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Ich trete durch die Haustür und mein Blick fällt sofort auf Victoria, die den Flur entlang rennt und Chloe ihr hinterher geht. Ich vermute, sie gehen ins Badezimmer. Ich schließe die Haustür hinter mir und gehe direkt zur Couch, setze die zwei Tüten mit Essen auf dem Couchtisch ab und setze mich hin. Mein Blick wandert durch den Raum und ich lehne mich zurück. Das Wohnzimmer ist ziemlich gemütlich. Die Wand, an der der Fernseher hängt, ist in einem hellen grau gestrichen. Der Rest der Wände sind weiß. Unter dem Fernseher steht ein langer Schrank, der gefüllt mit Büchern, Schallplatten und Deko ist. An einer Wand hängt ein runder Spiegel, in mehreren Ecken des Raums stehen oder hängen Pflanzen.

"Was möchtest du trinken? Habe Cola, Root Beer, Sprite, Bier, Wein, und Wasser da.", höre ich plötzlich von hinter mir. Zwischen Küche und Wohnzimmer ist eine Theke, die die Räume trennt. Ich drehe mich so, dass ich Chloe ansehen kann und überlege kurz. Ein Arm über der Rückenlehne der Couch. Sie steht vor dem geöffneten Kühlschrank.

"Cola passt, danke.", entscheide ich mich schließlich.

Ein paar Sekunden später kommt sie wieder ins Wohnzimmer, reicht mir mein Getränk und setzt sich an das andere Ende der Couch.

"Habe Nachtisch dabei.", sage ich, hole die Box aus der Tüte und schiebe sie in ihre Richtung, "Bedien dich."

"Was ist da drin?", fragt sie und lehnt sich vor, sie hält inne bevor sie die Box öffnet.

Ich zucke mit den Schultern: "Keine Ahnung, wurde mir einfach so mitgegeben."

Sie nickt und lehnt sich wieder vor, öffnet die Box und dreht sie dann lächelnd in meine Richtung, damit ich den Inhalt auch sehen kann. Da ist Tiramisu drin. Der Imbiss hat oft total willkürliche Desserts da, aber jedes Mal schmeckt alles. Sieht dieses Mal auch ziemlich lecker aus. Sie steht wieder auf und holt zwei Gabeln, bevor sie sich wieder hinsetzt. Dann nimmt sie aber eher ein Pizzastück. Ich öffne mein eigenes Essen und halte ihr die Box entgegen. Mit vollem Mund schüttelt sie den Kopf und will offensichtlich was sagen, aber tut es nicht mit vollem Mund und es ist echt niedlich.

Ich nicke lachend und esse einfach mein Essen. Mein Blick wandert durch den Raum und fällt auf den Fernseher, der inzwischen schwarz ist, aber vorhin war da noch etwas gestoppt.

Auf den Fernseher deutend, frage ich sie: "Was schaust du gerade?", aber sie hat wieder einen Bissen im Mund, worauf ich lachen musst und einfach die Fernbedienung in die Hand nehme und eine Taste drücke. Der Bildschirm erleuchtet wieder und ich schaue langsam skeptisch zu Chloe. "Eine Doku über einen Serienmörder... sollte ich mir Sorgen machen? Du schaust es mitten in der Nacht."

Sie zuckt lachend mit den Schultern. "Vielleicht... Ist halt interessant. Wir können aber gerne was anderes schauen."

Ihr Ton ist zwar höflich und sie scheint es auch ernst zu meinen, so weit ich es einschätzen kann, aber es stört mich irgendwie. Es ist zu höflich. Sehr distanziert. Also drehe ich mich etwas mehr zu ihr und sage: "Du brauchst nicht so total höflich sein... ich sitze in deinem Wohnzimmer." Auf der Arbeit macht es ja noch Sinn, aber selbst da braucht sie nicht immer so komplett ernst und höflich sein. Wir sind ungefähr im gleichen Alter.

Sie schaut mich an und ein paar Momente sagt sie nichts, überlegt kurz vermutlich. Ich weiß nicht, ob es die Tatsache ist, dass ich fast immer von meinen Freunden umzingelt bin und deswegen daran gewöhnt bin, aber ich habe einfach immer das Bedürfnis mit allen ohne jegliches Zögern direkt wie Freunde zu interagieren. Wenn die Personen später beweisen, dass sie es nicht verdienen, kann man ja sein Verhalten noch anpassen.

"Okay.", sagt Chloe letztendlich nur, worauf ich sie kurz verwirrt ansehe. Sie war so lange ruhig, dass ich eine andere Antwort erwartet habe. Stattdessen setzt sie sich in einen Schneidersitz und nimmt ihre Pizzabox auf ihren Schoß. "Such du trotzdem aus. Eine Sitcom oder so."

Endless SummerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt