Kapitel 21

3.5K 305 7
                                    

Die beiden blieben stehen wo sie waren - er stand an der Tür und presste seine Stirn gegen das Holz, sie stand noch immer noch am Bett, gefangen im Zwiespalt zwischen dem Verlangen zu ihm zu laufen und dem, so weit weg von ihm wegzurennen wie es nur ging. Gwen fühlte sich, als würde sie gleichzeitig in mehrere Richtungen gezogen und gestoßen.

Ihr Blick ließ keinen einzigen Moment lang von ihm ab.

Es gab einen langen, unbehaglichen Moment voller verunsicherter Stille.

Gavin seufzte.

"Das ist wirklich unbehaglich", sagte er schließlich, drehte sich um und fixierte sie mit einem Blick, der zurückhaltend und zugleich verzweifelt schien. "Hör mal, ich weiß dass du dir das nicht so erhofft hast, und es ist wahrscheinlich überhaupt nicht das was du dir gewünscht hast. Du willst niemanden wie mich, nicht wirklich, und ich verstehe das."

Oh, wie absolut falsch er damit lag. Gwen kämpfte mit sich selbst, um an Ort und Stelle stehen zu bleiben. Sie hielt sich so unbeweglich wie möglich.

"Ich bin nicht einmal ein wirklich guter Prinz", spach er weiter und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare auf eine Weise, die ziemlich verlegen wirkte. "Und ich-...sieh mal, ein Mädchen wie du verdient jemand besseren als mich. Das weiß ich. Du... du wünschst dir wahrscheinlich, dass ich im Moment überhaupt nicht hier wäre. Das ist in Ordnung - du kannst es mir sagen. Wenn du es sagst wirst du dich besser fühlen, glaub mir."

Er streckte sich bis er gerader dastand und schaute sie einen Moment lang erwartungsvoll an, als hoffte er darauf, dass sie etwas sagte.

Gwen konnte nicht viel mehr tun, als sich selbst dazu zu zwingen, neben dem Bett stehen zu bleiben anstatt quer durch den Raum zu laufen und sich in seine Arme zu werfen. Aber je länger sie dastand desto mehr Anstrengung kostete es.

Gavin seufzte nochmals und schaute zurück zur Tür.

"Reden wir einfach, in Ordnung? Ich werde dich nicht dazu zwingen, irgendetwas zu tun, was du nicht willst. Wirklich, das meine ich so. Niemand sollte dazu gezwungen werden, etwas zu tun was er nicht will." Sein Gesichtsausdruck verhärtete sich und er blickte finster drein. "Alle diese angebliche Macht die wir haben, und doch sind wir machtlos, und doch können wir keine Veränderungen bewirken wenn es wirklich zählt - wir sind Sklaven der Dinge, die andere von uns verlangen. Wir sind wie Spielfiguren, die auf einem Brett herum geschoben werden... als wären wir seelenlose Dinge. Es spielt keine Rolle, wie wessen Leben dadurch ruiniert werden."

Als er diese Worte aussprach kam Gwen langsam etwas ins Bewusstsein.

Gavin hatte eine eine Geliebte.

Eine feurige, unkontrollierbare Wut entsprang irgendwoher aus ihrem Bauch und Neid bohrte sich in ihr Herz als ob ein weiß glühendes Schwert in ihren Brustkorb gestoßen worden wäre. Sie merkte, dass sie seine unbekannte, gesichtslose Geliebte hasste und zwar mit einer Grausamkeit die sie erschaudern ließ. Der Teil von ihr, der nicht damit beschäftigt war, ihn sehnsüchtig anzustarren machte jetzt krampfhaft Pläne, wie sie dieses Mädchen finden könnte und was sie mit ihr anstellen würde, dafür dass sie es wagte, sich zwischen sie und diesen Mann, ihren Ehemann, zu stellen! Oh, sie würde-

Gwen schloss ihre Augen und nahm einen tiefen Atemzug. Sie zwang ihre Gedanken dazu, zu schweigen. Es war, als kämen diese Gedanken aus dem Nichts - als müsste sie plötzlich Sachen fühlen, die nicht Teil von ihr waren.

"Wahrscheinlich ruiniere ich dein Leben - alle Träume die du hattest. Du kannst es mir sagen", fuhr er fort. "Es ist mir egal, wirklich. Vermutlich wünschst du dir, ich würde ... weggehen oder so und das ist nicht schlimm. Ich werde es verstehen. Es ist ... gut, sich auszusprechen. Sag mir nur, dass du dir das wünschst - dass ich irgendwo weit, weit weg wäre."

Tödliche Berührung (2012 WATTY-AWARDS-GEWINNER, Übersetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt