Anne

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"Runter!", schrie ein Seemann und wurde nur knapp von einem Pistolenschuss verfehlt. Schnell sank er neben der Reling zusammen und hielt die Hand des jungen rothaarigen Mädchens fest in seiner. Er sah in ihr angsterfülltes Gesicht, doch auch ihm stand die Furcht ins Gesicht geschrieben. "Was geschieht nur?!", fragte die junge Anne mit zitternder Stimme, doch erhielt keine Antwort. Der Seemann riss sich mit einem Ruck seine Halskette vom Leib und legte sie in die Hand des jungen Mädchens. "Halte das hier ganz doll fest, verstanden?", fragte der Seemann schaute Anne tief in die Augen. Das Mädchen schaute auf das Amulett und umklammerte es fest mit ihren Händen. Sie nickte dem Seemann zu und Tränen liefen ihr über die Wange. "Ich habe Angst!", weinte sie, doch im nächsten Moment explodierte die Reling des Schiffes und Holzsplitter flogen wild durch den Himmel. Der Seemann stellte sich schützend vor sie, doch wurde im nächsten Moment tödlich von einer Kanonenkugel vom Schiff gerissen. Anne machte sich winzig klein und hielt sich die Ohren zu. Sie schaute zu sich selbst herunter. Das helle Kleid war eingerissen und ihre Schuhe, die sonst immer glänzten, waren mit Ruß beschmutzt. Sie schloss ihre Augen und versuchte sich vorzustellen, sie wäre zuhause. Gemeinsam mit ihren Eltern spazierte sie über grüne Wiesen und spielte im Schlossgarten. Im nächsten Moment aber, wurde sie aus ihren Gedanken gerissen. Ein großer, bärtiger Mann umklammerte ihren Arm und lachte schmutzig. "Hahaha, das ist doch mal ein Fang, nicht?", neckte er und warf Anne auf seine Schulter. "Lass mich runter!", schrie das kleine Mädchen und schlug und tritt nach dem Mann, aber vergebens. Hinter sich sah Anne wie das Schiff von dem sie kam in sich zusammenbrach und langsam unterging. Der Mann brachte sie auf ein deutlich größeres und rustikaleres Schiff, das von überwiegend dreckigen und übel riechenden Männern besetzt war. Anne sah viele Kisten und Fässer, gefüllt mit Nahrung und Schätzen. Der Mann schleppte sie über das Schiff und zog dabei die gierigen Blicke der Piraten auf sich. Sie begannen sich die Lippen zu lecken und Grimassen in Richtung des Mädchens zu machen. Anne begann wieder zu schreien. Sie hatte gehört, was diese Leute kleinen Mädchen antun. Ihr Vater hatte ihr erzählt, sie solle sich keinem Piraten nähern. "Die seien gefährlich", sagte er immer. Und nun? Sie war auf genau so einem Schiff gelandet. Lieblos wurde sie von den breiten Schultern in ein eisernes Verlies geworfen und landete unsanft auf ihrem Hintern. Lachend verschloss der Pirat das modernde Gitter und lies Anne mit ihren Gedanken alleine zurück. Es roch nach Fisch und Alkohol. Unsicher schlich sie an das Gitter heran und umklammerte die Gitterstäbe. Sie blickte umher und sah viele schlafende, in Hängematten liegende Piraten. Plötzlich spürte sie wie etwas an ihrer Hand kitzelte und schaute auf. Als sie die kleine Spinne sah, kreischte sie kurz auf und hielt sich dann sie schnell die Hand vor den Mund. Sie hatte durch ihren Schrei einige der Piraten aufwachen lassen, welche nun erst einmal benommen und wahrscheinlich noch immer betrunken dreinschauten. Es dauerte nicht lange bis Anne von den angetrunkenen Männern bemerkt wurde und diese sich um die Gitter herumreiten. Anne taumelte tapsend rücklings, stolperte über ihre eigenen Beine und landete wieder auf ihrem Hintern. Sie schaute in die gierigen Gesichter der Männer und rutschte an zurück and die Wand, um den greifenden Armen zu entgehen, die die Piraten ausstreckten, um sie irgendwie zu erreichen. "Lasst mich!", kreischte Anne und begann ihre paar Schuhe auszuziehen und nach den Männern zu werfen. Einer der Piraten ging am Kopf getroffen kurz zu Boden, stand dann aber wutentbrannt wieder auf und machte sich wieder am Käfig zu schaffen. "Komm her zu mir, Kleines. Ich tu dir auch bestimmt nichts", sagte einer Piraten, während spucke aus seinem Mund tropfte. Anne zog erneut dieser Geruch von Alkohol in die Nase und sie rückte näher an die Wand heran. Plötzlich klopfte es. Die Piraten nahmen schnurstracks Abstand vom Gitter und schauten gebannt in Richtung der Treppe. Herunter kam ein großer, bärtiger und dunkel gekleideter Mann mit einem großen Hut. Das Klopfgeräusch kam von seinem einen Holzbein, das er schleppend über den Schiffsboden zog. "Ihr wagt es doch wohl nicht unseren neuen Gast ohne meine Erlaubnis anzufassen?!", drohte er seinen Männern, die plötzlich ganz leise geworden waren. Er schaute auf Anne herab und zog eine Augenbraue hoch. "So jung?", fragte er sich. "Das Mädchen bezieht mein Quartier!", befahl der wohl Kapitän und stampfte die Treppe wieder herauf. Tuschelnd verzogen sich die anderen Piraten wieder in ihren Hängematten, nicht aber ohne die Schuhe des jungen Mädchens mitgehen zu lassen, die sie aus Angst hatte, weggeworfen.

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⏰ Last updated: Dec 06, 2021 ⏰

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Kitzeliges Piraten-AbenteuerWhere stories live. Discover now