Drei Kreuze für Ru(h)m

278 26 7
                                    

Port Royal, 17. März 1714

"Vieles im Leben endet mit einem Kreuz, oft ist es das Kreuz auf dem eigenen Grab, hier aber endete mein altes Leben endgültig und ein neues begann." (Der Namenlose)

Der Geruch in der Schänke war mittlerweile so bekannt und gewohnt, wie der Geruch des eigenen Schweisses. Wie jeden Abend war die sittsame Nonne gut besucht und auch, wenn alles auf dem ersten Blick so schien wie immer, war doch eine andere Stimmung. Musik und Gelächter paarten sich mit dem tiefen Gemurmel der Gäste. Der Blonde hatte sich mit Carla zur Theke bewegt, ein Becher Rum war schnell bestellt und die kalten Augen versuchten sich einen Überblick zu verschaffen. Ein roter Hut, mit einer grünen Feder, schwarzes glattes Haar, Augenklappe und ein schwarzer Mantel, so war die Beschreibung Carlas gewesen, kurz bevor sie die Nonne betreten hatten. Für den Blonden gab es drei Möglichkeiten, warum ein Pirat hier in Port Royal offen herumlief. Die erste Möglichkeit war sein Favorit, denn in dem Falle, war jener Pirat berüchtigt und bekannt, aber sein Ruf von unglaublicher Angst begleitet, das er sich sicher war, dass ihn niemand anrühren würde. Die zweite Möglichkeit war immerhin noch jene, dass er auf das Kapern englischer Schiffe verzichtete und damit sicher in englischen Häfen einlaufen konnte und zu guter Letzt die Möglichkeit, die dem Jüngling am wenigsten zusagte, dass niemand diesen Piraten wirklich kannte.

Für seine eigenen Pläne war es nicht unbedingt wichtig, ob und wie bekannt jener Käptn war, es ging um eine Eintritt in ein neues Leben und dazu brauchte es keine Berühmtheit. Aufmerksam suchte er jeden einzelnen Gast in der Schänke ab und entdeckte schliesslich einen Mann mittleren Alters, auf den die Beschreibung Carlas passte. Der Hut mit der Feder lag neben ihm auf den Tisch und mehrere junge Weiber saßen rechts und links von ihm. Der Geruch des Abenteuers haftete ihm an und offenbar hatte dies eine betörende Wirkung auf die junge Weiblichkeit. "Man sagt, er sucht neue Crewmitglieder.", durchbrach Carla die Gedanken des Blonden und erhielt umgehend seine Aufmerksamkeit. "Kennt man ihn?", fragte er neugierig uznd Carls lächelte vielsagend. "Ich bin da der falsche Maßstab, mein Hübscher, ich kenne ihn als Kunden, aber ein Kunde ist auch der Vizekönig schon gewesen." "Der Vizekönig?", fragte er nochmals nach, war es für ihn kaum vorstellbar, wie hohe Adlige sich dem einfachen Treiben mit einer Hure hingeben konnte, aber wie so vieles, offenbarte sich hier eine Schwäche in seinem Wissen. Gedanklich notierte er den Sachverhalt, wer weiss, ob man davon irgendwann Profit schlagen konnte. "Und sein Name?", fragte der Jüngling weiter. "John Bloodhand...", hauchte Carla in sein Ohr und fuhr fort, "... zumindest damals, Namen haben bisweilen weniger Bestand als das Wetter in der Karibik, wenn die Zeit der Stürme ist."

Stumm nickte der Namenlose. Bloodhand klang auf den ersten Eindruck in seinen Ohren nach einem bekannteren Piraten. Zumindest wird er blutige Hände gehabt haben, was eine gewisse Brutalität und Gnadenlosigkeit vorraussetzte. Abermals kostete er vom Rum, der warm schmeckte und dem er immer wieder zugetan war. Plump auf den Käptn zulaufen war kein guter Plan, dafür wusste er zu wenig. Wenn aber jener Pirat neue Männer suchte für seine Kaperfahrten, so musste der Blonde ihn überzeugen, dass man nicht auf ihn verzichten konnte. Die Hand glitt erneut zum Krug mit dem Rum, schloss den Griff und leicht stiess er sich vom Tresen ab. Langsam und aufmerksam bahnte er sich seinen Weg durch die Menge, wich immer mal einem der betrunken aus, die über seinen Weg stolperten. Sein Ziel war einer der Balken, die die Decke trugen und in der Nähe des John Bloodhands standen. Wie beeindruckte man einen Piraten? Sicher nicht mit plumpen Glücksspiel, ging der Jüngling doch davon aus, dass ein jeder Pirat in diesem Talent nicht unfähig war. Sein Blick fiel kalt auf einen großen und grobschlächtigen Seemänner, die mehr Rum getrunken hatten, als ihnen lieb war und lachend und gröhlend durch die Schänke schwankten. Ein der Ungetüme taumelte rückwärts, lachte dabei dreckig. Das schmierige Gesicht glänzte vor Schweiss, die Arme waren dicker, als der Blonde hätte umfassen können und er schätzte die Grösse auf gut einen Fuss mehr, als die eigene.

Chroniken des Namenlosen ~ Winde des BlutesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt