Der Entschluss

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Eine Woche ist seitdem vergangen.

Eine Woche, seitdem ich mein Bett nicht mehr verlassen habe.

Eine Woche, seitdem ich mein Handy keine einzige Sekunde aus den Augen gelassen habe. An Schlaf war eh nicht zu denken.

Auf der Arbeit habe ich mich krankgemeldet. Der Arzt hat mir Antidepressiva verschrieben und wollte mich stationär einweisen lassen, nachdem ich bei ihm einen kompletten Nervenzusammenbruch erlitten hatte. Dies konnte ich zum Glück verhindern... ich versprach ihm die Medikamente zu nehmen und in der Zwischenzeit bei meinen Eltern zu wohnen.
Zumindest vorübergehend...

Meine Eltern hatten immer wieder versucht mit mir zu sprechen. Doch ich blockte ab.

Ich wollte alleine sein.
Alleine mit mir, in meinem Zimmer, mit meinem Handy und dem Chatverlauf. Dem Chatverlauf mit Jake...

-Jake... wo bist du nur? Warum meldest du dich nicht? Geht es dir gut? -

Und wieder fing ich an zu weinen... ich müsste eigentlich längst ausgetrocknet sein.

- Wieviel kann ein Mensch eigentlich weinen, bis er austrocknet und an Dehydration stirbt? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Müsste ich nur genug weinen, damit ich sterbe und mein sehnlichster Wunsch endlich in Erfüllung geht? -

Ich schaute, wie so oft, auf mein Handy.

Keine Nachricht. Kein Lebenszeichen.
Lediglich zig Anrufe und Nachrichten von meinen Freunden. Sie machten sich Sorgen, das wusste ich. Niemand wusste wo ich wohne, also kann auch niemand nach mir suchen. Es war mir egal...

Es war mir alles egal...

Plötzlich klopfte es an der Tür und ich wurde aus meinen Gedanken gerissen.

,, Liebling, möchtest du nicht runterkommen und etwas mit uns essen? "

Ich schwieg...

Meine Mutter. Sie war besorgt wie immer, gab mir jedoch den Freiraum, den ich jetzt brauchte.

,,Liebling, hast du schon deine Medikamente genommen, die dir der Doktor verschrieben hat?"

Ich nickte und starrte dabei weiter an die Decke. Dann verließ sie mein Zimmer und ich war wieder alleine. Sie wusste nicht, dass ich sie nicht nahm. Ich wollte mich nicht betäuben. Ich wollte den Schmerz spüren. Ich wollte ihn mit jeder Zelle meines Körpers fühlen. Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich ihm dadurch so nah.

-Alleine, dachte ich... es gibt einen Unterschied zwischen Alleinsein und einsam sein. Alleine war ich vorher schon. Aber es hat mir gefallen. Ich war noch nie der geselligste Typ. Einsam hingegen, das ist ein Gefühl, welches ich bisher nicht kannte.- 

Ich fühlte mich einsam. Einsam ohne ihn...

Ich nahm mein Handy und tippte.

* MC *
Jake... wo bist du? Ich vermisse dich. Ich schaffe das nicht ohne dich. Ich brauche dich doch... ich liebe dich.

*Jake ist Offline*

Plötzlich hörte ich meine Eltern. Sie stritten.
Etwa meinetwegen?
Mich überkam ein schlechtes Gewissen. Meine Mutter sah so traurig aus.

Als ich meine Zimmertür öffnete, konnte ich es hören...

,,Nein, das kannst du nicht tun. Sie möchte nicht. Wir können sie nicht zwingen!''

,, Vera", sagte mein Vater. ,, Wir müssen etwas tun. So geht es nicht weiter. Seit einer Woche verlässt sie das Zimmer nicht. Wir wissen nicht einmal was passiert ist... Seit einer Woche redet sie nicht. Sie verlässt ihr Zimmer nicht. Isst nicht...  Hast du nicht gehört was der Arzt sagte? Wir haben es versucht... es geht nicht. Sie will es nicht. Sie braucht professionelle Hilfe!!"

,, Nun gut. Ich rufe morgen den Arzt an und leite alles in die Wege. Du hast recht", sagte meine Mutter.

- Ich kann nicht glauben was ich da gerade gehört habe. Sie wollen doch nicht etwa?!?
Nein, dass kann ich nicht zulassen. Ich muss hier weg. Ich kann nicht irgendwo weggesperrt werden. Was ist wenn Jake sich meldet? Was ist, wenn er überlebt hat? Was ist, wenn er auf der Flucht ist und sich meldet, sobald er sicher ist?"

An diesem Abend rappelte ich mich auf und fasste einen Entschluss.

Ich muss hier weg.
Ich muss nach Duskwood.
Dort wollten wir uns treffen....

Duskwood - Code zu meinem HerzenKde žijí příběhy. Začni objevovat