Love
Jemanden sein Vertrauen zu gewinnen dauert Jahre, jedoch es zu verlieren dauert Sekunden. Verlieren ist leichter, allerdings es wieder zurück zu gewinnen schwerer. Denn ein gebrochenes Glas, wird nie wieder zu seiner alten Form zurückkehren, denn Narben bleiben.
Das Vertrauen zu Rowen beschrieb die Situation perfekt. Ich stand genau an der Grenze des Vertrauens. Ich wollte ihm meine Hand überreichen, jedoch zog ich sie wieder zurück. Ich traute ihm nicht.
Er beobachtete mich stumm.
Du bist kein Mistkerl. Das hast du mir bewiesen. Aber ob ich dir vertrauen ist hier die Frage. Ich weiß es selber nicht.
»Rowen Collins!«
Automatisch drückte ich meine Lippen aufeinander, als ich diese nervtötende Stimme hörte. Ich sah über Rowens Schulter hinweg und konnte Millies Silhouette in der Dunkelheit identifizieren. Sie lächelte schmierig, lehnte am Zaun, der sie von uns trennte und hatte etwas feindseliges in ihren Augen.
»Millie«, Rowen drehte sich herum und ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht mehr sehen, da er mit dem Rücken zu mir gedreht war.
»Hey Nachbar«, sie grinste über beide Ohren und fuhr sich nochmal über ihre zerzausten Haaren. Es war schwer zu erkennen, doch sie trug ein Oberteil mit Spaghettiträgern. Und sah unglaublich schön.
»Was führt dich Nachts in den Garten?«, stellte Rowen schon seine erste Frage.
Sie kicherte. »Ich hab deine Stimme gehört und dachte du wärst alleine. Aber .. du bist mit Love.« Sie sprach meinen Namen wie Abschaum aus. »Hey Love«, fügte sie noch schnell hinzu und kicherte erneut.
Ich lächelte gezwungen und hob meine Hand zur Begrüßung.
»Also Row, erzähl mir. Wie gehts dir?«
Wollte sie gerade ernsthaft einen Smalltalk führen? Genau mitten im Date? War das ihr ernst?
»Ausgezeichnet«, erwiderte er. »Und dir?«
»Genauso. Dank meinem Lieblingsnachbar«, schleimte sie dreist vor meinen Augen und konnte nicht aufhören ihre Stimme süßlich zu verstellen.
Rowen lachte. »Das freut mich, Millie.« Nach diesen Worten sah er mir dann wieder in die Augen und legte seinen Kopf schief. »Alles okay bei dir?«
Ich zog meine Augenbrauen zusammen und nickte. Das reichte ihm als Antwort, denn er erwiderte das Nicken, bis er sich wieder Millie widmete, die uns wie hypnotisiert anstarrte.
»Wie gehts eigentlich deinem Dad?«, begann sie ein neues Gesprächsthema und erlangte seine ganze Aufmerksamkeit. Einfach so stand er auf und lief rüber zu ihr. »Besser.«, sprach er. »Er ist immer noch im Krankenhaus aber er kommt morgen raus. Die Ärzte möchten ihn noch beobachten.«
»Weißt du schon woran es liegt?« Nun stand Rowen genau vor ihr und nur noch der Zaun trennte sie voneinander.
»Nein, hab keine Ahnung.«, erzählte er ihr ruhig, bemerkte nicht mal ihre eindeutigen Blicke. Sie bewunderte ihn mit glänzenden Augen und sah .. verliebt aus. Sie war das. Genauso wie die Hälfte der Schule.
Irritiert senkte ich meinen Blick und musterte mein Outfit, die Location - einfach alles. Was tat ich hier? Ich sollte doch eigentlich ein Date mit Rowen haben und er wollte mir zeigen, dass ich ihm vertrauen könne. Aber er wollte lieber mit seiner Nachbarin sprechen.
Geduldig saß ich immer noch auf dem Kissen und wartete auf ihn. Er unterhielt sich prächtig mit ihr, also zögerte ich nicht und zog mein Handy aus der Clutch. Schon bekam ich Nachrichten von meinem besten Freund.
Parker: Ey
Parker: Mir ist langweilig
Parker: Ruf mich mal an
Parker: LOVE??
Parker: Wo bist du man
Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Augenblicklich antwortete ich meinem besten Freund und amüsierte mich. Date mit Rowen, schrieb ich nur hin. Nur paar Nachrichten von ihm hatten schon meine Laune gesteigert, die vorhin wegen Millie gesunken war.
Wieder wagte ich es zu ihnen zu schauen und es erfreute mich kein Stück. Diesmal lachte Millie lauthals, legte ihre Hand auf Rowens Schulter und grinste über beide Ohren.
»Rowen?«, platzte es plötzlich aus mir. Verwundert schaute er mich an. »Kommst du, Shawty?«
Der Zorn in mir wurde nur wegen etwas ausgelöst. Wegen Millie Brewton. Ich hegte einen unnormalen Hass gegenüber ihr, den sie zum Glück erwiderte. Vielleicht war ich in dem Moment eifersüchtig, könnte gut möglich sein, aber das war mein gutes Recht. Das war unser Date?
»Shawty?«, wiederholte Rowen erstaunt. Ich nickte und verschränkte meine Arme vor der Brust. »Ja, Shawty.«, provozierte ich ihn.
Und schon zierte ein freches Grinsen sein Gesicht. »Millie«, sagte er. »Ich muss dann mal wieder. Gute Nacht.«
Ungläubig sah sie ihm hinterher, wie er wieder zu mir kam und sich genau vor mich setzte. Seine Nachbarin schnaubte laut und verschwand dann endlich, was ich nur kurz mitbekam, denn meine ganze Aufmerksamkeit lag auf ihm.
»Shawty.«, sprach er mich an und konnte sein breites Grinsen nicht verbergen. »Alles klar?«
»Ja, ich wollte dich nur erinnern, dass wir ein Date haben«, erinnerte ich ihn. »Wir.«
»Ich weiß«, bestätigte er. »Warst du etwa eifersüchtig?«, zog er seine Augenbrauen nach oben.
»Nein.«, schoss es aus mir wie aus einer Pistole.
»Du bist eifersüchtig.«, stellte er amüsiert fest. Verneinend schüttelte ich meinen Kopf. »Niemals.«
»Wir haben es ja gesehen, Shawty.«, zog er mich auf.
Ich seufzte, verdrehte meine Augen und wollte keinen Ton von mir geben. Leider übernahm das schon mein Bauch und knurrte laut. »Ups«, verließ es ungewollt meinen Mund.
Rowen kniff seine Augen zusammen, um nicht lachen zu müssen. »Dann essen wir mal was..«, er versuchte nicht zu lachen. Ich dagegen versank mal wieder im Erdboden. Oder versuchte es zumindest. Ob es klappte? Ich glaub nicht.
****
»Nun, da wären wir«, stoppte Rowen den Wagen in unserer Einfahrt. Er saß locker auf seinem Platz, hatte einen Arm aus dem Auto gestreckt und blickte mich an.
»Es war wunderschön.«, ließ ich ihn schüchtern wissen.
Nachdem mein Bauch anfing zu knurren hat er Erdbeeren, Äpfel und weiteres Obst aus dem Korb rausgeholt. Erst aßen wir das gesunde Zeug, bis wir zur Chips Packung griffen und eine Konversation nach der anderen führten.
Wir sprachen über viele Themen und waren so sehr verfallen, dass wir schon Diskussionen führten und versuchten die andere Person zu überzeugen.
Allerdings sind wir beide dickköpfig. Keiner von uns wollte nachgeben, deshalb hatten wir auch die Themen einfach geändert, damit keiner von uns recht hat.
Im Gesamten war das Date wirklich schön. Irgendwie fühlte ich mich Rowen näher, als das Geschehen sich als Missverständnis herausgestellt hatte. Ein Tick näher und mein Herz hielt sich nicht mehr zurück sich zu verlieben. Nichts hielt mich mehr davon ab.
Rowen nickte. »Du musst mir noch eine-«, sein Handy gab einen Ton von sich. »Oh, warte kurz.«
Stumm beobachtete ich ihn. Er zog sich sein Handy aus der Hosentasche und gab rasch seinen Pin ein, öffnete seine Nachrichten und hatte sehr viele Chats offen. Er drückte auf eine Gruppe namens »Five Mofuckers«. Neugierig guckte ich auf seinen Display.
Code: Wo ist SMD
Playboy: Hat 'n Date mit seiner Chick
Grand Canyon: Damn, der soll mal nudes schicken
Call of Tony: ja man, hätte so bock auf ne clean Pussx
Playboy: Hahaha, träum weiter. Du bekommst meinen Big boy
Code: Hahahahahahha
»Deine Freunde sind schlimm«, kommentierte ich deren Chat.
»Sie sind noch harmlos.«, er grinste hinterhältig. »Ich bin der Schlimmste.« Nach seiner Aussage lachte er los, als meine Gesichtszüge mir entglitten.
»Das war nur Spaß«, schüttelte er seinen Kopf und legte plötzlich seinen Arm um meine Schulter, zog mich bisschen zu sich. »Lass uns ein Bild machen.«
Ohne meine Zustimmung hob er sein Handy und hatte die Kamera schon offen. Rowen grinste und ich lächelte sanft. Er drückte auf den Button und das erste Bild war geschossen. Ich dachte wir hätten es erledigt, aber plötzlich drehte er sein Kopf genau in meine Richtung.
Und dann küsste er mich auf die Stirn. Seine weichen Lippen berührten meine Haut und eine Gänsehaut erreichte meinen ganzen Körper. Überrascht beobachtete ich ihn und merkte nicht, dass er ein weiteres Bild geschossen hatte.
»Äh«, stammelte ich unbewusst und suchte nach den passenden Wörtern, ohne Erfolg. Collins schmunzelte, drückte wieder auf das Programm und sendete unser Bild an die Gruppe. Auf dem Bild küsste er meine Stirn und darunter schrieb er noch »Das, was ihr nicht habt.«
»Wieso schickst du das?«, meckerte ich abrupt. »Ich seh voll blöd aus!« Das stimmte teilweise. Denn meine Augen waren auf ihn fokussiert. Wie ein schockiertes Schäfchen blickte ich ihn an.
»Du siehst akzeptabel aus.«
»Wie bitte?« Mein Mund stand offen.
Er nickte. »Ich seh' richtig gut aus, Shawty. Schau mal; ich seh sogar von der Seite heiß aus.«, er zoomte in das Bild, genau in sich und betrachtete sich.
Rowen wollte also spielen? Okay, kein Problem. Ich spiele gerne mit.
»Es gibt heißere.«, provokant hob ich eine Augenbraue. Meine Mundwinkel zuckten im selben Moment nach oben.
»Nenn mir einen heißeren und ich nehme meine Worte zurück«, angriffslustig schaute er mir in die Augen und seine Lippen waren zu einem charmanten Grinsen verzogen.
»Parker Brewton«, sagte ich stolz. Parker ist heiß. Eindeutig.
»Parker sieht aus wie mein linker Zeh.«, schimpfte er bissig und steckte sein Handy wieder in die Hosentasche.
»Hey!«, warnte ich ihn. »Nichts gegen meinen Freund.«
»Besten Freund. Nur dein bester Freund.«, verbesserte er mich und verdrehte seine Augen.
Sofort machte sich ein Gedanke im meinem Kopf breit. Wieso musste er das Wort betonen?
»Freund geht auch klar.«, korrigierte ich ihn und konnte mein fieses Grinsen nicht verbergen. Rowen fielen fast die Augen raus. »Du verarscht mich, oder?«
»Hmm«, überlegte ich gespielt und schaute mich im Auto um, bis unsere Blicke sich wieder trafen. »Parker ist sowas wie meine zweite Hälfte, also .. ich glaube—«
»Dann würd' ich gern die andere Hälfte besitzen.«
Das geht nicht. Sie ist bei Hailey.
»Gute Nacht Rowen.« beendete ich dieses Gespräch. Verwundert zog er die Augenbrauen zusammen und nickte perplex. Er dachte wahrscheinlich, dass ich noch eine Weile mit ihm plaudern würde. Würde ich, aber heute nicht. Ich bin todmüde und meine Augenlieder würden sich jeden Moment schließen.
»Gute Nacht. Schlaf schön.«, hörte ich ihn sagen, während ich mich abschnallte und nach meiner Tasche griff.
»Gute Nacht«, wiederholte ich unbewusst meine Worte. Okay, tu es einfach Love. Du wirst nichts verlieren. Ich lehnte mich zu ihm und schon fingen meine Hände an zu schwitzen.
Ich gab ihm einen sanften Kuss auf
seine kalte Wange, bevor ich schleunig aus dem Auto stieg und abhauen wollte, aber er stoppte mich.
»Ich möchte noch eine Antwort, Shawty!«
Mein Herz klopfte gegen meine Brust. Ich schaute über meine Schulter und grinste mit erröteten Wangen. »Tschüss Rowi.«
leider kein liebeskuss, nur ein wangenkuss
(Wehe jmd nennt sich jetzt so HAHA)
Noch 22 Kapitel😙✌🏼
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xoxo leyla