Niemand ist sicher ...

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Als wir schließlich eine Pause machten und hinab in die Große Halle gingen, fragte ich mich, ob es mir helfen würde, wenn alle meine Verwandten mir ihre Meinung schicken würden. Gut, meine Verwandtschaft bestand aus rassistischen Blacks, zu denen ich eigentlich keinen Kontakt wollte und aus Ufermenschen, die bis auf wenige Ausnahmen noch weniger Ahnung von den Wahlfächern hatten als ich. Dora wäre vielleicht eine gute Kontaktperson und ich nahm mir vor, ihr einen Brief zu schreiben, sobald ich wieder oben war.

Am Gryffindortisch war nicht viel los, schließlich waren Ferien und die meisten Schüler nutzten dies aus, um auszuschlafen. Wir ließen uns nahe des Lehrertisches auf die Holzbank sinken und Neville seufzte.

„W-welche Fächer willst du eigentlich nehmen?“

Ich zuckte ratlos mit den Schultern. „Ich habe überlegt Arithmantik zu nehmen und dann noch irgendein anderes Fach dazu. Keine drei Fächer, das wird mir zu viel Arbeit.“

„V-von mir erwarten alle, d-das ich drei Fächer nehme“, erklärte Neville geknickt, doch ich zuckte nur mit den Schultern.

„Na und! Du musst die Stunden absetzen und die Prüfungen bestehen und nicht sie. Besser bist du in zwei Fächern gut, als in drei Fächern schlecht, weil es zu viel Aufwand ist.“

Neville lachte, schaute aber nachdenklich drein. „Ich w-werde in den Fächern sowieso schlecht sein. O-ob ich jetzt zwei oder d-drei nehme, tut eigentlich k-kaum was zur Sache ...“

Ich verdrehte die Augen und wollte gerade dagegen argumentieren, als die Posteulen von der Decke her auf uns hinabstießen und Neville unwillkürlich den Kopf einzog. Erst dachte ich, er hätte sich tatsächlich nach beinahe zwei Jahren Hogwarts noch nicht an die Morgenpost gewöhnt, gleich darauf wurde mir aber klar, dass seine Beunruhigung berechtigt war. Durchaus berechtigt sogar. Man konnte es wohl am besten mit einem kleinen Eulenschwarm bezeichnen, der auf Neville zugeschossen kam. Große Eulen, kleine Eulen. Einige ließen ihre Briefe einfach fallen, andere tippelte ungeduldig über den Tisch und stießen alles um, was ihnen in den Weg kam.

Nein, ich würde nicht wollen, dass meine ganze Verwandtschaft mir Briefe schickte. Erst recht nicht, bei einer so großen Verwandtschaft, wie Neville sie hatte. Die Longbottoms schienen ein recht gut verzweigtes Netz an Bekanntschaften und einen hohen Sinn für Zusammenhalt zu haben.

- Und viel Freizeit. Ich sammelte einige der Briefe ein und war hin und wieder überrascht, wie schwer sie waren. Damit war die Beschäftigung für den Rest des Vormittags gesichert.

Stirnrunzelnd überflog ich die Absender. Jamie Satterfield schrieb aus Wales, Claudette Camier aus einem Ort, der verdächtig französisch klang und Maria Michelle de Montmorency aus einem Palast in Griechenland.

„Seid ihr eigentlich … international?“, fragte ich schmunzelt. „Oder reich? Oder beides?“

Er schaute auf meine Briefe und grinste schwach. „M-meinst du Maria? Sie ist V-Vollblut-Britin, aber s-sie reist gerne … u-und sie schickt mir einen Brief v-von jedem Ort, an dem sie ist. Sie h-hat tausende Nichten und Neffen und Enkel und … du weißt schon. A-aber t-trotzdem war sie immer zu meinen G-Geburtstagen da und schreibt mir oft.“ Er klang stolz und irgendwie mochte ich die Frau, auch wenn ich sie überhaupt nicht kannte. Wer so nett zu Neville war, konnte nur sympathisch sein, oder?

Schwarz wie die Nacht: Misstrauen (Harry Potter Fanfiction)Where stories live. Discover now