꧁ 9 ꧂

9K 663 33
                                    

Ich wandte mich aus Ethans ungewohnt enger Umarmung und linste mit erhobener Braue zu ihm hinauf. „Was genau?", fragte ich spitzfindig. „Dass ich Alkohol trinke, oder dass du sie seit sechs Jahren glauben lässt, du seist tot?"

Ethan stöhnte auf und verdreht seine großen, hübschen Augen. „Ersteres natürlich."

„Tja, da habe ich ja Glück, dass du es Mum eh nie petzen kannst, nicht wahr?" Ich schüttelte den Kopf und wandte mich erneut dem Barkeeper zu. Ich fand seine Art, einfach Mums Namen in den Mund zu nehmen - nach allem - total dreist.

Ethan stütze sein breites Kreuz rücklings neben mir am Tresen ab und musterte mich. „Siehst gut aus, Ivy", ließ er mich schließlich wissen. "Bist wirklich kein Kind mehr."

„Was auch immer das heißen mag", murmelte ich ungläubig. „Aber danke."

Ethan grinste mich weiter an. „Gerne."

„Also." Ich atmete tief durch, stemmte meine Hand in meine Taille und drehte mich zu ihm. „Wird das jetzt hier zu einer neuen Angewohnheit? Sechs Jahre lässt du dich nicht blicken und jetzt tauchst du plötzlich gefühlt überall in meinem Dunstkreis auf und tust so, als wäre nie etwas gewesen?"

Ethans Kiefermuskeln zuckten, zugegeben irgendwie schon ziemlich heiß, und er blickte sichtlich vergnügt zu mir hinab. „Streng genommen bist du in meinem Territorium aufgetaucht, nicht anders herum."

Ich presste die Lippen aufeinander und sah ihm fest in die Augen. Irgendwie hatte er Recht damit. Und doch war es auch mein gutes Recht, sauer auf ihn zu sein. Ich schüttelte genervt den Kopf, wandte mich resignierend ab und schaute dem Barkeeper beim Mixen zu.

„Warum bist du so, Kitz?", hörte ich Ethans tiefe Stimme plötzlich.

„Wie bin ich denn?" Mit hochgezogener Braue blickte ich wieder zu ihm auf.

„Ich weiß nicht. So ... angriffslustig." Sein breites Grinsen war verschwunden. Stattdessen zuckte er mit seinen Schultern. Sein weißes Shirt spannte über dabei über seine Brustmuskeln. 

„Angriffslustig?", hakte ich nach.

„Die meiste Zeit schon, ja. Ich meine, die Schelle war schon sehr angriffslustig, aber deine Worte sind es die meiste Zeit auch."

Die Aktion mit der Backpfeife kam mir rückblickend wirklich sehr kindisch vor, aber ich war schließlich in einer absoluten Ausnahmesituation.

„Ich kann halt nicht einfach so tun, als wäre nie etwas passiert!", zickte ich los. "Du offenbar schon. Und wenn du es genau wissen willst, ist es genau das, was mich so nervt!" Erneut stemmte ich meine Hände in die Hüfte. „Versteh mich nicht falsch, ich freue mich sehr, dass es dir augenscheinlich sehr gut geht. Aber ich verdaue sechs Jahre eben nicht mal so innerhalb einer Woche, okay?!"

Ethan musterte mich. Ungewohnt lange. „Ich gebe dir alle Zeit der Welt", sagt er schließlich und der Ausdruck auf seinem Gesicht war mir neu. Noch ehe ich ihn einordnen konnte war er auch schon wieder verschwunden.

„Nun ... wie freundlich von dir", sagte ich spitzfindig.

„Wird das jetzt ewig so weitergehen?", fragte Ethan weiter, und gerade als ich antworten wollte, hörte ich den Barkeeper.

„Deine Drinks." Er schob mir die Cocktails zu.

„Oh, danke." In meiner Handtasche kramte ich nach meinem Portmonee. „Was macht das?"

„Ist schon bezahlt."

„Was?", fragte ich verdutzt. „Von wem?"

Der Barkeeper zeigte in die Menge. Ich folgte seinem Zeigefinger, scannte einige Umherstehende, bis ich tatsächlich ein bekanntes Gesicht entdeckte. Sogar gleich mehrere. Jake, die Zwillinge, Samira und der Kerl, den ich an der Studentenparty in der Tür hatte stehen sehen, saßen gemeinsam an einem Tisch in einer anderen Ecke des Pubs. Jake grinste breit und prostetet mir vergnügt zu.

Sofort fuhr ich zu Ethan rum. „Was soll das werden?"

Ethan zuckte mit den Achseln. „Jake wollte euch unbedingt einladen. Er hat einen ziemlichen Crush auf Hope. Ich sollte nur den Wing-man spielen", ließ er mich wissen.

„Ach so", murmelte ich und nickte. Ich konnte nicht leugnen, dass ich eine Sekunde lang enttäuscht war. Darüber, dass Ethan gar nicht wegen mir rüber gekommen war, sondern nur, um mich für Jakes Plan, unsere Runde zu bezahlen, ablenken sollte.

„Dann ... dann sag ihm danke." Ich schnappte mit vorsichtig die Gläser.

„Kommt doch zu uns rüber", schlug Ethan vor.

Ich schüttelte den Kopf. „Ich ... ich denke nicht, dass..." 

„Süße, wo bleiben denn die...", hörte ich Hope plötzlich hinter mir trällern. „Oh ... oh Ethan, hallöchen."

„Hope." Ethan nickte ihr zu und lächelte ein nahezu entwaffnendes Lächeln und obwohl es nicht an mich gerichtet war, so ging es mir doch durch Mark und Bein. 

Das Flüstern des Alphas | ✔︎Where stories live. Discover now