11 - Installationen

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Wir holten uns den versprochenen Lunch im Café ab und verzehrten ihn auf der Terrasse. Es war zwar brütend heiß da draußen, aber zumindest waren wir unter uns. Danach halfen wir Matt, einige Kisten Material aus seinem unauffälligen schwarzen Bus zu holen. Ich war überrascht, was er alles in dessen kleinem Innenraum untergebracht hatte. Da gab es sogar eine gut ausgerüstete Werkbank und ein Gestell mit Dutzenden von Schubladen, die elektronische Komponenten enthielten. Alles war sauber geordnet und angeschrieben.

Theo studierte die Ausstattung mit großem Interesse. „Du hast dich hier ja richtig gut eingerichtet. Hast du das alles selbst gebaut?"

Matt grinste. „Ich wollte eine mobile Basis haben. Hier, die Werkbank lässt sich mit einigen Handgriffen in ein Bett umbauen. Das brauche ich aber zum Glück hier nicht, eine Dusche fand nämlich hier drin nicht auch noch Platz."

„Beeindruckend. Und die Sensoren, hast du die auch selbst gebaut?" Ich musste zugeben, dass ich unseren technischen Partner bisher unterschätzt hatte.

„Nein, das ist ein Produkt, was ich im Internet gefunden habe. Ist immer etwas schwierig , rauszufinden was echt ist und was bloß esoterischer Quatsch. Ich habe an diesen einige Modifikationen vorgenommen. Hier." Er drückte mir eine Box mit ominösen schwarzen Kästchen in die Hand und reichte Theo einige Bündel Kabel. „Eigentlich sollte alles über Wifi funktionieren. Aber bei der Dicke der Schlossmauern bin ich lieber vorsichtig."

Während wir die Ausrüstung zum Rittersaal schleppten, wunderte ich mich, was Matt damals am ersten Tag in seiner Tasche alles mitgetragen hatte.

Er lachte, als ich ihm die Frage stellte. „Nun, das war meine sogenannte Grundausrüstung. Da wusste ich ja noch nicht, um was es genau ging. Hätte ja sein können, dass Lou gleich eine Demonstration unseres Könnens verlangt hätte, in einer Art Séance oder so."

Auf diese Idee war ich damals zum Glück nicht gekommen. Allein der Gedanke daran sandte mir abwechselnd kalte und heiße Schauer den Rücken hinunter. Zum Glück hatte Louis nicht versucht, auf diese Weise unsere Glaubwürdigkeit zu testen. Mit zwei potenten GSI wie Theo und mir in der Runde, wer weiß, was wir in einem Umfeld wie Schloss Corbières angerichtet hätten, wenn wir bewusst nach Geistern gerufen hätten. Ritter Guillaume wäre wohl noch das harmloseste Gespenst gewesen, das uns geantwortet hätte.

Wie erwartet war es im Rittersaal angenehm kühl. Matt breitete seine technischen Komponenten auf der Bar aus und beauftragte Theo, eine Leiter aufzutreiben. Während er mit seinem Laptop die Sensoren überprüfte, suchte ich den Raum nach geeigneten Stellen ab, um sie zu platzieren. „Hier oben auf dem Türrahmen kannst du vermutlich einen hinlegen. Und innen im Kamin gibt es eine Nische, die wohl auch passt."

„Ausgezeichnet. Das gibt uns eine Mittelachse. Nun sollten wir aber noch etwas vorne beim Fenster haben. Und mindestens zwei weitere Punkte hinten an der Wand. Möglichst auf unterschiedlichen Höhen, so dass der Bereich, den die Sensoren abdecken, den größten Teil des Raumvolumens umfasst."

Schließlich entschieden wir uns, zwei zusätzliche Sensoren oberhalb der Bar und einen unter der Theke anzubringen. Zwei weitere würde in den tiefen, mit steinernen Sitzbänken ausgestatteten Fensternischen Platz finden.

Während Matt sich um den elektronischen Teil der Einrichtung kümmerte, sollten Theo und ich die Sensoren montieren. Dabei stellte sich rasch heraus, dass er der begabtere Handwerker in unserem Team war. Die Gefahr, dass er sich mit einem Hammer auf den Daumen schlug, schien deutlich geringer zu sein als bei mir. Deshalb begnügte ich mich damit, ihm Werkzeuge und Material zu reichen, wenn er danach fragte.

Inzwischen waren Louis, die Studentin von der Rezeption und zwei Küchenhilfen eingetroffen, um Tische aufzustellen und den Saal für die Festlichkeiten zu dekorieren. Als Matt schließlich seinen Wifi-Router konfiguriert hatte und Theo zur Hand ging, fühlte ich mich in dem emsigen Gewusel deshalb vollends überflüssig. Ich hob Mister Mortimer auf, der in der allgemeinen Geschäftigkeit ständig in Gefahr war, von eilenden Füßen getreten zu werden oder unter einem schwungvoll ausgebreiteten Tischtuch zu verschwinden. „Ich gehe nach draußen und versuche, Stefanie anzurufen."

Der Erbe des Raben | Wattys 2022 GewinnerWhere stories live. Discover now