Larry Oneshots

Por sunfflowerVol28

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Ich hatte Lust ein paar Oneshots zu schreiben... also hab ich jetzt einfach dieses Buch angefangen. Ich uplo... Mais

Too Young
Too Young 2
Kiwi
You & I
Always You
Halloween aka One Ghost
Never have I ever...
Don't let it break your heart
Don't let it break your Heart 2
Dreams
Sleepless Nights
If I could fly
Medicine
Sweet Creature
I have a strange fear of Mistletoes...
Perfect Strangers
Freedom
Always You 2
Freedom 2
Klassentreffen
Fuck, ähm...
Fine Line
Perfect Strangers
Darling, wir sind alle gruselig
when nobody is listening
what a feeling (to be right here beside you now)
es war sommer
Einmaligkeit
Schokolade mit Kakaobohnenstückchen
change
love, oh love

Das Schicksal hat ein schreckliches Timing

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Por sunfflowerVol28

Erst einmal sorry, dass ich so lange nichts mehr veröffentlicht habe. Und ich hab teilweise an drei Geschichten gleichzeitig geschrieben und wollte die hier noch pünktlich zu Weihnachten fertig haben, ich hatte noch Klausurphase und so und deswegen hab ich einfach nicht mehr geschafft.

Zweitens, frohe Weihnachten und frohe Feiertage und vorsichtshalber auch noch frohes neues und ich hoffe es geht euch allgemein ganz gut <3

01 12

Louis sah auf den Boden als er lief, beobachtete wie die Schnürsenkel seiner Chucks im dreckigen Wasser schleiften und sich mit Matsch vollsaugten. Durch die engen Fasern zog sich das Wasser immer weiter, bis fast jeder Fleck des weißen Bandes durchtränkt war von Matsch und Wasser, braun gefärbt.

Louis hasste es. Hätte er die Motivation und gäbe es noch was zu retten würde er die Füße ein Stück heben um es weiter zu vermeiden.

Der ständig andauernde Regen hatte auch begonnen die Buchstaben auf dem weißen Teil seiner Chucks anzugreifen, wegzuwaschen oder mit brauner Matsche zu überdecken. Früher thronte über seinem rechten Zeh ein kleiner Smiley und die gesamte Spitze seines linkes Fußes war eingenommen gewesen von einer großen 28. Die acht war schief gewesen, aber er mochte es trotzdem.

Heute gab es nur noch die zwei und ein Auge des Smileys, ein krakeliges Kreuz, war braun überlagert.

Louis hasste es wirklich und die rot-grünen Lichter und regendurchweichten Plastiktannenbäume, die sich in den trüben Pfützen spiegelten, noch mehr. Er sah kurz hoch als er angerempelt wurde und sah wieder nach unten, als er die leuchtenden Lichterkettensterne sah, die sich quer über die Gasse erstreckten. Er sah sie immer noch in den Pfützen gespiegelt und trat mit seinem Fuß in das Wasser, um die Spiegelung zu durchbrechen. Ein weiteres Schwall braunes Wasser schwebte über seine Schuhe und durchtränke seine Socken.

Louis war eh schon kein großer Fan der Weihnachtszeit. Eifersucht war der offensichtlichste Grund, auch wenn er das gerne ignorieren würde. Er war Eifersüchtig auf jeden, der neben ihm an Weihnachten Geschenke bekam, weil es eigentlich sein Tag hätte sein sollen. Sein Geburtstag sollte ihm und ihm allein gehören und nicht Millionen von anderen.

Er war mittlerweile wieder ein wenig drüber hinweggekommen. Er machte sich nicht mehr so viel aus Geschenken, wie er es als Kind getan hatte, aber ein bisschen der Bitterkeit seiner Kindheit war an ihm haften geblieben.

Dieses Jahr war es anders. Das Ende einer Beziehung verschönert einem meistens ja so oder so schon nicht die Zeit, aber so kurz vor Weihnachten grenzte es schon Grausamkeit. Er durfte „das Fest der Liebe" mit gebrochenem Herzen erleben und jeden so glücklich und Arm in Arm umherwandern sehen, während er selber mehrmals am Tag das Bedürfnis hatte loszuheulen.

Und noch schlimmer war, das Louis bis zu teilen sogar verstehen konnte wieso Zach es so gemacht hat. Nach Weihnachten mit Louis Schluss zumachen und ihm dann erklären zu müssen, das er die letzten Wochen nur so getan hatte als wäre alles in Ordnung wäre auch nicht besser gewesen.

Louis wollte aber nicht wirklich verstehen und er wollte sauern sein und verletzt sein dürfen und er fand auch er hatte das Recht, das alles sein zu dürfen.

Und deswegen stampfte er mit der Vorstellung es wären Zachs Eier in die nächste Pfütze. Er sollte sich nicht mehr über den Zustand seiner Schuhen und bald auch seiner Socken beschweren, wenn er vorhatte so weiterzumachen. Aber es half zumindest ein kleines bisschen.

Louis hatte auf der Arbeit bestimmt noch neue Socken.

Er war froh, das ihm seine Arbeit Spaß machte, denn wenn er in einem Büro arbeiten würde, wäre er bestimmt die letzten drei Wochen nicht zur Arbeit gegangen. Er fand es einerseits deprimierend, das seine Arbeit eine seiner Lieblingsbeschäftigungen war. Andererseits war seine Arbeit sein Hobby und sein Tatoostudio sein Schatz. Aus dem er strickt alles weihnachtliche rausgehalten hatte.

Der Spielzeugladen schräg gegenüber von seinem Studio hatte dafür umso dicker aufgetragen. Alles blinkte und war voller Plastik in weihnachtlichen Farben. Louis sah die leuchtenden Schilder für die Weihnachtsrabatte immer als allererstes, wenn er um die Ecke in die Gasse ging.

Und überraschenderweise einen Wichtel. Oder Elf.

Vor der Tür des Geschäfts stand jemand in einem grünen Wichtelkostüm. Seine Hände steckten in roten Handschuhen und in seiner Hand hielt er einen Korb. Unter der roten Weihnachtsmütze hingen braune locken hervor und seine Nase war bei der Kälte mindestens genau so rot wie seine Mütze und Handschuhe.

Er trat von einem Fuß auf den anderen, vielleicht um sich warm zu halten und als ein Vater mit seinem Kind an ihm vorbei lief, bot er dem Jungen ein eingepacktes Ding an, vielleicht Schokolade oder so.

Louis verstand, das er nicht zu allem noch unter Halluzinationen litt, sondern das einfach die neuste Strategie des Spielzeugladens war um Kindern und Eltern das Geld aus der Tasche zu ziehen.

Sobald Louis näher dran war erkannte er, dass der Wichtel gar nicht so viel Jünger schien als er und er fragte sich für einen Moment, wieso er diesen Job machte, in dem Louis eher Teenager erwarten würde, die einfach für nichts anderes qualifiziert sind, außer in der Kälte zu stehen und die Dinge zu verkaufen. Louis erinnerte sich schmerzlich zurück an die Zeit, in der er in irgendwelchen Kostümen vor Geschäften gestanden hatte. Dann erinnerte er sich, dass ihn das überhaupt nichts anging.

Sobald Louis näher dran war, versuchte er nicht zu sehr den Wichtel anzustarren, auch wenn er neugierig war. Er war sich nicht ganz sicher, worauf. Er sah einfach wieder auf den Boden und beobachtete seine armseligen Schuhe beim laufen.

„Hi, ähm, willst du ein Schokorentier?" Louis blieb perplex stehen und sah sich kurz um, um zu gucken ob der Wichtel irgendein Kind meinte, das er nicht gesehen hatte.

„Was?" fragte Louis unhöflich nach, nur um sicher zu gehen, Er hätte nicht gedacht, dass er zur Zielgruppe eines Spielzeugladend gehörte. Vielleicht kann er sich geschmeichelt fühlen, aber er bezweifelt, das er gut fünfzehn Jahre jünger geschätzt wurde.

„Schokorentier." wiederholte der Wichtel das essenzielle und hielt Louis ein kleines Stück Schokolade mit bedruckter Aluminiumfolie hin. Louis konnte schwören er guckte in Augen so grün wie das Wichtelkostüm. Langsam nahm er sich die Schokolade aus seiner Hand.

„Danke." Louis schenkte dem Wichtel ein kleines Lächeln und er lächelte zurück bis sich ein Grübchen in seine, mit roten Flecken übersäte, Wangen grub.

„Gerne." antwortete der Wichtel mit langsamer Stimme und Louis wartete noch eine Sekunde, ehe er sich umdrehte und weiterging. Als er sich ein letzte Mal, nur aus Neugierde, umdrehte, sah der Wichtel ihn hinterher und schenkte ihm noch ein Lächeln. Louis drehte sich wieder um und sah das kleine Stück Schokolade an. Auf der Folie war ein kleines Rentier mit großen Augen und roter Nase.

Mit ungeschickten Fingern knibbelte Louis die Folie ab. Als er die Tür zu seinem Tattoostudio aufschloss zerknackte er das kalte Stück Milchschokolade zwischen seinen Zähnen. Die süße Schokolade breitete sich in seinem Mund aus, wie das süße Gefühl sich beim breiten Lächeln des Wichtels in seinem Bauch ausgebreitet hatte und ohne es zu wollen hoffte Louis ihn morgen ein weiteres mal vor dem Geschäft anzutreffen.

02 12

Am nächsten Tag triefte die schlechte Laune wieder von Louis wie das Regenwasser von seiner Winterjacke. Es hätte wenigstens schneien können, dann hätte diese gottverdammte Zeit zumindest etwas gutes an sich.

Stattdessen hatte Louis in den letzten Wochen jede Art von Regen mitbekommen, die es geben kann. Nieselregen und Sturzbachregen, kurze Schauer und zwei Tage Dauerregen, Regen senkrecht und wagerecht und auch mal aus allen Richtungen. Es war wie November, nur auch noch mit Bodenfrost.

Louis hingen nass die Haare ins Gesicht, weil er die Kapuze zu seiner Jacke vergessen hatte und er hasste, das sein Studio so weit in den Stadt lag, dass er mit der Bahn nur zehn Minuten davon entfernt aussteigen konnte und den Rest laufen musste.

Er umklammerte mit tauben und klammen Fingern den Pappbecher mit Kaffee, aus dem er noch keinen Schluck getrunken hatte. Auch wenn er später die isolierenden Fähigkeiten des Bechers schätzen würde, enttäuschte es ihn ein wenig, dass das Behältnis nicht gnädig genug war ihm zumindest einen Hauch von Wärme an seine blassen, tauben Finger zu schenken.

Louis sah den Pappbecher an. Zach hatte bei Starbucks gearbeitet. Louis hatte manchmal Kaffee umsonst bekommen und sein Name stand immer da mit einem kleinen Herz oder seinem Smiley daneben. Louis hasste es, wenn so etwas passierte. Wenn ihn kleine Dinge wieder daran erinnerten was er gehabt hatte und das es jetzt nicht mehr da war.

Auf diesem Becher war kein Herz oder Smiley, er war nicht einmal von Starbucks, obwohl das am nächsten zu ihm gewesen wäre. Starbucks war eh zu teuer gewesen. Der Kaffee jetzt war viel preiswerter. Aber er hatte keine Herzen oder Smileys und Louis würde das doppelte für den Kaffee bezahlen, wenn die darauf wären. Einfach nur weil es dann etwas besonderes wäre.

Louis konnte es kaum erwarten wieder in die Gasse abzubiegen, indem sein Studio lag. Es lenkte ihn ab und er lechzte danach, an etwas anderes als das zu denken, was nicht mehr da war.

Er überlegte, ob der Wichtel wieder da sein würde.

Natürlich war er wieder da. Er hatte sich untergestellt und stand nah am Schaufenster, hinter dem sich Puppen und Bauklötze, Schaukelpferde und Brettspiele stapelten. Er sah von weitem aus als hätte er ein wenig Regen abbekommen, aber bei weitem nicht so viel wie Louis. Das Kostüm und den Korb mit Schokolade trug er wie gestern. Er sprühte schon gestern nicht vor Begeisterung dort zu stehen, aber heute sah er unwohl aus. Louis tat es leid, das er bei diesem Wetter draußen stehen musste, aber er wusste auch nicht, was er dagegen tun sollte.

Louis rechnete nicht damit, erneut ein Stück Schokolade angeboten zu bekommen. Er drehte sich wie beim ersten Mal perplex um als er angesprochen wurde, ersparte sich aber dieses Mal die Peinlichkeit noch einmal nachzufragen.

Der Wichtel hielt Louis das Stück Schokolade hin und Louis nahm es dankbar und trotzdem zögerlich vom feuchten Stoff des roten Handschuhs. Der Atem des Wichtels zitterte vor Kälte als er ihn entließ. Als Louis seine Hand zurückzog, tropfte vom Dach unter dem sie standen ein großer Tropfen prasselnd auf seine Jacke und lief in seinen Ärmel.

Angewidert versuchte er das kalte Wasser aus seinem Ärmel zu schütteln. Als er ein kleines glucksen vom Wichtel hörte sah er ihn wieder an.

„Tut mir wirklich leid, dass du bei dem Wetter hier stehen musst." drückte Louis sein Mitleid aus. Der Wichtel winkte es mit einem Schulterzucken ab.

„Ich komm schon klar. Ich muss hier nur noch anderthalb Stunden stehen." antwortete er und hoffte offensichtlich beruhigend zu klingen. Das Zittern, dass jetzt schon seine Stimme erreicht hatte, machte seine Bemühungen zunichte. Louis war sich nicht sicher, woher sein plötzliches Engagement stammte, aber er wollte sich nicht mit den frierenden Zustand des Wichtels zufriednen geben. Vielleicht hatte der Gedanke der Nächstenliebe der Weihnachtszeit ihn jetzt auch schon befallen.

„Willst du meinen Kaffee haben?" fragte Louis, als das das erste war, das ihm einfiel anzubieten. Louis könnte sehen, wie der Wichtel versuchten wollte abzuwinken. „Ich hab noch nichts draus getrunken und ich arbeite gleich da vorne und hab also gleich schon eine Heizung. Du stehst hier noch eine Weile." Der Wichtel sah immer noch nicht überzeugt aus, aber Louis hatte auch nicht vor aufzugeben.

„Bitte." Louis streckte ihm den Becher entgegen und endlich nahm der Wichtel ihn. Mit einem Blick der fragte -Bist du jetzt zufrieden?-, aber trotzdem war es ein Triumph.

„Danke." Louis lächelte zufrieden.

„Gerne." Louis sah ihn noch einen kurzen Moment an und wie seine Hände seinen Becher umklammerten. „Ich muss dann." Der Wichtel nickte und nahm eine Hand vom Becher um Louis zu winken, obwohl er immer noch direkt vor ihm stand. Louis grinste, nickte ihm einmal zu, weil er nicht wusste was er weiter tun sollte, drehte sich um und ging.

Während er auf dem restlichen Weg zu seinem Studio die Schokolade kaute, die eben so schwer zu essen war wie gestern, bereute Louis den Wichtel nicht nach seinem Namen gefragt zu haben.

03 12

„Lang nicht mehr gesehen." rief der Wichtel am nächsten Tag, sobald Louis in seiner Hörweite war. Louis verdrehte bei dem lahmen Witz die Augen, konnte sich aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. Der Wichtel sah aus, als hätte er den ganzen Morgen den er schon hier stand darauf gewartet, diesen Witz machen zu können.

„Nur damit du's weißt." fing Louis an, als der Wichtel ihm ein Stück Schokolade entgegenhielt und Louis es dankend nahm. „Ich arbeite wirklich da vorne. Ich geh hier nicht jeden morgen lang, um dir die Schokolade aus der Tasche zu ziehen."

„Ich hätte auch nicht vermutet, das du für dieses winzige Stück billige Schokolade extra in die Stadt fahren würdest." erwiderte der Wichtel mit einem warmen Lächeln. „Ich bin übrigens Harry." stellte der Wichtel sich vor und streckte Louis seine Hand hin.

„Louis." antwortete Louis, als er Harrys Hand griff. Er mochte das Gefühl von Harrys Hand und wie sie seine drückte, auch wenn sie beide Handschuhe trugen und er kaum etwas spüren konnte.

„Louis." Harry probierte aus, wie der Name von seiner Zunge rollte. „Ich mag den Namen."

„Danke." antwortete Louis, weil er nicht genau wusste, was er darauf antworten sollte. „Bis morgen, schätze ich."

Harry nickte und lächelte und Louis hoffte so etwas wie frohe Erwartung in seinem Blick zu sehen. Louis genoss es Harrys Namen denken zu können, jetzt wo er ihn kannte.

Als er zurück zum Studio ging strich er gedankenverloren mit seinem Daumen die Falten der Folie auf dem Stück Schokolade glatt, bis sie unter seinen Fingern anfing zu schmelzen.

04 12

Am nächsten Tag trug Louis zwei Becher Kaffee in der Hand. Er sah dieses Mal trotz dem nervtötenden geblinkte der Weihnachtsdekoration nach vorne, um möglichen Gefahren ausweichen zu können, damit er das heiße Getränk nicht über sich schütten würde. Seine Finger froren wieder, obwohl er jetzt zwei Becher trug.

Der eine Kaffee war schwarz und er der andere mit Milch und Karamell. Louis würde beides trinken aber wusste nicht, was Harry mochte und deswegen würde er ihn wählen lassen. Er hatte das Gefühl Harry würde den süßeren von beiden nehmen.

Harry einen Kaffee mitzubringen war eine spontane Idee gewesen, als er gesehen hatte wie es schon wieder aus Eimern schüttete. Er hoffte es war nicht merkwürdig, wo er Harry kaum kannte und sei erst vier Mal mit einander gesprochen hatten. Allerdings dachte Louis auch, das Harry bei dem Wetter wohl nicht wählerisch sein würde. Louis fror schon und er würde in fünf Minuten schon in seinem Studio sitzen.

Louis freute sich schon Harry wieder zu sehen, als er um die Ecke ging. Es war düster in der Gasse, die Regenwolken ließen kaum Licht nach unten zu ihnen, aber der grässliche Spielzeugladen leuchtete in bunten Farben auf das unregelmäßige Kopfsteinpflaster.

Harry hatte sich wie am letzten Regentag unter das kleine Vordach gestellt und die Hände in einander verknotet. Er lächelte, als er Louis auf ihn zukommen sah und Louis freute sich darüber und lächelte zurück.

„Welchen willst du?" fragte Louis sobald er vor Harry stand und hielt einmal jeden der beidem Kaffeebecher hoch. Harry sah kurz verwirrt aus, ehe er verstand wovon Louis sprach.

„Das hättest du nicht tun müssen." widersprach Harry widerwillig.

„Wenn du mir jeden Tag meine nötige Ration an Schokolade gibst, ist das mindeste was ich tun kann dafür zu sorgen, dass dir deine Finger nicht absterben. Also, willst du den ohne alles, oder den mit Milch und Karamell?" Harry sah eine Sekunde aus als würde er wieder widersprechen wollen. Seine eigenen zitternden Finger schienen ihn aber zu überreden.

„Ich nehm den ohne alles." entscheid Harry ergeben und nahm den Kaffeebecher entgegen. Seine Hände zitterten, als er ihn mit beiden Händen umschloss. „Danke."

„Gerne." erwiderte Louis triumphierend und wollte mit seinem eigenen Kaffee in der Hand von dannen ziehen.

„Warte, du hast deine Schokolade vergessen." rief Harry ihm lachend hinterher. Louis drehte sich wieder um, gerade rechtzeitig, um die Schokolade die Harry ihm zuwarf in einer ausladenden Bewegung aufzufangen. Harry lachte wieder.

„Danke." rief Louis.

„Ebenso." antwortete Harry und hielt seinen Becher Kaffee nach oben. Louis grinste.

„Bis morgen, Harry."

„Bis morgen, Louis."

05 12

Obwohl Louis' Studio in der Regel ein Liebeskummer-freier Raum war, kostete es ihm hin und wieder einiges an Anstrengung es dabei zu belassen. Hier gab es wenig Erinnerungen mit Zach. Er hatte sich wenig für Louis' Job interessiert und war selten im Studio gewesen. Louis hatte es nicht gestört, er konnte keinen zwingen das zu mögen was er mochte und jetzt war er diesem Umtand dankbar, weil so wenig von Zach mit diesem, seinem, Ort verknüpft war.

Trotzdem lag auch hier natürlich ein Hauch von ihm in der Luft, wenn Louis es zuließ. Du kannst mit niemandem fast ein Jahr zusammen sein und ihn gleichzeitig aus so etwas raushalten, das geht nicht. Auch wenn Louis es versucht hatte, ohne es zu merken. Vielleicht hatte er irgendwo gewusst, dass das ganze nicht gut für sein Herz ausgehen würde und er Orte wie diese brauchen würde.

Viellicht war aber auch genau das der Grund gewesen, dass es jetzt zu Ende war. Sie hatten sich von einander entfernt und obwohl Zach es nie laut gesagt hatte wusste Louis, dass er selber einen erheblichen Teil dazu beigetragen hatte.

Es war wie eine Abwärtsspirale gewesen. Je mehr Louis sich verschlossen hatte desto mehr hatte Zach versucht an ihn ranzukommen und desto mehr hatte Louis sich wieder in sein Schneckenhaus verkrochen und ihn ausgeschlossen.

Louis wusste nicht wieso es angefangen hatte, aber er wusste, dass er Schuld daran trugt, dass es beendet wurde, so gerne er Zach auch das alles in die Schuhe schieben wollte.

Und jetzt saß er hier und versuchte zu vergessen wie Zach ihn auf der Türschwelle geküsst hatte, als er ihn hier abholen wollte.

Louis bemühte sich, sich wieder auf den Papierkram vor sich auf seinem Schreibtisch zu konzentrieren. Den Teil seines Jobs, den er am wenigsten mochte.

Dabei fiel sein Blick auf das Stück zusammengeknüllte Folie vor ihm auf dem Tisch. Automatisch sah er wieder nach oben, aus dem Fenster raus zu dem Punkt, an dem er Harry in seinem Kostüm stehen sehen konnte. Er sah süß aus, die Locken noch unordentlicher und krauser als sonst, von der Feuchtigkeit die in der Luft waberte. Er lächelte breit als er sich zu einem kleinen Kind nach unten beugte und ihm ein Stück mit Schokolade gab. Louis stellte sich vor wie seine Stimme sanfter wurde als er mit dem kleinen Mädchen sprach, das an der Jacke hier Mutter zog um sie zum stehen bleiben überredete. Louis konnte Harry lachen sehen und Geräusch fast in seinen Ohren widerhallen hören. Zum Abschied zwinkerte Harry ihr zu und Louis grinste mit.

„Du solltest das lassen." kommentierte Liam aus dem Nebenraum vorsichtig.

„Was?" fragte Louis verwirrt und sah ihn an.

„Das mit Harry."

„Wovon redest du?" fragte Louis verwirrt weiter und sah Liam scharf an. Dieser seufzte.

„Ich sehe, was du tust. Du bist gerade dabei dich nach Zach wieder auf die Beine zu kämpfen und das solltest du alleine tun. Lass dich nicht vom nächst besten auf den Beinen halten, damit er dich dann auch wieder fallen lässt. Das wird jetzt noch nicht funktionieren und so zu tun as ob ist unfair eich beiden gegenüber und wird euch beide an Ende verletzten."

„Was? Ich kenne Harry seit fünf Tagen, ich würd noch nicht einmal sagen, das wir befreundet sind. Wovon sprichst du bitte?"

„Tu dir einfach einen Gefallen und sorg dafür, dass es so bleibt." Liams Ton machte klar, dass er das Thema für sich beendet hatte. Louis musterte ihn noch einen Moment scharf von der Seite. Liam hatte keine Ahnung, wovon er sprach.

Als Louis sich wieder seinem Schreibtisch widmen wollte, blieb sein Blick kurz draußen an Harry hängen, der einen Schluck aus dem Kaffeebecher trank, den Louis ihm am Morgen gebracht hatte.

06 12

Louis war sich bewusst, das Liam Scheiße redete. Er war dankbar für die Sorge seines besten Freundes, aber er war sich auch bewusst, wie unbegründet wie war. Es kannte Harry gerade Mal fünf Tage und hatte nur ein paar Sätze mit ihm gewechselt. Louis war spontan, aber nicht so spontan.

Und klar, Harry war nett und und hatte schöne Augen und so, aber Louis kannte ihn kaum, also hatte Liam keinen Grund zur Sorge.

Außerdem war Louis sich ja selbst bewusst, wie kontraproduktiv es wäre, sich in seiner jetzigen Situation noch in jemanden zu verlieben. Ganz abgesehen davon, dass er dazu wohl gar nicht in der Lage wäre, weil sein Kopf noch zu viel mit Zach zu tun hatte als das er sich auf irgendjemand anderen konzentrieren konnte.

Es war ein wenig ungewohnt für Louis, dass er schon wieder auf dem Weg zum Studio war. Eigentlich arbeitete er seit Jahren nur fünf Tage die Woche. Sonntags hatten sie geschlossen und einen weiteren Tag übernahm dann entweder Louis oder Liam allein den Laden. Es hatte seien Vorteile, das Studio nicht ganz allein zu führen.

In den letzten Wochen hatte Louis aber seinen freien Tag häufig ausfallen lassen. Jeder Tag mehr zu Hause war ein Tag mehr mit Zach in der Luft. Er hing wie Gestank an jedem verdammten Ding in seiner Wohnung. Überall wo Louis hinsah war Zach gewesen und hatte einen Teil von sich zurückgelassen und je mehr Louis darin stand, desto übler wurde ihm von allem und die Angst stieg jede Sekunde, dass er es nicht mehr von sich abkriegen würde, wenn er zu lange darin stand. Wie als würde sich der Gestank in jeder Faser seiner Kleidung festklammern und ihn nicht mehr freilassen. Louis konnte nicht zulassen, dass er in Zach versank.

Deswegen stapfte Louis schon wieder durch die Gassen zum Studio. Er hatte eine Zigarette zwischen seinen zitternden Fingern. Es war enttäuschend, weil er eigentlich vor hatte aufzuhören und jetzt nahm er sie jedes Mal hervor, wenn Zach ihm wieder in den Kopf stieg. Vielleicht würde der eine Gestank ja den anderen ersetzten.

„Du rauchst?" Louis brauchte kurz um zu verstehen, dass er in Gedanken schon fast bis zu seinem Studio gekommen war. Ihm missfiel die Enttäuschung, die Louis meinte in Harrys Ton mitschwingen zu hören.

„Bin nicht stolz drauf." erwiderte Louis und nahm sie aus seinem Mund. Harry trug, passend zum Tag wie Louis erst später bewusst wurde, ein Nikolauskostüm anstatt des Wichtelkostüms. Das rot stand ihm, aber das grün noch mehr.

„Tut mir leid, geht mich ja nicht wirklich was an." Ruderte Harry sofort zurück.

„Alles gut."

„Schokolade?"

„Immer. Hab leider keinen Kaffee dabei, tut mir leid." Louis schaffte es nicht die Schokolade aufzufangen, die Harry ihm zuwarf. Seufzend bückte er sich um das Stück vom nassen Boden zu klauben.

„Kein Problem. Ist alles in Ordnung?" fragte Harry, die Besorgnis in seiner Stimme war nicht zu überhören. Louis wog kurz ab, ob er die Wahrheit sagen sollte, oder nicht.

„War schon mal besser." antwortete Louis ehrlich und lächelte bitter, ehe er an der Zigarette zog.

„Kann ich irgendwas tun?"

„Nein, ich komm schon klar."

„Okay. Ich hoffe der nächste Tag wird besser."

„Ich auch." Louis lächelte Harry zum Abschied zu und Harry grinste zurück.

Sobald Louis ins Studio kam, konnten er Liams kritischen Blick auf sich spüren und Louis wusste, dass Liam ihn und Harry durch das Fenster hatte reden sehen.

„Kein Kommentar, Liam." sagte Louis, ehe Liam wieder anfangen konnte ihn zu belehren.

07 12

Louis versuchte sich gedanklich so weit es ging von den Zigaretten auf seiner Fensterbank zu distanzieren. Er wollte nicht zu Hause sein, aber konnte sich auch nicht schon wieder bei Liam blicken lassen, nur um nicht in seiner Wohnung zu sein.

Er hasste, wie sehr er seine Wohnung hasste, die er eigentlich immer gemocht hatte. Vielleicht würde es irgendwann wieder werden.

Jetzt gerade mied er aber die Wand an der früher die Bilder von ihm und Zach hingen. Es sah entblößt aus, die kahlen Stellen weiße Wand und so kalt. Louis fror bei dem Anblick der noch deutlich zu erkennenden Rechtecke, weil sich die ganze Wand verändert hatte, nur dort wo die Fotos hingen war sie wie neu. Ein schreckliches Bild.

Eine Schublade in seinem Schrank, in der Zach früher ein paar Sachen hatte, hatte Louis nicht mehr angerührt seit Zach sie ausgeräumt hatte. Leer und staubig nehm sie Platz in seinem Schrank weg und Louis konnte es Tag für Tag nicht über sich bringen sie neu zu befüllen. Er wich ihr praktisch aus und stapelte seine Socken lieber auf seinen T-Shirts, als sich noch einmal der Leere bewusst zu werden. Vielleicht würden eines Tages wieder die Sachen von jemand anderen darin liegen. Oder Louis würde einfach keinem mehr seine Schublade geben, nur um keine Leere mehr in der Hand halten zu müssen.

Louis hasste auch, das Liam mit seinem Gerede dafür gesorgt hatte, dass Louis für eine Sekunde ein grünes Wichtelkostüm mit roten Handschuhen vor seinem inneren Auge in dem Fach liegen sah. Albern. Er hasste, dass Liam es angesprochen hatte.

Jetzt hatte er den Gedanken erst in seinem Kopf und wie er sich kannte würde er ihn auch nicht so schnell wieder loswerden. Aber es war so viel zu früh sich schon über so etwas Gedanken zu machen und Liam hätte sich bewusste sein sollen, das Louis da selber drauf kommt.

Aber Louis wusste, das Liam nur das beste wollte. Wenn er Liam in dem Zustand sehen würde in dem er selber den ein oder anderen Tag herumlief, würde er auch alles versuchen um es nicht noch zu verschlimmern. Sie versuchten schon seit Ewigkeiten auf einander aufzupassen, auch wenn sie dabei kaum Erfolgt hatten. 

Liam musste ihn aber nicht vor Harry beschützen, weil Louis selber wusste, was er tat und das war, im Bezug auf Harry, nichts. Sie sahen sich morgens und tauschten vielleicht eine Schokolade und einen Kaffee, aber das war das Ende der Geschichte.

08 12

„Wieso arbeitetest du eigentlich hier?" fragte Louis am nächsten Tag neugierig, nachdem sie Kaffee geben Schokolade getauscht hatten.

„Was?" fragte Harry in amüsierter Verständnislosigkeit.

„Ich dachte immer solche Jobs wie den hier machen nur Teenagern, die Geld brauchen aber nicht mehr können. Wie alt bist du?" fragte Louis, während er die Schokolade schon aß. Er hatte seit dem Morgen einen seltsamen Geschmack im Mund gehabt.

„21." antwortete Harry, immer noch lachend. „Und ich arbeite hier, weil ich Geld für mein Studium brauche, das Café, in dem ich gearbeitet habe, hat geschlossen hat. Das hier ist das erste, was ich gefunden habe."

„Ist schon ein Scheißjob, oder?"

„Gibt schon bessere. Aber ich komm klar, ich arbeite hier eh nur bis um zwölf und bis zum 24. Dezember. Danach such ich mir was besserer." Louis hatte kurz das Bedürfnis Harry in seinem Studio einen Job anzubieten, aber war sich bewusst, das er für jemanden, der nicht tätowieren oder piercen kann, keinen Job hat.

„Wie alt bist du?" fragte Harry, als Louis nichts weiter sagte.

„24. Drei Jahre älter als du." Antwortete Louis in einem albernen Triumph.

„Ich kann alleine rechnen." erwiderte Harry sarkastisch.

„Du bist nur beleidigt, weil ich älter bin als du."

„Drei Jahre. Und ich bin größer. An deiner Stelle wäre ich eher beleidigt." Als Louis darauf nichts mehr antwortete fing Harry an zu lachen. Louis streckte ihm den Mittelfinger entgegen und Harry lachte noch lauter.

„Ich an deiner Stelle würd aber nicht zu lange hier stehen, ansonsten köpft mein Chef uns beide und schmeißt mich raus." warnte Harry Louis, sobald er sich wieder eingekriegt hatte.

„Das mit dem rausschmeißen wäre nicht mein Problem." antwortete Louis und machte mit seinem Ton klar, das er es nicht ernst meinte.

„Dann können wir uns aber morgens nicht mehr unterhalten."

„Schrecklich." Louis faste sich dramatisch ans Herz.

„Dann verzieh dich jetzt endlich." Harry tat so, als würde er ihn mit einer Handbewegung wegscheuchen.

„Ist ja gut. Danke für die Schokolade." lachend wandte Louis sich zum gehen.

„Danke für den Kaffee." rief Harry ihm hinterher.

„Gerne." Rief Louis rückwärts laufend zurück, während er fast einen Fußgänger umrannte.

„Viel Spaß im Warmen." rief Harry noch lauter, während Louis weiter rückwärts von ihm weglief. 

„Viel Spaß im Regen, kleiner." schrie Louis zurück.

„Arschloch. Ich bin größer." Louis lachte, warf Harry einen dramatischen Luftkuss zu und drehte sich um, um vorwärts durch die Tür zu gehen. Louis schüttelte lachend den Kopf. Er war froh, dass Liam noch nicht da war.

09 12

Louis bemühte sich, nicht die Augen zu verdrehen, als er die kleine Glocke über der Eingangstür klingeln hörte. Er wusste nicht, dass das geschlossen- Schild vor der Tür so schlecht zu lesen war. Seine schlechte Laune rührte definitiv nicht von der Tatsache, dass Zach vor genau einem Monat Schluss gemacht hat und Harry am morgen nicht vorm Laden stand. Der Tag stand unter keinem guten Stern.

„Wir haben leider schon zu." rief Louis vom Nebenraum nach vorne, schon ehe er selber nach vorne ging.

„Bin gleich wieder weg, ich wollet nur kurz-"

„Harry?" unterbrach Louis ihn verwirrt und ging aus dem Tattooraum nach vorne. „Was machst du hier?" fragte Louis weiter, diesmal erfreuter. Harry sah ein wenig verloren aus, wie er nur eine Meter vor der Tür stand und die Hände in seinen Taschen vergraben hatte. Louis konnte einen gestrickten Weihnachtspullover unter seinem Mantel sehen, die schreckliche Sorte. Es war ungewohnt Harry ohne das Kostüm zu sehen, aber das rot der Wolle passte zu Harrys Haaren und Louis mochte, wie er aussah. Bei Louis' Frage sah Harry kurz unsicher aus.

„Uhm- ich war ja heute morgen nicht da, ich hatte nen Termin, aber ich wollte dir trotzdem noch die Schokolade geben." Harry hielt Louis das eingepackte Stück entgegen.

„Deswegen bist du extra hier her gekommen?" fragt Louis fassungslos und irgendwie gerührt.

„Das sind zehn Meter, Louis."

„Trotzdem. Danke." mit einem breiten Lächeln nahm Louis die Schokolade von Harrys Hand. „Ich hab leider keiner Kaffee anzubieten. Tut mir leid."

„Alles gut."

„Warte. Wenn du willst kannst du aber morgen, wenn du willst, nach deiner Schicht hier hin kommen, dass hab ich zumindest ein Mittagessen anzubieten. Nur billige fünf-Minuten-Terrinen, aber die sind immerhin warm. Und unser Wasserkocher muss eigentlich dringend entkalkt werden, aber das verleiht dem ganzen noch so eine Extranote." bot Louis an und lächelte hoffnungsvoll.

„Klar, gerne." sagte Harry überrascht zu.

„Okay, du kommst dann einfach rüber?" Harry nickt.

„Okay."

„Okay." sie nickten sich einen unangenehmen Moment lang zu.

„Ich geh dann auch wieder." murmelte Harry und zeigt mit seinem Daumen auf die Tür.

„Ja, ja, bis morgen dann." erwiderte Louis

„Bis morgen." Louis sah Harry noch kurz nach, wie er aus der Tür trat und mit den Händen in der Tasche weg lief, dann drehte sich mit einem Grinsen in die andere Richtung. Liam sah ihm dabei unzufrieden von nebenan zu, aber Louis kümmerte sich nicht drum.

10 12

Louis bemühte sich, nicht nervös zu sein. Er hatte zu wenig Zeit um aufgeregt zu sein. Sein Terminkalender lies wenig Platz für Panik.

Außerdem hatte er keinen Grund nervös zu sein. Es war nur Harry. Außerdem aß er häufiger mit Freunden Mittagessen.

Louis war auch nicht böse, dass Liam gefragt hatte, ob es okay wäre, wenn er Mittags zu Maya ging. Seine Sorge in allen Ehren, aber Louis kam ohne diese Blicke klar.

Immerhin schien Harry auch nervös, als Louis ihn am Morgen gesehen hatte. Es beruhigte Louis immer, wenn nicht nur er sich einen Kopf machte.

Irgendetwas rausgestellt hatte er noch nichts. Er hatte einerseits nicht einmal Zeit dafür gehabt. Auf der anderen Seite wollte er nicht, dass es den Anschein hatte, als hätte er groß was vorbereitet. Nicht das er zu faul war sich Mühe zu geben, aber das Essen war lediglich eine Revanche für das hinterhergetragene Stück Schokolade. Nicht mehr.

Louis war noch nicht fertig, als Harry um vier nach zwölf ins Studio kam. Er erklärte noch einer Kundin, was sie mit ihrem Tattoo tun und lassen sollte. Louis konnte Harry nicht mehr als ein kurzes Lächeln als Begrüßung schicken. Er fühlte sich ein wenig schlecht deswegen.

„Hey, tut mir leid, es war voll heute." entschuldigte er sich, sobald sie allein waren.

„Alles gut." winkte Harry die Entschuldigung ab.

„Ich bin gleich auch soweit, ich muss hier nur noch ein bisschen was wegräumen. Wenn ich das einmal liegen lasse, mache ich das nie." Noch während er redete lief Louis schon in den Nebenraum, um den Rest wegzuräumen.

„Alles gut. Ich habs nicht eilig" antwortete Harry erneut und lief ihm hinterher.

„Machst du auch Piercings?" Fragte Harry, nachdem er Louis einige Zeit nur beim rennen durch das Zimmer beobachtet hatte.

„Ja, Liam mehr als sich, aber ich auch."

„Wer ist Liam?" Fragte Harry neugierig

„Ihm gehört das Studio mit mir. Er war gestern auch da, groß und guckt wahrscheinlich unfreundlich."

„Hab ihn nicht gesehen."

„Er ist nett, du würdest ihn bestimmt mögen."

„Wieso guckt er dann unfreundlich?" fragte Harry spaßeshalber nach.

„Er brauch immer ein bisschen um mit den meisten warm zu werden." erklärte Louis vage. Die näheren Gründe dafür brauchte Harry nicht zu wissen. „Wieso hast du das mit dem piercen gefragt?"

„Ich will mir schon länger nen Ohrring stechen lassen."

„Echt?" fragte Louis begeistert nach und unterbricht kurz sein aufräumen. Harry nickte. Louis konnte es sich nicht nehmen sich kurz vorzustellen, wie Harry mit einem Ohrring aussehen würde.

„Wenn ich dir nen Tipp geben darf, lass es dir wirklich irgendwo stechen und nicht schießen, das ist besser." erklärte Louis und konnte nicht vermeiden in den Ton zu verfallen, mit dem er jedem die Formalitäten über Piercings und Tattoos erklärte.

„Würdest du?" fragte Harry vorsichtig nach.

„Klar." antwortete Louis, während er den letzten Lappen in hohem Bogen in den Müll warf. Louis verbeugte ich nach dem Kunststück dramatisch. Harry applaudierte höflich. „Wann kannst du?"

„Wann kannst du? Ich arbeite weniger als du."

„Samstag, um fünf?"

„Ihr habt um fünf schon zu, Louis." erinnerte Harry ihn.

„Ich weiß, aber ansonsten krieg ich dich vor Weihnachten nicht mehr dazwischen. Dauert ja nicht lange. Wenn's für dich okay ist, natürlich."

„Klar, Danke." Harry lächelte Louis herzlich zu und Louis widerstand tapfer dem Drang sein Grübchen anzustarren.

„Es ist mir eine Ehre." antwortete Louis überschwänglich. „Und jetzt-" Louis ging hinter seinen Schreibtisch und holte so viele kleine Plastikbecher nach vorne, wie er tragen konnte. „Such dir eine Sorte aus. Das Menü bietet alles, von einer bis fünf Chilis bei der Schärfe und so viel Salz, das deine Nieren mehr Gehalt verlangen werden." Louis reihte die Fünf-Minuten-Terrinen vor ihm auf. „Wir haben von Bolognese bis Curry alle Nudelsoßen parat."

Harry schmunzelte und betrachtete das aufgereihte Essen betont kritisch, als wäre irgendeines davon genießbarer als das andere.

„Lass dir ruhig Zeit bei der Auswahl, ich kann schonmal das Wasser kochen." bot Louis an.

„Ich hab's schon. Ich nehm die Käsesoße mit Brokkoli." Harry zeigte auf die entsprechende Packung. Louis hofft Harry erwartete nicht einen allzu großen Gemüseanteil. Normalerweise entsprach der Brokkoli eher einem grünen Pulver.

„Exzellente Wahl. Wird sofort serviert. Setz dich schon mal an dem Tisch." Während Louis sich selbst eine Portion Bolognese nahm und anfing das Wasser zu kochen, lies Harry sich schon an den kleinen Tisch mit den zwei Stühlen fallen, den sie vorne rumstehen hatten.

——

„Du hast es geschafft, Soße in mein Auge zu kriegen." klagte Harry lachend und wischte sich das tränende Auge.

„'Tschuldigung." lachte Louis und wischte auch sich Nudelsoße von der Wange. Sein Versuch, die Nudeln nicht einzudrehen sondern zu schlürfen war nach hinten losgegangen. Als Harry sich eine Gabel seiner gedrehten Nudeln in den Mund steckte und die Nudeln zwischen seinen Zähnen knackten, musste Louis wieder lachen.

„Knusprig." Kommentierte Louis.

„So hat man's doch am liebsten, nicht."

„Ich würd mich ja entschuldigen, aber ich hab dich gewarnt."

„Es hat aber was. Knusprige Nudeln ist man schließlich nicht alle Tage."

„Schon war. Eine neue Delikatesse."

„Al dente in der Extremform." Mit den Worten schob Harry sich eine weitere Gaben knusprige Nudeln in den Mund. Sie knackten weniger, das Wasser musste langsam tatsächlich seinen Job getan haben.

„Wie ist die Brokkoli-Beilage?" erkundigte Louis sich formell.

„Dezent." umschrieb Harry die Tatsache, dass man den Brokkoli mit einer Lupe hätte suchen müssen. Louis lachte wieder und Harry fragte weiter.

„Hast du eigentlich noch mehr als das da?" Louis brauchte einen Moment um zu verstehen, das Harry auf seine Tattoos hinauswollte.

„Klar." Er rollte seine Ärmel hoch, um die schwarze Tinte an seinen Armen zu offenbaren. „Ich hab hier einige und-" Louis kämpfte mit dem Kragen seines Oberteils, um Harry die Schrift auf seiner Brust zeigen zu können. Er hatte wenig Erfolg. „-hier noch ein paar und noch auf dem Oberarm und am Bein und so." Louis musste über Harrys faszinierten Gesicht lachen.

„Hast du auch welche?"

Harry schüttelte den Kopf. „Ich hätte gern welche, ich hab mich aber nie getraut."

„Vielleicht können wir das neben dem Ohrring auch noch einrichten."

„Vielleicht." Wich Harry aus. Louis lachte wieder, diesmal leichter um nicht zu wirken, als würde er sich über Harry lustig machen und schob sich eine weitere Gabel Nudeln in den Mund.

Sie waren kurz leise und nur das Ticken der Uhr, die fernen Unterhaltungen von Menschen draußen in der Gasse und das kratzen ihrer Gabeln über die Plastikbecher auf der Suche nach Nudeln in der Soße war zu hören.

„Hier drinnen sieht es nicht wirklich Weihnachtlich aus." Beschwerte Harry sich irgendwann halbherzig als er schon aufgegessen hatte und Louis noch mit seinen Spagetti zu kämpfen hatte.

„Weihnachten ist nicht so meins." antwortete Louis nur. Harry sah ihn geschockt an.

„Wieso?"

„Ich hab am 24. Geburtstag." Louis entschied sich für die harmlosere Erklärung. „Überall anders steht Weihnachten schon im Vordergrund, da muss das nicht hier auch noch sein."

„Okay, verstehe ich. Feierst du trotzdem?" Harry fing wieder an mit der Gabel in seiner Nudelsoße zu rühren, während er fragte. Louis wollte die Frage gerade bejahen, als das Glöckchen über ihrer Tür ihn unterbrach um ihm anzuzeigen, dass jemand reinkam.

Liam blieb einen Moment in der offenen Tür stehen und musterte Harry, wie er gegenüber von Louis am Tisch saß. Er sah kurz aus, als würde er etwas sagen wollen und Louis flehte ihn mit Blicken an, es nicht zu tun. Dann wendete er sich von ihnen ab und ging wieder.

„Das muss dann wohl Liam gewesen sein." Scherzte Harry, obwohl offensichtlich war, dass Liams Auftreten ihn verwirrt hatte. Er sah kurz aus als würde er Louis noch darauf ansprechen wollen, aber er blieb ruhig. Stattdessen sah er auf den Punkt, an dem Liam verschwunden war.

11 12

Sobald Louis hörte wie die Tür hinter Liams letzten Kunden zuschlug, sammelte er noch mal alle Worte in seinem Kopf, die er sich in den letzten Stunden zurecht gelegt hatte. Er hatte sich vorgenommen mit Liam zu reden. Er war nie sonderlich gut in so etwas gewesen. Er hasste Konfrontationen nicht per se, aber er hasste es sich mit seinen Freunden zu streiten und er hoffte, dass er gerade das wurde verhindern können. Wenn Liam aber weiterhin rumlief als wäre er beleidigt, dass Louis, was Harry angeht, nicht auf ihn gehört hatte, dann wusste er nicht wie lange er noch an sich halten konnte.

Louis hatte schon geplant, was er tun würde. Er wollte Liam nichts vorwerfen, aber er würde ihm sagen, dass Liam sein Verhalten gegenüber Harry vielleicht noch einmal überdenken sollte. Er kam sich ein bisschen albern vor, bei der Art wie er geplant hatte um Liams Gefühle herum zu schleichen, weil er sonst nicht der Typ dafür war. Aber Auseinandersetzungen gingen bei ihnen beiden zu häufig nach hinten los und Louis wollte es nicht riskieren Liam in dieser Zeit als Freund zu verlieren.

Als Louis hörte wie Liam vor der Tür entlanglief machte er sich mental auf das kommende bereit und rief seinen Namen.

„Ja?" antwortete Liam und kam rein. Er sah besorgt aus.

„Können wir reden?" fragte Louis vorsichtig. Liam nickte bereitwillig und setzte sich vor Louis auf die Liege. Louis lies sich auf den rollenden Stuhl hinter ihm fallen und verknotete seine Hände. Er hatte keine Lust auf das was kommen würde.

„Gehts um Harry? Hat er dir weh getan?" Liam sah besorgt zu Louis und Louis sah verwirrt zurück.

„Was, Liam, nein? Was denkst du denn? Mir gehts gut und Harry hat nichts gemacht, du bist im Moment mein Problem." 

„Was?"

„Du hast nie ein Wort mit ihm gewechselt und versucht trotzdem ständig, mich vor ihm zu beschützen. Ist okay, wenn du ihm nicht vertraust, aber vertrau doch mir. Ich weiß, was ich tue."

„Tust du das? Soll ich dir eine Liste der falschen Entscheidungen und falschen Personen geben, mit denen du dich in den letzten Jahren beschäftigt hast oder kriegst du das alleine hin? Ich versuche nur, dich zu beschützen. Dir gehts gerade Scheiße genug."

„Aber es wird besser und weißt du, wessen verdienst das ist? Harrys und nicht deiner, also halt dich gefälligst aus meinem Zeug raus und hör auf meine Freunde zu vergraulen." Das war nicht gelaufen, wie Louis es geplant hatte.

„Okay, wie du willst. Dann hol mich aber nicht zum zusammenpuzzeln der Bruchstücke, wenn dich das nächste Mal jemand fallen lässt. Harry kann das dann ja übernehmen." Liam sah Louis noch einmal verletzt an bevor er ging und obwohl Louis die Taktik mit dem vernichtenden Blick von seinen Geschwistern kannte, tat es weh.

Etwas war schief gelaufen und Louis wusste nicht, an welcher Stelle. Er wusste auch nicht, wo er anfangen sollte es wieder in Ordnung zu bringen.

Louis war kalt und er zog seine Beine, obwohl er Schuhe trug, zu sich auf den Stuhl und legte sein Gesicht darauf. Er sah zur Tür, die nachdem Liam gegangen war langsam wieder aufschwang und den Blick auf einen weiteren, leeren kahlen Raum freigab.

12 12

„Du siehst müde aus." In Harrys Stimme schwang eine Mischung aus Besorgnis und sanfter Zuneigung. Louis wollte eine Umarmung. Er fühlte die Wahrheit von Harrys Worten in jedem seine Knochen.

„Bin ich auch." er antwortete leise und merkte selbst, wie leer und erschöpft seine eigene Stimme klang.

„Ist was passiert?"

„Streit mit Liam. Ist auch sonst nicht so mein Jahr." antwortete Louis knapp und lächelte bitter. Er konnte sehen, wie Harry kurz überlegte, ob er nach dem Grund dafür fragen sollte und Louis war dankbar, als er schwieg.

„Steht das morgen trotzdem noch oder willst du es dann lieber verschieben?"

„Das steht, keine Sorge." Bei dem Gedanken an morgen entstand auf Louis Gesicht ein echtes lächeln.

„Sehr gut. Mein Chef beobachtet mich wegen der Schokolade jetzt übriges mit Adleraugen, ob ich die auch nur an potentielle Kunden verteile."

„Seh ich etwa nicht mehr so aus, als würde ich mich für Murmelbahnen interessieren?" fragte Louis geschockt nach.

„Ich hab auch keine Ahnung, was der hat. Wobei ich dich eher für den Holzauto-typen gehalten hätte."

„Die wären meinem Hund zum Opfer gefallen."

„Du hast einen Hund?" fragte Harry interessiert weiter. Louis schüttelte den Kopf.

„Hatte. Als ich noch bei meinen Eltern gewohnt habe."

„Wieso jetzt nicht mehr?"

„Keine Zeit. Und vermutlich auch kein Geld. Irgendwann hole ich mir nen Hund, aber erst wenn ich in einem großen Haus wohne, direkt am See."

„Du überraschst mich. Ich hätte dich eher für einen Großstadtmenschen gehalten."

„Tja, Murmelbahn und Seeblick, anstatt ein-Zimmer-Wohnung und Holzauto. Leider brauchen die auf dem Land so wenig Tattoowierer und an einsamen Seen ist das Jobangebot erst recht spärlich." Louis steckte sich die frierenden Hände in die Jackentaschen, weil er seine Handschuhe vergessen hatte.

„Stimmt, das bringt das einsam irgendwie mit sich, oder?" Spann Harry belustigt Louis' Gedanken weiter.

„Ich bin aber eigentlich gern hier. Man will nur immer das, was man gerade nicht hat, nicht wahr?"

„Stimmt schon."

„Jesus Christ, das war ein Stimmungswechsel." schnaubte Louis und Harry lachte.

„Bis morgen dann." meinte Harry als keiner mehr wusste, was er sagen sollte und streckte seine Hand zu Louis aus. Louis sah kurz verwirrt auf Harrys ausgestreckte Hand und nahm sie.

Mit einem Grinsen spürte Louis das Stück Schokolade, dass Harry ihm während des merkwürdigen Händeschüttelns zuschob.

„Raffiniert." sagte Louis leise, als bestünde die Möglichkeit, dass Harrys Chef sie von drinnen hören würde. Harry deutete eine kleine Verbeugung an und Louis schnaubte.

„Bis morgen, Spinner."

„Bis morgen."

13 12

Louis hatte wohl noch keinen Tag so viel auf die Uhr geguckt wie diesen und angespannt darauf gewartet, wann der Zeiger endlich der fünf näher kommen würde.

Louis war weiterhin froh den Tag gewählt zu haben, an dem Liam nicht da war. Sie waren sich gestern ausgewichen und hatten kein Wort geredet. Der Streit hing über ihnen wie die dicken Regenwolken über der Stadt und Louis wusste, dass es seine Schuld war und wusste trotzdem nicht, wie er es wieder gut machen könnte. Wobei er es eigentlich schon wusste und nur zu stolz war, in Erwägung zu ziehen, sich zu entschuldigen.

Das waren alles Dinge, mit denen er sich wann anders beschäftigen würde.

Einfach nur um nicht zu aufgeregt und gruselig zu wirken hielt Louis sich bis zehn vor fünf davon ab irgendwann vorzubereiten und stresste sich dann unnötig, um alles da und desinfiziert zu haben.

Louis sollte sich eigentlich daran gewöhnt haben Harry ohne sein Kostüm zu sehen und trotzdem kam es ihm vor als würde etwas fehlen, als er ohne grüne Mütze im Studio stand. Harry hatte sich auch vorbereitet und die Hälfte seiner Haare hinter seinem Kopf in einem kleinen Dutt gebunden. Nur ein paar einzelne Strähnen waren herausgefallen und umrahmten sein Gesicht auf eine subtile Art.

Auch waren Louis nie die vielen Ringe aufgefallen, die Harry an seiner Hand trug und immer wieder nervös drehte, sobald sie sich begrüßt hatten, Harry auf dem Stuhl saß und Louis begann alles vorzubereiten und hinzulegen.

„Alles in Ordnung?" fragte Louis besorgt und fürchtete, das Harry es sich anders überlegt hatte.

„Ich habs nicht so mit Nadeln." Louis konnte Harrys leiser Stimme den Stress anhören. Er wusste kurz nicht, was er sagen sollte, weil er schrecklich darin war jemanden zu beruhigen.

„Willst du das trotzdem durchziehen?"

„Jaja, ich weiß ja, worauf ich mich eingelassen habe."

„Okay." Louis hatte das Gefühl, er sollte zumindest versuchen Harry zu beruhigen, einfach weil das wohl sein Job war und weil es ihm nicht gefiel, Harry so gestresst zu sehen.

„Harry, ich mach das mehrere Male im Tag, ich treffe dein Ohr schon." Harry sah wenig beruhigt aus.

„Ich weiß, beeil dich einfach." drängte Harry und drehte seinen Ring schneller um seinen Finger.

„Sicher, dass du nicht noch eine Minute brauchst?" Harry nickte heftig.

„Je länger das hier dauert, desto schlimmer wird's."

„Okay, ich habs auch sofort. Ich muss nur noch ein paar Grundsachen klären." Er holte aus einer Schublade ein beschriebenes Blatt und ein kleines Gefäß. „Hier steht alles drauf was du wann tun und lassen sollst und das ist zum desinfizieren. Das es gereizt sein wird ist normal, sollte es sich entzünden oder sonstiges, komm einfach nochmal her. Ich mach gleich erst einmal einen normalen, gerade Stecker rein, weil das wegen der Schwellung besser ist. Wenn das abgeschwollen und einigermaßen geheilt ist kannst du dann wechseln und was anderes rein machen. Alles klar?" Harry nickte.

„Okay, dann such dir einen Stecker aus." Louis hielt Harry einige Ohrringe hin und Harry suchte sich mit zitternden Hand einen goldenen mit einer kleinen Kugel aus.

„Jesus, Harry, Hauptsache du kippst mir nicht um." Harry lachte trocken und verschränkte seine Hände wieder mit einander. „Du kannst die Augen zumachen wenn du willst, dann siehts du die Nadeln nicht." Harry nickte dankbar und schloss seine Augen. Louis sah ihn für ein paar ungestörte Sekunden an. Seine Lider zitterten und seine Lippen waren zusammengepresst. Louis konnte trotzdem nicht länger leugnen, das Harry nichts anderes als hübsch war und er nicht genau wusste, wie er mit dieser plötzlichen Offenbarung umgehen sollte.

„Ist das okay?" fragte Louis noch bevor er seinen Arm ein wenig auf Harrys Schulter stützte um selber eine ruhige Hand zu bekommen. Harry nickte. Louis war sich der Nähe zu Harry zu bewusst. Er konnte sehen wie sich seine Haare unter seinem Atem leicht bewegten.

„Ich würde dir ja anbieten meine Hand zu nehmen, aber das würde die Erfolgschancen drastisch vermindern." sagte Louis in der Hoffnung die Atmosphäre wieder zu lockern. Harry schnaubte.

„Soll ich irgendwie runterzählen oder soll ich dich einfach überraschen?" fragte Louis leise, die Nadel schon in Position.

„Überrasch mi-auha Ach du scheiße, das war gar nicht so schlimm." Louis lachte leicht und konnte an Harrys Schulter spüren, wie er ausatmete. Als Louis kurz zur Seite schielte sah er, dass Harrys Augen immer noch geschlossen waren und sein Gesicht genau auf Louis' höhe schwebte. Er sah wieder nach vorne sorgte dafür, dass der Stecker in Harrys Ohr war, was ihm ein angespanntes einatmen von Harry einbrachte.

Louis legte die Nadel weg und als er sich vorm aufrichten ein letztes Mal zu Harry drehen wollte, hatte Harry die Augen auf. Louis' Arm lag immer noch auf Harrys Schulter und ihre Gesichter schwebten Zentimeter voreinander. Louis schluckte und sein Blick huschte ohne das er es verhindern konnte zu Harrys Lippen, die er mehr zusammengepresste. Als hätte Louis nicht gewusst, worauf das hinauslaufen würde. Er sah wieder in Harrys Augen.

Einen schrecklich süßes Moment waren Harrys Lippen auf Louis'. Er war warm und seine Lippen waren rau von der trockenen Kälte draußen und trotzdem war es süß. Dann schob Louis ihn von sich weg.

Er stand auf und wischte sich hektisch über die Lippen. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals.

„Du solltest gehen." Louis' Stimme war gehetzt und er spürte in sich das Bedürfnis weit weg zu rennen.

„Was-" Harry sah verwirrte und ein bisschen verletzt aus und Louis konnte darüber gerade nicht nachdenken.

„Geh!" Louis verabscheute seine eigene Stimme und noch mehr was diese anrichtete, als Harry sich mit einem vernichteten Blick von dem Louis nicht gedacht hätte dass er dazu im Stande wäre erhob, seine Jacke griff und mit schnellen Schritten den Raum verlies. Louis starrte immer noch auf dem Fleck an dem er gesessen hatte, als er an der Glocke die Tür zugehen hörte.

14 12

Louis versank im Selbstmitleid. Er war sich dessen bewusst und hatte nicht wirklich vor was daran zu ändern. Er hatte ihn auch mies getroffen, dass konnte keiner leugnen.

Drei Leute in einem Monat in die Flucht schlagen, selbst für ihn ein neuer Rekord. So viel Scheiße musst du erst einmal bauen.

Er genoss die bitteren, sarkastischen Gedanken ein wenig, die seinen Kopf durchfluteten. Der düstere Humor lies die Tatsache wie allein er war ein bisschen weniger drastisch erscheinen. Und trotzdem konnte es ihn nicht von der Wahrheit fern halten, dass er allein Schuld an der ganzen Sache war.

Und bei einer Person war das vielleicht vergleichsweise einfach gewesen, zumindest mit der Zeit. Er hatte immer noch jemand anderen gehabt. Er hatte sogar begonnen, langsam darüber hinwegzukommen. Er hatte die Wand an der man die Umrisse der Bilder sehen konnte, überstrichen. Es sah nicht so aus wie vorher, weil die ganze weiße Wand dreckig war, bis auf einen sauberen, strahlend weißen Fleck in der Mitte wo die Bilder hingen, aber es war besser. Es war nicht ständig diese Herausforderung da sich zu erinnern, welcher schöner Moment an welcher Stelle verewigt gewesen war. Es hatte eh mit der Zeit begonnen zu verschwimmen.

Louis hatte auch wieder etwas in die Schublade gelegt. Einen einzelnen, stinkenden Socken. Ausräuchern. Vielleicht würde es funktionieren. Er hatte begonnen, dass mit Zach zu verarbeiten.

Aber er hatte sich selbst sabotiert. Ohne Liam und Harry war er verloren und er hasste dieses Gefühl. Trotzdem oder gerade deswegen weigerte er sich auch, sich mit Harry zu befassen. Was passiert war und was das bedeutete, was er wollte und wie er es wieder gut machen könnte.

Louis war überfordert und es war keiner da, der ihn wie die letzten Male wie ein Kleinkind an die Hand nehmen könnte, um ihm dadurch zu helfen.

Es war als wäre er in einer Sackgasse, aus der er einfach einen Weg rausfinden könnte, wenn er sich dazu kriegen könnte, danach zu suchen.

15 12

Louis wusste vorher, dass der Moment an dem er an Harry vorbeilaufen würde und es anders wäre als die letzten Wochen, Scheiße sein würde. Er hatte sich darauf vorbereitet, er hatte versucht es zu akzeptieren.

Er wollte nicht einmal mit Harry reden, so feige es auch war, es wollte die Konsequenzen seiner eigenen Handlung nicht wahrhaben. Er hatte das Bedürfnis die Zeit zurückzudrehen und nicht nur vor Samstag, sondern bevor er Harry überhaupt kannte, um diesen ganzen Schlamassel verhindern zu können. Um nicht schon wieder das Bedürfnis zu haben, sich zu verkriechen um dem Chaos auszuweichen. Aber er kannte all diese Gefühle und er war einigermaßen darauf vorbereitet.

Harry beugte sich gerade runter zu einem kleinen Kind und hielt ihm ein Stück Schokolade hin, als Louis an ihm vorbei lief. Er lächelte, als das Kind schüchtern die Schokolade entgegennahm und als sein Blick wie zufällig zu Louis glitt, hörte er auf.

Darauf war Louis nicht vorbereitet gewesen.

Louis hatte Harry kaum was anderes as fröhlich und mit Begeisterung in den Augen gesehen. Die Angst vor Nadeln war das einzige negative gewesen, dass er je auf Harrys Gesicht gesehen hat und selbst dann hatte er versucht es durch ein zaghaftes Lächeln zu verdrängen, wann immer Louis versucht hatte ihn zu beruhigen. Natürlich hatte Louis nie daran gezweifelt, dass auch Harry traurig sein kann, aber es erschien so falsch, Wut in seinen Augen zu sehen. Es passte nicht, das Harry dieses Gefühl so übermäßig gut auf seinem Gesicht zeigen konnte, wie er die Augenbrauen zusammenzog und den Kiefer anspannte als müsste er sich zwingen nichts zu tun als still zu stehen und seine Augen brannten.

Vielleicht noch schlimmer als das war, dass Harry verletzt wirkte. Und natürlich hatte Louis schon Leute verletzt und nie hatte ihn das ohne Reue gelassen, aber zu sehen, dass er Harry verletzt hatte lies ihn die selben Wut die Harry hatte auch auf sich zu spüren. Er war wütend auf sein Verhalten und das, welches unweigerlich noch kommen würde, weil er sich kannte und er bat sich fast selbst es nicht dazu kommen zu lassen und Harry weiter stehen zu lassen und trotzdem war es Zwecklos, weil er nicht wusste wie.

Er wollte zu Harry gehen und sich entschuldigen und was es sonst noch alles nötig hatte und trotzdem tat er es nicht. Es hing nicht vom wollen, sondern vom können ab und es war wie ein Reflex.

Er wusste nicht einmal, wieso es so war. Nie hatte jemand sein Herz so drastisch gebrochen, dass er dachte niemandem mehr vertrauen zu können. Vielleicht waren zwei Wochen einfach eine zu kurze Zeit für sie und ein Monat war nicht lang genug, um nach Zach Platz für etwas anderes zu machen. Vielleicht war sein Herz nicht gebrochen und musste sich trotzdem erholen und deswegen ging Louis weiter.

Aber es machte keinen Sinn, denn Harry hatte schon Platz eingenommen und Louis hatte es nur ignoriert. Vielleicht war er einfach nicht der Typ dafür, mit Leuten zu reden und seine Gefühle zu kennen. Vielleicht war er für dieses Chaos bestimmt und irgendwann würde er es loswerden, aber jetzt noch nicht. Vielleicht versuchte er auch nicht genug.

Vielleicht wollte er auch einfach nur Ruhe. Er wollte keine Unsicherheit und Gefühle waren immer unsicher, das wusste er inzwischen. Er brauchte eine Pause, nur eine kurze Zeit der Stille, in der sein Herz nicht wieder nach dem nächsten schlug. Vermutlich war es das, aber er hatte ja keine Wahl gehabt. Er wollte einen Verantwortlichen und fand keinen.

Louis wandte sich von Harry ab, ehe er ihn ihn noch mehr Selbstzweifel und Verwirrung stoßen konnte und Harry drehte sich wieder zu dem kleinen Kind, das sich mit einem schüchternen Winken verabschiedete. Harry winkte zurück und wirkte nicht bei der Sache. Louis wusste das, weil er sich dann doch nicht abgewandt hatte und wegging, während er Harry ansah, der ihn nicht mehr ansah.

Den Rest seines Tages konnte Louis nun damit verbringen, von Liam ignoriert zu werden. Es war langweilig.

16 12

Es schneite endlich. Das war das einzig interessante, was Louis über den nächsten Tag sagen konnte. Harry und Liam hatten ihn keines Blickes gewürdigt und die Schuld hatte als nerviges Brennen in seiner Brust gesessen und ihn jede Minute daran erinnert, dass er doch nichts versuchte an allem zu ändern.

Der Schnee war schön gewesen. Der größte Teil war heimlich in der Nacht gefallen und hatte am Morgen alles dumpf klingen lassen. Es war seltsam friedlich gewesen, als die kleinen Flocken alle Geräusche ferngehalten hatten. Er mochte, wie es seine bekannte Welt zu einer ganz anderen machte und alles neu war.

Als er zum Studio gegangen waren, schneite es nur in winzig kleinen, eisigen und staubkorngroßen Flocken. Es war kaum zu sehen gewesen, außer unter den Lichtern der Läden und alten Laternen. Das winzige Eis hatte das Licht reflektiert und es klang so kitschig wie es war, wenn Louis sagen würde, dass es aussah wie winziger Glitzer, der durch die Luft nach unten flog.

Er verfing sich in winzigen Tropfen in Harrys Haaren und brachte auch sie zum glitzern. Louis hasste den Winter in diesem Moment, weil er zu schön war um allein verbracht zu werden.

17 12

Der Schnee schmolz und blieb als Pfütze oder hartnäckiger, brauner Matsch zurück, der sich weigerte ganz flüssig zu werden. Matsch, der Louis' Schnürsenkel durchtränkte wie am ersten Tag und mehr und mehr der Schrift wegwusch.

Auch zu diesem Tag lies sich einfach nicht mehr sagen. Louis hatte jemanden tattoowiert, der dabei eingeschlafen war. Liam hatte mit ihm kein Wort gewechselt und Harry tat es ihm gleich.

18 12

Es schneite wieder ein wenig. Es schmolz wieder und Nachmittags regnete es, bis alles unter Wasser stand und Louis mit nassen Socken zu Hause ankam.

19 12

Louis hatte kurz versucht mit Liam zu reden, weil die Stille mittlerweile mehr schmerzte als jedes Geschrei und er das Gefühl hatte, von allem erdrückt zu werden. Sein Leben war stickig.

Liam hatte Louis mit der Erklärung abgewimmelt, dass er arbeiten müsste und keine Zeit hatte. Es war eine offensichtliche Lüge, weil Louis extra gewartet hatte, bis Liam nicht mehr arbeitete. Anscheinend war das Ganze Liam nicht einmal mehr so viel Wert, dass er sich eine vernünftige Lüge ausdenken könnte.

Konnte Louis es ihm überhaupt übel nehmen? Louis hatte nicht einmal versucht sich zu entschuldigen. Jeder der letzten Tage hatte ihm mehr und mehr klar gemacht, was für ein Feigling er eigentlich war. Er hatte Angst was passieren würde, wenn er sich entschuldigte und Liam ihm trotzdem nicht verzieh. Was sollte er dann noch groß tun? Lieber war er sich bewusst, noch etwas tun zu können.

Er wollte eine Pause.

20 12

Louis hatte ernsthaft in Erwägung gezogen, entgegen seiner neuen Gewohnheit am Samstag zu Hause zu bleiben. Das recht dazu hatte er und das Bedürfnis nach Abstand dazu.

Aber er hatte sogar Liams erzwungene Stille lieber als die erdrückende Leere in seiner Wohnung.

Als Louis Harrys Stimme im Studio hörte, bereute er diese Entscheidung augenblicklich. Er konnte hören, wie Harry Liam fragte, wo er sei. Entgegen Louis' Hoffnung gab Liam ihm die richtige Antwort. Louis hatte wenige Sekunden Zeit um so zu tun als wäre er beschäftigt, um nicht so zu wirken als hätte er gelauscht und um es im Zweifelsfall als Entschuldigung zu nutzen, um dem Gespräch zu entfliehen.

Harry klopfte an die Tür. Louis hatte seine Fingerknöchel schon kurz davor auf dem Holz der Tür ruhen hören, als hätte Harry noch kurz gezweifelt, ob er das durchziehen soll. Sein Klopfen war schnell und trotzdem leise, Louis wusste nicht, ob es unsicher oder hektisch klang.

„Ja?" Louis' Stimme klang gedrückt. Er wusste nicht, ob er überrascht tun sollte, als Harry in der Tür stand.

„Können wir reden?" fragte Harry zaghaft.

„Was gibt's?" Louis fühlte sich hilflos. Er hatte das Bedürfnis zu gehen, aber Harrys Blick lies ihn bleiben. Harry sah bei der Frage kurz verunsichert aus.

„Uhm, das offensichtliche, denke ich." Harry schien kurz zu warten, ob Louis noch was sagen würde. Als er es nicht tat, redete er von allein weiter. „Ich fände es nur schon, wenn du aufhören würdest mich zu ignorieren. Du hast nichts gesagt, seit Samstag."

„Du doch auch nicht."

„Du hast mich recht deutlich rausgeschickt." widersprach Harry scharf. Louis sah nach unten. Harry hatte nicht unrecht. „Ich dachte, irgendwann kommst du schon, aber- Kannst du nicht einfach mit mir reden? Ich weiß, dass es dir wegen irgendwas schon die ganze Zeit scheiße ging, das ist ziemlich offensichtlich. Wenn du Ruhe willst oder was auch immer, okay, gerne, aber rede mit mir und sag mir wieso. Wenn du so tun willst als hätte es den Kuss nie gegeben, gut, aber tu nicht so, als wärst du unbeteiligt gewesen. Der Kuss ist nicht allein von mir ausgegangen, auch wenn du dir das vielleicht so einredest." Harry sah Louis suchend nach einer Wirkung seiner Worte an. Louis sah von Harry weg auf den Boden, krallte die Nägel in seine Handballen, lehnte sich weit gegen das Regal, das hinter ihm stand und sagte nicht. Er wusste nicht was er antworten sollte, wusste nicht, was Harry von ihm hören wollte, weil er recht hatte und Louis nicht wusste was er tun konnte, um das weniger gruselig für ihn zu machen.

Er wollte nicht so tun als hätte es den Kuss nicht gegeben. Er wollte, dass es nie passiert war und sie ihn dann hätten haben können, wenn es die richtige Zeit gewesen wäre. Louis wollte Harry das sagen, aber er hatte zu lange geschwiegen.

Harry sah ihn enttäuscht an.

„Dann guck jetzt halt selber, wo du bleibst. Und halt dich dabei von mir fern." Harry sagte die letzten Worte mit solchem Nachdruck, dass Louis alle Worte, die ihm auf der Zunge lagen, wieder herunter schluckte. Einen Augenblick blieb Harry noch stehen, als hätte er eine kleine letzte Hoffnung, das Louis etwas sagen würde. Dann drehte er sich um, mit einem Atemzug der die Endgültigkeit der Situation darlegte.

Louis sah hoch als er die Tür zuschlug. Es war vorbei. Er hatte ein bitteres déjà-vu, vom Anfang des letzten Monats, wo die letzte Person wegen ihm gegangen war, die ihm etwas bedeutet hatte.

Jetzt war es fast noch endgültiger, weil er nicht einmal wusste, wo er Harry finden könnte. Ihm wurde bewusst, wie wenig sie eigentlich von einander wussten. Und nach Weihnachten würde Harry nicht mehr vor dem Laden stehen und er würde verschwunden sein, ohne eine Chance für Louis ihn je wieder zu sehen. Vielleicht würde Louis ihm ja irgendwann einmal in der Bahn begegnen und ihm würde wieder bewusst werden, was nicht funktioniert hatte.

Jetzt wurde er Selbstmitleidig.

Louis sah eilig hoch, als er die Tür wieder öffnen hörte. Es war Liam, nicht Harry und Sorge zeichnete sein Gesicht.

„Was ist passiert?" Louis brauchte eine Sekunde um zu antworten, da Liam nicht entgegen seiner Erwartung wieder gegangener war. „Harry ist wieder gegangen, er sah nicht gerade zufrieden aus." Louis schnaubte bitter.

Liam ging auf ihn zu, als er keine Antwort bekam. Louis sah ihm dabei zu und es tat so gut, einmal keine Wut oder Verachtung in seinen Augen zu sehen.

„Es tut mit leid." sagte Louis leise und hoffte, dass es für den Moment ausreichte, weil er nicht wusste, was er erklären konnte.

Liam sah ihn mit einem kleinen, fast zaghaften Lächeln an und umarmte Louis. Liam gab schon immer toll Umarmungen und Louis wusste er dann, wie sehr er sie gebraucht hatte. So, wie man manchmal erst merkt wie sehr man friert, wenn man vor einem Kamin sitzt.

Louis drückte sein Gesicht in Liams Schulter und Liam stricht ihm über den Rücken. Louis wollte nicht heulen, er heulte immer bei Umarmungen und er wollte nicht zulassen zu fühlen, wie sehr es wehgetan hatte, dass Harry gegangen war und noch schlimmer, dass Louis nicht wusste, wie er es verhindern soll.

Liam umarmte Louis so lange, bis er kaum noch Luft bekam und es tat so gut.

21 12

Und jetzt? Willst du es einfach dabei belassen?" Rief Liam von Louis' Couch aus, während Louis im Schrank am anderen Ende des Wohnzimmers nach einem Glass suchte.

„Er hat doch gesagt, ich soll ihn in Ruhe lassen." erwiderte Louis zum wiederholten Mal.

„Und du meinst, er meinte das wirklich so?" fragte Liam belustigt, als wäre das ein abwegiger Gedanke.

„Ja? Ich respektiere die Grenzen von anderen."

„Du hast Angst."

„Hab ich nicht."

„Was ist es dann?"

„Könne wir das Thema wechseln? Das zieht mich so runter." Louis wusste, dass er auswich und er wusste auch, dass Liam das ebenfalls wusste. Trotzdem lies Liam es still zu. Schwungvoll stellte Louis die beiden Gläser auf den Tisch.

„Alkohol löst deine Probleme auch nicht." versuchte Liam ihn zu belehren.

„Wasser auch nicht. Außerdem ist es nur Wein. Ich will zumindest kurz so tun, als hätte ich in meinem Leben etwas erreicht." Liam schüttelte den Kopf. Wieder wusste Louis, das Liam wusste, dass das seine Art war damit umzugehen, dass es ihm Scheiße ging.

22 12

Louis ging einen Umweg. Er stapfte freiwillig zehn Minuten länger durch matschige Pfützen, in denen sich die Lichter vom kommenden Weihnachten spiegelten, nur um von der anderen Seite in die kleine Gasse laufen zu können. Nur, um nicht an Harry vorbei gehen zu müssen. Harry würde ihn trotzdem sehen, aber Louis würde vielleicht nicht so tun müssen, als würde er Harry nicht sehen.

Er musste auch nicht mit dem Gedanken konfrontiert werden, dass Harry noch zwei Tage dort stehen würde.

Er sah nicht zu Harry, er joggte fast bis er an der Tür ankam und sie hinter sich schließen konnte, bis die aufgewärmte Luft ihn empfing und er nicht mehr Harrys Augen auf seinem Rücken brennen spüren konnte.

23 12

Es war fast wie am Anfang, als Louis vom kleinen Schreibtisch aus nach draußen sah und Harry vor dem Laden stehen sah, überteuerte, schrille Spielzeuge im Schaufenster hinter ihm aufgereiht und die Arme als Schutz vor der Kälte vor der Brust verschränkt.

Seine Haare wirkten leicht feucht vom Regen und kräuselten sich auf seinen Schultern. Hin und wieder bot er einem vorbei laufenden Kind eine Süßigkeit an, mit einem krummen Lächeln auf den Lippen und Louis mochte, wie die Haut um seine Augen sich dabei verzog.

Louis fragte sich, wieso Harry ihm das Stück Schokolade angeboten hatte. In der ganzen Zeit, die Louis Harry beim austeilen der kleinen Süßigkeiten gesehen hat, war er der einzige über fünfzehn gewesen, dem Harry etwas gegeben hatte. Gegen die Anweisung seinen Chefs und Louis fragte sich, wieso.

Hatte er so niedergeschlagen ausgesehen, am ersten Dezembermorgen und Harry hatte ihn aufheitern wollen? Geschafft hatte er es, dachte Louis, als er sich zurück erinnerte an die darauf folgenden Morgen und wie es ihm tatsächlich bessere Laune bereitet hatte.

Louis vermisste es, offensichtlich. Er wollte wissen, was gewesen wäre, wenn sein Kopf nicht noch zu sehr mit Zach beschäftigt gewesen wäre um das mit Harry zuzulassen. Das Schicksal hatte ein schreckliches Timing.

Er wollte morgens wieder am Café anhalten und zwei Kaffee holen und sich danach mit Harry Unterhalten, bis er vielleicht zum Mittagessen ins Studio kommen würde. Aber nicht nur das, er wollte eigentlich mehr als nur das, was sie vorher begabt hatten. Louis wusste, dass Harry ihn für Weihnachten begeistern hätte, wären sie zusammen auf einen Weihnachtsmarkt oder Eislaufen gegangen. Louis hätte sogar mit Harry Kekse gebacken, obwohl er noch ein Kindheitstrauma von einem Wochenende über der Kloschüssel hat, nachdem er den ganzen Keksteig roh gegessen hatte. Ein schreckliches Erlebnis.

Aber gleichzeitig kam ihm dabei Zach in den Kopf, der Louis immer überreden wollte mit ihm auf einen Weihnachtsmarkt zu gehen und Louis war einmal mitgegangen. Es hatte Spaß gemacht, aber Louis wollte es nicht zugeben.

Und das war das Problem, dass er Zach noch nicht verkraftet hatte und deswegen nichts mit Harry würde tun können, ohne das Zach in seinen Gedanken zu präsent war. Es war ein scheiß Timing.

Aber er hatte Harry vergrault und morgen würde sein letzter Tag als Wichtel sein.

24 12

Heiligabend lag schon am Morgen in der Luft und Louis konnte es nicht leugnen. Es roch nicht nach Zimt und es kam kaltes Wasser vom Himmel anstatt Schnee und eine Kutsche mit Rentieren hatte er am Himmel erst recht nicht entdeckt und trotzdem lag es in der Luft.

Es war vermutlich nur Einbildung, weil Louis seit Jahren einen Monat lang strickt auf diesen einen Tag konditioniert wird und er gar nicht anders kann, als aufgeregt zu sein.

Sein Geburtstag gab sicher auch seinen Teil zur Aufregung bei, aber er war mittlerweile aus dem Alter raus, in dem er die Nacht vor seinem Geburtstag vor lauter Aufregung nicht schlafen kann. Er freute sich, weil Lottie kommen würde und er auch gegen Geschenke nichts einzuwenden hatte, aber Weihnachten hatte noch einen anderen Beigeschmack.

Vielleicht war ja wirklich jeder freundlicher, auch wenn Louis das bei den hektisch rennenden Menschen, die noch kurz vor knapp alles kaufen wollte, bezweifelte. Einmal wurde er den Morgen fast von einem Auto erwischt und mindestens fünf hatten ihn in der Stadt im vorbeigehen angemeckert.

Und trotzdem lag Weihnachten in der Luft und Louis konnte nicht sagen, woran es lag. Vielleicht stieg ihm Weihnachten mittlerweile auch einfach zu Kopf und alles war so wie immer, aber er genoss dein Gedanken, dass etwas besonders war.

Louis ging wieder den Umweg und er versuchte nicht daran zu denken, dass es der letzte Tag war. Trotzdem blieb er kurz stehen, nur eine Sekunde um Harry im Kostüm vorm Laden anzusehen und den süßen Gedanken an das zu halten, was hätte sein können. Harry guckte in Louis' Richtung und Louis drehte sich weg und ging ins Studio.

Liam begrüßte ihn mit einem schiefen Happy Birthday und zwei Geschenken, eins für Weihnachten und eins für den Geburtstag. Louis gab ihm seins und sie versprachen sie erst am Abend auszupacken, obwohl beide wussten, dass sie sich nicht daran halten würden.

Es war ein ruhiger Tag, weil sich kaum jemand an Weihnachten in ihr Studio kommen würde und Louis verfluchte das, weil es ihm Zeit zum denken gab. Er wollte es nicht zugeben, aber er sah ständig auf die Uhr, eine Art Selbstfolter, und beobachtete wie der Zeiger der zwölf näher rückte.

Um Punkt zwölf klingelte es an der Tür. Louis sprang auf, wegen einer Hoffnung die er nicht zugeben wollte und ging zur Tür. Enttäuscht konnte er schon durch die Glastür sehen, dass keiner davor stand. Ein Klingelstreich an Weihnachten, auch nett.

Trotzdem öffnete Louis die Tür, nur falls vielleicht versteckt doch noch jemand dort stand. Er konnte nicht mehr leugnen, dass er auf Harry hoffte. Er sah weit und breit niemanden, außer gehetzte Menschen. Aber vor seinen Füßen stand eine kleine Tüte.

Louis nahm sie hoch und schloss die Tür schnell wieder, ehe die Kälte von draußen nach drinnen kriechen würde.

„Wer war da?" fragt Liam. Louis antwortete nicht, sondern öffnete die kleine Tüte. Darin war ein Rentier aus Schokolade, ein deutlich größeres und mit einer roten Nase. Mit Edding war auf die Folie „Happy Birthday" geschrieben. Louis sah es einen Moments fassungslos an.

„Harry."

„Was?"

„Harry hat das vor die Tür gestellt."

„Bist du sicher?"

„Ja!"

„Dann..." Liam deutete auf die Tür, in der offensichtlichen Aufforderung, nach draußen zu gehen.

„Aber er hat doch gesagt-"

„Verarsch dich nicht selber. Wenn er wirklich nichts mehr von dir wissen wollen würde, wäre er einfach so gegangen."

„Meinst du wirklich?"

„Ja!"

„Aber das hier ändert ja nichts an der Tatsache, dass es nicht die richtige Zeit ist."

„Erkläre es doch wenigstens. Wenn du ihm jetzt nicht nachgehst, ist er weg und du weißt nie, ob es hätte klappen können. Lass ihn nur nicht einfach gehen, ohne die Chance, das vielleicht irgendwann der richtige Zeitpunkt wäre." Louis nickte.

„Okay, dann... bis nachher." Unterdrückte Belustigung spielte um Liams Mundwinkel, als Louis ihm die die kleine Tüte in die Hand drückte und die Tür aufstieß.

Draußen liefen noch mehr Menschen als am Morgen und Louis' Hoffnung, Harry noch zu finden, sank. Er rannte einfach nach links los, drängte sich durch Menschen und die eiskalte Luft fraß sich langsam durch sein Oberteil und lies seine Haut brennen. Er hätte an eine Jacke denken sollen.

Je weiter Louis in die eine Richtung rannte, desto verzweifelter wurde er. Er konnte gar nicht in jede einzelne Gasse gucken, in die Harry gegangen sein könnte, geschweige denn davon, dass Harry auch einfach in die ganz andere Richtung gegangen sein könnte.

Irgendwann drehte er um um und rannte wieder in die andere Richtung, am Studio vorbei, falls Harry diesen Weg gegangen war. Auch in diese Richtung fand er ihn nicht. Erschöpft und mit brennenden Seiten blieb er stehen und stütze seine Arme auf seine Knie. Um ihn herum redeten, riefen und drängelten zu viele Leute und vielleicht war Louis auch einfach nur an Harry vorbei gerannt und hatte ihn zwischen all dem nicht gesehen.

Er fuhr sich verzweifelt durch die Haare und hatte das Bedürfnis vor Frust zu schreien, weil er jetzt doch die Hoffnung gehabt hatte, dass alles würde funktionieren können und doch würde es das nicht, weil Louis zu lange gewartet hatte.

Er ging zurück zum Studio. Seine Hose war an den Beinen nass, weil er ohne es zu merken durch Pfützen gerannt war. Er fror und spürte seine Finger kaum noch.

Kurz bevor er da war, fiel ihm der kleine Weg fast direkt neben dem Studio auf. Harry musste da rein gegangen sein, ansonsten hätte Louis ihn doch gesehen, als er die Tür geöffnet hatte, oder nicht? Vielleicht redete er sich das auch nur ein, um nicht akzeptieren zu müssen, dass Harry tatsächlich weg war und trotzdem fing Louis wieder an zu rennen, durch die kleine Gasse, in der kaum noch Menschen waren.

Er bog um eine Ecke und fürchtete, er wäre schon wieder der falschen Spur gefolgt, als er einige Meter vor ihm Harry, mit den Händen im langen Mantel und den Haaren zu einem kleinen Dutt, laufen sah. Oder Louis hoffte zumindest, dass es Harry war und er sich nicht gleich komplett zum Affen machen würde.

„Harry!" rief Louis, weil er nicht mehr laufen konnte, aber er hatte auch bei weitem nicht genug Luft in den Lungen, um laut zu schreien. Er rief noch einmal, als er fast bei ihm angekommen war und Harry drehte sich um.

Louis viel ihm erleichtert um den Hals, als die Erleichterung ihn überwältigte und die Anspannung von ihm abfiel.

„Hi." war Harrys leise Antwort, als er ein wenig hilflos die Arme um Louis legte. Als Louis realisierte, dass die Begrüßung wohl nicht angemessen für die aktuelle Situation war, rückte er schnell ein Stück weg.

Harry lächelte subtil und auch ein bisschen distanziert, als wäre er froh Louis zu sehen und würde gleichzeitig aber noch darauf warten, das Louis endlich anfangen würde zu reden.

„Es tut mir leid." sagte Louis gehetzt es tat so gut diese Worte endlich auszusprechen. „Es tut mir leid, ich war ein Arsch und unfair und ich verspreche dir ich werde alles erklären, nur nicht hier, weil ich meine Beine vor lauter Kälte nicht mehr spüre."

Harrys lächeln wurde breiter und Louis atmete erleichtert durch.

„Okay."

„Okay."

The end

Vielleicht mach ich nächsten Jahr mal einen Adventskalender in der Art, wo ich dann jeden Tag ein Kapitel zu einem Tag in einer Geschichte veröffentliche oder so.

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Wie der Titel schon verrät, ein Fußball OS Buch (boy x boy) Viel Spaß beim lesen :))