Lydia

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Zwischen rot-orangenen Blättern die den Wegesrand zieren, braunen Lederstiefel, beigen Trench Coats und Vögelschwärmen, die sich ihre Wege in den Süden bahnen, gibt es auch noch die andre Seite des Herbst. Rutschige Bordsteine voller zertrampelter Blätter, die so rutschig sind, als hätte jemand Spüli darüber verteilt, unerwarteten Wetterumschwüngen und nie die passende Kleidung. Morgens friert man sich den Arsch ab und mittags schwitzt du in deinem tollen, ästhetischen Strick Pulli. Und in all den Pros und Cons befinden sich die hoffnungslosen Romantiker. Zu denen gehört Lydia. Sie könnte in einem verträumten Taylor Swift Song den Main Charakter spielen, der seine Tage mit Spaziergängen unf Musikhören verbringt. Doch leider ist die Realität anders. Im Hier und Jetzt gehört sie zu den Unscheinbaren. Sie hat ihre Freunde, ihre Familie und ihren Golden Retriever Thor. Man würde ihr Leben nicht als langweilig beschreiben aber trotzdem will so kein anderer ihr viel Beachtung schenken. Sie ist eigentlich glücklich mit ihrem Leben, es ist alles geordnet, läuft nach Plan und ohne besondere Vorkommnisse. Das wäre für manche das größte Glück, doch trotzdem fehlt ihr manchmal was, nur sie weiß noch nicht so ganz was.
Eines ihrer Lieblings Aktivitäten am Wochenende ist es, ihre Buchhaltung des Vertrauens zu besuchen. Es ist ein kleines, fast unscheinbares Lädchen am Ende der Tulpengasse. Für Lydia ist es ein Stückchen Himmel auf Erden.
Die Doc Martens sind gebunden, die Regenjacke angezogen und der Schirm schon in der Hand... Warte was? Wo wir eben doch noch bei den Wetterumschwüngen im Herbst waren. Statt eines ästhetischen Herbstoutfits, hat Lydia jetzt die, wie soll es auch anders sein, typische Regenjacke an. Mit der sieht sie aus wie das Kind aus ES, war gerade in ihr verderben läuft aber was soll's, was muss das muss. Also stapft sie mit ihrem äußerst attraktiven Wölkchen Schirm die Straße lang Richtung Himmel auf Erden.
Das Lädchen hat am Eingang ein Glöckchen hängen was jedes Mal bimmelt wenn sich die Tür öffnet. Rechts neben der Tür steht ein Schirmständer und wenn man gerade aus schau sieht man die ersten Regale. Ein bisschen erinnert die Buchhandlung, Lydia auch an Ollivanders Zauberstabladen. Die Regale sind aus Holz und stehen auch schon mindestens seit den Siebzigern. Außerdem bilden sie kleine Gänge in den man sich gut verstecken kann und an der Seite sind nochmals Bücherregale, die aber diesmal bis zur Decke gehen. Im gesamten Raum richt es nach neuem und altem Papier, nach Tinte und dem Parfüm der Kunden.
Verträumt schlendert Lydia durch die Gänge, ließt sich einem nach dem nächsten Klappentext durch und setzt sich schließlich mit einem guten Stapel Bücher auf einen der Ledersessel am hinteren Ende des Geschäfts. Sie ließt und ließt, bis sie merkt das sich das Buch, weswegen sie eigentlich gekommen ist, garnicht auf ihrem Stapel befindet. Also geht sie noch einmal los und schaut nach dem Regal wo es stehen könnte. Als sie an dem Regel angekommen ist, wo das Buch vermutlich sein müsste und es sieht, denkt sie garnicht groß nach und greift danach. Nur blöd das sie nicht die einzige mit dieser Idee war. Zwei Hände greifen nach dem Buch, doch keiner hält es fest. Da fällt das Buch aufgrund unserer tollen Schwerkraft einfach hinunter. Beide schauen sich perplex an und sagen kein Wort. In Lydias Kopf dreht sich alles. Von, Oh Gott ist das jetzt peinlich, zu, Hilfe war ich jetzt unhöflich, zu, am liebsten würde ich vom Erdboden verschwinden, ist alles dabei. Dem mysteriösen Unbekannten scheint es nicht anders zu gehen, er läuft ziemlich rot an, vermutlich vor Scham. Wortlos nimmt Lydia das Buch, stellt es ins Regal und verabschiedet sich mit einem peinlich berührten Grinsen.
Bei ihrem Stamm-Sessel angekommen hätte sie am liebsten ihre Sachen gepackt und wäre rausgerannt aber die Klappentexte, der noch ungelesen Bücher,
waren zu verlockend.
Lydia vergisst mal wieder die Zeit, es könnten Stunden aber auch Minuten sein die sie auf ihrem Lieblingssessel verbringt. Sie hört nicht einmal die Schritte die auf sie zukommen, bis ihr ein Buch vor der Nase baumelt. Verwirrt schaut Lydia hoch, weil wie wir ja schon gelernt haben, gibt es da etwas was sich Schwerkraft nennt, es ist der Fremde wieder. Er reicht ihr das Buch hin und sagt nur diese wenigen Worte: Hier ist das Buch von vorhin, du scheinst Geschmack zu haben"
Damit und einem zuckersüßen Grinsen geht der Junge Richtung Ausgang. Man erkennt wie seine braunen Naturlocken auf seinem Kopf herum springen, während er zur Tür läuft.
Verwirrt aber auch irgendwie geschmeichelt, öffnet Lydia das Buch, wo ihr sofort ein kleiner Zettel in den Schoß fällt. Behutsam faltet sie ihn auseinander und ließ was dort geschrieben steht: ,,Es wäre zu schade wenn du wegen dem kleinen Versehen, die Chance auf so ein tolles Buch verpasst hättest. Was ich damit sagen will, es würde mich freuen wenn wir uns mal auf einen Kaffee treffen könnten und ein bisschen plaudern könnten. Dein Buch Geschmack scheint so weit ich das beurteilen kann, ganz gut zu sein."
Und am Ende noch seine Handynummer.
Anscheinend hat sich ihr Leben gerade wirklich in einen Taylor Swift Song verwandelt.

Lydia-Ein Stückchen Himmel auf ErdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt