✧ london boy

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˚* TAYLOR ⁺‧͙
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Was soll denn das jetzt, tadele ich gedanklich meinen inneren Teenager und stelle verärgert fest, dass ich mich verspielt habe. Hoffend, dass es niemand bemerkt hat, nehme ich meinen Blick schnell von Harry und fixiere mich auf die Dinge in meinem Umfeld. Blätter bedenken den Boden, eine Kamera, eine noch größere Kamera, oh da ist ein Mikrofon – ich muss aussehen, wie ein Wackeldackel, während ich versuche zwanghaft nicht in Harrys Richtung zu schauen.

In meinem Kopf bildet sich ein Theaterstück aus Hasstiraden und Gemecker gegen mich selbst. Wie lange es geht, kann ich nicht sagen, doch als ich endlich zurück in die Richtung schaue, wo ich Harry eben noch habe stehen sehen, hat er sich verkrümelt. Etwas, was er früher schon fantastisch gut beherrschte.

„Okay, danke." Die Probe wird für beendet erklärt und ich schnaufe erstmal durch. 

Den restlichen Nachmittag verbringe ich mit Promo in meiner Umkleide, führe Radiointerviews, poste auf den Sozialen Medien und telefoniere noch einmal fix mit meiner Mum. Joe muss ihr gepetzt habe, wie es um unsere derzeitige Wohnsituation steht und so muss ich sie erst einmal beruhigen. Solange bis es an meiner Umkleide klopft.

Ein brauner Lockenkopf steckt seinen Kopf durch die Tür und grinst mich an. „Also ich weiß nicht wer sich den Mist ausgedacht hat aber wir können anfangen." Zum Ende seines Satzes macht er immer mehr Pausen zwischen den Worten und zieht schließlich etwas hinter seinem Rücken hervor, von dem ich nie erwartet hätte, dass es uns wieder zum Reden bringen würde. „Ist es das, was ich denke, das es ist?" Mehr als nur verwirrt sehe ich das Stück Schaumstoff in seiner Hand an. Die Lippen zusammen gepresst versucht er verzweifelt sein Lachen zu verkneifen und nickt. Doch das geht nicht gut. „Ach du Scheiße", sage ich und beginne zu lachen. Eine Aktion, die auch bei ihm die Dämme brechen lässt.

Da ist sie wieder: Die Grinsekatze mit den größten Grübchen unter der Sonne.

Diese Situation ist seltsam. Sie ist so, so seltsam und ich muss mich zwingen, ernst zu bleiben.

Pete schaffte es tatsächlich meinen Monolog bei der Produktion durchzukriegen und so stehe ich dort, trage einen schwarzen Anzug und glitzere, wie eine Diskokugel. Die Pailletten des Gucci-Stücks reiben an meiner Gitarre und ich hoffe sehr, sie bekommt keine Kratzer. Aufmunternd werde ich hinter der Kamera angelächelt, sehe wie man von drei herab zählt und schnaube fix durch, bevor ich das Go bekomme.

„Ladies and Gentleman: Taylor Swift!" werde ich aus dem Off angekündigt, das Publikum bekommt ein Zeichen zum Applaudieren und die Türen öffnen sich vor meiner Nase. Genau, wie damals, als ich zum ersten Mal diese Show moderieren durfte.

Zu einem fantastischen Saxophon-Solo schreite ich die Stufen nach unten und werde herzlichst empfangen.

„Meine Damen und Herren, liebe Zuschauer! Vielen, vielen Dank für diesen herzlichen Empfang hier bei Saturday Night Live! Es ist so schön wieder hier zu sein, ich habe es so, so sehr vermisst vor Leuten aufzutreten. Also so richtig echten Menschen. Klar, es ist ungewohnt, ich kann sie nicht schnell mal muten, wenn ich auf Toilette muss und eine Hose muss ich auch tragen. Aber es ist trotzdem klasse, hier zu sein." Mit einem Grinsen im Gesicht bin ich froh, diesen schlechten aber leider wahren Post-Covid-Joke über die Lippen gebracht zu haben. „Ehrlich, Sie glauben nicht, wie aufgeregt ich bin. Hinter der Bühne habe ich ganz schön gezittert aber ich freue mich auch so sehr und naja...immer, wenn ich so eine Achterbahnfahrt der Gefühle durch mache, dann muss ich einfach singen."

Hinter der Kamera wird mir eine Gitarre gereicht und meine Hände sind tatsächlich zittriger, als ich erwartet hätte. Bevor Harry mit diesem komischen Anzug-Ding um die Ecke kam, habe ich meinen Monolog einmal geprobt. Aber eben auch nur einmal.

„Das hier ist mein Monolog-Song", erkläre ich bevor ich hinzufüge: „In Klammern Taylors Version." Zwinkernd strahle ich in die Kamera. Ich werde so, so viel Meme- und TikTokmaterial provozieren, das weiß ich genau. Und trotzdem freue ich mich darüber: »I still like glitter / but rather sparkly trousers/ but I'm not gonna talk about that/ in my monologue. I like baking and things that smell like winter / but I'm not gonna about that / in my monologue. Da da da – da da da. I don't write songs about douchebags who cheat on me/ but I'm not gonna lie / in my monologue.«

Dass man mir wirklich erlaubt hat diesen Monolog-Song umzuschreiben, wundert mich ein bisschen doch je weiter ich fortschreite umso mehr Spaß macht es. Wie sich Harry unbemerkt in die Aufzeichnung schleichen konnte ist mir ein Rätsel, doch ich mache seinen Haarschopf in der letzten Ecke aus und sehe, dass auch er sich das Lachen gewaltig verkneifen muss.

Bis zu seinem Auftritt vergehen noch einige Werbepausen, ich darf nicht nur »all too well« singen, sondern werde auch von Pete in eine kleine Spitze gegen das Autorenteam gezogen. Jon, Ron und Martin, das Dreiergespann hinter Petes Moderationskarten wird als »Three Sad Virgins« betitelt und wir machen eine kleine Nummer auf ihre Kosten.

„Und falls ihr euch schon immer mal gefragt habt wie es nach Taylors Spicy Nummer mit unseren Virgins weiter geht, dann bleibt dran." Pete gibt ab in die Werbung und in mir steigt die Spannung ins unermessliche. Schnell jogge ich in die Umkleide, lasse mich umstylen und mir den Fake-Bauch anschnallen. Gerade rechtzeitig treffe ich hinter der Bühne auf Harry, der mit seinen weißen Klamotten und der blonden Perücke absolut albern aussieht. „Bereit der Welt deinen Babybauch zu präsentieren?" Die Antwort ist nein. Ein deutliches, klares, in fetten Großbuchstaben geschriebenes Nein.

Scham. Reue. Selbsthass – all das überrennt mich sobald der Sketch abgedreht ist. Verdammter Mist, wieso habe ich mich darauf eingelassen? Nicht mal Harry hatte es geschafft ernst zu bleiben und brach seinen Charakter mitten in der Nummer.

Als Harry seinen Arm um meine Schulter legt, ich mich wiederum bei Pete unterhake und wir uns vor dem Publikum und der Kamera verbeugen, fällt eine gewaltige Last von mir ab. Erleichtert, glücklich und vor allem müde höre ich der Abmoderation zu, bevor ich in all dem Trubel der danach losbricht den Überblick verliere.

„Tay?" seine Stimme ist sanft und leise, sie dringt nur aus der Ferne zu mir hindurch. Erst sein Griff nach meiner Hand holt mich in die Realität zurück. Vorsichtig zieht Harry mich mit sich an den Rand und aus dem Gewusel an Produzenten, Moderatoren, Technikern und wer auch immer dort alles herumwuselt. „Ich wollte-" was Harry sagen will, erfahre ich nicht. „Ey, Queen!" höre ich meinen lieben Qäulgeist brüllen und würde ihm in dieser Sekunde am liebsten den Kopf abreißen. Und das nicht nur, weil er mir diesen Moment mit Harry versaut, sondern, weil ich nicht schnell genug reagieren kann und die Erdbeere an meiner Stirn zerplatzt. Weiß der Geier, wie und wo er die aufgetrieben hat. „Du kleine Ratte", zische ich. Der Saft der Frucht tropft mir auf die Wange. Wie groß war das blöde Teil bitte? Meinem Gegenüber ist das völlig schnuppe, Harry zupft mir kleine Obstreste aus den Haaren und von der Schulter. Natürlich nicht ohne dabei wortwörtlich Tränen zu lachen.

„Tja, du hast angefangen", sagt Dylan, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. „Und du hast den Stylisten bezahlt, damit er mich quält. Was glaubst du, wer ich bin? Anastasia Steel?" frage ich empört und versuche so sauer, wie nur möglich zu wirken. Dass Harry, ohne nachzudenken ein „Naja..." in den Raum wirft, macht mich sprachlos. Und Dylan, der Trottel springt sofort drauf an. „So, so. Queen-Country steht auf Kabelbinder?" er wackelt anzüglich mit den Augenbrauen und ich weiß genau, die Farbe in meinem Gesicht kommt nicht von der Erdbeere. „Ich bringe euch um. Alle beide."

„Oh ja, ich mache mit." Mit vollem Schwung springt Sadie auf Dylans Rücken und überrumpelt ihn derart, dass sie nicht nur den Schauspieler, sondern auch mich eiskalt umkegelt. Und Harry steht einfach dort, machte anscheinend im richtigen Moment einen Schritt zu Seite und schaut nun von oben herab, wie ein Kindergärtner auf uns herab. Klasse.

Für einen kurzen Moment bleibe ich einfach liegen und es ist still in unserer kleinen Vierer-Blase. Zumindest solange bis Dylan aus vollem Halse losprustet. Er hat eines dieser Lachen, die anstecken. Dir bleibt gar keine andere Wahl, als mit einzustimmen, er ist einfach eine Frohnatur. Und deshalb zögert Harry nicht eine Sekunde, als Dylan vorschlägt zusammen in der Hotelbar einzukehren.

Warum eigentlich nicht?

foxes & huntersWhere stories live. Discover now