Lillith das schwarze Element

Von veracrystall31

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"Der dunkle Mond bringt die Wende, sorgt für den Anfang, oder unser Ende" Lillith- ein ganz normales Mädchen... Mehr

Prolog
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Epilog
Info zur Fortsetzung

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Von veracrystall31

Alenia
Lillith' Blick lag überrascht auf meinen verheilten Armen. Die Prodigia, die schweigend neben der Tür stand, hatte uns geheilt. Ihre Magie war wie meine, wie heilten auf dieselbe Art.
Mit einem sanften Blick zu uns murmelte sie: „Ich lass euch allein." Dann verließ sie das Haus und sich sah sie aus dem Fenster die Brücke entlang gehen.

Lillith kniete sich neben unseren Betten hin, um auf Augenhöhe mit uns zu sein. Sie sah erleichtert erst mich dann Devon an. Sie trug noch immer das altrosa Kleid, das ihr Vater uns gegeben hatte. Ebenso wie ich, nur mir fehlte die Strickjacke. Geistesabwesend berührte ich meine verheilten Arme und die Erinnerung des Schmerzes überkamen mich. Der Mann hatte seine flammende Hand auf meine Haut gehalten...
Schnell schüttelte ich die Erinnerung ab und fragte meine Freundin: „Was ist eigentlich passiert? Ich bin noch nicht lange wach."

Ich war müde und mein Körper schrie nach Schlaf, aber es tat nicht mehr weh. Meine Wunden waren komplett verheilt, nicht mal Narben waren zurückgeblieben. Trotzdem wollte ich die Situation verstehen und wieder auf den neusten Stand gebracht werden. Danach konnte ich mich ausruhen.

Als ich meine Frage stellte, wurden Lillith' Augen kaum merklich dunkler und leerer. Ihre Lippen bildeten eine Linie und ihr Gesicht wurde kalt.
„Ihr seid gefoltert worden. Du warst bewusstlos und Devon so gut wie.", sie ballte die Hände zur Faust, „Ich habe uns da rausgeholt und zu den Savern gebracht. Bis eben hatte ich ein Gespräch mit ihrer Anführerin."
Ich nickte verstehend und griff nach Lillith' Hand: „Danke, dass du uns gerettet hast."
Dabei fiel mir der weiße Streifen auf ihrer Haut auf. Sie trug die Trackles Fesseln nicht mehr!

Sie ließ den Kopf hängen und ihr fiel das schwarze, zerzauste Haar vor das Gesicht.
„Ich habe drei Menschen dabei getötet.", der letzte Satz kam leise und gepresst über ihre Lippen.
So wie die Toten von Blutmond, luden sich diese drei Leben nun ebenfalls auf ihre Schultern. Eine Last, die sie immer trug, die sie immer begleitete. Ich wünschte mir so sehr, dass sie hier einen Weg fand das alles zu verarbeiten.
„Du hast uns gerettet", wiederholte ich mit kräftigerer Stimme. Lillith zuckte nur mit den Schultern, aber überzeugt war sie nicht.

„Wo warst du während wir überfallen wurden?", fragte ich als Nächstes. Man hatte uns überwältigt und mit einem Betäubungsmittel gänzlich außer Gefecht gesetzt. In der grauen Raum waren wir aufgewacht, wo uns am nächsten morgen unsere Folter erwartet hatte.
Die Frage war nicht weniger schwer und fiel genauso gefühllos aus, wie alles was Lillith sagte.
„Ich war bei meinem Vater."
Die Art wie sie das sagte gefiel mir nicht.

„Was hat er mit dir gemacht?", fragte ich mit wachsender Sorge, „Hat er dich auch gefoltert?"
Dem Mann würde ich inzwischen alles zutrauen. Wenn er uns folterte, er ein Hunter war und Lillith kämpfen musste, um hierher zu gelangen.
Zu meiner Erleichterung schüttelte sie den Kopf, aber die Antwort war nicht besser: „Nicht so wie ihr gefoltert wurdet. Aber er hat mich gezwungen haargenau zu erzählen was... an Blutmond passiert ist."
Ich ballte wütend die Hand zur Faust und auch neben mir wurde Devons Blick dunkel.
Kurz verhärtete sich ihr Gesicht und ihre Atmung ging schneller, aber dann schlug sie die Erinnerung zurück. Nach ein paar Sekunden hatte sie sich wieder gefasst.
„Dann... haben sie angefangen meine Magie zu stehlen und auf meinem Vater zu übertragen."

Ich starrte sie an.

„Ich konnte den Zauber entkommen und mir einen Teil zurücknehmen aber...", Lillith sah beschämt auf ihre Hände, „Ein Stückchen hat er immer noch."
„Valor besitzt einen Teil deiner Magie. Die des Dunklen Mondes", wiederholte ich langsam, nur um sicher zu gehen, dass ich alles verstanden hatte.
Als sie darauf beklemmt nickte, hielt ich mir fluchend die Stirn.
„Damit könnten sie so einiges anstellen."
Lillith sah auf und biss sich auf die Lippe: „Was denn?"
Ich sah die Vorwürfe in ihren Augen, dass sie es nicht verhindert hatte. Trotzdem sagte ich leise: „Naja. Sie können jede deiner Fähigkeiten verwenden, wenn auch nicht so ausgeprägt. Aber wenn man sie gerissen einsetzt, kann das sehr gefährlich für die Prodigias werden. Und für das Gleichgewicht."

Devon neben mir horchte auf: „Für das Gleichgewicht auch?"
Meine Augen flogen zu ihm. Er schien nicht geschockt darüber, sie musste es ihm schon erzählt haben.
„Ihre Magie ist nicht mehr beim Träger, für die sie bestimmt ist. Das ist gegen die natürliche Ordnung, ganz besonders bei jemand so mächtigen wie beim Dunklen Mond."
Lillith zuckte bei dem Namen zusammen und ballte die Hand zur Faust: „Das habe ich ja großartig gemacht."
Sofort widersprach Devon: „Du warst damit beschäftigt dich vor deinem verrückten Vater in Sicherheit zu bringen und uns noch dazu."
Wieder zuckte sie nur die Schultern.

„Was hat die Anführerin gesagt?", wechselte der Hunter nun das Thema. Über das Gleichgewicht konnten wir reden, wenn Devon und ich wieder fit waren.
Lillith strich sich die Haare hinters Ohr: „Ich kann bleiben."
Devon lächelte und seine Augen leuchteten auf: „Das ist ja großartig!"
Lillith nickte zwar, sah aber nicht ganz überzeugt aus. Ich legte den Kopf schief.
„Du scheinst dir dem nicht ganz sicher zu sein?"
Sie biss sich auf die Lippe und zuckte die Schultern. Geistesabwesend zwirbelte sie an dem Saum ihrer Kleides: „Bringe ich die Saver damit nicht auch in Gefahr?"
Aus dem Augenwinkel sah ich wie Devons Kiefer mahlte. Gleichzeitig wurde sein Blick sanft und er nahm Lillith Hand in seine: „Nein tust du nicht."
„Aber wenn ich die Kontrolle -"
„Du wirst hier lernen mit deiner Magie umzugehen", fiel er ihr bestimmt und mit sprühenden Augen ins Wort, „Und ich bin für dich da, um alles andere zu verarbeiten."
Ihre Augen wurden für einen Moment warm, als sie ihn voller Dankbarkeit ansah, dann wurde er wieder von der Leere abgelöst, die man immer dort vorfand.

Jetzt drehte sie ihren Kopf wieder zu mir: „Du wolltest wieder zurück zur Schule, sobald wir die Saver erreicht haben, hab ich recht?"
„Genau", bestätigte ich, „Sobald ich wieder ganz fit bin, aber das wird nicht mehr lange dauern. Meine Magie wird mich nach einmal Schlafen wieder aufgebaut haben. Den Rest hat die Heilerin getan."
Lillith wirkte nicht enttäuscht darüber, aber ein wenig traurig: „Ich werde dich vermissen."
„Ich dich auch."

Lillith stand plötzlich auf und klopfte sich ein wenig Staub von den Knien. Das Licht beschien sie von hinten und ließ ihr Gesicht im Schatten. Aber ihre Augen glänzten nicht, wie sie es bei jedem anderen taten. Sie waren stumpf und ich verzweifelte daran, ihr Inneres zu ergründen. Ich wünschte, ich könnte ihre Gedanken lesen und wissen was die ganze Zeit in ihrem Kopf vorging. Was dachte sie von dem ganzen? Welche Gedanken entstanden aus dieser tiefen Leere?

„Am besten ich lasse euch die Ruhe, die ihr braucht. Ich gebe Sana Bescheid.", Lillith wandte sich zum gehen. Ihre Ballerinas gaben kaum einen Laut auf dem moosbewachsenen Boden.
„Was wirst du tun?", fragte Devon sie, als sie halb bei der Tür war.
„Ich sehe mich hier ein wenig um.", erklärte sie über die Schulter hinweg und verließ die Hütte.

„Fragst du dich auch manchmal was in ihr vorgeht?", wandte Devon sich nun an mich und ich drehte ihm den Kopf zu.
„Meinst du wegen Blutmond und allem?"
Er nickte und sah zur Tür, wo Lillith eben verschwunden war: „Ich sehe nur Leere und Gleichgültigkeit. Manchmal Hass oder Angst aber.... ich habe sie noch nie wirklich lachen sehen."
„Ich auch schon länger nicht mehr", murmelte ich, „Aber hier kann sich das vielleicht ändern. Hier sind Menschen, die sie vielleicht verstehen."
Devons Blick kam wieder zu mir zurück. Er wirkte ein wenig traurig, es schmerzte ihm ebenso wie mir unsere Freundin so zu sehen.
„Das hoffe ich."

Lillith
Sana stand auf der nächsten Plattform. Auf der hier befand sich aber kein Haus oder sowas, es führte einfach eine Hängebrücke direkt weiter.
„Du kannst wieder rein. Danke dass du uns reden gelassen hast."
Sie drehte sich zu mir um und lächelte freundlich. Ihre lockigen Haare hüpften in der sanften Brise.
„Kein Problem. Ich kümmere mich sofort weiter um deine Freunde. Es dauert nicht lange dann sind sie wieder fit."
„Danke, dass du sie geheilt hast.", sagte ich und stellte mich neben sie an das Geländer der Platform. Wir beide stützten uns mit den Unterarmen ab und sahen auf das Geflecht vor und über uns.
„Du hast es mit deiner Magie getan stimmt's?"
Sie nickte und hob ihrer Hand, die darauf golden leuchtete: „Genau. Die Verletzungen waren nicht allzu schwer. Wären sie lebensbedrohlich gewesen, hätte das länger gedauert."

Schweigend sah ich auf ihre Hand. Die dunkle Haut mit einem goldenen Leuchten. Ich war nicht in der Lage jemanden zu heilen. Ich konnte nur zerstören und vernichten.

„Naja. Ich gehe zu deinen Freunden zurück.", sie nickte mir zum Abschied zu.
Ich sah ihr kurz noch hinterher, dann richtete ich meinen Blick wieder geradeaus. Vor mir erstreckte sich das ganze Geflecht und Elementes gingen in kleinen Gruppen oder einzelnt über die Brücken. Das Licht fiel immer noch stellenweise durch das hohe Blätterdach, es musste später Nachmittag sein.

Als eine Brise über meine Haut fuhr, zog ich meine verdreckte Strickjacke um mich. Gleichzeitig knurrte mein Magen laut und erinnerte mich an meinen großen Hunger. Ob Devon oder Alenia schon was gegessen hatten wusste ich nicht, aber ich rechnete stark damit. Sana hatte ihnen bestimmt etwas gegeben.
Aber ich bewegte mich nicht um etwas Essen zu suchen. Stattdessen versuchte ich diesen friedlichen Moment zu genießen. Es gab zu viel, das in den letzten Tagen passiert war, zu viele Eindrücke, zu viele Informationen.

Zum einen war da die Geschichte meiner Mutter.
Sie hatte mich von meinen Vater fortgebracht und mir eine friedliche Kindheit ermöglicht. Ich war weit weg von der ganzen Elementes-Geschichte aufgewachsen. Valentina, so hieß sie, war aber dabei von Huntern getötet worden. Weil sie mich in Sicherheit bringen wollte.
Irina hatte mich an ihrer Stelle großgezogen.
Ich sah auf meine Hände und dachte an das Blut das an ihnen klebte. Was würde sie von mir denken? Was dachte sie überhaupt im Moment? Sie wusste ja nicht einmal wo ich war. Wir hatten zwar in der Schule Briefe geschrieben, aber seit sich die Ereignisse überhäuft hatten nicht mehr.
Sollte ich ihr einen Brief schreiben? Oder sollte ich es einfach lassen? Wenn ich es tat und ihr alles erklärte, würde sie mich dann von sich stoßen? Ich war nicht ihre leibliche Tochter und dazu ein Monster. Nach allem was ich Irina dann erzählen würde, müsste sie mich doch hassen. Vielleicht wäre sie sogar angewidert von dem Wesen, das sie großgezogen hatte.

So vieles war seit dem letzten Brief passiert. Ich hatte mich zu einer Mörderin gewandelt und war geflohen. Dann hatte ich bei einer unschuldigen Familie Schutz gesucht, wo Hunter mich aufgelauert hatten. Meine Magie eingesperrt in Trackles war ich bei Castriel angelangt. Man hatte mich für meine Taten ausgepeitscht, aber Devon hatte mich gerettet. Nach erneuter Gefangenschaft, diesmal bei meinem Vater, war ich jetzt hier. Zerstört, empfindungslos und leer.
Du hast gemordet, betrogen, gelogen... du verdienst es nicht mal mehr zu leben.
Mörderin. Monster.Verräterin.
Du hast kein Stück Menschlichkeit mehr übrig.
Ich werde dich auseinander nehmen und wieder zusammennähen um dich wieder zu brechen. Also überlege dir gut, wie lange du schweigen willst.
Ich hielt mir die Ohren zu, um die Stimmen zum schweigen zu bringen. Aber manches hatte sich in mein Gedächnis eingebrannt und war jederzeit bereit hervorzukommen.

Mein Körper begann zu zittern, als ich die Bilderflut bekämpfte, die mit den Stimmen einher ging. Mühsam konnte ich sie unterdrücken und mich stattdessen auf meine Umgebung fokussieren.

Alleine in der Stille zu seine war eine ganz dumme Idee gewesen. Sobald ich Ruhe hatte, kamen früher oder später die dunklen Gedanken wieder hoch.

Eilig drehte ich mich von dem Geländer weg, um letztendlich doch nach Essen zu suchen. Dabei lief ich geradewegs in jemanden rein, der darauf ein leisen „uff" vernehmen ließ.
Hastig trat ich zurück: „Entschuldige! Ich habe dich nicht gesehen."
Vor mir stand Myalo, der mich missmutig ansah.
„Das habe ich gemerkt.", er verschränkte die Arme vor der Brust und seine schwarzen Augen lagen kühl auf mir, „Verena sagt ich soll dich zum Abendessen bringen. Du weißt sicher nicht, wo es ist."
Er klang nicht gerade begeistert von seinem neuen Auftrag.
„Ok", sagte ich nur.

Kaum hatte ich zugestimmt, fuhr er herum und marschierte mit großem Schritten los. Ich kam schnell hinterher, hatte aber ein wenig Mühe mit ihm mitzuhalten.
So folgte ich ihm zum Abendessen.

Wo die anderen Prodigias sein würden.

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