Die Verlierer - Könige der Pl...

By traumjaegerin

59.9K 6.3K 9.4K

[TEIL 1] Man soll sich seine Freunde nah halten und seine Feinde noch näher. Das ist Jays Devise, denn immerh... More

1 | Gewinnen
2 | Mutig oder verdammt dumm
3 | Alkoholische Freiheiten
4 | Keine Regeln
5 | Alles nur ein Spiel
6 | Saufen und scheitern
7 | Respektlos
8 | Kleinkriminell
9 | Kippen, Vokabeln, Planlosigkeit
10 | Respekt durch Freundschaft
11 | Mathe und MDMA
12 | Saufen im Kinderzimmer
13 | Kontrollverlust
14 | Von Katzen und Katern
15 | Nur bis Physik
16 | Zwischen Gewalt und Ganja
17 | Chancen und Niederlagen
18 | Federico geht saufen
19 | Jenseits von Moral
20 | Warum Schwänze verdammt praktisch sind
21 | Titten oder Teleskope
22 | Auf anderen Planeten
23 | Kein Platz für Freundschaft
24 | Das Gesocks und seine Paläste
25 | Unbesiegbar
26 | Gemeinsamkeiten
27 | Ballerspiele und Gangsterfilme
28 | Ekstase
29 | Blaues und rotes Licht
30 | Gefrorene Kirschtorte
31 | Ehrgeiz
32 | Fast Freunde
33 | Ritalin und Rumcola
34 | Genauso grob, genauso rücksichtslos
35 | Zukunftsvisionen
36 | Koste es, was es wolle
37 | Distanz
38 | Woran denkst du beim Wichsen?
39 | Keine Könige mehr
40 | Sternenscheiß
41 | Kotze im Papierkorb
42 | Niemals entschuldigen
43 | Viel zu schön
44 | Ekelhafte Sommernächte
45 | Dreiste russische Schönheiten
47 | Am besten keine Gefühle
48 | Gewaltfrei
49 | Keine Kompromisse
50 | Das machen Freunde nicht
51 | Wodka Melone
52 | Niemals
Tausend-Follower-Special
Ankündigung

46 | Voll schwul, Alter

953 101 149
By traumjaegerin


Mein Herz klopfte ein wenig schneller, während ich mir vorstellte, wie ich meine Kunden wohl am besten ansprechen würde. Verdammt, mit einem Mal war mein Kopf ganz leer. Was sagte man in so einem Moment, ohne wie ein lächerlicher Poser zu wirken?

Ey, willste was?

Willst was kaufen?

Ja, klar, dann klang ich garantiert wie der nächste Undercover-Bulle oder so. Wie hatten die Dealer gesagt, bei denen ich bisher gekauft hatte? Keine Ahnung. Ich zog noch einmal an meiner Zigarette, so tief, dass bereits der Filter anbrannte, und schmiss sie dann auf den schmutzigen Boden, um sie auszutreten. Scheiß Herz. Das nervte mit seinen wummernden Schlägen und warum war es überhaupt der Meinung, dass irgendwas hieran aufregend war? War es nicht, verdammt.

Vielleicht wartete ich auch einfach darauf, bis mich jemand von selbst ansprechen würde. Wenn ich nur am richtigen Ort rumstehen würde, sollte das doch gar nicht so lange dauern. Als die nächste U8 einfuhr, stieg ich ein, mit dem Ziel zum Görli zu fahren. Ich blieb in der Nähe der Tür stehen und behielt meine Hand um das Gras geschlossen, dabei war das doch total unnötig.

Hier waren keine Bullen, die auf mich aufmerksam werden könnten und selbst wenn, würden die mir nichts tun. Hatte ich doch gerade selbst erlebt. Mehr als Sozialstunden hatte ich im Moment eh nicht zu befürchten und ganz ehrlich, ein Knastaufenthalt würde mir auch nicht schaden.

Es dauerte nicht besonders lange, bis ich durch die mittlerweile dunklen Straßen lief und den Parkeingang erreichte. Tarek war nicht zu sehen, genauso auch sonst niemand, den ich kannte. Gut so. Das wäre bei dieser ganzen Sache nur hinderlich. Drüben beim Parkhaus standen ein paar Typen mit einem aufgetunten BMW, aus dem ein lauter Song mit schweren Bässen klang, manchmal überlagert von den Stimmen der Gruppe. Ich blieb neben dem Tor stehen und lehnte mich gegen die Mauer, der Gestank von Pisse stieg mir in die Nase.

Dann wartete ich. Stand mit einer Hand in der Hosentasche und einer Kippe zwischen den Lippen rum und sah zu, wie die Kerle irgendwann in den BMW einstiegen, die Türen zuschlugen und mit laut aufheulendem Motor losfuhren. Wie zwei Junkiebräute über die Wiese liefen und in dem siffigen Klohäuschen hinter dem Parkeingang verschwanden.

Niemand kam auf mich zu und sprach mich an. Auch nicht, als die beiden Weiber die Toilette wieder verließen und davor rumhingen, sich noch ein paar andere Leute zu ihnen gesellten. Die sahen genauso fertig aus, das konnte ich trotz der Entfernung erkennen.

Absolut nichts geschah.

In meinem Magen lag die Erinnerung an vorhin, so schwer als wäre sie der ekelhafte Döner mit lediglich Gammelfleisch und verwelktem Salat, den es in diesem Laden hinter der Schule gab. Egal, wie sehr ich versuchte, diesen Momente zu verdrängen, ich schaffte es nicht.

Immer wieder wurde mir klar, dass ich mir vorgestellt hatte, wie ich Fede, diesen verfickten Streber, küsste. Ich sollte das widerlich finden wie jeder andere Kerl, den ich kannte und nicht auch noch drauf wichsen, verdammt.

Ich krallte meine Hand fester um das Gras in meiner Hosentasche, biss die Zähne aufeinander. Mittlerweile waren nicht weit von mir entfernt zwei Typen aufgetaucht, die aussahen, als würden sie ebenfalls dealen.

Ich würde mich darauf konzentrieren, einfach diese Scheiße durchzuziehen. Und zwar jetzt sofort. Die Drogen loszuwerden und gut war's. Ich wandte mich den Leuten zu, die immer noch vor dem Klohäuschen herumstanden. Könnte die ja einfach ansprechen. Mehr als schiefgehen konnte es nicht und ganz ehrlich, auf den Respekt von ein paar so dahinvegetierenden Junkies konnte ich auch verzichten. Ich ließ nochmal meinen Blick über den Parkeingang gleiten bis hin zur Straße, wo eben Pizzabote auf einem Roller, dann ein weißer Lieferbus vorüberfuhr.

Was, wenn ich auf Kerle stand?

Auf einmal war der Gedanke in meinem Kopf, verhakte sich in meinem Gehirn und ließ sich nicht mehr verdrängen.

Niemals war ich schwul. Auf gar keinen Fall. Ne, dafür hatte ich zu oft auf Titten und geile Weiber gewichst.

Vielleicht ja bi.

Na und? War ja nichts dran. Verdammt, war doch auch scheißegal, ob man jetzt auf Männer oder auf Frauen oder auf beides oder worauf auch immer stand. Ich war deswegen nicht weniger krass oder so, das hatte darauf absolut keinen Einfluss. Ich musste ja nichts mit einem Kerl anfangen und wenn doch, durfte es halt keiner erfahren. Ganz einfach.

Es war absolut kein Problem.

Aber es war verfickt unpraktisch. In einem Viertel, in dem Homosexualität quasi gar nicht existierte und es das wichtigste für einen Kerl war männlich zu sein, konnte ich nicht einfach herumrennen und schwul sein. Schwul, Alter. Wie das klang. Nach tuntigen Kerlen, die viel zu hoch sprachen und übertriebene Gesten machten.

Verdammt, stopp. Ich würde jetzt nicht an diesem Scheiß verzweifeln, sondern das machen, was wirklich wichtig war. Der Rest spielte keine Rolle.

Entschlossen ging ich los und steuerte auf die Gruppe zu. Es waren vier, fünf Leute mit fettigen Haaren und ausgemergelten Gesichtern, alle ein bisschen älter als ich. Vielleicht um die zwanzig oder so, ganz richtig konnte ich das nicht einschätzen, weil sie alle ein bisschen wie alte Menschen wirkten.

»Braucht ihr was?«, fragte ich und versuchte zu ignorieren, dass sich mein Herzschlag wieder beschleunigte, die Aufregung meine Stimme nicht fest genug klingen ließ. »Also Drogen oder so«, setzte ich eilig hinzu und hätte mir dafür am liebsten auf die Zunge gebissen. Wie hart konnte man eigentlich wie der letzte Spast klingen.

»Was hast'n?«, fragte ein Mädel mit schwarzgefärbten Haaren und hektisch umherflackerndem Blick. Sie zog an einer selbstgedrehten Zigarette.

»Gras?« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah sie abwartend an. Roch den Geruch von Schweiß und Bier. Ekelhaft, wie man sich so gehen lassen konnte und Drogen so viel Macht über sich gab.

»Und sonst?« In ihrer Stimme lag etwas Flehendes und ihre Augen blieben stets nur für einen Sekundenbruchteil an mir hängen, rasten dann wieder über die Parkmauer, das Klohäuschen, ihre Freunde, die beiden anderen Dealer am Eingang.

»Nichts.« Ich rotzte auf den Boden, dessen Asphalt an ein paar Stellen aufgebrochen war.

Ein dürrer Kerl, der im Schneidersitz auf dem Boden saß und eine Bierdose vor sich stehen hatte, lachte auf. Warum auch immer das jetzt lustig war. »Ne, lass mal.«

»Wie viel willst?« Die Schwarzhaarige sah mich wieder an. Ihr ausgeleiertes Shirt war über ihre Schulter gerutscht und offenbarte einen schmutzigpinken BH-Träger.

»'n Zehner.«

»Alter, das ist viel zu viel.« Sie schob sich eine Strähne zwischen die Lippen und begann nervös darauf herumzukauen.

»Soll ich's dir schenken oder wie?« Ich lachte voller Spott auf, während das Adrenalin durch meinen Körper schoss, mich hellwach fühlen ließ. Ich war bereit für das und alles andere, was kommen würde.

»Fünf Euro? Das 'n ganz normaler Preis hier«, sagte sie kopfschüttelnd und legte mir ihre Hand mit dem Kippenstummel zwischen den Fingern auf den Oberarm. Ihre Nägel waren bis aufs Fleisch abgeknappert, mit roten Lackresten drauf. »Bitte, für mich. Komm. Fünf Euro.«

»Pack mich nicht an!«, zischte ich und riss meinen Arm weg. Als ob ich mich von so ekelhaften Weibern anfassen lassen würde. Oder auf solche billigen Tricks reinfallen.

Der Typ auf dem Boden rappelte sich auf und schwankte zur Seite, kippte dabei versehentlich seine Bierdose um. »Ey, du tust ihr nicht weh, is' das klar?«, lallte er.

»Komm, verpiss dich jetzt, wir brauchen keine so nervigen dreckigen Dealer«, fuhr mich ein anderer an, über dessen Arme sich Einstichwunden zogen, die wie aufgekratzte Mückenstiche aussahen.

Ich biss meine Zähne aufeinander. Verdammt, warum funktionierte das hier nicht wie gewollt? Warum kauften mir diese Drecksgestalten nicht einfach das Gras ab?

Wahrscheinlich war es auch eine beschissene Idee gewesen, ausgerechnet ein paar Junkies anzusprechen.

»Sag mir nicht, was ich tun soll.« Ich warf ihm einen Moment lang einen drohenden Blick zu, dann wandte ich mich ab. Brachte jetzt auch nichts, mich auf so einen unnötigen Stress einzulassen.

»Mann, ich will jetzt aber was!«, hörte ich das Mädel kreischen, als ich auf den Parkausgang zusteuerte. Die war ja echt komplett durch.


Es war irgendwann weit nach Mitternacht, als ich am Kotti das Gras tatsächlich loswurde. An so einen Hipstertypen mit Vollbart, der es bestimmt zum ersten Mal gewagt hatte, sich aus Prenzlauer Berg rauszubewegen.

»Danke«, grinste er, als wir Ware gegen Geld getauscht hatten. »Dir noch'n schönen Abend.«

Ich nickte ihm zu, dann ging ich die Treppen zur U-Bahn nach oben. Dort ließ ich mich auf der Metallbank nieder und kramte meine Kippen raus. Zündete keine an, sondern drehte nur die Schachtel zwischen den Fingern. Hinter den schmutzigen Fenstern auf der anderen Seite des Gleises wurde es langsam hell.

Irgendwie fühlte sich die ganze Scheiße ernüchternd an. Nicht so krass, wie ich eigentlich erwartet habe. Vielleicht weil das alles so lange gedauert hatte. Ich starrte auf meine Zigarettenschachtel, die ich in die Luft warf und wieder fing.

Aber hey, ich stand halt nun mal noch am Anfang. Beim nächsten Mal würde das schon viel besser klappen und irgendwann hätte ich eh genug Kunden, als dass ich mir über so einen Scheiß noch Gedanken machen musste.

Was Fede wohl sagen würde, wenn er erfährt, dass ich jetzt mit Dealen angefangen hatte? Bestimmt was total Unerwartetes, dass er es gut fand, wie ich meine Träume realisierte.

Alter.

War doch scheißegal. Ich fing meine Schachtel wieder auf und schloss meine Finger so fest darum, dass ich fast die Kippen zerdrückte. Lockerte sie wieder. Fede würde mich garantiert auslachen und mir einen dummen Spruch drücken, wüsste er, was ich mir hier für bescheuerte Gedanken machte. Wüsste er, dass ich beim Wichsen an ihn gedacht hatte.

Ich würde ihn ganz einfach so hart abfucken, dass er keinen Bock mehr auf mich hatte.

Scheiß auf den.  

Continue Reading

You'll Also Like

15.2K 1.2K 51
Ein Feuer bei Louis, welcher seit dem er 14 war, alleine wohnt. Er verliert alles außer dem, was er greifen konnte. Doch was passiert danach? Wohin m...
NOAH | ✓ By ☾

General Fiction

716K 45.4K 69
»Manche Menschen sind ein Geschenk, andere eine Strafe.« »Dann bist du eindeutig das ätzende Fegefeuer, Kugelfisch.« »Und du Pest und Cholera, N...
223K 8.9K 96
Was wärst du bereit zu tun, wenn deine Familie in Schwierigkeiten steckt? Was, wenn der Prinz von London dich zu seinem Eigentum ernennen will? Nicht...
15.1K 786 19
Alex, auch Furdis genannt, ist 17 Jahre alt, groß, schlank, braunhaarige und geht in die 11. klasse. Mitten im Schuljahr jedoch, kommt ein neuer Schü...