Ein etwas anderes Kapitel - mentale Gesundheit

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!TRIGGERWARNUNG! 

In diesem Kapitel geht es um mentale Gesundheit und weil ich selbst mal Probleme damit hatte, sind hier auch meine Erfahrungen ausführlich beschrieben. Solltest du ein Problem damit haben, dann lies dieses Kapitel besser nicht oder nur in Begleitung.


Ich weiß, dass ihr das normalerweise nicht so wirklich von mir gewohnt seid, weil ich gerne mal lustige Sachen schreibe, die euch unterhalten sollen, aber ich habe beschlossen, dass ich auch mal ein ernsteres Thema behandeln will. 

Kaum ein*e Jugendliche*r hatte noch nie auf irgendeine Weise Probleme mit seiner*ihrer mentalen Gesundheit. Bei manchen ist es "nur" eine "kurze Zeitspanne", bei anderen hält es lange an. Bei manchen sind es "nur" Selbstzweifel, bei anderen schon Selbstmordgedanken. 

Ich hatte selbst eine kurze Zeit lang eine Art "Anststörung". Es war nicht diagnostiziert, deswegen werde habe ich es auch in Anführungszeichen gesetzt, aber ich versuche das Mal zu erklären. 

Für so einen Monat hatte ich letztes Jahr ständige Panik, dass ich sterben könnte. Es gab überhaupt keinen Grund dafür, aber ich hatte jede Sekunde Schiss davor. Ich konnte nicht mehr über die Straße gehen, ohne Angst zu haben, aus irgendeinem Grund überfahren zu werden.

Abends wollte ich nicht schlafen gehen, weil ich jedes Mal Angst hatte, nicht mehr aufzuwachen. Mein ganzes Leben hat sich nur noch um den Tod gedreht. Dabei hatte es gar keinen Grund. Ich war 13-16 Jahre alt, nicht 85. Ich hatte selbst keine Ahnung, woher das kam, aber diese ständige Angst hat mein komplettes Leben eingenommen. 

Dazu kam noch, dass kaum ein Tag verging, an dem ich keine Panikattacke hatte. Mein Schlaf war wenn ich Glück hatte vier Stunden lang, was mich auch insgesamt erschöpfter und müde gemacht hat, und fast jeden Morgen musste ich meinen Schlafanzug wechseln, weil ich nachts so geschwitzt habe. 

Es kam auf einmal, fast von einem Tag auf den anderen, und hat mich mehrere Wochen gequält. 

Aber ich habe mit niemandem gesprochen. Und das ist auch der Grund, wieso ich dieses Kapitel schreibe. Ich habe die ersten Wochen, als es mir so schlecht ging mit keinem einzigen Menschen darüber gesprochen. Ich wusste selbst nicht, wieso. Ich hatte das Gefühl, dass mich eh niemand verstehen würde und man mir alles nur abreden würde. 

Irgendwann habe ich aber gemerkt, dass ich einfach nicht mehr alleine damit klarkommen und habe mich einer guten Freundin (Kassy_skz) anvertraut. Sie hätte nicht besser reagieren können. Sie hat sich jeden Tag Zeit für mich genommen und teilweise eine Stunde lang mit mir nur darüber geredet. Ich habe keine Ahnung, womit ich so einen tollen Menschen verdient habe, aber ich muss hier nochmal danke für diese Hilfe sagen, ich kann mich nicht oft genug bei dir für ALLES bedanken, Kassy_skz

Ich habe angefangen, mich irgendwie daran zu gewöhnen, dass ich ständige Panikattacken hatte. Meine Eltern haben das nie mitbekommen, weil das meistens abends im Bett kam, wenn ich schlafen sollte, aber mich die Gedanken an den Tod wieder einholten. Ich hatte teilweise nicht einmal die Kraft dazu, mich bis zu ihnen zu bewegen. 

Es war die schlimmste Zeit meines Lebens. 

Irgendwann habe ich angefangen, jede freie Minute in meinem Leben durchzutackten, damit ich bloß keine Zeit habe, mich in den schlimmen Gedanken zu verlieren. Es ist wahrscheinlich verrückt, aber dieses Durchtakten hat mir dabei geholfen, mich wieder mehr auf andere Dinge zu konzentrieren, ohne ständig in meinem Hinterkopf den Gedanken an den Tod zu haben. 

Ich habe mein Leben so gelebt, dass ich keine Sekunde alleine war, außer nachts, wenn auch wieder die Panikattacken kamen. Ich glaube, ich habe noch nie so viel Zeit mit meinen Eltern verbracht. Sie haben natürlich gemerkt, dass ich auf einmal total anhänglich war und haben auch nachgefragt, aber ich bin nicht wirklich darauf eingegangen. 

Irgendwann fing ich auch an, einen ständigen Schmerzen in der Herzgegend zu haben. Es kam immer plötzlich und hielt teilweise für Minuten an. Ich wusste nicht, woher das kam und woran es lag, aber im Internet habe ich einen Artikel zu Angststörungen gefunden, worin auch stand, dass es Schmerzen im Bereich des Herzens mit sich bringen kann. 

Trotzdem wollte ich sichergehen und habe dann meine Mutter mal darauf angesprochen, dass ich immer wieder Schmerzen in der Herzgegend habe. Sie meinte dann, dass sie das als Jugendliche auch hat und das wahrscheinlich ist, weil ich öfters krumm sitze und sich in der Pubertät ja auch noch alles entwickelt. Das klingt wie blöde Worte, aber es hat mich unglaublich erleichtert, dass sie das auch mehr oder weniger hatte und ich nicht die einzige Person war, der es so ging. 

Mit viel Ablenkung wurden dann nach drei Wochen die Panikattacken weniger. Aus jeden Tag wurde jeden zweiten und schließlich nur noch jede Woche. 

Ein paar Wochen später war der Horror dann endlich wieder vorbei und inzwischen habe ich höchstens einmal im Monat eine Panikattacke, was aber auch nicht immer damit zu tun hat. 

Der Grund, wieso ich diese ganzen Sachen schreibe und damit auch etwas von mir erzähle, was außer Kassy_skz niemand weiß, ist, dass ich unbedingt denjenigen von euch, die vielleicht gerade sowas durchmachen oder auch durchmachen mussten, sagen will, dass ihr nicht alleine seid. 

Es ist eine unglaublich harte Zeit und man kommt an seine Grenzen, aber wenn ihr Selbstzweifel habt, dann denkt immer daran, dass ihr perfekt so wie ihr seid und es immer jemanden geben wird, der euch bedingungslos liebt. 

Wenn ihr beginnt, euer Leben nicht mehr schön zu finden und am Sinn zweifelt, dann versucht jeden Tag drei bis fünf Dinge aufzuschreiben, die gut waren und euch glücklich gemacht haben. Vielleicht war es ein lustiger Moment, der Witz der besten Freundin oder einfach nur, dass es euer Lieblingessen zum Frühstück gab. Ich habe dieses Jahr damit angefangen und es hilft mir oft wirklich, dass ich nicht immer nur die schlechten Dinge im Tag sehe. Außerdem tut es gut, wenn man abends nochmal im Kopf alles sortiert und so in Gedanken an die guten Dinge am Tag einschläft. 

Und wenn es euch so schlecht geht, dass eure mentale Gesundheit euren Alltag einschränkt, dann HOLT EUCH HILFE! Ich weiß, dass es nicht so einfach ist, darüber zu sprechen und manchmal die Sachen noch schlimmer macht, aber auf Dauer wird es euch helfen, vertraut mir. 

LASST EUCH BITTE VON NIEMANDEM SAGEN, DASS EURE MENTALE GESUNDHEIT NICHT WICHTIG IST! Wenn ihr für euch gemerkt habt, dass es euch überhaupt nicht gutgeht, dann geht geht es euch auch nicht gut und niemand darf euch einreden, dass es euch doch gut geht. 

Wenn ihr nicht mit einer bekannten Person darüber sprechen wollt, dann könnt ihr auch der Nummer gegen Kummer schreiben (wenn ihr das googelt, bekommt ihr die Kontaktdaten). Ich kann es aber auch empfehlen beispielsweise mit einer Lehrkraft zu sprechen, die ihr vielleicht nicht oder nur wenig im Unterricht habt. 

Mentale Gesundheit wird viel zu selten erwähnt und oft kleingemacht, was teilweise dazu führt, dass (überwiegend queere) Jugendliche sich sogar selbst umbringen. 

DAS LEBEN IST LEBENSWERT UND WENN IHR ES GERADE NICHT SCHAFFT, EUREN ALLTAG SO ZU LEBEN, WIE IHR ES WOLLT, DANN BITTE SPRECHT MIT EINER PROFESSIONELLEN PERSON DARÜBER UND VERSUCHT, DAS ZU ÄNDERN. JEDES LEBEN IST PERFEKT UND WICHTIG. IHR SEID PERFEKT UND WICHTIG!

Das war's mit dieser kurzen Geschichte und dem etwas anderen Kapitel. Ich glaube, dass viele unter euch von einer schlechten mentalen Gesundheit betroffen sind/waren/ irgendwann werden. Und weil eh schon kaum jemand darüber spricht, wollte ich das gerade einfach mal machen. 

Ich danke allen Leuten, die bis hier gelesen haben. Bitte nehmt meine Worte ernst und spielt auch nicht eure eigenen Gefühle runter. Wenn es euch nicht gut geht, dann geht es euch nicht gut. Niemand kann sich ausdenken, dass es euch doch super geht. Auch wenn ihr selbst diese Lüge gerne verbreitet. 

Das war's mit diesem ernsteren Kapitel. 

Euer*Eure Lou

STUFF BOOKWhere stories live. Discover now