LEYNI I

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Nachdenklich starrte Leyni aus dem Fenster und starrte auf den weiten Hof, auf dem ihr Halbbruder sich mit gleichaltrigen Jungen im Schwertkampf maß. Gedanken kamen und gingen, doch sie konnte sich nicht auf ihre Aufgaben konzentrieren. Ein dicker Wälzer über die Geschichte Westeros' lag vor ihr, daneben ein paar Bögen Pergament, auf denen noch nicht ein Wort geschrieben war. Gelangweilt seufzte sie und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück.

Alles schien interessanter zu sein, als dieses alte, staubige Buch. Sie wäre nun gerne da unten, mit ihrem Halbbruder Ed, um sich mit ihm zu messen. Gleichgültig betrachtete sie die schwitzenden Jungen, die sich mit Holzschwertern unter der Beobachtung von Ser Allester Brewlan, des Waffenmeisters Winterfells, verdroschen. Sie beobachtete besonders ihren Bruder, Ed, der einen Kopf größer war als fast alle anderen. Außer Ronard, doch der war so groß und breit, dass man meinen könnte, man stehe neben einem Riesen. Leider roch Ronard meistens auch so. Ed stach aus der Menge heraus, nicht etwa wegen seiner Größe, sondern wegen seines Talentes. Er war geschickt und stark, doch langsam, wie Leyni fand. Sie hatte sich mit Ed mehr als einmal gemessen, und sich immer eine Standpauke von Ed's Mutter anhören müssen. Wie sehr sie sich gerade wünschte, mit Ed zu kämpfen. Doch nicht auf dem Hof, nur sie und Ed, im Wald. Es war Jahre her seit sie das zuletzt gemacht hatten, denn Ed wurde nun zum Lord ausgebildet und sie, nun ja, sie hatte noch keine richtige Arbeit für sich gefunden. Sie war ein Bastard, das Beste, das ihr passieren konnte, war dass sie das Kammermädchen für ihren Bruder spielen durfte. Ein Pfeiffen von Ser Allester riss sie aus ihren Gedanken. Es wurden wohl neue Gruppen eingeteilt. Ed verzog das Gesicht, als Ronard ihm zugeteilt wurde, doch Leyni schien nun doch Gefallen an der Trainingsstunde zu finden.

Aufmerksam setzte sie sich auf und fixsierte ihren Blick auf ihren Halbbruder. Ed schaute auf und bemerkte erst jetzt, dass Leyni ihn beobachtete. Er grinste verschmitzt, bevor er Stellung bezog und sich gegen den bevorstehenden Kampf wappnete. Er wischte sich eine schweißnasse dunkelbraune Strähne aus dem Gesicht und starrte seinem Gegner konzentriert an. Plötzlich wurden ihr die Unterschiede zwischen ihr und ihrem Halbbruder umso klarer. Sie waren zwar im gleichen Alter, doch da wo Leyni schlank war, war Ed muskulös, wo er Mann war, war sie Frau, wo Leyni klein war, war ihr Halbbruder groß. Er war stark und behändig, sie war schnell und gerissen. Sie hatte kupferne Haare, er dunkelbraune. Sie hatte grüne Augen, er die braunen eines Starks. Er Lord, sie Bastard. Unterschiedlicher konnten sie nun wirklich nicht sein.

Der Schrei von Ronard, als er zum Angriff ansetzte riss sie abermals aus ihren Gedanken. Mit beträchtlicher Geschwindigkeit schnellte Ronard nach vorne und holte weit aus, doch Ed reagierte noch rechtzeitig und sprang zur Seite. Ronard reagierte jedoch darauf zu langsam, mit voller Geschwindigkeit sauste er an Ed vorbei, kam nicht rechtzeitig zum Stehen und fiel vornüber in einen Strohhaufen. Ser Allester beendete die Unterrichtsstunde damit, dass er und drei weitere Jungen, darunter auch Ed, versuchten Ronard aus dem Strohhaufen zu helfen, dass darin endete, dass auch Ed im Stroh landete.

»Leyni, schau mal! « Leyni drehte sich sofort um, als sie die Stimme ihres Halbbruders hörte und musste sich ein Kichern verkneifen. Ihr jüngerer Halbbruder Josua stand selbstsicher auf der Türschwelle zu Leynis kleinem Kämmerchen und schob den übergroßen Übungshelm seines Bruders, der ihm alle paar Sekunden über die Augen rutschte, zurück, sodass er etwas sehen konnte. Er konnte das gewaltige Holzschwert nur mit Mühe in der Luft halten. »Ich bin Ed! «, rief er und platzte fast vor Stolz, als er mit seinen kleinen Armen ausholte um mit dem Holzschwert gegen den Türrahmen zu schlagen. Das Übungsschwert prallte jedoch vom Holzrahmen der Tür ab und fiel mit einem lauten klack zu Boden. »Na, fast hätte ich euch Beide verwechselt. «, sagte Leyni und spielte Überraschung vor. Ein Grinsen machte sich auf dem Gesicht des Dreijährigen breit und er bückte sich, mit der linken Hand den enormen Helm auf dem Kopf haltend, um das Holzschwert aufzuheben. »Was machst du gerade? «, fragte er und zog das schwere Schwert hinter sich her. Schlagartig fiel ihr der Wälzer wieder ein, der neben ihr auf dem Tisch lag. »Ach nichts Besonderes. Ganz im Gegensatz zu dir, nicht wahr? «, fragte sie, während Josua sich neben sie stellte und versuchte auf den Tisch zu schauen. Er war leider noch nicht groß genug, doch es gelang ihm, auf Zehenspitzen stehend, das Holzschwert auf den Tisch zu manövrieren und auf Leynis Schoß zu klettern. »Was ist das da? «, fragte er und zeigte auf das dicke Buch. »Ein Buch über Westeros. «, antwortete Leyni und beobachtete Josua. Die Antwort schien ihn nicht zu beeindrucken, doch er war damit zufrieden. »Das hat gar keine Bilder. «, stellte er fest und zog das Buch an sich heran. Er betrachtete das Buch noch eine Weile, verlor aber bald das Interesse und kletterte von Leynis Schoß.

»Ich geh zu Ammett. «, erklärte Josua und marschierte aus Leynis Zimmer. Leyni starrte ihm noch etwas nach und beschloss dann sich etwas zu Essen zu holen. Sie aß so gut wie nie mit den Starks, meistens war sie für sich in ihrem Zimmer. Manchmal aß sie auch zusammen mit Ed. Langsam lief sie den Gang entlang, in Richtung der Küche, Coren würde ihr sicherlich wieder eine Suppe hingestellt haben. Als sie aus dem Hauptgebäude auf den Hof trat, schlug ihr eine Woge kalter Luft entgegen. Tief atmete sie die frische Luft ein und schloss die Augen, bis sie hörte, wie sich jemand von rechts näherte. »Leyni! « Ed kam ihr mir völlig nass geschwitztem Gesicht und Strohalmen, die in seinen Haaren und der Kleidung steckten, entgegen. Er grinste breit und seine bleichen Wangen waren von der Kälte gerötet. »Habt ihr den Riesen aus dem Stroh bekommen? «, fragte sie. »Er ist ja fast von selbst heraus geschwebt. «, antwortete Ed und Leyni musste lachen. »An dem Tag an dem Ronrad schwebt werde ich Königin von ganz Westeros. « Ed verbeugte sich tief vor ihr und sagte: »Wollet ihr mich Begleiten, Euer Hoheit? « Er hielt ihr seinen Arm entgegen doch Leyni versetzte ihm einen Tritt. »Mit so einem Esel wie dir? Niemals! «, rief sie und eilte schon, so schnell es in ihrem Kleid möglich war, in Richtung der Küche. Ed murmelte etwas Unverständliches und hatte sie schon kurz vor der Tür zur Küche eingeholt. »Eure Hoheit. « Er öffnete ihr die Tür zur Küche und grinste schelmisch, wofür er einen weiteren Tritt kassiert hätte, wenn Coren ihnen nicht entgegen gekommen wäre. Coren hob eine Augenbraue, als er die beiden Geschwister sah und wendete sich jedoch sofort an Ed.

 »Elliott, Eure Mutter möchte Euch sehen. «

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⏰ Last updated: Nov 29, 2016 ⏰

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