༄ trauerweide

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Hier ist meine Abgabe für den Schreibwettbewerb von GruenerDino7

Das Thema war Winter, mein Wort war Trauerweide. Das Wort sollte eine grosse Rolle in der Geschichte spielen.

Ich fühlte mich verloren und verraten, als ich ratlos vor dem Haus meiner besten Freundin stand. Ich meiner rechten Hand eine Hundeleine, die mit Hazels Halsband verbunden war. Amy hatte mich rausgeworfen, mit der Erklärung, sie müsste ein überlebenswichtiges Telefonat führen und dass ich währenddessen doch nur kurz mit ihrer Hündin Hazel rauskönnte. Sie hatte mich ganz schnell aus dem Haus gejagt, als eine gewisse Person sie anrief. Ich hatte noch einen Blick aufs Display ihres Handys geschafft, auf dem der Name Celine aufblinkte. Ich hatte ihr verschwörerische Blicke zugeworfen, worauf sie mich als Psychopath bezeichnet hatte, mich aus ihrem Zimmer geschoben und die Treppe runterbugsiert hatte. Amy hatte mir Jacke und Hundeleine, sowie ein paar Plastiktüten in die Hand gedrückt, meine Stiefel aus der Tür geworfen und mir hinterhergerufen, Hazel sei im Vorgarten und die Tür hinter mir zu geschlagen.

Was soll's? Wenn sie dann mit Celine zusammen war, wäre es mindestens wert gewesen. Aber so wie ich Amy kenne, wird sie wahrscheinlich bei einem Liebesgeständnis von Celines Seite in Ohnmacht fallen. 

Nun stand ich, mit einem, meiner Meinung nach, viel zu grossem, nussbraunem Labrador, mit weichem, seidigem Fell und dunklen, grossen Augen.

»Tja, so hat das Schicksal uns zusammengeführt«, meine ich seufzend. »Dann gehen wir mal in den Park, was hältst du davon?«

Ich wusste, dass es nichts bringen würde; ich verstand sie nicht und sie mich nicht. Ausserdem sah es echt bescheuert aus, wenn jemand mit seinem Hund redete.         Deshalb lief ich einfach los, – Hazel folge mir tatsächlich – in Richtung Park, hörte dem Knarzen des Schnees unter meinen Schuhen zu. Gestern hatte es den ganzen Tag durchgeschneit. Ein Wunder, das der Schnee auf dem Asphalt noch nicht geschmolzen war.

Ich bog mit Hazel in den Park ab und folgte dem Weg aus Kies, den man aber vor lauter Schnee nicht mehr sehen konnte, hinunter zum kleinen See.

Auf dem See hatte sich eine dicke Eisschickt erstreckt, er war zugefroren. Ein paar Leute gingen darauf Schlittschuh laufen.

Wie automatisch folgte ich dem Ufer zu der Trauerweide, dem einzigem Baum hier unten am See. Seine Äste erstreckten sich bis zum See und auf seinen Zweigen lag der Schnee wie Puderzucker. Hier und da hingen kleine Eiszapfen, an denen sich das Licht brach und in alle Richtungen widerspiegelte.

„Sierra?«, hörte ich eine Stimme hinter mir. Ich wandte mich um und erblickte ein nur allzu bekanntes Gesicht. Dunkelbraune Haare, die ihm in weichen Wellen ins Gesicht vielen, warme, schokoladenfarbene Augen, aus denen man jede Emotion ablesen konnte. Jetzt schienen sie zu lächeln.

»Hi, Vince«, sagte ich.

»Bist du heute der Weihnachtsmann?«, fragte er grinsend.

»Was? Wie kommst du darauf?« Ich war verwirrt.

»Na, deine Mütze.« Er grinste noch breiter.

»Ach so, die. Ich habe eine Wette verloren, jetzt muss ich sie eine Woche lange tragen«, erklärte ich ebenfalls grinsend. Man sollte nie eine Wette mit Spencer abschließen, denn sie hatte immer recht. Wirklich immer.

Vincent lachte. Es war ein schönes Lachen. Hell, klar, und doch mit einem rauen Unterton.

»Ey, das ist nicht witzig!«, protestierte ich, musste aber selbst lachen.

Vince wandte sich der Trauerweide zu und fuhr mit den Fingern über die raue Rinde.

»Wusstest du, das diese Weide hier schon steht, als unsere Großeltern Kinder waren?«, fragte er, wartete aber nicht auf eine Antwort, sondern redete einfach weiter. »Niemand weiss wie sie hier her gekommen ist, eines Tages stand hier einfach plötzlich eine Weide, in der grösse eines erwachsenen Menschen.«

»Die hat bestimmt jemand hier so eingepflanzt«, wandte ich ein.

»Ne, mein Grossvater sagt, es war keine lockere Erde zu sehen, oder stellen ohne Gras, wo irgendjemand den Baum eingepflanzt haben könnte«, erklärte er.

»Jaja, du machst Witze.«

»Diesmal nicht!«, protestierte er. »Stell dir vor, die Weide ist aus einer magischen Bohne gewachsen. Vielleicht hängen hier ja irgendwo welche dran, die mir ein Singtalent beschaffen könnten.«

Ich lachte auf. »Denkst du jetzt an das Märchen mit der Bohnenranke oder an Songs aus der Bohne?«

»An beides und keines« war seine Antwort.

»Gibt sehr viel Sinn.«

»Ich weiss.«

Ein Bellen neben mir ertönte, Hazel wurde langsam ungeduldig.

»Seit wann hast du einen Hund?", fragte Vincent.

»Ist nicht meiner, sondern der von Amy«, erklärte ich,

»Achso, hi Hazel!« Woher er den Namen der Hündin kannte liess er mich nicht wissen.

»Ich sollte vielleicht mal zurück«, sagte ich und rieb mir die eiskalten Hände. Wieso hatte ich bloss meine Handschuhe zuhause vergessen?

»Na dann: bis morgen in der Schule.« Er lächelte mich an. Er hatte ein wunderschönes, herzliches Lächeln.

»Bis morgen!«, rief ich ihm zu, lächelte ebenfalls und lief mit Hazel zurück zu Amy's Haus.

Auf dem Weg kreisten Vince' Geschichte über die Trauerweide und den magischen Bohnen in meinem Kopf herum. Was, wenn doch etwas wahres an der Geschichte dran war?

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Meaning? <33

Wollt ihr einen Teil 2? :3

timeless; 𝗈𝗇𝖾𝗌𝗁𝗈𝗍𝗌Where stories live. Discover now