POSTKARTENSOMMER

By livschreibt

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❝Den Ort, an den ich will, gibt es nicht.❞ ❝Dann musst du wohl die Reise so schön wie möglich machen.❞ Phoeni... More

WIDMUNG
VORWORT
POSTKARTE 1: Klingt nach einem Roadtrip
POSTKARTE 2: Baby-Karotten, Sprühkäse und Freiheit
POSTKARTE 3: Hervorragende Schuhwahl
POSTKARTE 4: Toast zum Frühstück
POSTKARTE 5: Kirschkernspucken
POSTKARTE 6: Mit dem Herzen hören
POSTKARTE 7: Nette Worte
POSTKARTE 8: Gewitterwolkenworte
POSTKARTE 9: Selbstzweifel sind die besten Kunstfälscher
POSTKARTE 11: Korallenriff
POSTKARTE 12: Rote Gummibärchen
POSTKARTE 13: Sommermüdigkeit
POSTKARTE 14: Der freie Platz auf der Picknickdecke
POSTKARTE 15: Eingeknickte Buchseiten
POSTKARTE 16: Zeitstillstand
POSTKARTE 17: Manchmal ist das Leben eine Postkarte
POSTKARTE 18: Geschichten schreiben
POSTKARTE 19: Den Ort, an den ich will, gibt es nicht
POSTKARTE 20: Gartenzaun und Luftballons
POSTKARTE 21: Wie Zuhause
POSTKARTE 22: Kanten abschleifen
POSTKARTE 23: Angeknabberte Fingernägel
POSTKARTE 24: Schlangenlinien
POSTKARTE 25: Radioknistern
POSTKARTE 26: Magnete
POSTKARTE 27: Postkarte voller Wahrheiten
POSTKARTE 28: Hochseile

POSTKARTE 10: Bilderbuchmoment und Gutenachtgeschichte

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By livschreibt

Der Sonnenuntergang in Lincoln City ist das Schönste, was ich je gesehen habe.

Und ja, das denke ich bei jedem Sonnenuntergang, den ich sehe. Aber dieser hier, der ist wirklich schön.

Es ist diese Art Sonnenuntergang, über den man am liebsten Bücher geschrieben hätte, weil er so schön ist. Diese Art Sonnenuntergang, der einen von fernen Orten träumen lässt und den Wunsch in einem weckt, den Moment anhalten und ihn für immer geniessen zu können.

Bonuspunkte gibt es für den Pazifik, an dessen Horizont die Sonne versinkt und dabei den Himmel in ein atemberaubendes Farbenspiel taucht.

Yule und ich haben beschlossen, dass wir gar nicht auswärts essen gehen, sondern einfach genau hier bleiben wollen, es uns auf dem Balkon gemütlich machen und die Vorstellung geniessen.

Leider gehört zu dieser Entscheidung auch ein gewisses Opfer meinerseits. Ein doppeltes Opfer, um genau zu sein. Denn erstens haben wir keinen weiteren Proviant mehr ausser Toast und es gibt hier wie zu erwarten war auch keinen Toaster, weshalb ich mich jetzt schon zum zweiten Mal mit dem ungetoasteten Karton-Toast zufrieden geben muss, und zweitens muss ich mir Yules triumphierendes Gesicht ansehen, während ich auf dem Toast herumkaue.

Wir müssen unbedingt bald einen Supermarkt aufsuchen, denn sollte sich noch einmal eine solche Situation ergeben, bei der wir lieber unseren Balkon mit der traumhaften Aussicht ausnutzen wollen, statt in ein Restaurant zu gehen, dann will ich besser vorbereitet sein (was in diesem Fall heisst, etwas anderes zum Essen griffbereit zu haben.)

»Hach ist das schön«, sagt Yule, als wir es uns auf dem Balkon gemütlich machen, und seine Mundwinkel verziehen sich zu einem zufriedenen Lächeln.

»Was? Die Aussicht?«, frage ich und ziehe die Beine an. »Ja.«

»Das auch. Aber ich meinte eher, dir dabei zusehen zu können, wie du den Toast essen musst.«

»Ich hätte den Toast an Fridolin verfüttern sollen, als ich es noch konnte«, murmle ich düster und ziehe die Augenbrauen zusammen wie ein trotziges Kind. »Aber du musstest ihn ja vertreiben.«

»Ich kann nichts dafür, dass Fridolin von meiner Art so schnell genervt ist, dass er abhaut.« Yule zuckt mit den Schultern und beisst in seinen Toast.

»Manchmal wünschte ich, es würde anderen auch so gehen«, fügt er dann murmelnd und mit einem Seitenblick zu mir hinzu.

»Wenn es hier gerade nicht so schön wäre, dann würde ich jetzt anfangen, mit dir zu diskutieren, bis du genervt von mir bist. Aber das mach ich jetzt nicht, weil ich lieber den Sonnenuntergang ansehe, als auf meinen Stolz zu hören.«

»Ich muss schon mit dir ein Bett teilen, das ist Strafe genug, vertrau mir.«

Würdevoll wende ich den Kopf ab und übergehe seine Bemerkung einfach, weil ich eine Sekunde zuvor gerade noch behauptet habe, ich würde keine Diskussion mit ihm anfangen.

Ich bereue es jetzt schon wieder und beisse mir auf die Unterlippe, um mir einen Kommentar zu verkneifen, und konzentriere mich stattdessen auf unsere Umgebung, wobei ich bemerke, dass Yule das längst getan hat und mir sowieso keine Aufmerksamkeit mehr schenkt.

Während es am Morgen noch geregnet hat, hat sich der Himmel jetzt aufgeklärt, ein paar vereinzelte dunkle Wolken sind allerdings noch zu sehen. Sie heben sich deutlich vom Wasserfarbenhimmel ab und ergeben mit ihrem stürmischen Grau einen schönen Kontrast zu dem in allen Nuancen von rosa bis rot eingefärbten Himmel.

Es hat keinen Wert, ein Foto davon zu machen, auch wenn ich den Moment am liebsten für immer festgehalten hätte. Eine Fotografie würde niemals dem Schauspiel gerecht werden - eine Kopie ist nie so schön wie das Original.

Also versuche ich einfach, den Augenblick so lange zu geniessen, wie ich kann, und mir jedes kleinste Detail genau einzuprägen.

Es riecht nach dem Regen, der noch immer in der Luft hängt und einen ganz eigenen Duft verströmt. Einen, der sich nicht mit Worten beschreiben lässt, der aber trotzdem von allen sofort erkannt wird.

Der Geruch nach Regen, den ich sofort als Parfum kaufen würde, weil er an Sommer erinnert. An unbeschwerte Abende, warme Nächte. Weil er mich an den Strand, in den Wald, in die Berge entführt. Mich träumen lässt von längst vergessenen Zeiten, während ich das Hier und Jetzt geniesse, als wäre es das Einzige, was zählt. Und das ist es ja auch. Irgendwie.

Auch Yule ist wie gefangen, starrt minutenlang in die Ferne, bevor er aufsteht und seinen Block und einen Stift holt.

Und anders als gestern, als er nur auf dem Rücken auf dem Bett lag und an die Decke gestarrt hat, kann er heute gar nicht aufhören mit dem Schreiben.

Sein Stift huscht über die Seite von seinem Notizblock und immer mal wieder hebt er denn Kopf, blinzelt, starrt gedankenverloren auf einen Punkt in der Ferne und es sieht beinahe so als, würde er sich den Sonnenuntergang gar nicht wirklich ansehen, weil er so versunken ist - dabei weiss ich genau, dass er sich alles gerade einprägt, um es in Worte umzuwandeln, die ihn später wieder genau hierherbringen könnten.

Ich wette, wenn Yule eine Postkarte schreiben würde - wirklich schreiben, nicht das, was er vermutlich auf meine Postkarte geschrieben hat -, dann müsste man niemals selbst an den Ort reisen, weil Yule es bestimmt schaffen würde, einem allein mit der Kraft seiner Worte ein Bild in den Kopf zu malen, das so klar ist, dass man denkt, es wäre die eigene Erinnerung.

Mich fasziniert es, wenn Worte es schaffen, lebendig zu werden. Wenn sie beginnen, auf der Buchseite zu tanzen und einem eine Vorstellung davon geben, was man gerade liest.

Wenn man plötzlich mit dem Lesen aufgehört hat und nur noch zusieht, ohne es zu merken. Weil die Buchstaben so voll mit Leben sind, dass es ist, als wäre man direkt in die Geschichte gesogen worden.

Immer wieder schwappt das Wasser gegen das Ufer, aber ansonsten herrscht absolute Ruhe.

Der perfekte Bilderbuchmoment, bei dem sich die Geschichte beim Betrachten der Szenerie wie von selbst schreibt.

Die Strände hier laden nicht zum Baden ein, ist das Wasser doch viel zu kalt, der Strand viel zu rau.

Hier ist alles unberührt, die Natur in ihrer reinsten Form. Ein unentdecktes Juwel, das so viel schöner ist, als es jemals sein könnte, wäre es eingeschlossen in einer Perlenkette.

Weil es so nur von wenigen Leuten gesehen, geschätzt wird. Noch befindet es sich ungeschliffen, vergessen in einer Höhle und funkelt in der Dunkelheit.

Und ich hoffe, dass es niemals seinen Weg in die Auslage eines Juweliers finden wird.

🌲

Als wir später das Licht ausknipsen und nebeneinander im Bett liegen, schliesse ich zufrieden die Augen.

Yule und ich unternehmen im Grunde nicht viel - noch haben wir nie länger als eine Nacht an einem Ort verbracht und haben nie viel mehr getan, als Autozufahren und zu schlafen. Trotzdem kommt mir jeder Tag wie etwas Besonderes vor.

Und auch dieser Tag ist keine Ausnahme.

Ich geniesse jedes einzelne Gespräch mit Yule und der Sonnenuntergang, der sich uns hier geboten hat, hat nur noch einmal verdeutlicht, wie magisch das alles hier ist.

Er hat den perfekten Abschluss gebildet für einen Tag, der nicht hätte schöner sein können.

Ich seufze leise und drehe mich auf die andere Seite. Wieder einmal fällt mir auf, wie normal es mir vorkommt, so nah bei Yule zu sein.

Die Gedanken, die wir tagtäglich austauschen, schweissen uns näher zusammen, als ich es je für möglich gehalten hätte in dieser kurzen Zeit.

Die Wärme, die sein Körper neben mir abstrahlt, fühlt sich jetzt schon so vertraut an, dass mir kalt wird, wenn ich nur daran denke, dass ich morgen wieder allein in einem grossen Bett schlafen muss.

Aber noch wage ich es nicht, den Wunsch zu äussern, Yule nahe zu sein. Es ist seltsam, weil ich sonst immer alles sage, was mir durch den Kopf geht, niemals den Mund halte und meistens auch nicht wirklich nachdenke, bevor ich etwas sage. Es gibt keinen Damm, der Wasserfall plätschert einfach vor sich hin.

Nicht jetzt, allerdings. Niemals wäre es mir in den Sinn gekommen, den leisen Wunsch auszusprechen.

Yule liegt ruhig neben mir. Verdächtig ruhig. So ruhig und bewegungslos, dass er unmöglich schlafen kann. Niemand schläft derart bewegungslos.

Vor allem nicht Yule.

Irgendetwas sagt mir, dass er einen unruhigen Schlaf hat, voll von Träumen, die ihn schlafend wach halten.

Er gibt keinen Mucks von sich und denkt bestimmt wieder mal zu viel nach. Yule denkt so viel nach, dass er die Worte nicht ausschalten kann, selbst wenn er es wollte. Er kann sie nur leiser stellen und selbst dann sind es immer noch mehr, als ich mir jemals vorstellen könnte.

Vielleicht schreibt er deshalb. Um einen Teil der Worte, die in seinem Kopf herumschwirren, loszuwerden. Damit es nicht zu viel wird. Damit er etwas Ruhe bekommt.

»Yule?«, flüstere ich, um ihn nicht aufzuwecken, sollte ich mich getäuscht haben und er doch schon schläft.

Es ist vermutlich mehr Rücksicht, als ich bisher je auf ihn genommen habe.

Von Yule kommt nur ein Grummeln als Antwort. Aber es reicht, um zu wissen, dass er wach ist. Wach genug, um ihn ohne schlechtes Gewissen ansprechen zu können.

»Gestern hab ich dir was erzählt, jetzt bist du dran.«

Ich höre, wie Yule leise lacht und ich beginne ebenfalls zu lächeln. Es ist wie ein Knicklicht, das die Dunkelheit erleuchtet.

»Was willst du hören? Eine Gutenachtgeschichte?«

»Nein. Keine Gutenachtgeschichte. Eine Yule-Geschichte. Erzähl mir was von dir, wie ich dir gestern was von mir erzählt habe.«

Eine Weile bleibt er still und ich denke schon, dass er mir meinen Wunsch abschlagen wird, weil er keine Lust darauf hat, mir zu antworten oder weil er einfach lieber schlafen und nicht von mir genervt werden will. Oder weil er vielleicht auch einfach nicht weiss, worüber er reden soll. Aber dann sagt er doch etwas.

»Du hattest recht.«

»Ich weiss«, erwidere ich aus Reflex und runzle dann die Stirn. »Womit?«

»Damit, dass alle meine Pflanzen gestorben sind, weil ich vergessen habe, ihnen Wasser zu geben. Du lagst vollkommen richtig mit dieser Annahme.«

Ich weiss nicht, womit genau ich gerechnet habe, aber ganz bestimmt nicht damit.

»Aber du hast gesagt, dass du keine Pflanzen hast.«

»Hab ich auch nicht. Die sind ja alle gestorben«, erwidert Yule.

»Aber ich hatte mal welche. Und zwar nicht gerade wenige. Ich hatte so viele Pflanzen. Etwa mit dreizehn hatte ich eine merkwürdige Obsession mit Pflanzen und ich hab ganz viele angeschafft, weil ich untersuchen wollte, an welchen Orten in unserem Haus sie am schnellsten wachsen. Das war mein Pflanzen-Projekt. Meine Mom hat die Krise bekommen, weil überall Pflanzen herumstanden.« Yule stösst ein Lachen aus und ich sehe, wie er sich bewegt.

»Aber die Obsession hat genauso lange angedauert, bis ich die Pflanzen hatte. Danach hab ich sie vergessen und ihnen kein Wasser gegeben. Und sie sind alle gestorben. Jede einzelne. Und seither habe ich keine Pflanzen mehr.«

Etwas über den Yule zu erfahren, den ich nie gekannt habe und niemals kennenlernen werde, ist seltsam. Es kommt mir vor, als wäre es eine vollkommen andere Person, über die er da spricht und nicht er selbst.

Denn ich kenne nur den Yule dieses Augenblicks. Wie eine Fotografie in einem Album. Ich kenne die Person nicht, die er davor war, und auch nicht die, die er danach sein wird. Auch wenn ich mir wünsche, diese Person kennenlernen zu dürfen.

»Ich kann nie einschlafen und liege immer stundenlang wach da«, fährt Yule nach einer kurzen Pause fort.

»Schon mal überlegt, ob das am Kaffee liegen könnte?«

»Ja.«

»Und?«

»Bin zu dem Schluss gekommen, dass es mir egal ist«, erwidert Yule. »Das ist dann eben ein Opfer, das ich bringen muss.«

»Vielleicht bist du deswegen immer so schlecht gelaunt. Vielleicht liegt es am Schlafmangel und nicht am Kaffee selbst.«

»Schlecht gelaunt?«, fragt Yule verständnislos.

»Das ist meine gute Laune. Schlecht gelaunt hast du mich noch nie erlebt, obwohl ich mich frage, warum eigentlich nicht - in deiner Gegenwart sollte ich dauernd schlecht gelaunt sein.«

»Das ist deine gute Laune?«

»Und ausserdem...«, sagt Yule und übergeht meine Frage einfach. »...hör auf, mein Verhalten zu analysieren, das ist echt gruselig.«

»Was?«, frage ich unschuldig und grinse. »Du bist halt mein Pflanzen-Projekt.«

»Du bist einfach -« Yule lacht.

Eine Weile bleibt es still, bis Yule doch noch etwas sagt. »Du hast bestimmt mit irgendwas Tiefgründigem gerechnet, oder?« Seine Stimme ist gesenkt.

»Tut mir leid, dass ich dir jetzt von meinen Pflanzen und dem Kaffee erzählt habe, statt irgendwas Sinnvolles oder auch nur halb so Schönes zu sagen wie du gestern.«

»Ach Yule, wir haben uns doch schon lange darauf geeinigt, dass du sowieso nicht an mich rankommen wirst, das ist schon in Ordnung«, erwidere ich mit übertrieben grosszügiger Stimme.

»Wie ist es, zu wissen, dass man so grossartig ist, dass keiner an einen herankommen kann?« Auch Yules Stimme ist betont ernst.

»Ach, einfach wunderbar. Es ist so wunderbar, dass ich mich jetzt ausruhen muss«, erwidere ich mit einem Grinsen und ziehe die Decke bis ans Kinn hoch.

»Du kannst ja morgen einen neuen Versuch starten, mich zu beeindrucken.«

Und dabei steht es ausser Frage, dass Yule es nicht mal versuchen muss, denn er wird mich sowieso wieder beeindrucken, ganz egal, was er sagt. Und dass nicht er es ist, der nicht an mich herankommt, sondern dass es genau umgekehrt ist.

Ganz egal, was er erzählt, ihm zuzuhören ist besser als jedes Gutenachtlied. Besser, als jede Gutenachtgeschichte und besser als alles, was ich sonst je gehört habe. Weil seine Worte mich auf einem Level erreichen, von dem ich nie gedacht hätte, dass mich dort jemals jemand berühren könnte.

Yule schafft es, Dinge auszusprechen, von denen mir erst in dem Augenblick, da er sie sagt, bewusst wird, dass ich sie genauso sehe, aber es nicht wusste, weil ich nicht in der Lage war, sie zu formulieren.

Ich höre, wie Yule schmunzelt. »Gute Nacht Phoenix.«

»Gute Nacht, Yule«, murmle ich und gähne, kuschle mich tiefer in mein Kissen und bin dankbar, hier schlafen zu können.

Und das liegt natürlich nur daran, weil die Alternative die Pritsche gewesen wäre. Dass Yule neben mir liegt, hat nicht im Geringsten etwas damit zu tun.

»Und... Yule?«, flüstere ich nach einer Weile in die Dunkelheit hinein.

Ich liege mit dem Rücken zu ihm und vielleicht macht es mir das leichter, ehrlich zu sein. Denn ich möchte ehrlich sein.

»Ich bin nicht enttäuscht darüber, dass du mir nichts Tiefgründiges erzählt hast. Ich fand es schön, auch mal so etwas über dich zu hören.«

Ich halte inne, aber Yule erwidert nichts und hätte er mir nicht gerade noch vor Kurzem gesagt, dass er nur sehr schwer einschläft, würde ich jetzt denken, dass er schon gar nicht mehr wach ist. Aber ich weiss es besser.

Ich lache leise vor mich hin, als ich hinterher schiebe: »Und ausserdem fand ich es schön, aus deinem Mund zu hören, dass ich recht hatte.«

»Bestimmt.« Yule schnaubt und seine Stimme klingt gedämpft, als würde er ebenfalls mit dem Rücken zu mir liegen.

Gespräche in der Dunkelheit, wenn man einander nicht sieht, haben diese Eigenheit, dass sie keinen natürlichen Gesprächsfluss haben. Irgendwie ist es mehr ein unstetes Plätschern. Zusammenhangslose Gedankenfetzen, die in den Raum geworfen werden. Lange Pausen. Atmen. Denken. Fühlen. Dem Nachhall der Worte lauschen. Und dann wieder etwas sagen. Dem Gedankenstrudel noch etwas hinzufügen.

Es vergeht also eine ganze Weile, in der keiner von uns etwas sagt und wir einfach schweigend im Bett liegen. Ich kann Yule nicht sehen, aber trotzdem ist es, als würde er in der Dunkelheit leuchten, so deutlich bin ich mir seiner Gegenwart bewusst.

Ich befinde mich schon auf halbem Weg ins Land der Träume, habe auf dem Floss schon beinahe den Horizont erreicht, als Yule sich entscheidet, einen weiteren Gedankenfetzen hinzuzufügen.

»Phoenix?«

Ich antworte nicht mehr, aber das brauche ich auch nicht. Yule spricht weiter und ich kann seine Worte deutlich hören, auch wenn ich mir nicht so sicher bin, dass es nicht bloss das Rauschen des Meers in meinem Traum ist, das sich wie seine Stimme anhört.

»Es ist gar nicht so schlimm, ein Bett mit dir zu teilen.«

🌲

Gut, dass Yule denkt, Phoenix würde schon schlafen. 🌚

Ich hab zwar geschrieben, dass Fotos von Sonnenuntergängen der Realität nicht gerecht werden und das stimmt, aber ich musste trotzdem ein Foto davon machen - denn dieser Sonnenuntergang in Lincoln City war wirklich schön.

Danke fürs Lesen! ♥️

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