Kapitel 2

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Mein erster Tag fängt relativ unspektakulär an, denn wie Misses Sprout schon sagte, reden meine Patienten nicht viel. 

Es ist etwa ein Uhr Nachmittag, als ich zum wiederholten Male den kleinen Flur entlangpatroulliere. Von draußen kann ich den Regen gegen die Fenster prasseln hören. Eigentlich mag ich Regen.Ich liebe es, Zuhause auf meiner Couch zu sitzen und dem Gesang des Regens zuzuhören. Doch hier, ist es eher unheimlich. 

Unheimlich, weil es wirklich totenstill ist. Kein Rasseln eines Kamins, kein einladendes Kerzenfeuer und kein Buch, welches ich lesen könnte. 

Mein Blick fällt in das Zimmer von Tina Garland. Die Vorhänge sind zugezogen und sie liegt in ihrem Bett. ich habe sie vor etwa einer Stunde hineingelegt, nachdem ich sie zusammengesunken in ihrem Stuhl vorgefunden hatte. 

Wieder einmal fragte ich mich, ob sie überhaupt etwas bemerkt. Kann sie den Regen hören?Oder kann sie die Schattenspiele sehen, die der Baum vor ihrem Fenster spielt?

Ich bleibe etwa zwei Minuten vor der Tür stehen. Misses Garland liegt in ihrem Bett, völlig steif und schläft. Ob sie träumt? 

Ich beobachte sie eine Weile, aber sie regt sich nicht. Schließlich reiße ich mich los und laufe ich einige Schritte weiter und zu dem Zimmer von Barty Crouch Jr. Natürlich weiß ich, wer dieser Mann ist. Jeder hat es damals mitbekommen. 

Ich war zu der Zeit in Hogwarts... In meinem vorletzten Schuljahr. Zwar hatte ich ihn nie in dieser Gestalt gesehen, doch ich wusste, dass er mehr als neun Monate an meiner Schule unterrichtet hatte.

Ich mochte seinen Unterricht. Schließlich hatten wir vorher nie wirklich fähige Lehrer gehabt. Bis auf Professor Lupin. Und sehr lange hatten wir ihn leider auch nicht bei uns. Und als Professor Moody - oder Professor Crouch ( konnte man ihn so nennen?) - dann seine erste Stunde gab, war ich mehr als begeistert. 

Ich seufze und sehe ich das Zimmer von eben diesem Mann. Ich beobachte, wie er immer noch dort sitzt, den Kopf schief haltend und an die Wand starrend. 

Plötzlich werde ich aus meinen Gedanken gerissen, als die Flügeltür aufschwingt und eine junge Hexe zusammen mit einem Wagen hereinkommt.

" Essenszeit. ", sagte sie nur knapp, stellt den Wagen ab und verschwindet wieder. Ich werde das Gefühl nicht los, dass keiner länger als eine Minute in diesem Flur verbringen will. Doch warum? Niemand hier kann ihnen etwas anhaben.

Ich gehe einige Schritte nach vorne und besehe das Essen - Suppe. Ich fragte mich, ob es das hier immer gibt. Vielleicht ist es die einfachste Art, sie zum Essen zu bewegen. Das erste Mal frage sie mich nun auch, ob sie überhaupt imstande sind zu kauen.

Zögernd nehme ich die erste Schüssel und einen Löffel und gehe in das Zimmer von Roman Totis. Auch er sitzt noch in seinem Bett. Sollte ich ihn sitzen lassen? Ich überlege kurz und entscheide mich schliesslich, ihn auf seinen Stuhl zu setzen. Was wenn er sabbert und das ganze Bett dreckig macht - unnötig Arbeit musste ich mir wirklich nicht aufhalsen.

Vorsichtig stelle ich die Schüssel auf einem Tisch an der Wand ab, der gegenüber von seinem Bett steht und gehe zu ihm. Ich schlage die Decke zurück, beuge mich schräg über ihn und ziehe ihn schliesslich auf die Beine - zumindest versuche ich das. Wie ein Sack fällt er auf die Seite und bleibt schlaff in meinen Armen hängen.

Klasse - , denke ich nur. Mit aller Kraft hebe ich ihn nun nocheinmal an, sehe zur Seite und stellte fest, dass der Stuhl, auf den ich ihn setzen will, verdammt weit weg steht - neben dem Tisch, am anderen Ende des Raumes. Meinen Patienten ansehend, lasse ich ihn sanft auf den Rücken zurückfallen und laufe zu dem Stuhl. Schnell plaziere ich ihn neben dem Bett und widme mich wieder Roman.

Seelenlos - Harry PotterWhere stories live. Discover now