Mrs Campbell schien zu bemerken, dass mich irgendetwas beschäftigte. »Ich selbst habe heute keine Zeit, noch wohin zu fahren.«, sagte sie sanft. »Aber ich könnte Lily oder Jack losschicken. Wenn es dir lieber wäre, könnten wir auch wie letztes Mal einfach einen Treffpunkt ausmachen, in Ordnung?«

Erleichtert atmete ich auf. »Ja.«, stimmte ich zu.

»Wirst du dann kommen, oder jemand anderes?«, wollte sie interessiert wissen. »Wie sieht's mit deinem Chamäleon-Freund aus?« Garantiert wollte sie ihn mit Fragen löchern. Mit Fragen, auf die Kieran nicht eingehen würde, wenn er überhaupt hier gewesen wäre. Erneut kam die Sorge in mir hoch. Die Tage waren vergangen, ohne dass wir auch nun einen Laut von ihm vernommen hatten.

»Vermutlich werde ich kommen.«, sagte ich und ging nicht auf Mrs Campbells Nachfrage nach Kieran ein. Es sei denn, Samuel bestimmte etwas anderes. Immerhin hatte sie bereits ihr Interview mit mir gehabt, weshalb es nicht mehr notwendig war, unbedingt mich zu schicken. Allerdings hoffte ich, dass Samuel mich gehen ließ. Es war eine Qual nichts zu tun und nur zusehen zu können, wie die anderen an unserem Ziel arbeiteten.

»Gut. Dieses Mal dann vermutlich besser nicht am Bauernhof. Irgendwann würde es nämlich auffallen, wenn wir uns immer dort treffen würden. Aber es gibt einen Wald in der Nähe mit hübschen Spazierwegen. - Keine Sorge: Um diese Zeit findet man dort kaum Leute. Könntest du jetzt dorthin fahren?«

»Könnte ich.«, meinte ich. Egal, was Samuel sagte. Das hier war meine Sache. Und ich sah es nicht ein, immer nur faul im Haus zu bleiben, während die anderen sich in Gefahr begaben und sich unter die Menschen mischten.

»Perfekt. Dann sage ich Lily und Jack Bescheid. Einer von beiden wird wohl ein bisschen Zeit übrig haben.«, lachte sie. »Wir sehen uns sicher ein anderes Mal, Freya. Bis dann.«

»Bis dann.« Ich legte auf. Jetzt musste ich bloß noch Samuel davon überzeugen, mir eine Akte und den Autoschlüssel auszuhändigen. Entschlossen stand ich auf und machte mich auf die Suche nach ihm. Wie ich es mir schon gedacht hatte, befand er sich in seinem Büro, indem er vermutlich wieder mal die nächste Aktion plante.

»Ah, Freya.«, sagte er, als er mich bemerkte. »Was gibt's?«

»Ich habe mit Mrs Campbell telefoniert und ihr von den Akten und Aufnahmen erzählt.«, erklärte ich und kam auch direkt zum Punkt. »Ich werde ihr die Unterlagen geben. Das Treffen findet in der Nähe des Bauernhofes vom letzten Mal statt und ich soll sofort losfahren.«

Augenblicklich verdüsterte sich Samuels Miene. »Freya«, sagte er langsam. »Ich weiß, dass es dir nicht gefällt, dass du ständig außen vor gelassen wirst. Aber es ist sicherer für dich, hier zu bleiben.«

»Aber für wie lange?«, fuhr ich ihn anklagend an. »Ich kann doch nicht für immer hier bleiben! Außerdem begebe ich mich jetzt ja auch nicht in Menschenmengen. Da wird vermutlich niemand anderes sein, als einer aus Mrs Campbells Team und ich.« Zum ersten Mal verstand ich Kierans Abneigung gegen Samuel. Natürlich empfand ich nicht genauso. Ich mochte Samuel. Aber das hier war übertrieben. Mich derart einzuschränken war nicht in Ordnung.

Samuel wirkte müde, als er seufzte und fortfuhr: »Ich kann deine Sicherheit nicht gefährden. Wir brauchen dich. Die Menschen kennen dich und wenn dir etwas passiert, wäre das schlecht für uns alle. Sie benötigen ein bekanntes Gesicht unter uns Mutanten. Jemanden, von dem sie glauben, ihn zu kennen. Und das bist nun einmal du.«

»Die anderen riskieren ihr Leben beinahe tagtäglich.«, hielt ich eisern dagegen. »Sie gehen raus und sprechen vor Ort zu den Menschen. Ich bin nicht hilflos, Samuel. Und ich kann nicht länger hier drinnen hocken und nichts tun.«

Freya Winter - MutantWhere stories live. Discover now