White Armor

By Hen_Lux

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Bislang blieb der Fokus der Republik auf die Klonkriege gerichtet. Doch das einzige Mittel zum Sieg ist in ih... More

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Prolog
Kapitel 1 - Die Stille nach dem Lärm
Kapitel 3 - Ihr Schicksal wird das unsere sein
Kapitel 4 - Emotionslos
Kapitel 5 - Die Stille davor
Kapitel 6 - Schlammspringer
Kapitel 7 - Täuschung und Vertrauen
Kapitel 8 - Heilungsprozess
Kapitel 9 - Die Röte auf seinen Wangen
Kapitel 10 - Seyda
Kapitel 11 - Nicht sein Geschmack
Kapitel 12 - Die Süße der Vergangenheit
Kapitel 13 - Unbeglichene Schulden
Kapitel 14 - Herzstillstand
Kapitel 15 - Ein Nichts in der Schwärze
Kapitel 16 - Die Frage der Realität
Kapitel 17 - Alte Sünden
Kapitel 18 - Drayk

Kapitel 2 - Trueblood

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By Hen_Lux

„Silver, mach das Licht aus, verdammt!", brüllte Ghost quer durch den ganzen Raum und war drauf und dran ihm den Kopf abzureißen - Ich zweifelte nicht daran, dass Ghost zögern würde, Silver einen kräftigen Schlag zu verpassen - Auch wenn Ghost mit Blackout einer der Stillen bei uns war, wenn er genervt war, konnte das Ganze schnell aus dem Ruder laufen.
Ebenfalls genervt glitt mein Blick zu Silver, der, laut dem Handtuch um seinen Hüften, frisch aus der Dusche kam und zum in der Wand eingebauten Schrank lief.
„Beruhig dich. Du möchtest schließlich nicht, dass ich im Dunkeln aus Versehen deine Unterhose erwische.", erwiderte Silver mit einem Grinsen.
Schließlich drehte ich mich, noch im Halbschlaf, wieder auf die andere Seite, schloss die Augen, doch dann hörte ich auf dem Bett über mir Geräusche.
Straight?!
Ohne Nachzudenken sprang ich so schnell aus dem Bett, dass meine noch schlafenden Muskeln protestierten und schmerzten, versuchte den Schwindel loszuwerden, den ich selbst durch das zu schnelle Aufstehen verursacht hatte, und sah in ein Gesicht, das dem von Straight so ähnelte, aber... Aber er war es nicht.
Trueblood. Erinnere dich doch, Cross: Er ist hier, um euren Trupp aufzufüllen. Straight ist tot. Einfach auf dem Schlachtfeld für immer eingeschlafen.
„Hey, Kumpel.", meinte Trueblood zu mir, doch zog verwirrt eine Augenbraue hoch und musterte mich leicht überrascht, als ich ihn anstarrte, als käme er von einer anderen Welt.
„Verdammt.", entfuhr es mir, stützte mich an Truebloods Bett ab und senkte den Blick zu meinen Füßen, schloss die Augen.
Straight. Ist. Tot.
Schlaf tat mir nicht gut. Er versuchte immer wieder aufs neue alles Geschehene aus meinem Kopf zu löschen, einfach zu vernichten, als wäre kein Krieg, als wäre niemand Anwesender ein Klon und damit kein Kanonenfutter - Doch er konnte mich nicht betrügen. Ein Klon vergaß niemals was er war. Es wurde ihm von der Geburt an klar und deutlich gemacht, aber jeder in diesem Raum wünschte sich, es auch nur für ein paar Sekunden lang zu vergessen. Nur ein paar Sekunden lang. Nicht mehr.
„Cross? Alles klar bei dir?"
Das war Hunt. Und ich konnte seinen durchdringenden Blick förmlich auf meiner Haut spüren, wie er sich in mich brannte, wie seine mitfühlende und fürsorgende Seite wieder zum Vorschein kam, wenn er mich auch nur sah. Für ihn war ich nicht nur ein guter Freund, nicht nur sein Bruder, ich war für ihn immer ein Fall, um den man sich Sorgen und den Kopf zerbrechen musste. Aber ich war nicht dieser Fall. Okay, vielleicht ein bisschen, aber manchmal war ich mir schon selbst viel zu viel und wenn Spiegel in der Nähe waren, in denen ich mich sehen musste, vermied ich meistens jeden Blick in diese Richtung. Es hing zwar einer genau neben unserem Schrank, doch ich versuchte ihn zu ignorieren, kein Blick in diesen hinein zu wagen, aus Unlust wieder in das Gesicht zu sehen, das vernarbt und nichts anderes war und aus Prinzip, nicht selbst die alten Hinterlassenschaften meines Ausbilders sehen zu müssen. Wie andere darüber dachten, war mir gleichgültig, schließlich mussten sie mein äußeres Bild sehen, nicht ich.
„Ja, Sarge... Ich... Ich hatte nur kurz vergessen, dass... Trueblood hier ist. Keine Sorge.", antwortete ich, versuchte seinen fürsorglichen, fast schon väterlichen Versuchen zu entkommen und legte mich wieder zurück ins Bett. Die Betten waren zwar relativ hart, aber es glich die Rückenmuskulatur nach einer harten Schlacht aus, denn im Gegensatz zu den Betten auf den Kreuzern, wo Trooper höchstens ein paar Tage schliefen, waren die Betten in den Kasernen eine Wohltat. Doch was die Betten dort noch viel schöner machten: Sie bedeuteten Ruhe und Pause nach einer Schlacht. Und nur das zählte für uns.
Ich schloss rasch die Augen. Sofort waren die Bilder wieder da, Bilder, wie ich Straight über meine Schulter legte, seinen leblosen Körper den Hang hinauf trug und meine Schmerzen einfach vergaß, wie Trauer das körperliche Empfinden meines Körper einfach für eine kurze Zeit ausschaltete. Bilder, wie tote Männer in weißen Rüstungen am Boden lagen, während ein halber Klick entfernt Fleisch gegen Schrott kämpfte, wo Fleisch genauso zielgerichtet tötete, oder eher Altmetall verarbeitete, wie Droiden. Bilder, wie Straights Blut über meine Rüstung rann, aus seinem Körper bei jeder meiner Bewegung hervor quoll und den Boden wie nach einem Massaker aussehen ließ. Und das war es auch. Ein endloses, blutiges Massaker zwischen zwei Seiten, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Das Leben jedes Troopers war vorbei gewesen, als er zum ersten Mal einen echten Droiden gesehen hatte.
Und ich lief weiter, bahnte mir meinen Weg zwischen Männern und Droiden, Droiden, die auf toten Männern lagen, auf toten Brüdern. Aber wen interessierte es, dass sie dort lagen? Dass dort Wesen aus Fleisch und Blut waren, die denken konnten, die, ob manche es glauben wollten oder nicht, Gefühle hatten und Schmerz empfinden konnten. Und das war es, was wir während Schlachten spürten. Unerbittlicher, physischer Schmerz.
Schmerz, wenn uns Laserbolzen trafen, wenn so viel Altmetall in unserer Brust steckte, dass wir den Droiden Konkurrenz machen konnten, wenn FX-6-Droiden unserem Schmerzempfinden keinerlei Beachtung schenkten und uns über die Schmerzgrenzen hinaus trieben, bis unser Zustand zu „nicht ansprechbar" wechselte. Wenn die Flehrs, die Feldlazaretteinheiten, eher Fließbändern einer Fabrik glichen und wo Chirurgen standen, die noch nie so ein leichtes Spiel gehabt hatten, da jeder Patient gleich war. Gleiche Anatomie, gleiches Blut, gleiche Organe, die toten Troopern direkt entnommen wurden, um andere zu retten, falls ein Organ benötigt wurde. Ein hämorrhagischer Schock, multiple Flechet-Verletzungen, ein Schädeltrauma und eine zerstochene Aorta war keine Seltenheit - Es war eine Gewohnheit.
Und als ich Straight zu einem von den Flehrs brachte, hatte man ihn mir sofort von der Schulter gerissen, seine Panzerplatten auf den Haufen anderer geworfen, die einst Troopern gehört hatten, die nun tot waren, und ihm einen langen Schnitt Richtung Süden in die Brust verpasst. Ich wusste nicht, wie wir Klone von Innen aussahen, doch nun hatte man mich eines besseren belehrt und es auf eine Weise gezeigt, die man definitiv in Erinnerung behalten würde. Und ehe ich mir Straights Lunge genauer ansehen konnte, verschwand sie in dem Körper eines anderen Troopers genau neben ihm. Kein Abstoßungspotenzial der Organe, die gleiche Größe, das gleiche Blut, das uns alle verband - Es musste ein Kinderspiel für die Ärzte gewesen sein.
Ich hasste Flehrs. Auch, wenn sie es schafften fast jeden halbwegs wieder zusammenzuflicken, blieb diese Erinnerung in meinem Kopf und je mehr ich dort lag und gegen die Wand starrte, Hunts Blick in Rücken, desto mehr zerbrach ich mir den Kopf über all diese Dinge, die nicht zu verändern waren und nicht verändert werden konnten.
Schließlich drehte ich mich wieder herum, sah genau in das Gesicht von Hunt, dessen Bett genau auf der anderen Seite stand - Ein Einzelbett. Himmel, es hatte mehrere Unruhen in diesem Quartier gegeben, um den Herrscher dieses Bettes zu stürzen, doch am Ende siegte die herzvolle Diplomatie dessen und er behielt den festen Sitz. Aber noch immer wurden böse Blicke in Richtung seines einzelnen Bettes geworden.
Hunts Augen sahen mich direkt an.
„Silver, mach dieses verdammte Licht aus! Du hast deinen Body an und ich glaube nicht, dass du jetzt in diese Rüstung steigen willst!", brüllte Ghost durch den Raum und weckte damit schließlich auch die Übrigen.
„Könnt ihr nicht einfach mal die Fresse halten?", brüllte Breaker und ließ Vec über ihm zusammenzucken.
„Wie wäre es mit Aufstehen? Kommt schon, klingt nicht verlockend, aber die Pflicht ruft!", entgegnete Silver, doch auch er wusste, dass dies nicht stimmte: Unserer Legion war heute Pause gegönnt, sogar der Lieutenant würde heute von uns ablassen, und wir durften uns die Portion Schlaf holen, die wir dringend brauchten.
„Rede keinen Blödsinn, Silv.", schaltete sich auch Blackout ein und drehte sich sofort wieder auf die Seite zur Wand - Der Zufluchtsort von uns allen. Dreh dich zur Wand, zeig allem den Rücken und vergiss einfach kurz alles. Alles. War zwar unmöglich, aber jeder versuchte es erneut.
„Es sind neun Uhr, normalerweise stehen wir um halb sieben auf.", versuchte Silver zu erklären, doch legte sich stattdessen wieder zurück ins Bett. Hunt schaute nur genervt und verdrehte die Augen, als ich ihn wieder ansah und eine stille Kommunikation mit ihm zu führen schien. Ich zuckte lediglich mit den Schultern. Der Chaos-Trupp blieb der Chaos-Trupp und er würde nicht als der Chaos-Trupp bezeichnet werden, wenn dort nicht ständig das reinste Chaos herrschen würde, versuchte ich Hunt mit Blicken zu erklären, doch er seufzte nur und drehte sich dann ebenfalls wieder zur Wand.
Dann ging das Licht aus und ich meinte Ghosts Silhouette erkannt zu haben.
„Immer muss man alles selbst machen..."
Jap, das war Ghost.

„Cross, kann ich dich etwas fragen?", ertönte plötzlich eine Stimme über mir, ein Rascheln war zu hören, wie ein Kopfkissen zurecht gerückt würde.
„Kommt drauf an was.", antwortete ich mit rauer Stimme.
„Egal ob du mir den Kopf abreißen wirst oder nicht: Deine Narbe auf dem Gesicht... Wer war das?"
Beantworte ihm die Frage, schließlich weiß es jeder in der gesamten Legion.
„Mein Ausbilder. Vibroklinge. Er hatte mich zu einem Kampf herausgefordert und als ich am Boden lag hat er mir diese hübsche Marke verpasst."
„Was hast du danach getan?"
„Mich gekrümmt, ihn von mir gestoßen und überprüft, ob mein Auge noch am richtigen Platz war."
„Und wegen deiner Narbe nennen sie dich Cross."
„Wegen meiner Narbe nennen sie mich Cross. Sonst noch 'ne Frage?"
„Ja, wer war dein Ausbilder?"
„Irrelevant."
„Das weiß keiner, hm? Nicht mal dein Trupp."
Stille legte sich über den Raum, ich wusste, dass uns jeder zuhörte, das gelegentliche Rascheln verriet sie, und besonders Hunt hörte mir zu.
„Weil es keine Rolle spielt. Fakt ist, ich besitze diese hässliche Narbe, unwichtige Details sind etwas wie der Ausbilder."
„Sie gibt dir Individualität."
„Aber..."
„Aber sie erinnert dich an dein schlimmstes Ereignis. An diese Demütigung."
Ich stieß verblüfft die Luft aus.
„Sag mal, kann es sein, dass du Gedanken ließt?"
„Nein, wurde mir noch nie gesagt.", murmelte er und wälzte sich erneut - Etwas, das Straight nie getan hatte. Er schlief immer ruhig, schien so aufzuwachen, wie er eingeschlafen war und sogar in Pausen nach Schlachten, konnte er sich einfach gegen eine Kiste setzen und in den tiefsten Schlaf reisen, von dem jeder andere nur träumen konnte. Ich fragte mich immer noch, wie er sich das beigebracht hatte.
„Sagt mal, warum nennt man euch den Chaos-Trupp?", fing Trueblood schon wieder an und wälzte sich erneut. Er konnte von Glück reden, dass er bei Ghost im Bett lag, denn dieser konnte es überhaupt nicht leiden, wenn sich jemand so oft bewegte.
„Sieh uns doch an.", säuselte Arrow noch dösend, sein und Blackouts Bett stand genau neben meinem, die Seite dessen an die Wand gerückt. Irgendwie hatte man sich daran gewöhnt eine schützende Wand neben einem zu haben. Auf Kreuzern gab es dieses Luxus nicht, dort ging es einfach nur darum uns Trooper für einige Zeit loszuwerden, damit wir uns von all dem Adrenalin erholen konnten, das während der Schlacht durch uns strömte. Hier in der Kaserne ging es darum so wenig wie möglich Platz zu verbrauchen. Unser Quartier war schmal und ging in die Länge; Truebloods und mein Bett war direkt an der Tür. Von dort hatte man den besten Blick darauf und konnte sofort etwas unternehmen, wenn unerwünschter Besuch sich Zugang verschaffte.
„Narben, abgefahrene Frisuren und Tattoos sind keine Seltenheit mehr. Es gibt noch einen anderen Grund, warum man euch so nennt.", stritt Trueblood über mir ab. Er machte keine Anstalten mehr zu schlafen. Und dies schien sich ebenfalls auf mich zu übertragen.
„Bei uns herrscht halt immer Chaos.", schaltete sich auch Breaker ein.
„Aber in Schlachten sind wir geordnet.", entgegnete Silver mit seinem widerlichen Optimismus. „Wir sind halt nur... chaotisch und geordnet. Das zusammen ergibt Chaos. Hier hat jeder seine eigenen Macken. Okay, eigentlich hat Ghost die größten Macken und... Hey!"
Du bist hier die Macke mit deinem Optimismus, Silv."
Ich hörte nur Getrampel von Füßen, die gegen Bettkanten stießen und seufzte.
„Wieso mussten wir die beiden ausgerechnet zusammen in ein Bett packen?"
„Frag ich mich auch.", stimmte mir Hunt zu. „Will hier noch jemand schlafen? Ihr geht mir langsam alle auf die Nerven.", setzte er noch dran, stand auf und nach ein paar Sekunden ging das Licht an.
„Sorry, Sarge.", murmelte Silver. „Aber wenn du den Grund für die Störung sehen willst, dann schau auf das Bett über mir."
Hunt verdrehte die Augen und sah Ghost genervt an.
„Komm, Abmarsch unter die Dusche. Da kannst du dich abregen. Du bist morgens echt unausstehlich."
„Aber-"
„Ich will kein Aber hören. Und jetzt zisch ab."
Leise fluchend schlurfte Ghost an den Betten vorbei, schlug mit der Faust auf den Türöffner und verschwand.
„Ja, ihr seid ein ganz schön verrückter Haufen.", meine Trueblood und musterte uns alle.
„Wie fühlst du dich, wenn ich dir sage, dass du perfekt zu uns passt?", erwiderte Silv mit einem Lächeln auf den Lippen.

„Chaos, seid ihr wach?", ertönte plötzlich eine tiefe Stimme vor der Tür.

„Ja, Sir.", antwortete Hunt und deutete uns allen, uns gerade und ordentlich hinzusetzen, ehe der Lieutenant auch schon unser Quartier betrat - Seine Rüstung poliert, doch nicht befreit von all den Kratzern, rasiert, geduscht und sah selbst nach dieser langen Schlacht wie nach zwei Wochen Urlaub aus.
„Morgen, Jungs. Hoffe, ihr habt gut geschlafen?"
„Es gab erst morgens Auseinandersetzungen.", antwortete Vec und grinste den Lieutenant breit an, doch dieser verdrehte nur mit einem schmalen Lächeln die Augen.
„Das hört sich doch schon gut an. Wo ist Ghost?"
„Duschen. Er musste sich ein bisschen abreagieren."
Der Lieutenant lehnte sich gegen die Wand neben der Tür und machte Anstalten, dass er bei uns vermutlich für ein längeres Gespräch bleiben würde, als bei den restlichen Trupps. Und jeder kannte schon die Ursache.
„Da musste wohl kaltes Wasser auf den kochenden Kessel.", murmelte Blackout, der wieder halb dösend in sich zusammen gesackt war und an der Wand saß.
„Ihr seid ein schräger Haufen. Hättet glatt Nulls sein können.", stieß unser Lieutenant hervor, doch dann glitt sein Blick zu Trueblood und mir.
„Wie läuft's zwischen euch beiden? Hab gehört, dass es zwischen euch nicht so geklappt hat?"
„Nein, es war Liebe auf den ersten Blick, Sir. Nicht wahr, Cross?"
Eine Hand strubbelte mir von oben durchs Haar, doch ehe sie sich zurückziehen konnte, hielt ich sie fest und zog so daran, dass Trueblood fast von Bett fiel, doch er wehrte sich nicht.
„Seht euch das an, jetzt heißt es auch noch Händchen-Halten!", spuckte jemand schon fast hervor und ein Ghost mit nur einem Handtuch um den Hüften und seinen restlichen Sachen unterm Arm stand in der Tür. Silver prustete laut los. Hunt hingegen räusperte sich nur und versuchte Ghost mit Blicken klar zu machen, dass neben ihm der Lieutenant stand. Ghosts Gesicht wurde blass.
„Oh, guten Morgen, Sir."
Der Lieutenant ließ seinen Blick einmal über ihn schweifen, dann zog er eine Augenbraue hoch, so wie er es immer tat, wenn er am liebsten laut lachen wollte, es sich aber verkniff.
„Na das nenn ich mal 'nen Auftritt."
„Kommen Sie schon, Sir. Ich sehe wie Sie rot werden!", quasselte Ghost und ging zu seinem Bett, an dessen Bettpfosten er sich lehnte. Denn wenn der Lieutenant hier war, wollte sich keiner umziehen.
„Träum weiter, Ghost.", schnaubte dieser und wandte sich dann wieder Trueblood und mir zu, dessen Hand ich mittlerweile wieder losgelassen hatte. „Also ich sehe es als Fortschritt, wenn Cross dir nicht eine reinhaut, weil du seine Haare angefasst hast."
„Er kann Straight nicht ersetzen und wird es auch niemals tun, aber er ist ein guter Soldat.", zog ich direkt ein Fazit und bekam ein erstauntes Gesicht von Lieutenant Cale.
„Das ist schön zu hören, Cross. Ich möchte nicht, dass es hier zu Auseinandersetzungen führt, weil Trueblood als Ersatz für Staight zu euch gekommen ist. Er ist der Ersatz, Junge. Aber er wird nie Straight sein. Versteh' das."
„Ja, Sir."
„Gut. Ihr seid nicht der Einzige Trupp, der jemanden verloren hat. Der Trupp von Sergeant Deadeye wurde inklusive ihm komplett ausgelöscht, mehr als ein Trupp besteht nur noch aus einem Mann und bei allen anderen ist mindestens ein Mann in der Schlacht gefallen. Nur wenige sind noch vollzählig. Und ihr könnt von Glück reden, dass Trueblood so schnell eingesprungen ist. Aber ich möchte ganz gezielt mit euch reden, weil... Ihr seid der zweitbeste Trupp unserer Legion, hinter dem Trupp von Sergeant Flak. Und was ihr in dieser Schlacht geleistet habt, war wirklich gut, auch wenn ich das bisher noch nicht oft zu euch gesagt habe. Du, Cross, hast mit Straight einen ihrer schwersten Panzer zerstört und eure Leben dabei aufs Spiel gesetzt."
„Straight hat sein Leben verloren. Er hatte dabei sein Leben gegeben."
„Cross...", fing Cale wieder an, lief die wenigen Schritte zu mir und ging in die Hocke. Wir alle liebten ihn, seine offene, väterliche Art, und konnten uns glücklich schätzen, ihn als Lieutenant zu haben. Andere Trupps hatten es wesentlich schwerer mit Männern wie Lieutenant Nax, welcher seinen Soldaten nicht nur traumatische Erlebnisse auf dem Schlachtfeld lieferte, sondern sie psychisch zu zerstören schien, obwohl er selbst nicht mehr war als ein Klon, der nur höher als ein Sergeant gestellt war. Auch, wenn wir Klone richtige Lebewesen aus Fleisch und Blut waren, wünschte ich Nax dennoch einen grauenvollen, schmerzvollen Tod, damit er erleben konnte, was seine Männer durchmachten, doch es war in der Realität anders. Nax hatte die erste Schlacht von Geonosis, wie wir alle, miterlebt, doch seitdem wurde ihm nicht mal mehr ein Haar gekrümmt, während andere Männer, die so viel herzvoller und bessere Absichten hatten, viel zu früh gegangen waren. Zwar hatten wir vor Straight schon seit Ewigkeiten keinen verloren, doch jetzt fühlte es sich an, als hätten wir ständig alles verloren. Und unter Nax verlor man auch sich selbst.
„...in Ordnung, Cross?"
Ich blinzelte und sah in das fragende Gesicht von Cale.
„Ja, Sir."
„Kannst du wiederholen, was ich gesagt habe?"
„Nein, Sir. Tut mir leid. Ich habe wohl geträumt."
Seine künstliche Hand kratzte seinen Hals. Im Gegensatz zu Nax wurde Cale schon viel zu oft schwer verletzt, hatte eine Hand bei einer Explosion einer Handgranate verloren und Narben zog sich vom Kinn bis hoch in sein glattes, hellbraun gefärbtes Haar, das wie immer perfekt saß und den richtigen Glanz hatte.
„Ich sagte, dass du irgendwann mit Straight abschließen musst. Und du wirst noch sehr oft mit jemandem abschließen müssen, denn jeder von euch allen kann in der nächsten Schlacht draufgehen. In Ordnung?"
„Ja, Sir."
„Gut.", sagte er und klopfte mir auf die Schulter, ehe er aufstand und mit dem Finger auf Ghost zeigte.
„Beim nächsten Mal bist du angezogen, mein Freund."
„Weil ihr sonst wieder so nervös werdet?"
„Nein, weil ich dir sonst das nächste Mal mächtig in die Eier treten werde."
„Sir, das wollen Sie nicht. Meine Eier sind ihre Eier, schon vergessen? Unser Körper sind alle gleich."
Ghost grinste breit.
Cale winkte mit seiner künstlichen Hand - Nein, in dem Fall waren sie es ausnahmsweise nicht.
„Ich brauch dringend 'ne Auszeit von euch."
Dann war er weg.
Und immerhin zog sich Ghost nun an.

***

Der Tag verlief zum ersten Mal langsamer, als ich dachte und das, obwohl wir nun für ungewisse Zeit Urlaub hatten. Und mit ungewiss war immer gemeint bis zum nächsten Gemetzel.
Während wir uns alle nochmal von einem Medidroiden durchchecken lassen haben und eine kleine Trainingseinheit absolvierten, verging gerade mal ein halber Tag in dieser Kaserne auf Triple Zero, die für uns unser Zuhause war. Ein Zuhause, dass uns jedes Mal nach einer Schlacht mit offenen Armen empfing und uns sagte, das wir diesmal nicht diejenigen waren, die draufgehen mussten.
Und es war auch nicht erstaunlich, dass keiner mehr trainierte, als er musste, dass sich jeder an diesem Tag größtenteils in sein Bett verkroch und mit anderen Trupps eine Runde Sabacc spielte.
Während wir in dem Mannschaftsraum unserer Kompanie, welcher nur halb gefüllt war, saßen und Silver die anderen Trupps nervte, die in unserer Nähe saßen, hatte ich mich an der Wand auf eine Bank verkrochen und sah Hunt dabei zu, wie er gerade gegen Killer aus dem Trupp von Sergeant Flak verlor. „Hey, Bruder.", meinte Trueblood zu mir, welcher plötzlich vor mir stand und sich anschließend neben mir niederließ - Auch er hatte nur seinen Druckanzug an und damit war er nicht der einzige. Keiner, der im Mannschaftsraum anwesend war, außer die vier Lieutenants, hatte seine Rüstung an, denn keiner wollte es sich unnötig unbequem machen.
„Bist du wieder vor Ghost geflüchtet?", meinte ich und zum ersten Mal fiel es mir seit der letzten Schlacht leichter zu lächeln.
„Kann man so sagen. Wenn Hunt nicht da ist, ist er echt unausstehlich, was?"
„Wir kennen ihn nicht anders. Er kam erst drei Monate nach Geonosis zu uns. In der großen Schlacht hatte er seinen gesamten Zug verloren inklusive allen Sergeants und Lieutenants. Er war der einzige Überlebende. Sein Zug wurde während dem großen Gefecht von Droiden umzingelt und haben alle einfach niedergeschossen."
„Wie hat er überlebt?"
„Er hat sich unter einen Felsen versteckt. Später hat man ihn schwer verletzt darunter gefunden, als Truppen von den Flehrs das Gebiet nach Überlebenden abgesucht hatten. Keiner weiß genau, was dort passiert ist. Nur Ghost selbst. Aber frag ihn danach lieber nicht. Er hatte zwei Monate fast durchgehend im Bactatank gelegen, danach hatte es einen ganzen Monat gedauert ihn wieder kampftauglich zu machen."
Trueblood schwieg für ein paar Sekunden.
„Das tut mir leid für ihn."
„Ja, mir auch... Sag mal, wo kommst du eigentlich her?"
Er lächelte und sah mich dann mit den gleichen Augen an, die ich auch besaß.
„Ich kam vor einem halben Jahr frisch aus Kamino und bis vor vor ein paar Tagen war ich noch in der 546."
„Warum haben sie ausgerechnet dich zu uns geschickt?"
„Sie meinten, dass ich noch mehr lernen müsste und wie ich sehe, werde ich das bei euch tun."
„Wie alt bist du?"
„Zehn."
Ich blinzelte leicht.
„Also zwanzig. Wir zählen hier nach unserem physischen Alter."
„Wie alt seid ihr?"
„Alle 22."
Elf Jahre. Und Straight konnte nur diese wenigen Jahre leben.
Trueblood schwieg, sah zu Lieutenant Cale, der gerade ein hitziges Gespräch mit Lieutenant Nax führte, dessen Augen sich zu schmalen Schlitzen verengten, als Cale auf einen Mann aus Nax' Zug zeigte.
„Wer ist das?"
„Nax. Glaub mir, wir können uns glücklich schätzen, Cale zu haben. Unter Nax kannst du nicht mal mehr deinen Urlaub genießen."
„Nax scheint ja nicht viel von unserem Lieutenant zu halten."
Ich nickte nur.
„Er hält Cale für schwach, weil er sich um seine Männer kümmert und sich um sie sorgt, wenn wir wieder so hohe Verlustzahlen hatten."
„Wie ist das mit Cales Hand passiert?"
„Explosion."
„Und die Narben?"
„Keine Ahnung, das übliche wohl. Es gehen Gerüchte rum, dass eine von Nax ist, aber... Ich weiß es nicht."

Lautes Gemurmel ertönte plötzlich im Mannschaftsraum, als die andere Hälfte unserer Kompanie den Raum betrat und sich auf den Stühlen und Bänken niederließ, Ghost, als auch auch Breaker traten zu unserem Trupp und ließ sich neben mir nieder. Breaker schien eben noch geschlafen zu haben, denn er rieb sich seine Augen und gähnte.
„Warum seid ihr alle hier?", fragte ich ihn.
Er deute nur auf Captain Dox, der wohl auch gerade erst eingetroffen ist und sich ganz vorne mit den Lieutenants versammelt hatte.
„Wir bekommen einen neuen General."
„Was ist mit Meister Sa-Vin?"
„Keine Ahnung. Aber es scheint sich was geändert zu haben."
„Und wer ist der neue General?"
„Eine Frau, aber mehr weiß ich auch nicht."
„Wir hatten auch eine Frau als General und ich sage euch, ihr werdet niemand anderen mehr haben wollen!", schaltete sich Trueblood neben mir ein und ignorierte diesmal die bösen Blicke von Ghost.
„Na wenn das so ist.", brummte Breaker, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Splitter-Kompanie!", brüllte Captain Dox quer durch den ganzen Raum, dass einem sogar ganz hinten die Ohren schmerzten.
Der neue Captain hatte wohl anscheinend ein sehr lautes Mundwerk.
„Meister Sa-Vin ist tot, um es kurz zu halten. Ich möchte keine Fragen warum, weshalb, wieso hören, als haltet eure Klappe und lasst General Vri'lia ausreden!"
Hinter ihm erschien plötzlich eine junge Frau, die man auf den ersten Blick auch für ein Mädchen halten konnte, doch wenn man die Narbe sah, die von ihren Hals über ihren Kiefer und schließlich hoch knapp am Auge vorbei verlief, wusste man, dass diese Frau schon einiges durchgemacht haben musste. Ihr braunrotes Haar war in manchen Strähnen geflochten, der Rest fiel offen über ihre Haare.
General Vri'lia glich eher einer Mutter, die für ihre Kinder ihr Leben geben würde.

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