13. Snap out of it

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"Halt dich an mir fest", forderte mich Deegan auf als wir draußen vor der Schule standen.
"Ich werde nicht mit dir fliegen. Falls du es noch nicht bemerkt hast: Ich habe Höhenangst", widersetzte ich mich stur, woraufhin er seine Augen rollte.
"Wir werden nicht fliegen. Versprochen", versicherte er mir genervt. Ich atmete aus bevor ich widerwillig in seine Arme lief, die er für mich ausgestreckt hatte. Zögerlich klammerte ich mich an ihn, weshalb er anfing zu grinsen und mich danach noch enger zu sich an die Brust zog.
"Und was jetzt?", fragte ich, deswegen etwas genervt.
"Jetzt Liebste, fliegen wir", antwortete er mit einem hinterhältigen Grinsen und noch bevor ich seine Worte registrieren konnte hob er mit mir in seinen Armen ab.
"Du hast es versprochen!", kreischte ich während ich mein Bestes gab nicht runter zu sehen und mich noch fester an Deegan klammerte.
"Und du hast mir geglaubt", sprach er lachend. Ich konnte weder antworten noch irgendetwas an mir bewegen. Ich kniff fest meine Augen zu während mein Herz schmerzhaft schnell gegen meinen Brustkorb schlug. Das Gefühl zu ersticken breitete sich in mir aus und meine Atmung wurde unregelmäßig als ich vergeblich versuchte Luft in meine Lunge zu pumpen. Alles in mir zog sich zusammen, wobei mein Körper von Panik und Angst konsumiert wurde. Ich hörte Deegans Lache, die sich immer weiter entfernt anhörte je höher wir flogen, so als würde sie in den Hintergrund rücken.
"Ich-ich-"
Ich versuchte etwas zu sagen, doch mir fiel es schwer einen Satz zu formulieren und ehe ich es ahnte wurde meine Welt in Dunkelheit getaucht.

"Hey Schlafmütze aufstehen, wir sind da", hörte ich eine Stimme, die von Sekunde zu Sekunde klarer wurde. Langsam öffnete ich meine Augen und das erste was ich erblickte war Deegan.
"Endlich", sprach er augenrollend, was an mir einfach abprallte. Verwirrt setzte ich mich auf, mein Gehirn fühlte sich so an als wäre es von einem Nebelschleier umgeben.
"Wo sind wir?", fragte ich leise als ich mich umsah. Ich konnte mich nicht mal mehr daran erinnern, wie wir hier gelandet waren. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Es gab auch nichts zu beschreiben, alles war weiß bis auf den Untergrund, der schwarz war. Es war weder ein Raum noch war es draußen. Es war...unendlich.
"Das hier ist der Zwischenstopp zwischen der Unterwelt und der menschlichen Welt."
"Ich musste dich leider hierherbringen, weil mich mein Dad umbringen würde, wenn wir in eurer Welt Wirbelstürme verursachen würden. Er hat heute nur Nachtschicht und hat keine Lust auf unnötige Todesfälle am Morgen", erklärte Deegan gelassen.
"Ich finde es auch ätzend hier, das einzige was es hier gibt ist die Bushaltestelle da vorne", sprach er weiter, obwohl ich nichts gesagt hatte.
"Wo?", fragte ich verwirrt, da ich nichts gesehen hatte. Er nickte hinter mich und auf einmal erschien eine Haltestelle. Ich hätte schwören können, dass sie vorher nicht da war...
"Der nächste Bus kommt erst am Abend wieder, weil mein Dad erst da wieder anfängt Seelen zu sammeln, also haben wir genug Zeit", teilte er mir mit.
"Okay...", antwortete ich nur, nicht wissend, wie ich das Ganze aufnehmen sollte.
"Also bereit das nächste Element, Luft, zu erlernen?", fragte er rhetorisch.
"Solange ich nicht fliegen muss oder so", antwortete ich gleichgültig bis in meinem Kopf förmlich eine Abzugshaube betätigt wurde, die den Nebelschleier in meinem Schädel einsog.
"Du hast es versprochen gehabt!", sprach ich außer mir als ich mich wieder an den Flug erinnerte. Ich wusste nicht wieso, aber aus irgendeinem Grund schien sich Deegan zu freuen, dass ich mich daran erinnert hatte.
"Und du hast ernsthaft geglaubt, dass ich sowas banales einhalten würde", antwortete er grinsend.
"Du verfluchter-"
"Bastard?", ergänzte er amüsiert.
"Ich werde dich umbringen!", schrie ich bevor ich auf ihn losging.
"Ich dachte wir hätten schon geklärt, dass das nicht geht?", sagte er spöttisch und wich mit Leichtigkeit aus.
"Gott, ich hasse dich!", schrie ich ihn an und wollte erneut auf ihn einschlagen, woraufhin er sich ein paar Meter von mir wegbeamte und lachte.
"Ich hasse den Dude da oben auch aber ich habe es nicht nötig es zu brüllen", zog er mich auf.
Wütend ballte ich meine Hände zu Fäusten. Es brachte einfach nichts. Ihm machte es regelrecht Spaß mich in die Weißglut zu treiben, weshalb ich ab jetzt versuchen würde mich zusammen zu reißen.
"Wie auch immer. Bring mir den Scheiß bei damit ich endlich Nachhause gehen kann", presste ich zwischen knirschenden Zähnen raus. Ich würde nicht zulassen, dass er mich weiterhin provozierte nur damit er dabei seinen Spaß hatte.
"Nachdem ich dir den 'Scheiß' beigebracht habe kannst du trotzdem nicht Nachhause. Als Bestrafung, dass du mich ignoriert hast darfst du, wenn du wieder zurück bist, ab da weitermachen, wo ich den Unterricht unterbrochen habe", antwortete er schadenfroh. Ich zuckte nur mit den Schultern, weshalb mich Deegan leicht überrascht musterte.
"Also können wir jetzt anfangen?", hakte ich ungeduldig nach. Er nickte nur, deutlich unzufrieden damit, dass ich mich nicht aufgeregt hatte.
"Okay wir werden jetzt erst einmal mit einem Tornado anfangen", informierte er mich.
"Bevor du ein Tornado frei lassen kannst, musst du erst einmal selbst zu einem werden. Denk zurück wie du das Feuer entfacht hast, so musst du es auch mit den Wirbelstürmen machen", fing er an.
"Stell dir einen Tornado vor. Einen kleinen, für den Anfang, und stell dir vor wie er über den Boden hinwegfegt", sprach er weiter was ich mit geschlossenen Augen versuchte zu machen.
"Halte diesen Gedanken fest und fang dich an zu drehen und versuche dabei immer schneller zu werden."
Ich konzentrierte mich auf seine Worte und fing an mich um meine eigene Achse zu drehen.
"Jetzt stell dir vor, wie es in dir entsteht und wie du es frei lässt. Buchstabiere dabei das Wort. Jetzt laut, wenn du geübt bist darfst du es auch in Gedanken machen."
Also fing ich an das Wort Tornado zu buchstabieren während mir immer schwindliger wurde. Beim Feuer entfachen hatte ich die Energie in meinem Körper gespürt aber momentan passierte rein gar nichts.
Gerade als ich bei 'D' angekommen war, brach Deegan in Gelächter aus. Sofort stoppte ich, doch alles um mich herum drehte sich noch immer.
Es fiel mir schwer stehen zu bleiben und ich schwankte hin und her so als würde sich der Boden bewegen während Deegans laute Lache in meinem Kopf hallte.
Nachdem der Schwindel endlich nachließ blickte ich ihn wütend an.
"Du hast mich nur verarscht", stellte ich bitter fest und verschränkte meine Arme vor der Brust.
"Ja du hättest dich sehen sollen!", antwortete er lachend und wischte sich die Lachtränen unter seinen Augen weg.
"Oh man ist das lustig", sprach er weiter, wobei mir Hitze in die Wangen schoss. Einerseits, weil es mir peinlich war, dass ich darauf reingefallen war und andererseits, weil ich mehr als nur wütend auf den Idioten war.
Ich schüttelte nur angepisst meinen Kopf und bemühte mich nicht auszurasten.
"Wenn du fertig damit bist zu lachen, kannst du mir dann zeigen wie es in Wirklichkeit geht?", fragte ich gezwungen ruhig in einem kalten Ton. Von einer Sekunde auf die andere stoppte er und sah mich verwirrt an.
"Du willst mir jetzt nicht mit dem Tod drohen oder versuchen mich zu schlagen?", hakte er verblüfft nach.
"Nein. Also los jetzt", antwortete ich kalt mit einem herausfordernden Blick.
"Ist ja langweilig...", murmelte Deegan bevor er mir nun wirklich zeigte wie man Wirbelstürme verursachte.
"Du musst ehrlich gesagt nur dasselbe wie beim Feuer machen, nur dass du dir einen Tornado vorstellst und dabei mit einem beliebigen Finger an einer beliebigen Hand kreisende Bewegungen machst."
Und als ich es dieses Mal befolgte, spürte ich wie es funktionierte. Ein kleiner Tornado hatte sich an meiner Fingerkuppe gebildet und ich betrachtete es fasziniert als sich ein Lächeln auf meine Lippen schlich.
"Versuch es mit deinen Gedanken zu vergrößern und wenn du bereit bist lass es los", redete Deegan.
Der Drang den Wirbelsturm in die Richtung von ihm zu werfen war unglaublich stark, doch ich kämpfte dagegen an, weil ich wusste, dass ich diejenige sein würde, die im Nachhinein büßen würde.
Als der Tornado die Größe eines Kleinkindes annahm ließ ich es los und beobachtete es stillschweigend bis es komplett aus meinem Sichtfeld verschwunden war.
"Und jetzt nochmal", forderte mich Deegan auf.
Ich übte eine ganze Weile konzentriert und zeigte ihm dabei die kalte Schulter. Er hatte ein paar Mal versucht ein Gespräch mit mir aufzubauen oder mich zu provozieren, doch ich ließ alles einfach an mir abprallen. Schließlich setzte er sich beleidigt auf den Boden und schaute mir leise zu.
"Ich denke das reicht für heute", teilte er mir irgendwann bitter mit.
"Komm her und halt dich wieder an mir fest. Ich setz dich in der Schule ab", forderte er mich dann auf. Gleichgültig stellte ich mich vor ihn und legte meine Arme um ihn.
"Wir werden erneut fliegen", informierte er mich plötzlich wieder grinsend. Ich nickte nur und versuchte meine coole Fassade aufrechtzuerhalten, obwohl ich im Inneren einen Zusammenbruch erlitt.
Genervt seufzte er auf.
"Scheiß drauf. So macht es keinen Spaß", murmelte er daraufhin und anstatt zu fliegen, wie er es gesagt hatte, standen wir binnen eines Augenblicks im Klassenzimmer. Erstaunt ließ ich von ihm ab und blickte mich um.
"Teleportieren bringe ich dir irgendwann auch bei", gab er mit seinen Händen in seinen Hosentaschen von sich.
"Okay", antwortete ich nickend, woraufhin Deegan frustriert seinen Kopf in den Nacken legte und laut ausatmete.
"Entschuldigung wegen der Wasser-Illusion am Dienstag und Entschuldigung für heute", sprach er auf einmal und sah mir dabei in die Augen. Meine Kinnlade klappte mir fast herunter.
Hatte er sich gerade wirklich bei mir entschuldigt?!
"Ja habe ich", beantwortete er die Frage, die ich mir nur gedacht hatte.
Unwillkürlich schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen.
"Okay. Entschuldigung angenommen", sagte ich immer noch lächelnd. Deegan nickte fast schon peinlich berührt bevor er krampfhaft seinen Blick auf den Boden wandte.
Das war definitiv ein Durchbruch.

InfernoWhere stories live. Discover now