Definiere Liebe

By lumosnyx

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"Du und ich, wir sind aus demselben Sternenstaub gemacht." Elizabeths Leben ist ein wahr gewordener Traum... More

Vorwort
Prolog
Eins
Zwei
Drei
Vier
Fünf
Sechs
Sieben
Acht
Neun
Zehn
Elf
Zwölf
Dreizehn
Vierzehn
Fünfzehn
Sechzehn
Siebzehn
Achtzehn
Neunzehn
Zwanzig
Einundzwanzig
Zweiundzwanzig
Dreiundzwanzig
Vierundzwanzig
Fünfundzwanzig
Sechsundzwanzig
Siebenundzwanzig
Achtundzwanzig
Neunundzwanzig
Dreißig
Einunddreißig
Zweiunddreißig
Dreiunddreißig
Vierunddreißig
Sechsunddreißig
Siebenunddreißig
Achtunddreißig
Neununddreißig
Epilog

Fünfunddreißig

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By lumosnyx


Wir blieben noch bis zum Ende von Marcs Urlaub in Columbus. Ich mochte es, wieder Zuhause zu sein – wobei ich mir nicht sicher war, ob ich Ohio noch wirklich mein Zuhause nennen konnte. Es war dort zu viel passiert. Aber in Seattle war schon mindestens genauso viel passiert, und irgendwie hatte ich mittlerweile das Gefühl, gar kein richtiges Zuhause mehr zu haben. Nirgendwo fühlte es sich an wie ein Ankommen. Columbus hatte sich wie Urlaub angefühlt, und als wir in Seattle landeten, begann für mich der nächste.

Ich wusste, dass Marc für immer stolzer Ohio-Bürger bleiben würde. Klar, jetzt gehörte er hierhin. Hier arbeitete er, hier lebte er. Aber es würde nie sein Zuhause sein. Er würde für immer jährlich an seine alte Uni spenden. Er würde für immer beim Superbowl für die Cincinnati Bengals jubeln. Das würde sich nicht ändern.

Und ich würde für immer treiben, zwischen Washington und Ohio und dem kalten Arkansas, aus dem Lucie ursprünglich kam. Sie hatte mir irgendwann versprochen, mit mir dorthin zu fahren.

Irgendwann mit mir dorthin zu fahren. Und wann immer ein Versprechen das Wort Irgendwann beinhaltete, dann wurde es meistens nicht wahr. Irgendwann hing nur in der Luft, war eigentlich gar nicht greifbar.

Lucie und ich hatten viele Irgendwanns und noch viel mehr Was-Wäre-Wenns, und nie wurde irgendetwas aus ihnen. Vielleicht waren wir einfach nicht dazu bestimmt.

Michael hatte die ganze Heimreise über geschlafen und wachte auch nicht auf, während ich ihn in sein Zimmer trug und in sein Bett legte.

Jetzt lag ich neben Marc im Bett und starrte an die Decke, deren weinrote Farbe sich schon langsam abblätterte.

„El?"

„Ja?"

„Ich weiß, dass ich in der Vergangenheit echt beschissen zu dir war."

„Okay...?"

„Und dass du mir wahrscheinlich nicht vertraust. Vertraust du mir?"

Nein. „Du bist mein Mann, Marc", sagte ich, obwohl ich wusste, dass das keine richtige Antwort war.

„Das bedeutet nichts."

„Ich vertraue dir." Manchmal.

„Wirklich? Ganz sicher?", drängelte er.

„Wirklich", sagte ich, nun etwas entschlossener.

„Danke", raunte er und fuhr fort mit: „Ich kenne glaub ich niemanden, der so verständnisvoll ist wie du. Echt niemanden. Ich meine..."

„Marc. Es ist okay", unterbrach ich ihn. Ich wollte nicht, dass er weiterredete, weil ich wusste, dass es nur zwei mögliche Folgen hatte: Erstens, ich würde ihm in die Arme fallen und ihm dafür danken, dass er mich liebte. Zweitens, ich würde anfangen, alles zu hinterfragen und ihm gegen den Kopf werfen, dass er meine Liebe nicht verdient hatte, und dann würde er mir etwas anderes an den Kopf hauen. Vielleicht eine Faust. Vielleicht die kleine Nachttischlampe, die er vor kurzem gekauft hatte. Egal was, es würde nicht gut für mich sein.

Ich musste einfach endlich lernen, ihn nicht an mich ranzulassen. Ihn reden zu lassen und die Worte nicht an mir knabbern lassen.

Ich musste einfach lernen, mit ihm zu leben, aber keinen Platz in mir für ihn zu lassen.

Dieses Versprechen hielt genau einen Tag lang an. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem er von der Arbeit nach Hause kam und mich begrüßte, indem er sagte: „Scotch. Jetzt."

Ich reichte ihm ein Glas, mit dem hübschesten Lächeln im Gesicht, das ich produzieren konnte. Und innerlich fällte ich in ebendiesem Moment einen Entschluss, der schon seit Jahren überfällig war.

Denn eines war mir seit dem Treffen mit Annabelle bewusst geworden: Happy Ends kriegen nur die Helden.

Marc war nicht mehr mein Held.

Er war der geworden, den es galt zu besiegen. Nicht der, den die Heldin liebte. Nicht der, bei dem ich blieb, dem ich immer wieder vergab.

Es war Zeit. Diesmal wirklich. Und diesmal war kein Platz für Ausreden oder Rückzieher. Ich hatte zu lang gewartet. Das musste ein Ende finden.

Er tat mir nichts, wider Erwarten. Aber trotzdem ließ ich mich nicht von meinem Plan abbringen, nicht diesmal.

Nach über einer Stunde des stumm-nebeneinander-Liegens schlief Marc endlich ein.

Und dann tat ich es. Ohne mir Zeit zum Nachdenken zu lassen, tat ich es einfach. Ich stand auf und tappte aus dem Schlafzimmer. Ich packte nichts ein, dafür fehlte mir die Zeit. Und außerdem hatte ich Angst, einen Rückzieher zu machen, wenn ich jetzt packte. Alles, was ich im Arm hatte, war Michael und eine Handvoll Hoffnung.

Die Straßenlaternen leuchteten auf mich herab, während ich über den Fußgängerweg ging. Michael schlief noch, worüber ich mich sicher nicht beschweren würde. Zwar war ich mir nicht sicher, wo genau ich hinwollte, aber ich war mir sicher, dass jeder Ort besser war als die verpestete, mit schlechten Erinnerungen behaftete Wohnung.

Und irgendwie wussten meine Füße vor meinem Kopf, wo sie hin gehen sollten. Weil vielleicht alle Straßen nach Rom führten, aber mein Herz würde mich immer zu ihr führen.

„Betty...? Uhm, hi."

„Hi. Sorry dass ich dich so überfalle, ich weiß es ist spät, aber ich- ich wusste nicht, wo ich sonst hätte hingehen können."

„Alles gut. Wir haben sowieso noch einen Film geschaut", winkte sie ab. „Geht's dir gut?", fragte sie mich dann. „Wieso bist du hier?"

„Kann ich dir das wann anders erzählen?", bat ich. Michael war mittlerweile aufgewacht und quietschte leise. „Ich brauch' eigentlich nur irgendeinen Ort zum Schlafen. Wenn das in Ordnung für euch ist?"

„Du bist hier immer willkommen. Das weißt du." Sie zog mich nach innen. „Ich richte dir das Gästezimmer her, okay? Und morgen kannst du mir dann alles erzählen. Wenn du möchtest."

„Danke, Lu."

Am nächsten Morgen saß ich an ihrem Küchentisch und starrte aus dem kleinen Fenster über dem Waschbecken.

Tara und Michael schliefen beide noch, also war ich mit Lucie allein. Genau diese setzte sich jetzt zu mir, mit einer Tasse Tee in der Hand und einem Lächeln auf den Lippen. „Hast du gut geschlafen?", fragte sie.

Ich konnte nicht mal lügen und bejahen. Ich hatte grottig geschlafen, so grottig wie noch nie zuvor. Alle paar Stunden war ich aufgewacht, aus einem Traum, in dem Marc vor mir stand, mit einem Funkeln in den Augen. Einem Funkeln, das definitiv kein gutes war. Aber ich wollte ihr nicht jedes kleinste Detail erzählen, also sagte ich einfach: „Ein wenig...unruhig."

„Wars zu laut? Die U-Bahn fährt ja in der Nähe..."

„Das war's gar nicht. Keine Ahnung, wieso", sagte ich und zuckte mit den Schultern.

Eine Weile lang schwiegen wir beide, bis Lucie schließlich fragte: „Erzählst du mir jetzt, was los ist? Wieso du hier bist?"

„Ich..." wollte nicht. Hatte das Gefühl, ich konnte nicht. Befürchtete, sie zu belasten.

Musste es irgendjemandem erzählen.

„Ich...", setzte ich erneut an und schluckte leise. „Sorry."

„Ist okay. Lass' dir so viel Zeit, wie du brauchst, in Ordnung? Ich renn' dir schon nicht davon." Ich nickte und hob den Blick von dem Tisch, sodass ich ihr ins Gesicht sah. Und dann kam ein Wasserfall von Worten, den ich von mir selbst niemals erwartet hätte.

Alles, ich erzählte alles. Dass meine Mutter verstorben war, als ich sehr jung war, hatte Lu bereits gewusst. Aber nicht, wie. Ich erzählte ihr von all den guten Erinnerungen mit meiner Mom, die, die ich so nah an meinem Herz hielt.

Und sie wusste nicht, was alles mit meinem Dad passiert war, und das mit Marc wusste sowieso keiner.

Sie hörte einfach nur zu. Unterbrach mich kein einziges Mal. Und als ich fertig war und die Tränen über meine Wangen strömten, nahm sie mich in den Arm.

„Ich weiß nicht, ob du mir glauben wirst", sagte sie, nachdem sie sich von mir gelöst hatte, und sah mir in die Augen. Obwohl meine Sicht verschwommen war, sah ich das Blau so klar, so deutlich. Kristalle, mitten in Lucies Gesicht. Kristalle, die alles andere als hart waren. Ich fühlte mich geborgen, wenn ich in Lus Augen sah. „Ich weiß, dass ich dich nicht alles vergessen lassen kann. Und ich weiß, dass man dich nicht einfach zusammenkleben kann. Zerbrochene Teller werden nie so aussehen wie vorher. Aber eins weiß ich, alles voran. Ich werde alles daran setzen, jede noch so kleinste Scherbe zu finden." Sie reichte mir ein Taschentuch und griff dann nach meiner Hand. „Lässt du mich für dich da sein, Thuong?"

„An der Aussprache arbeiten wir noch, okay?"

Sie lachte leise und nickte. „Ich kann dich auch weiterhin Betty nennen, wenn du möchtest."

Ich schüttelte den Kopf. „Nein...aber auch nicht Thuong." Das war für meine Mutter reserviert, dabei wollte ich es auch belassen. „Ich überlege mir etwas. Kann ich dir Bescheid geben?"

„Klar. Was immer für dich am besten ist." Es war kein leeres Versprechen wie die, die Marc mir seit Jahren immer wieder machte. Ich glaubte ihr. Ehrlich und vollkommen.

„Danke."

„Trink", forderte sie mich auf und schob meine Tasse zu mir.

„Ist es für Tara okay, dass ich hier bin?", fragte ich. Ich wusste gar nicht, ob Lucie Tara jemals das mit uns erzählt hatte. Falls es überhaupt ein Uns gegeben hatte. Falls das Uns, das in meinem Kopf existierte, für Lucie genauso da war.

„Bestimmt. Sie mag dich."

„Sie kennt mich kaum."

„Sie mag aus Prinzip jeden", sagte sie mit einem Lächeln. „Und du kannst so lange bleiben, wie du willst, okay? Es ist ein bisschen eng...und das Gästezimmer wurde ewig nicht geputzt. Ich habe auch kaum Gäste. Auch egal. Wichtig ist, ich will, dass du dich so wohl wie möglich fühlst."

„Lu, ich..."

„Ich weiß. Ich auch."

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