Diese plötzliche Angst für Atakan, führt dazu, dass ich ihn nicht sehen will und mit ihm auch nicht in einem Raum sein möchte. Ich habe wirklich sehr Angst vor ihm. Wieso hatte ich aber diese Angst nicht, bevor ich es erfahren habe? Ich meine sein Auftreten und seine Haltung zeigen wie stark und kalt er ist. Von seinen Augen und seinem Gesicht muss ich gar nicht erst anfangen. Reine
Kälte. Keine Emotionen. Keine Gefühle. Menschen die so sind, haben einen Grund dazu so zu sein. Hätte ich die letzten Jahren meine Brüder nicht bei mir gehabt, dann wäre ich ganz bestimmt nicht so wie ich heute bin. Höchstwahrscheinlich wäre ich wie Atakan. Kalt. Emotionslos. Herzlos. Finden eigentlich so welche Menschen Frieden? In einem Leben ohne Liebe. In einem Leben, in dem man niemandem vertraut. In einem Leben ohne Freude.

,,Efsane."

Rasch drehe ich meinen Kopf dahin, von wo seine Stimme kommt. Meine Augen treffen seine, die mich mustern. Komm schon, Efsane. Zeig ihm deine Angst nicht. Ich schlucke einmal kräftig und streiche mir eine Strähne hinters Ohr. Fragend blicke ich ihn an. Statt etwas zu sagen, verringert er den Abstand, in dem er mit langsamen gleichmäßigen Schritten auf mich zu läuft. Je näher er kommt, desto stärker drücke ich mich an die Wand und versuche seinem nachdenklichen Blick standzuhalten. Was mir am Anfang auch erstaunlich gut gelingt, doch als ich merke, dass er nur noch paar Zentimeter vor mir stoppt, kann ich nicht anders als meinen Blick zu senken. Ich will ihm meine Ängstlichkeit nicht zeigen, aber das plötzliche Bild von ihm, wie er vor einem Menschen eine Waffe an dem Kopf hält und abdrückt, verhindern das. Eine Hand an meinem Oberarm lässt mich zusammenzucken und zu ihm gucken. Er hat seine Brauen leicht zusammengezogen und lässt seinen Blick auf meinem Körper schweifen. Oh Gott. Er hat mein Zittern bemerkt. Wer würde es bitte nicht? Komm zu dich, Efsane. ,,Ne oldu?" (Was ist los?) fragt er kühl und nimmt seinen Blick nicht von mir. Ich entferne mich ein Schritt nach rechts, womit sich seine Hand an meinem Arm auch entfernt. ,,Yok birşey." (Nicht) antworte ich leise und schlucke erneut. Sollte ich es ihm sagen, dass ich es weiß? Ist doch eigentlich egal. Selbst wenn er es weiß, ändert sich nichts. Auf seinen fragenden Blick gebe ich ihm keine Antwort und gucke nicht in seine Augen. Ich höre wie er leise ausatmet und sich mir nähert. Schräg hebe ich meine Blick. Stumm bleibe ich stehen und reagiere nicht. Er macht einen plötzlichen großen Schritt nach vorne, weshalb ich mich rasch entfernen wollte, aber was nicht klappt, da seine große Hand meinen Arm packt. Er nähert sich meinem Ohr.

,,Mir gefällt es nicht, dass meine Frau vor mir Angst hat." sagt er und guckt mich immernoch fragend an. Er will eine Antwort. Er will wissen, woher diese Angst kommt. Aber was soll ich denn sagen? So ganz direkt 'Ich weiß, dass du eine Mafia führst und habe Angst davor, das du mich schlagen wirst'? Hm. Hört sich nicht schlecht an, aber ich weiß, dass das nicht aus meinem Mund kommen wird. Ich weiß nicht was ich sagen soll. Doch es gefällt mir nicht, dass er weiß das ich Angst vor ihm habe. Ja, es stimmt, aber er soll es nicht wissen. Deshalb hebe ich meinen Kinn und gucke ihm emotionslos an. ,,Ich habe keine Angst vor dir." kommt es normal aus meinem Mund. Er zieht seine rechte
Augenbraue leicht in die Höhe und ändert seinen Gesichtsausdruck nicht. Merkt man es sehr, das ich lüge? Naja, wenn man mein Zittern gerade so anguckt. Er glaubt mir nicht. Ich werde es ihm aber nicht sagen. Er soll aufhören so zu gucken.

Als ich hinter ihm Eda wahr nehme, die aus dem Wohzimmer heraus kommt, entferne ich mich schnell und atme tief aus. Auch wenn ich ihn nicht sehe, weiß ich, dass es ihm nicht gefällt. Sein genervtes Schnauben bestätigt das. ,,Eda wird dir neue Kleidung
geben. Zieh dich schnell um und sie bringt dich dann nach unten." Irritiert gucke ich ihm hinterher, während er die Haustür öffnet, hinaus geht und sie hinter sich schließt. Neue Kleidung? Unten? Gibt es etwa einen Untergeschoss? Die wichtigere Frage ist: Wieso bringt sie mich nach unten? Was gibt es dort? Eda steht schon am Anfang der Treppe, guckt mich nett an und wartet auf mich. Oh man. Ich frage sie mal gleich, ob sie weiß, was unten ist. Eigntlich müsste sie das wissen, denn sie arbeitet ja hier. Um sie nicht noch länger warten zu lassen, laufe ich zu ihr rüber und danach mit ihr zusammen die Treppen hoch.

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