Kapitel 15

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LUCA

Ich war wirklich überrascht von Adrianas Brief gewesen. Ich hatte die letzten acht Jahre nur zuhause bei meinen Eltern verbracht und mich nur um die Belange meiner Schwestern und meiner Eltern gekümmert, weil mir Carlas Tod bis heute einfach viel zu nah ging. Ich konnte einfach nicht ohne sie leben und ich hatte auch keine Kraft gehabt, um zu arbeiten oder viel rauszugehen. Eigentlich war ich so gut wie nie rausgegangen und wenn doch, hatte es mich so viel Kraft gekostet, dass ich nicht länger als eine halbe Stunde draußen bleiben konnte. Die meiste Zeit hatte ich im Bett gelegen und geschlafen, aber als Adrianas Brief gekommen war, hatte ich den Mut gefunden, aufzustehen und nach Encanto zu gehen. Meine Schwestern hatten angeboten mich zu begleiten, aber ich wollte das alleine machen, also war ich schließlich alleine losgeritten. Hoffentlich konnten Adriana und ich Carla zurück zum Leben erwecken! Dann könnte ich ja vielleicht zurück nach Encanto ziehen und endlich wieder Zeit mit meiner Liebsten zu verbringen! Ich schwang mich schnell auf den Rücken des Pferdes und ritt noch vor Sonnenaufgang los, um so schnell wie möglich in Encanto zu sein. Ich umschloss den Herzanhänger von Carlas Kette fest in meiner Hand und seufzte. Wie sehr ich sie doch liebte! Sollte es uns wirklich gelingen, sie zurück zum Leben zu erwecken, dann würde ich sie auf der Stelle heiraten, so viel war klar! Ich konnte nicht eine Sekunde länger ohne sie leben! Ich gab dem Herzanhänger einen Kuss und seufzte leise.
"Ich liebe dich, mi vida querida. Und ich verspreche dir, dass ich nichts mit deiner Schwester unversucht lasse, um dich zu retten!", flüsterte ich und hoffte, dass Carla es irgendwie hörte. Ich wusste nicht, ob das ging, aber ich hoffte es. Ich hatte das Gefühl, als würde mir warm werden und der Anhänger leicht zu glühen beginnen, worauf ich lächeln musste. Carla musste mich also gehört haben. "Danke, mi vida. Ich wusste, dass du mich nicht für immer verlassen würdest. Und bald werden wir wieder zusammen sein - für immer. Versprochen."
Gegen Nachmittag erreichte ich endlich Encanto. Ich hatte den Weg so schnell wie noch nie geschafft und als ich zum Gasthaus kam, wartete ein fünfjähriges Mädchen davor, das fast genauso aussah wie Carla, nur, dass sie glatte Haare hatte. Das musste wohl Adriana sein. Sie sah Carla wirklich zum Verwechseln ähnlich. Ich saß vor dem Gasthaus ab.
"Bist du Adriana?", fragte ich, sie nickte und lächelte. Sie hatte sogar genau das gleiche Lächeln!
"Ja, das bin ich! Bist du Luca?", erwiderte sie neugierig, ich nickte.
"Ja, genau", antwortete ich. "Wie lange wartest du schon? Und wissen deine Eltern überhaupt von deinem Plan?" Sie schüttelte den Kopf.
"Nein, es soll eine Überraschung für die Familie werden, um sie zu retten! Und ich warte schon den ganzen Tag, ich konnte es kaum abwarten!", erwiderte sie und grinste dann. "Oh, ich soll dir gerade von Carla sagen, dass sie sich freut, dass du gekommen bist und dass sie dich liebt!" Ich musste lächeln.
"Danke. Sag ihr bitte, dass ich sie auch liebe und ich alles tun werde, um ihr zu helfen", erwiderte ich, sie lachte.
"Sie kann dich hören!", lachte sie. "Und sie bedankt sich dafür. Sie sagt, dass du noch genauso aussiehst wie früher und sie dich gerne küssen würde. Ih, Carla, das ist eklig!" Ich musste lachen. Kinder!
"Schon gut, Adriana. Ich würde dich auch gerne küssen, Carlita, mi vida querida, aber ich glaube, wir sollten dieses Gespräch nicht vor deiner Schwester führen", wandte ich ein. "Ich würde nur schnell mein Gepäck auf mein Zimmer bringen, ja? Willst du mitkommen und mir etwas über deine Gabe erzählen?" Sie nickte und ging mit mir ins Gasthaus, wo Miguel mich anlächelte.
"Hola, Luca! Ich hab dich schon lange nicht mehr gesehen! Was führt dich hierher?", fragte er höflich nach.
"Carla, um ehrlich zu sein. Adriana hat mich gebeten zu kommen, also bin ich gekommen. Hast du noch ein Zimmer für mich frei?", antwortete ich, er nickte und drehte sich zu dem kleinen Schlüsselfach um.
"Für dich immer, Kumpel", erwiderte er und gab mir einen Schlüssel. "Bitte sehr, Luca, Zimmer sechzehn."
"Danke dir." Wir gingen nach oben in mein Zimmer, in dem ich erstmal meinen Koffer auf das Bett legte. Adriana setzte sich auf einen Stuhl am Tisch. "Also? Erzähl mir mal ein bisschen etwas über deine Gabe."
"Ich kann mit Toten reden, ich kann ihre Stimmen in meinem Kopf hören. Und in meinem Zimmer sind ganz viele Portale, mit denen ich in die Welten der Toten gehen kann, sobald eine Person Kontakt zu mir aufgenommen hat! Ich war bei Carla und meinem Abuelo Pedro! Und ich kann angeblich Tote durch ein Opfer meiner Wahl wiederbeleben, aber ich weiß nicht genau, wie das funktioniert, um ehrlich zu sein. Das stand nicht in Abuelas Buch, also muss ich das wohl alleine rausfinden", erklärte sie und zuckte die Schultern. "Carla weiß auch nicht, wie es geht, aber sie will nicht, dass ich ein zu großes Opfer bringe."
"Das würde ich auch nicht wollen, um ehrlich zu sein", gab ich zu und sah sie an. "Woran hattest du denn gedacht?"
"Na ja, ich dachte, dass ich nachts an Carlas Grab vielleicht ein Feuer machen könnte und dann... keine Ahnung, um ehrlich zu sein. Die Magie bitten, mir meine Schwester im Austausch für mein Opfer zurückzugeben? Ich weiß nur nicht, wo ihr Grab ist", antwortete sie, ich seufzte leise.
"Ich weiß es, lass das meine Sorge sein. Aber deine Schwester hat recht, gib kein zu großes Opfer, ja?", bat ich, sie nickte.
"Na gut, ok", murmelte sie. "Dann werde ich mir wahrscheinlich etwas anderes ausdenken müssen." Ich sah sie verwirrt an.
"Was wolltest du denn opfern?", fragte ich neugierig nach.
"Meine Gabe. Carla ist den anderen so wichtig und ich würde alles dafür geben, meine Familie glücklich zu machen! Auch meine Gabe, meine Mutter wollte sowieso nicht, dass ich sie bekomme", antwortete sie und zuckte die Schultern. "Aber dann muss ich mir wohl etwas anderes einfallen lassen. Vielleicht Carlas Kette? Oder meine jetzt? Sie hat sie mir schließlich geschenkt, weil wir Namensschwestern sind." Er lächelte mich an.
"Das wäre eine Möglichkeit", gab ich zu. "Aber wir machen das zusammen, ja?"
"Ja, das können wir machen. Sollen wir es heute Abend direkt machen?", fragte sie aufgeregt nach.
"Wir können es versuchen. Wann willst du losgehen? Und kannst du nachts überhaupt einfach gehen? Werden deine Eltern sich dann nicht Sorgen machen?", erwiderte ich besorgt, sie schüttelte den Kopf.
"Nein, ich kann mich rausschleichen. Kannst du so um neun Uhr kommen?", bat sie, ich nickte.
"Ja, natürlich, gar kein Problem! Dann sehen wir uns später, oder?" Sie nickte.
"Ja, bis später! Und danke, dass du mir hilfst!", rief sie begeistert.
"Ich danke dir, Adriana. Du machst meinen seeligsten Wunsch wahr", konterte ich und lächelte sie an, bevor sie ging. Ich seufzte. Dieses Kind war wirklich toll. Hoffentlich konnten wir Carla zurück zum Leben erwecken! Ich wollte meinen Engel endlich wieder bei mir haben!

Ich brauche dich, Bruno 7 - Neuer Anfang حيث تعيش القصص. اكتشف الآن