Donnerstag, 10. November 1938

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Liebes Tagebuch,

die Nachrichten aus Deutschland werden immer schlimmer. Diese Nacht wurden unzählige jüdisch Läden von der SA zerstört. Die Schaufenster wurden zertrümmert und die Einrichtung verwüstet. Die Juden wurden aus ihren Häusern gezerrt, beschimpft, verdroschen und einige sogar verhaftet. Synagogen wurden zerstört und niedergebrannt. Und das im gesamten Deutschen Reich und Österreich! Anlass ist ein Attentat, das vor drei Tagen in Paris von einem polnischen Juden auf einen deutschen Abgeordneten verübt wurde. Als ich von den Ungeheuerlichkeiten, die den Juden angetan wurden, erfuhr, verschlug es mir die Sprache. Das ist einfach so unvorstellbar. Ich möchte etwas dagegen tun, den Juden helfen, aber ich weiß einfach nicht, wie. Ich begreife auch einfach nicht, wieso niemand etwas dagegen unternimmt. Dass die anderen Deutschen Angst haben verstehe ich, aber was ist mit anderen Ländern? Wie können sie einfach weiter mit dem Deutschen Reich Handel treiben und es dadurch unterstützen, als wäre alles in Ordnung?

Aber nun zu erfreulicheren Nachrichten: Ich habe endlich meine Lehre zur Büroangestellten begonnen! Als ich einer Kollegin aus der Schneiderei vor ein paar Monaten von meinem Traum, Büroangestellte zu werden, erzählte, berichtete sie, sie kenne den Chef einer großen Firma in der Stadt und könne ihn fragen, ob ich dort meine Lehre machen könnte. Ich war so aufgeregt! Seit Anfang des Monats arbeite ich dort jetzt und es macht mir viel Spaß. Mit einem meiner Kollegen verstehe ich mich besonders gut. Per ist nur ein Jahr älter als ich und erklärt mir viel. Vielleicht können wir sogar Freunde werden. Seit ich in Schweden bin habe ich nur wenig Kontakt zu Gleichaltrigen, aber wenn ich Glück habe, ändert sich das jetzt.

Tagebuch einer jungen Frau im 2. WeltkriegWaar verhalen tot leven komen. Ontdek het nu