihn auch mindestens einmal treffen müssen. Aber waren am vorherigen Tag auch schon so viele Kohletierchen um die Gruppe geschwirrt? Rin konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern.

Er drehte sich zu ihnen und wollte nach einer auffordernden Geste von Renji zu ihnen gehen, als er etwas an seinem Bein spürte. Der Hobgoblin hatte sich an sein Bein geklammert und spielte mit seinem Hosensaumen. Rin bemerkte den kurzen Schmerz und das Blut, welches seinen Knöchel entlang lief, zu spät. Er spürte Shiros Blick im Nacken, und ohne hin zu sehen wusste Rin was der Alte nun denken musste. Er wurde mit einem Masho markiert. Spätestens nun könnte er Dämonen sehen.

Er kniete sich hin und nahm den Schal. Über Gedankenkommunikation schrie er den Kleinen allerdings förmlich an. „Schnell, verschwinde! Hier könnte es gefährlich werden!" Und das war nicht einmal gelogen. Er sah dem Dämon kurz nach. Die Stirn in Falten gelegt und verwirrt scheinend, ging er zu seinem Adoptivvater und der kleinen Familie.

„Komischer Hund", meinte er laut und hoffte das der Alte ihm das abkaufte. Ausprobieren konnte er es ja mal. Er gab dem Mädchen ihren Schal zurück und ignorierte die Eltern, die ihn ansahen, als ob er verrückt wäre. Wenn die wüssten...

„Ich geh nochmal kurz raus. Bin bald zurück, alter Mann." Er joggte los, ohne auf die Rufe von Shiro zu reagieren und folgte Shiratoris Gang in eine Gasse nahe der Einkaufspassage. Warum? Er wollte diesen arroganten Mistkerl einfach loswerden und keine weiteren Probleme bekommen. Und auch wenn er und Yukio ihre Probleme hatten, so wollte er seinem jüngeren Bruder an der Heiligkreuzakademie keine Steine in den Weg legen. Reiche Kinder, wie Shiratori, konnten sich dort schließlich einfach hinein kaufen.

Nun sah er sich den reichen Mistkerl zum ersten Mal an diesem Tag richtig an. Er stockte und konnte sich gerade nochmal davon abhalten, sich über die Augen zu fahren. Hatte er schon zuvor Hörner, rote Augen und einen Schweif gehabt?! Seit wann war er so unkonzentriert? Oder hatten die Kohletierchen die Dämonenmerkmale verdeckt? Zudem war die Aura des Dämons verzerrt und fast unerkennbar. Doch bei genauerer Betrachtung konnte Rin mit Bestimmtheit sagen, dass der besessene Mensch von jemand Mächtigen befallen war. Jemand sehr Mächtigen.

Broken trust (Blue Exorcist FF)Where stories live. Discover now