Red Snow

By MementoKore

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Der Boden dieses Landes wird seit Jahrhunderten vom Blut eines endlosen Krieges getränkt. Zwei Fraktionen, As... More

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Nachwort

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By MementoKore

Die drei liefen die Treppe nach oben, wobei Faith immer wieder auf die Lautstärke ihrer Schritte achtete. Sie wollte unbedingt auch so leise laufen können wie die beiden jungen Männer. Oben angekommen klopfte Aed kurz an die Tür und trat ein. Kadir, der gerade am Fenster stand drehte sich zu den dreien um. Faith bekam große Augen. Er trug seine Kapuze nicht mehr. "Meister? Wieso...", setzte Aed mit verwirrter Stimme an aber Kadir brachte ihn mit einer fließenden Handbewegung zum Schweigen. Cade schloss die Tür und schien nicht sehr froh darüber zu sein, was der Großmeister da tat. Er blieb an der Tür stehen und schwieg mit finsterem Gesicht. Die Vorhänge waren immer noch zur Seite geschoben, aber hinter den Gläsern sah man nur Schwärze. Es musste schon spät am Abend sein. Eine Öllampe flackerte an der Wand und leuchtete mit einigen anderen den Raum in einem warmen Licht aus. Faith setzte sich auf eines der Betten und musterte Kadir. Seinen Bart hatte sie ja schon gesehen. Er war dunkelbraun, fast schwarz, und durchzogen von einigen grauen Strähnen. In derselben Farbe hielten sich auch seine Haare, die so lang waren, dass sie ihm gerade bis zu den Ohren reichten. Sie waren voller als man es für sein Alter vermutet hätte - welches Faith aber nicht genau kannte. Außerdem hatte er ruhige, blaue Augen in die sich etwas Stahlgrau mischte. Kadir sah mit ruhigem Blick zu Aed und Cade. "Setzt eure Kapuzen ab. Vor Faith werdet ihr sie in Zukunft sowieso gefahrlos abnehmen können. Immerhin wird sie bald eine von uns sein." Kadir lächelte Faith kurz aufmunternd an und lief dann ins Nebenzimmer. Faith machte sich zu seinen Worten einige Gedanken. Ja... Vielleicht würde sie das irgendwann sein... Eine von ihnen. Aber sie konnte das einfach nicht glauben. Mit unsicherem Blick sah sie zu Aed und Cade. Aed sah noch Kadir nach und wusste nicht was er tun sollte. Schließlich setzte er aber doch die Kapuze ab und sah zu Faith. Er lächelte. "Also wirst du auch ein Assassine?", wollte er wissen und setzte sich auf eines der Betten neben ihrem. Faith nickte stumm und musterte Aed. Er sah irgendwie anders aus als sie es sich vorgestellt hatte. Obwohl - sie hatte sich keinen von ihnen bis jetzt ohne Kapuze vorgestellt. Aed war ein flachsblonder Lockenkopf mit frechen, hellgrünen Augen und leicht dunkler Haut. Er legte den Kopf schief und sah Faith unschlüssig an. "Findest du das denn gar nicht toll?" Faith sah ihm nun direkt in die Augen. Vorher hatte sie das nie tun können. Und sie hatte keine Ahnung, was sie antworten sollte. Natürlich wäre es ein Traum, so zu werden wie ein Assassine. Leichtfüßig, schnelle Reflexe, hohe Ausdauer, gefährliche Waffen - das alles war echt verlockend. Aber mit dem vielen Blut... dem Töten... damit hatte sie sich noch nicht wirklich abgefunden. Sie war es einfach nicht gewöhnt. Sie hatte ihr voriges Leben in einer ruhigen Atmosphäre mit ihrer adligen Tante verbracht. "Ich lasse es auf mich zukommen", erwiderte Faith nur mit abwesendem Blick. Als Aed dann auffordernd zu Cade sah schaute auch Faith den distanzierten Assassinen an. Er hatte seine Kapuze noch nicht abgenommen und schien es auch nicht vorzuhaben. Aed stand auf und legte ihm brüderlich eine Hand auf die Schulter. "Komm schon, Cade. Selbst der Meister hat seine Kapuze abgenommen." Cade drehte seinen Kopf zu Aed. "Ich weiß manchmal nicht, was ich von ihm halten soll", knurrte er abfällig. Aed schien erst erschrocken, lächelte dann aber hinterhältig. "Wenn du sie nicht abziehen willst tu ich es..." Und schon griff Aed nach Cades Kapuze. Doch bevor er das Gesagte durchführen konnte hielt Cade seinen Arm mit eisernem Griff fest. Faith war plötzlich um einen Tag zurückversetzt. Diese Geste... Als der Templer zum Schlag ausholen wollte und jemand ihn aufgehalten hatte... Aber das hätte jeder tun können, nicht nur Cade. "Da mache ich es lieber selber", zischte Cade und drückte Aeds Hand weg. Mit einer schnellen Bewegung nahm er seine Kapuze ab und funkelte Aed vorwurfsvoll an. Der wirkte nun eher zurückhaltend. Faith prägte sich nun auch Cades Aussehen ein. Sein Gesicht war umrahmt von schwarzen, leicht gewellten Haaren die ihm höchstens bis in den Nacken reichten. Die Augen waren dunkel - aber man erkannte trotz allem, dass sie braun waren. Und seine Haut war blass. Das alles schien wie perfekt zu seinem Charakter zu passen. So dunkel wie der war... Aber irgendwie gefiel Faith diese Kombination. Das machte Cade doch wieder sympathischer. Gerade wandte er seinen Blick ihr zu. "Was starrst du denn so?", fragte er mit giftiger Stimme und lief mit schnellen, aber leisen Schritten auf eines der Betten am Rand zu und setzte sich so darauf, dass er den Rücken an die Wand lehnen konnte. Dann fing er wieder an, mit seinem Holzstäbchen zu spielen und ignorierte die beiden. Okay - doch wieder unsympathisch... Aed sah schulterzuckend zu Faith. "Der ist immer so. Keine Ahnung woran das liegt...", erklärte er entschuldigend und mit leiser Stimme. Im nächsten Moment betrat Kadir wieder den Raum, ließ seinen Blick über die Gesichter seiner Untergebenen gleiten und sah dann Faith an. Danach setzte er sich an die Bettkante des vierten Bettes und stützte die Unterarme auf den Oberschenkeln ab. Faith sah zu Aed. Es herrschte eine unangenehme Stille im Raum. Man hörte nur die leisen Geräusche, die Cades Spielchen mit dem Stäbchen machten und die der Öllampen. Aed legte sich daraufhin auf sein Bett, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen. Faith war aber zu wach um sich auch nur ausruhen zu können. Stattdessen beschloss sie, Kadir endlich zu fragen, wieso er soviel über sie wusste. Also sah sie den Großmeister fragend an, der gerade wieder mit misstrauischem Blick aus dem Fenster sah. "Kadir, wieso wisst Ihr eigentlich so viel über mich?" Der Mann ließ seinen Blick zu ihr wandern und musterte sie ruhig. "Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich deine Eltern kannte", antwortete er mit einer ruhigen Stimme, die auf seine eigene Art weise klang. Faith runzelte die Stirn. Er hatte ihre Eltern gekannt? Alle beide? Vielleicht konnte er ihr etwas über ihren Vater sagen. Immerhin hatten die Templer das von ihr wissen wollen. "Wisst Ihr etwas über meinen Vater?" Faith sah Kadir neugierig an. Ihr Gegenüber fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, als würde diese Frage ihn bedrücken. "Tut mir Leid, Faith. Ich kann dir nichts dazu sagen." Das Mädchen sah ihn kurz ungläubig an, dann starrte sie mit glasigem Blick auf den Boden. Immer mehr Fragen schwirrten in ihrem Kopf herum. Wieso durfte Kadir ihr das nicht sagen? Wieso hatte er Aed und Cade befohlen, jetzt schon die Kapuzen abzuziehen? Aber am allermeisten beschäftigte sie diese Frage: Wer war ihr Vater?

Kadir hatte sich irgendwann hingelegt und atmete nun gleichmäßig. Ob er schlief wusste Faith nicht, sie vermutete, dass er sich wenn überhaupt nur in einem leichten Schlaf befand. Aed dagegen schien tief und fest zu schlafen. Die Öllampen brannten nicht mehr so hell wie anfangs noch und Kadir hatte davor noch einige gelöscht. Faith saß schweigend auf ihrem Bett und sah aus dem Fenster. Der einzige, der noch wach war, war Cade. Aber mit dem wollte sie sich sicher nicht unterhalten. Auch wenn es sie irgendwie interessierte, den Grund für seinen finsteren Charakter herauszufinden. Aber jetzt war eindeutig nicht der Zeitpunkt dafür. Gedankenverloren fing sie an, mit ihren weißblonden Haaren zu spielen. Nachdenklich strich sie mit ihren Finger über eine der gewellten Strähnen. "Wenn dir langweilig ist spiel doch hiermit", ertönte plötzlich Cades Stimme, die aber immer noch keine Spur Freundlichkeit aufwies. Faith zuckte erschrocken zusammen und ließ ihre Haare in Ruhe. Sie sah mit großen Augen zu Cade. Woher kam denn plötzlich der Anflug von Sozialität? Er hielt seinen Holzstab hoch und Faith sah ihn nicht ganz überzeugt an. "Ich denke nicht, dass ich das kann", erwiderte sie nur. Cade zuckte mit den Schultern. "Ich kann es dir beibringen - wenn du dann aufhörst, an deinen Haaren herumzufummeln. Das macht mich noch verrückt", murmelte er missmutig, trotzdem meinte er diesen Vorschlag ernst. Faith zögerte kurz, erhob sich dann aber und setzte sich zu Cade. Unsicher nahm sie das Stäbchen, das Cade ihr in die Hand drückte. "Halte die Hand so und drehe den Stab dann mit dem Mittelfinger um den Daumen herum", erklärte er und Faith versuchte unbeholfen, seiner Anweisung zu folgen. Sie vernahm ein leises Seufzen seinerseits, dann brachte er ihre Finger in die richtige Position. "Versuch' es", forderte er sie auf. Faith versuchte es, das Stäbchen fiel aber auf das Bett. Sie hob es hoch und versuchte es erneut und immer wieder. Manchmal half Cade etwas nach. Als es dann doch irgendwann klappte huschte ein zufriedenes Lächeln über Cades Gesicht - genauer gesagt zog er einen Mundwinkel hoch. Und das nur für wenige Sekunden. Trotzdem war das eine der wenigen - nein, einzigen - positiven Reaktionen, die Faith je bei Cade gesehen hatte. Irgendwann wurde dann aber auch Faith müde, gab Cade den Holzstab zurück und legte sich in ihr Bett. Nach und nach fielen ihr die Augen zu und irgendwann schlief sie zufrieden mit sich selbst ein.

Mitten in der Nacht wurde sie aus dem Schlaf gerissen. Irgendwie war sie sich nicht sicher, ob sie mit den Assassinen je wieder eine Nacht durchschlafen konnte... Sie setzte sich auf und sah sich um. Um sie herum herrschte fast völlige Dunkelheit. Was hatte sie geweckt? Da - der Schrei einer Frau. Und schon wieder. Sie hörte leise Schritte. Im fahlen Licht des Halbmondes erkannte sie eine große Gestalt mit Kapuze, die zur Tür lief. Hinter ihr folgte eine kleinere und schmalere. Faith sprang auf und zog sich ihre Jacke über. Was war geschehen? Letztendlich kam auch die dritte Gestalt zur Tür gelaufen und die Assassinen liefen nach und nach hindurch, während Aed auf Faith wartete und mit einer energischen Bewegung anzeigte, dass sie ihnen folgen sollte. Wieder ertönte der Schrei. Faith bekam eine Gänsehaut. Wieso rief diese Frau mitten in der Nacht? Sie konnte nicht verstehen, was sie rief. Nur ein Wort. Sie folgte Aed, der die Treppe nach unten lief und gesellte sich dann zu Kadir und Cade, die sich unten misstrauisch umsahen. Nachts war es schon kalt - aber die Umstände brachten Faith dazu, unkontrolliert zu zittern. Sie schlang ihre Arme um ihren Oberkörper und versuchte, etwas im Dunkeln zu erkennen. Vorne am Tresen erkannte man eine am Boden liegende Gestalt und außerdem eine, die neben ihr kauerte und nach Hilfe rief. Das war die Frau. Aber was war mit der Gestalt am Boden los? Faith schluckte. Sie ahnte Schlimmes... Kadir lief zu der Frau, kniete sich neben sie und musterte die am Boden liegende Person. Dann tastete er nach dem Hals der Person, wartete kurz und stand dann wieder auf. Durch die Kapuze erkannte man, dass er zu Aed, Faith und Cade sah. Cade kam näher und musterte die Person. Es war ein Mann. Bei genauerem Hinsehen erkannte man in ihm den Gastgeber. Doch im Mondlicht konnte man auch die glänzende Flüssigkeit auf seiner Kleidung erkennen. Es war zu dunkel, um Farben zu erkennen, aber das war sicher Blut. Cade sah fragend Kadir an. Immerhin hatte der Großmeister nach dem Puls des Mannes gefühlt. Cades Gegenüber schüttelte nur den Kopf. Er war tot. Nun kamen auch Faith und Aed zu der Frau, die nun aufgehört hatte zu schreien und nur noch leise weinte. Vermutlich die Frau des Gastgebers. Kadir kniete sich wieder neben sie, legte ihr eine Hand auf die Schulter und sprach ein paar leise Worte. Die Frau hörte auf zu schluchzen und blieb still, stand aber immer noch nicht auf. Kadir richtete sich wieder auf und starrte auf den toten Mann. Faith konnte nicht wegsehen, obwohl sie das gerne tun würde. "Requiescat in Pace", murmelte Aed auf Latein - Faiths Tante hatte ihr einmal versucht, diese Sprache beizubringen - und sah dann plötzlich erschrocken zur Tür. Auch Kadir, Cade und Faith sahen dorthin. Ein Mann trat in die Gaststube, sah sich kurz um und dann zu der Frau und dem Gasthausbesitzer. Er trug einen eisernen Helm und eine Rüstung, auf dieser Rüstung sah man an den Schultern und auf der Brust das Templerkreuz. Faith sah ihn misstrauisch an, die Assassinen schienen sofort angespannt zu sein. Nun sah auch die Frau auf. "Was wollt Ihr hier, Herr?", fragte sie mit leiser Stimme und man sah noch die schimmernden Tränen auf ihren Wangen. Sie musste schon Ende vierzig, wenn nicht Anfang fünfzig sein. Der Templer trat ein und musterte die Anwesenden. Faith trat sofort zurück und versuchte, sich sogut wie möglich im Dunkeln zu verstecken. Und wirklich, der Templer schien sie nicht für besonders zu halten. Vielleicht überspielte er das aber auch nur... "Ich habe gehört dass hier jemand ermordet wurde", antwortete der groß gewachsene Mann mit tiefer Stimme. "Wisst Ihr, wer ihn ermordet haben könnte, Weib?" Seine Stimme klang lauernd und er durchbohrte die Frau mit finsterem Blick. Die schüttelte nur den Kopf. "Ich sah nur einen Schatten. Ich erkannte das Gesicht nicht", erwiderte sie mit belegter Stimme und schien sich nicht mehr zu trauen, zu ihrem Gatten hinabzusehen. Der Templer warf kurz einen Blick auf die Assassinen und dann wieder auf die Frau. "Wer übernachtet in diesem Haus außer Euch?", befragte er sie weiter. Die Frau wirkte plötzlich wie in Trance, dann sah sie zu den Assassinen. "Außer mir und meinem Mann nur diese Gäste hier", murmelte sie und sah die vier mit entgeistertem Blick an. Kadir sah zu dem Templer. Der lächelte finster. "Dann haben wir ja die Mörder", knurrte er drohend und machte einen Schritt in die Richtung von Kadir, der am nächsten stand. Der trat sofort eine Schritt zurück. "Lord Alistair, Ihr solltet nicht so voreilige Schlüsse ziehen", erwiderte Kadir ebenso finster. Lord Alistair? Faith kannte diesen Namen. Er war einer der bekannteren Fürsten dieses Landes. Faith hatte ihn noch nie gesehen, auf dem Markt hatte man aber von ihm erzählt. Er solle auf einer Burg hoch im Norden leben und dort mit eiserner Faust regieren. Und wie es aussah war er Templer. Aber was machte er hier in Synva? "Ich kenne Euch nicht, Assassine, aber ich kenne Eure Absichten", zischte der Lord nun und zog sein Langschwert. Die Frau sah mit schockiertem Blick zwischen den Assassinen und dem Templer hin und her. Sie hielt sich erschrocken die Hände vor den Mund und schien sich nicht mehr bewegen zu können. Natürlich wusste sie, was Assassinen waren, immerhin hatte Faith es auch gewusst. Nur kannte sie eben die Vorurteile und nicht die wirklichen Absichten der drei. Kadir hob beschwichtigend die Hände während Cade zu seinen Dolchen griff, sie aber noch nicht zog. Hinter dem Templer liefen nun weitere Männer in Rüstung in die Stube. Ob alles Templer waren erkannte Faith nicht. Die Frau trat erschrocken zurück und versteckte sich nun hinter der Theke. Sie wimmerte leise. Kadir wandte sich kurz zu Cade, der immer noch neben dem Großmeister stand. "Los, weg hier. Lauft nach oben, klettert durch's Fenster. Wir müssen noch heute Nacht zum Hauptquartier. Benutzt nicht den direkten Weg", flüsterte Kadir in kurzen Sätzen und drehte sich dann sofort wieder Lord Alistair zu. Cade sah Kadir kurz entgeistert an, dann stellte er sich neben Aed und Faith. Alistair sah den Großmeister misstrauisch an. Zum Glück wusste der Templer nicht, dass es der Großmeister war... Cade zog lautlos einen Dolch und versteckte ihn teils hinter seinem Rücken. Faith und Aed sahen fragend zu dem Assassinen. Sie hatten Kadirs Worte nicht gehört. Alles weitere passierte innerhalb eines Wimpernschlags. Kadir zog sein Langschwert und begann, den Templer zu attackieren. Die anderen Templer zogen ebenfalls ihre Waffen. Aed fuhr seine versteckte Klinge aus um Kadir zu helfen, wurde aber - wie Faith auch - von Cade die Treppe hochgezerrt. Stolpernd und taumelnd kamen sie oben im Zimmer an. Von unten drangen die Geräusche klirrender Waffen zu ihnen hoch. Cade lief zum Fenster und suchte nach einem Griff um es zu öffnen. Es gab aber keinen. Leise fluchte er und schlug die Scheibe mit dem Knauf des Dolches ein. Laut klirrend fielen die Scherben ins Zimmer und auf die Straße. Die Templer waren nun wahrscheinlich alarmiert. Man hörte Schritte die Treppe heraufkommen. Kadir lief ins Zimmer. "Los! Geht!", befahl er mit harschem Ton und einer schnellen Geste. Dann legte er wieder beide Hände an den Griff seines Schwertes und sah die Tür abwartend an. An der fast schon silbern glänzenden Waffe klebte bereits Blut. Cade kletterte aus dem Fenster, nachdem das Glas sogut wie möglich entfernt worden war. Er kroch mit dem Rücken zum Haus gegenüber durch das Fenster und tastete mit den Händen nach etwas über dem Fenster, an dem er sich hochziehen konnte. Nur ein schmaler Holzsims befand sich dort, doch er krallte sich regelrecht daran fest und zog sich hoch. Schon stand er auf dem Dach des Gasthauses. Unten auf der Straße wurden Rufe laut. Templer stürmten aus dem Gasthaus und deuteten zu Cade hinauf. Lichter in benachbarten Häusern gingen an. Faith war als nächstes dran. Sie kletterte ihrer Meinung nach eher ungeschickt durch die Öffnung. Oben tastete sie ebenfalls nach Halt und wurde dann von Cade auf's Dach gezogen. Dort kniete sie sich an den Rand und sah mit großen Augen auf die Straße. Ihr Herz pochte laut, das war zu viel Adrenalin auf einmal für sie. Die Templer zückten Armbrüste und Bögen. Leute aus der Nachbarschaft öffneten die Fenster, um nachzusehen, wer ihre Nachtruhe störte. Kurze Zeit später stand Aed nach einer flinken Kletterpartie ebenfalls auf dem schrägen Holzdach. Die Templer schossen die ersten Pfeile auf die Personen auf dem Dach. Aed zog Faith aus der Schussbahn weiter an den hinteren Teil des Daches während Cade seinen schwarzen Langbogen zog, Pfeile einlegte und anfing, auf die Templer zurückzuschießen. Damit gab er Kadir Deckung. Mit ein paar sicheren Handgriffen kam nun auch der Großmeister auf das Dach. Cade schoss einen letzten Pfeil und trat dann zurück. "Wir müssen über die Dächer weiter", wies Kadir die drei an. Er hatte sein Schwert vor der Kletterei eingesteckt und es nicht wieder herausgeholt. Cade behielt seinen Langbogen in der Hand, während er anfing, von einem Dach zum anderen zu springen und zu klettern. Bald war er nur noch ein flinker Schatten. Kurz hinter ihm folgte Aed, der sich genauso agil und katzengleich bewegte. Faith wurde unsicher. Was, wenn sie ausrutschte und stürzte? Was, wenn sie nicht genug Kraft hatte sich an den Dächern so hochzuziehen wie Aed und Cade? "Mach dir keine Sorgen", hörte sie plötzlich Kadirs warme Stimme. "Ich sagte doch, du hast das im Blut." Faith wusste immer noch nicht, was sie mit diesen Worten anfangen sollte. Aber nun hatte sie keine andere Wahl. Die Dächer sah man nur schemenhaft im silbernen Licht des Halbmondes. Wolken, die wie schwarze Schleier am Himmel hingen, verdeckten ab und zu den Mond. Trotzdem zwang sich Faith dazu, jetzt Aed und Cade zu folgen. Von unten hörte man immer noch Rufe und es hörte sich an als würden Leute die Treppe hochrennen. Sie hatte einfach keine Zeit für Zweifel. Also fixierte Faith den Holzbalken, der aus dem Nachbarhaus ragte, und sprang mit aller Kraft vom Dach ab. Sie bekam das Holz zu fassen und krallte sich hinein. Sie spürte, wie ihr ganzes Körpergewicht an ihren Fingern hing. Sie zwang sich dazu, sich hochzuziehen. Als sie es geschafft hatte schwankte sie kurz, balancierte dann aber das kurze Stück auf das Dach zu und sah kurz zurück. Templer kletterten auf das Dach. Faith sah etwas Metallisches auf einen von ihnen zufliegen - da sackte der Templer auch schon mit einem unterdrückten Todesschrei zusammen. Wurfmesser! Aber Faith musste weiter. Sie sprang von Dach zu Dach, klammerte sich an Balken und Vorsprüngen fest und balancierte über kurze Strecken über Balken und Leinen. Kadir hielt sich immer knapp hinter ihr und warf ab und zu ein Wurfmesser auf einen der Verfolger. Irgendwann sah sie wieder die Schatten von Aed und Cade vor sich, die sich ihren Weg zum Rand des Dorfes suchten. Doch die Templer verfolgten sie immer noch. Ob Lord Alistair noch dabei war? Irgendwann liefen die vier wieder so nah wie möglich beieinander. Ihr Vorsprung schrumpfte aber. "Wir müssen uns aufteilen!", rief Kadir irgendwann. Seine Wurfmesser neigten sich dem Ende zu. "Aed, komm mit mir!" Kadir sprang plötzlich von der Kante eines Daches. Faith sah ihm erschrocken nach. Zum Glück war es eines der einstöckigen Häuser. Er rollte sich ab und wartete ungeduldig auf Aed, der sich einen Weg über Balken und Simse suchte. Als die beiden unten angekommen waren sah Faith fragend zu Cade. Der gab ihr das Zeichen, ihm zu folgen. Er lief etwas weiter, hängte sich an die Kante eines Daches und ließ sich dann fallen. Er landete auf einem Balkon. "Komm." Er hatte immer noch seinen Bogen in der Hand. Wo hatte er gelernt, mit einem Langbogen in der Hand zu rennen und zu klettern? Faith versuchte, es Cade nachzumachen, fühlte sich dabei aber weniger elegant. Sie landete gerade auf dem Balkon, als von oben stampfende Schritte ertönten. Faith sah auf die Straße. Kadir und Aed waren verschwunden. "Sucht sie!", befahl eine Stimme. Faith hätte schwören können, es sei die von Alistair. Der Balkon war gefliest und das Geländer ein leicht verschnörkeltes Eisengitter aus grün lackiertem Eisen. Grün? So sah es zumindest im Mondlicht aus. Cade befestigte seinen Bogen wieder um seinen Oberkörper und drückte leicht gegen die Balkontür. Verschlossen. Kurzerhand zog er einen merkwürdigen Gegenstand, der einem Draht glich, hervor. Ein Dietrich vielleicht? Faith hatte diesen Begriff schon gehört. Einbrecher benutzten solche Werkzeuge. Ihre Tante hatte immer gesagt 'Nur solche Leute benutzen Dietriche, die etwas zu verbergen haben und deswegen nicht fähig sind, wie andere Leute auch zu klopfen'. In gewisser Weise hatte sie Recht. Assassinen verbargen ja etwas. Aber es lag am Credo... Das wusste Faith nun. Oder glaubte sie zumindest zu wissen. Kurze Zeit später sprang die Tür lautlos auf und Cade schob das Mädchen unverwandt in den Raum. Es war dunkel und Faith hoffte, dass die Wohnung momentan verlassen war. Die beiden sahen kaum die Hand vor den Augen. So tasteten sie sich voran und irgendwann wies Cade Faith an, sich hinter eine Kommode zu kauern. Er selbst zog zwei Krummdolche und kniete sich in der Nähe der Kommode auf ein Knie hin. Beide lauschten und wagten es kaum, zu atmen. Noch war es still...

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