Lost Times - Gestohlene Nacht...

By DMM199515

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„Ob ihr für den Kampf, die Blumen, das Wissen, die Kunst gekommen seid - wir unterrichten alles." Im Leben vo... More

Prolog

Kapitel 1

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By DMM199515

In dreihundert Jahren,
der Spross des Bösen

Ein Schritt.

Geheimnis wird wahren,
das Rätsel wird lösen.

Zwei Schritte.

In dreihundert Jahren,
der Spross des Bösen

Gleich waren sie an der Tür; wieder zu Hause.

Sein Wissen wird wahren,
von Qualen erlösen.

Endlich Ruhe.

In dreihundert Jahren,
der Spross des Bösen

Das Gedicht konnte er mittlerweile auswendig,
auch darum musste er sich keine Sorgen mehr machen.

Die Mächte wird wahren,
die Mächte des Bösen.

Kein Druck mehr, einfach ausruhen. Das Gedicht auswendig zu lernen hatte er hinter sich, was gut war, denn er wollte an diesem Abend keinen Schuldruck mehr haben. Als sein Vater Thomas die Tür zum Haus aufschloss, legte er, Tom, sich direkt im Wohnzimmer aufs Sofa. Seine Schwester Lena verschwand direkt auf ihr Zimmer, und seine Mutter Ina ging in die Küche, sich etwas zu Trinken zu holen. Doch gerade, als Tom sich hingelegt hatte, fiel sein Blick auf den leblosen Körper, der am anderen Ende des Raumes neben eine Teetasse auf den Tisch gekippt war.
„Oh. Mein. Gott."

Eigentlich war die Familie Schäfer eine ganz normale Familie der Mittelschicht, komplett ohne interessante Vorkommnisse, die irgendwie unerwartet kommen würden. Ein stinknormales Leben, in dem nichts passierte, was einen total aus der Bahn werfen würde.
Doch dieser Sonntagabend war anders.
Sie waren gerade von ihrem Tagesausflug zurückgekehrt, während welchem die Oma auf den Hund der Schäfers aufgepasst hatte. Der Hund war blond, süß und hieß Charlie. Die Oma war alt, nicht blond und hieß Gertrud, und statt blond zu sein, hatte sie weiße Haare. Doch wie sie da so lag, sah nicht besonders gesund aus.
„Gertrud?", fragte Ina ihre Schwiegermutter, als sie mit ihrem Getränk ins Wohnzimmer kam – sie wohnten in einem quietschgrün angestrichenen Haus an einer T-Kreuzung, welches Toms Mutter von ihren verstorbenen Eltern geerbt hatte, wobei sie eigentlich nie über ihre Vergangenheit redete. Mit dem Satz „Meine Eltern starben bei einem Autounfall als ich noch ganz klein war" war immer alles getan. Das Haus war ein eigentlich normales Einfamilienhaus, mit Keller, Dachboden, Garten und – im Gegensatz zu den meisten Häusern – zusätzlich zum Erdgeschoss gleich noch zwei Obergeschossen. Im ersten Obergeschoss waren Badezimmer und Schlafzimmer der Eltern, und im zweiten Obergeschoss waren Toms Zimmer und das seiner älteren Schwester Lena.

Als Ina merkte, dass ihre Schwiegermutter nicht antwortete, wurde sie unruhig. „Gertrud, geht es dir gut?" Doch noch immer reagierte sie nicht. Nun wurde auch Thomas, Toms und Lenas Vater, unruhig. „Mama?" Was war passiert? Warum antwortete sie nicht? Irgendwas stimmte da doch nicht. Thomas fühlte ihren Puls - sie lebte, aber nur noch sehr knapp. „Ina, ruf die 112, schnell!"

Der Angst stand allen noch ins Gesicht geschrieben, als Thomas, ein großer, kräftiger Mann mit dunkelbraunem, von hunderten vom Alter grauen Strähnen durchzogenem Haar und blaugrauen Augen zur Tür ging, um dem Notarzt die Tür zu öffnen. „Eure Oma war doch heute Morgen noch topfit!", meinte er zu den Kindern, welche Tom, der dreizehn, und Lena, die vierzehn Jahre alt war waren. „Ich weiß nicht was da passiert ist, aber normal war das nicht. Und sie ist auch vollkommen kalt." Ina bestätigte dies, während Thomas dem Arzt die Situation erklärte. „Stimmt genau. Gertrud hat am Samstag noch gegen mich in One-Two-Switch beim Boxen gewonnen." Sie war ebenfalls groß, und nicht gerade dick. Doch im Gegensatz zu ihrem Mann hatte sie orangerotes Haar, das ihr bis zur Gürtellinie hing, sodass sie es nur selten offen trug. Doch an den Kindern konnte man die Eltern nicht erkennen, denn sie waren ihren Eltern ganz und gar nicht „Wie aus dem Gesicht geschnitten". Wenn man sie nicht kannte, hätte man sie für adoptierte Zwillinge halten können, doch sie waren beides nicht: Beide waren blond und beide waren von der Höhe her irgendwo zwischen durchschnittlich groß und überdurchschnittlich groß, wobei Lena allerdings ein wenig größer war als Tom, woran man vielleicht auch den Altersunterschied der Beiden, der ein Jahr betrug, erkennen konnte. Sie hatten auch beide blaugrüne Augen, wobei sie das Grün von ihrer Mutter hatten. Allerdings hatte Lena, anders als Tom, lange Haare. Genau so lang wie die des Notarztes, der mittlerweile mit seinen Untersuchungen fertig war. „Es ist sehr verwirrend", meint er. „Ihre Mutter müsste eigentlich tot sein – sie hat weder Puls noch Atmung. Und trotzdem hat sie sich gerade bewegt." Der Arzt machte eine kurze Pause, während welcher Tom bemerkte, wie angsteinflößend die hellblauen Augen des Arztes in Kombination mit seiner tiefen Stimme wahren. Sicher nicht optimal als Arzt. „Ich werde sie zu weiteren Untersuchungen mit ins Krankenhaus nehmen. Vorher aber noch ein Paar Routinefragen fürs Protokoll: War irgendjemand in der Nähe, als sie gestorben ist? Haben Sie irgendetwas Auffälliges bemerkt? Könnte sie sich vielleicht irgendwelche Nahrungsmittel genommen haben, die ihr nicht bekommen sind?" Thomas überlegte eine Weile. Schließlich sagte er: „In der Nähe war niemand, neben ihr stand eine halb volle Teetasse, und sie nimmt keine Medikamente, allerdings weiß ich weder, wovon meine Mutter alles meint, es würde im Tee gut schmecken, noch worauf sie allergisch ist." Jetzt, wo sein Vater von Gertud in der Gegenwart sprach, merkte Tom, dass der Arzt in der Vergangenheit von Gertrud gesprochen hatte – direkt nachdem er gesagt hatte, dass sie am Leben war? Und, warum wollte er sie zu Untersuchungszwecken mitnehmen, statt zur Reanimation? Kurz darauf war der Arzt jedoch bereits abgefahren.

Als Tom danach in sein Zimmer gegangen war, musste er sich erst einmal hinlegen und das eben geschehene verarbeiten. „Das war bestimmt nur ein normaler Arzt", meinte Lena, die sich zu ihm gesetzt hatte. „Da ist sicher nichts weiter dabei, auch Ärzte können gestresst sein und das, was sie eigentlich sagen wollen, verwirrend formulieren." Nicht ganz überzeugt, aber doch beruhigt akzeptierte Tom die Worte seiner Schwester. Es war schon abends, und morgen würde Tom eine Mathearbeit schreiben sowie beweisen müssen, dass er das Gedicht auswendig konnte. Also überredete er seine Schwester, nun bitte sein Zimmer zu verlassen und versuchte baldmöglichst schlafen zu gehen – es würde ein langer Tag werden.

Am nächsten Morgen war zuerst alles normal. Aufwachen, anziehen, frühstücken, zum Bus gehen. An der Schule angekommen verließ Tom den Bus, der ihn hergebracht hatte, und betrat die Schule durch den Haupteingang. Die Schule war groß, grau und hässlich, und um zum Eingang zu gelangen, musste man zuerst über den großen, baumlos gepflasterten Schulhof an der Sport- und Schwimmhalle vorbei gehen. Innerhalb des Schulgebäudes sah es nicht viel besser aus als von außen, und doch waren die Flure voll von Schülern. Dass sich alle an dieser Schule anmeldeten, lag wohl daran, dass es im erreichbaren Umfeld kein weiteres Gymnasium gab.
Tom musste, um zu seinem Klassenraum zu gelangen, sich zuerst durch die Menschenmassen, die die Schulstraße füllten quetschen, um zum Ende das Flures zu gelangen und die erste Treppe links nehmen, um in den zweiten Stock zu gelangen. Hier war es schon leerer, und außer den Schließfächern, die den Gang säumten, und den Leuchtstoffröhren, die von der Decke hängend ein kaltes, weißes Licht abgaben, sah man nur Schüler, die an den Wänden des Ganges saßen, darauf wartend, von ihren Lehrern in die Klassenräume gelassen zu werden. Raum 114, Raum 115... ah, da war er ja, Raum 118. Als erstes hatte Tom an diesem Tag Geschichte, was noch zu den Fächern gehörte, die in Klassen statt in Kursen unterrichtet wurden; deshalb fand Tom auch schon seine Klassenkameraden sitzend neben der Tür vor. Er wollte sich gerade zu seinem Freund Luc setzen, als auch schon die Geschichtslehrerin schnellen Schrittes den Gang entlang gelaufen kam. Den richtigen Schlüssel bereits in der Hand, ging sie ohne Umwege auf die Tür zu, um sie zu öffnen und den Unterricht nach Möglichkeit pünktlich zu beginnen. „Hoffentlich nimmt sie mich gleich nicht dran", meinte Luc. „Ich habe nicht gelernt." Ach ja, das Gedicht. Vielleicht lernten sie ja heute mehr darüber, was es zu bedeuten hatte – schließlich hatten sie es als Hausaufgabe über das Wochenende auswendig lernen müssen. Zu irgendetwas musste es ja nützen.

„Also" begann die Lehrerin, Frau Hako, als sich alle gesetzt hatten und die Begrüßung vorüber war. „Ihr hattet Hausaufgaben." Ein allgemeines Stöhnen ging durch die Klasse. „Aber Sie haben uns doch gar keine Hausaufgaben aufgegeben!", kam es von hinten. Na klar, irgendwer musste ja immer vorlaut sein. „Falsch, ihr hattet sehr wohl welche auf, was das Klassenbuch auch bestätigen kann. Und da der Klassenbuchdienst ja immer drüberschaut, ob das, was der Lehrer als Stundeninhalt geschrieben hat, korrekt ist, könnt ihr da auch nichts gegen sagen." Natürlich wusste auch Frau Hako, dass der Klassenbuchdienst zu faul für so etwas war, jedoch hatte so auch niemand mehr die Möglichkeit, ihr zu widersprechen, beziehungsweise die Behauptung, es hätte keine Hausaufgaben gegeben, als Ausrede zu verwenden. Was sicherlich einige getan hätten, da sowieso selten mehr als die Hälfte der Klasse die Geschichtshausaufgaben hatte. „So, wer möchte das Gedicht denn mal vortragen? Luc?" Oh je, das war ja klar. Luc setzte gerade zu einer Ausrede an, da kam die Rettung. „Oder nein, warte", meinte Frau Hako, „Ich denke, das könnte besser Tom machen; schließlich habe ich von dir, Tom, ja in letzter Zeit eher weniger gehört." Erfreut, dass er rechtzeitig angefangen hatte zu lernen, fing Tom an zu reden: „In dreihundert Jahren, der Spro..." Doch er wurde unterbrochen. „Nein, warte, stell dich besser mal hin und geh zum Pult, damit du zur ganzen Klasse vortragen kannst." Also ging Tom vor zum Pult, drehte sich zu Klasse und fing an vorzutragen.

„In dreihundert Jahren,
der Spross des Bösen
Geheimnis wird wahren,
das Rätsel wird lösen.

In dreihundert Jahren,
der Spross des Bösen
sein Wissen wird wahren
von Qualen erlösen.

In dreihundert Jahren,
der Spross des Bösen
die Mächte wird wahren
die Mächte des Bösen."

„Super, Tom, du kannst dich wieder setzen." Während Tom gesprochen hatte, hatte die Lehrerin an der Tafel einen langen Zeitstrahl angezeichnet, der vom Jahre 1300 nach Christus bis in die heutige Zeit reichte. „Was meint ihr, wann dieses... Gedicht geschrieben wurde?" Sie schaute durch die Klasse, und als sie sah, dass Luc sich meldete, freute sie sich: „So, Luc, jetzt aber. Wo du doch gerade schon nicht dran kamst." Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Also, ich würde schätzen, dass dieses Gedicht bereits recht alt ist und vielleicht aus dem sechzehnten Jahrhundert stammen könnte", meinte der Angesprochene. Kaum hatte er seine Schätzung ausgesprochen, drückte ihm seine Lehrerin auch schon ein Stück Kreide in die Hand, mit der Aufforderung, die Schätzung am Zeitstrahl einzutragen. Sie wartete nicht, bis er fertig war, sondern fragte direkt weiter, ob noch jemand eine Schätzung abgeben wollte. „Drei noch, Liza, James und dann Tom noch", wählte sie drei Schüler aus, ihre Schätzungen abzugeben. Selbstbewusst ging Liza auf die Tafel zu, um ihre Schätzung anzuzeichnen. 1800, sie schätzte also, dass die dreihundert Jahre noch lange nicht um waren. Als nächstes kam James, welcher eben noch versucht hatte, Frau Hako zu überzeugen, sie hätte keine Hausaufgaben aufgegeben. Seine Schätzung – 1366 – ließ vermuten, dass er in Betracht zog, dass das Gedicht, das sich so stark nach einer altertümlichen Prophezeiung anhörte, sich 1666 mit dem großen Feuer von London erfüllt hatte. Als letztes war Tom an der Reihe, der seine Schätzung im Jahr 1717 setzte. Er hatte sich ein wenig an Lizas Schätzung orientiert, teils, weil sie ziemlich gut in der Schule war, teils, weil er sie durchaus mochte – vielleicht mehr, als er zugeben wollte. Doch das war jetzt irrelevant, denn jetzt wollte er erst einmal wissen, was es denn nun mit diesem Gedicht auf sich hatte.
„Zuallererst", stellte Frau Hako klar, als sich alle wieder gesetzt hatten, „Das Gedicht, das ihr auswendig gelernt habt, ist eine Prophezeiung." Also hatte Tom richtig vermutet. „Und bevor ich euch sage, wer am nächsten am tatsächlichen Entstehungsjahr dran war, fange ich an, indem ich euch sage, welche zwei der Schätzungen mit ziemlicher Gewissheit ausschließen können – Die beiden frühesten. Denn auch wenn die Tatsache, dass das Prophezeite noch nicht eingetreten ist, weder für die These, dass die Prophezeiung wahr ist, noch für die These, dass sie falsch ist eine hundertprozentige Garantie ist, so wissen wir doch mit ziemlicher Sicherheit, dass die Prophezeiung – ob nun wahr oder nicht – noch nicht mehr als dreihundert Jahre alt ist. Nun, auch Liza ist leider nicht am nächsten dran, bleibt nur Tom! Ich gebe zu, ihr hattet keinerlei Anhaltspunkte um irgendwie herauszufinden, was das korrekte Jahr ist, und auch Tom hat falsch geraten." Nach einer kurzen Dramatikpause fuhr sie fort: „Das korrekte Jahr wäre 1720 gewesen. Gundelia die Ungläubige war eine von Vielen verachtete, aber auch oft hoch geschätzte Hexe und – wenn man sie so nennen will – Prophetin. Nicht zu verwechseln mit religiösen Propheten die angeblich von irgendeinem Gott gesandt wurden. Nun, in ihrer dokumentierten Lebzeit von 1703 bis 1806 hat sie viele verschiedene solche Voraussagungen gemacht, mit derjenigen, die ihr auswendig hattet lernen sollen, als ihr Debüt. Es gab weitere, von denen manche sich erfüllt, und manch andere als Flop herausgestellt hatten. Ihre erste Prophezeiung ist jedoch eine der interessantesten, da sie eine der wenigen ist, deren prophezeite Zeit noch nicht gekommen ist; die noch nicht abgelaufen sind, wenn man es so sagen will."
Den Rest der Stunde über gab es nur noch Arbeitsblätter zum Leben und Wirken Gundelias, dann klingelte es endlich zur Pause.
„Die ist doch beknackt", meinte Luc, als sie den Klassenraum verlassen hatten und außer Hörweite waren. „Glaubt die ernsthaft, nächstes Jahr kommt irgendein böser auserwählter Typ und erlöst irgendwen von Qualen oder so?"
„Hm? Sorry, ich war gerade gedanklich woanders", meinte Tom. Kurz schaute er noch Liza nach, wie sie am anderen Ende des Schulhofs in Richtung Mensa verschwand. Doch auch auf Lucs Wiederholung hin wusste Tom nichts dazu zu sagen. Lieber setzte er sich mit Luc auf eine Bank und lernte noch mal für Mathe.

Eine – durch das Lernen – sehr lange Viertelstunde später ertönte das verhängnisvolle Klingeln der Pausenglocke, die den Schülerinnen und Schülern, die gerade angefangen hatten, Spaß an der Pause zu haben, erklärte, sie müssten jetzt wieder in den Unterricht. Dies war für Einige kein Problem, für Andere schon eher. Es schrieb nun mal nicht Jeder jetzt eine Arbeit.

Zum Glück zahlte sich das Lernen jedoch aus, was man daran merken konnte, dass Tom und Luc als zwei der ersten Fünf abgeben konnten. Der Trick war, zu verstehen, was die Aufgabe von einem wollte, und sich dann daran zu erinnern, wie man das Problem lösen musste. Kurz darauf tauchte jedoch ein Problem auf, von dem sie nicht gelernt hatten, es zu lösen: Jemand klopfte an der Tür, öffnete sie und warf einen Papierflieger direkt auf Toms Tisch. Es war Oma Gertrud.

Hey, Tom, es geht mir wieder gut! Sag's Lena, aber erzählt
euren Eltern noch nichts! Kommt um 4 Uhr zu mir!


Er teilte Lena die Neuigkeiten sofort mit, als er sie in der zweiten Pause fand; er brauchte nur auf den Schulhof „Lena!" Er war gar nicht mehr zu stoppen. „Oma geht's gut!!" „Was?" lautete Lenas geistreiche Reaktion. „Oma Gertrud", fing Tom an zu erklären, „Ist gerade bei mir in den Matheunterricht geplatzt und hat mich mit einem Papierflieger abgeworfen."
„Du verarschst mich."
„Nein! Hier, ich kann dir den Zettel Zeigen! Wir sollen wohl um 4 Uhr zu ihr nach Hause und unseren Eltern nichts sagen."
„Hm."

Als die beiden Geschwister dann nach Schulschluss auf dem Nachhauseweg in ihre Straße einbogen, sahen sie bereits, dass die Polizei da war. Oder zumindest ein Polizeiauto. „Schlechte Neuigkeiten", begann Thomas, als er seinen Kindern die Tür öffnete. „Oma ist wohl jetzt doch noch gestorben." Irgendwie wirkte er nicht ganz normal, so als wäre er gar nicht richtig da. Im Wohnzimmer warteten bereits zwei Polizisten darauf, endlich weiterreden zu können; so ungeduldig wie sie zu sein schienen. „Nun", begann einer der Polizisten, „Im Tee der verstorbenen Frau Schäfer wurde eine vermutlich tödliche Substanz gefunden, welche von keinem unserer besten Wissenschaftler zugeordnet werden konnte." Was war der Grund, weshalb sie zu vertuschen versuchten, dass Gertrud noch lebte? Wussten sie es vielleicht schlichtweg einfach nicht? „Wir vermuten, dass diese Substanz eine bisher unbekannte Kräuterspezies ist, aber wir sind uns nicht sicher. Doch unsere Wissenschaftler und Maschinen haben sich auf keinen Fall geirrt, denn wir haben alles mehrmals nachgeprüft und konnten es einfach nicht glauben: diese Kräuterart hat eine unmögliche Genetik und dürfte deshalb eigentlich gar nicht existieren – und deshalb fragen wir uns ob das überhaupt ein Kraut ist. Aber auf jeden Fall bleiben wir dran und benachrichtigen Sie über jedwede Neuigkeit. Auf Wiedersehen." Und mit diesen Worten entfernten sich die Polizisten schnellen Schrittes vom Haus der Schäfers und ließen sie verwirrt zurück.
„Bis gleich, dann", sagte der eine, als er in seinen Wagen stieg.
„Bis gleich", erwiderte der mit den braunen Augen. Auch er machte sich jetzt auf den Weg zu seinem Wagen.
„Hey", sagte er, als er an seinem Wagen angekommen war. Jemand versperrte ihm die Tür. „Könnten Sie vielleicht die Tür freimachen? Ich muss zurück zur Wache." Der Mann reagierte nicht. „Machen Sie die Tür frei!" Auch jetzt reagierte der Mann nicht, er starrte den Polizisten nur hungrig mit seinen hellblauen, unnatürlichen Augen an.
Natürlich kannte der Polizist den Mann nicht, doch Tom und Lena hätten ihn sofort erkannt.
Es war der gruselige Arzt vom Vortag.

Zurück im Haus der Familie Schäfer aßen sie gerade zu Mittag, und die Geschwister erzählten erstmal nichts von der leicht peinlichen Klassenraumgeschichte, genau, wie Gertrud es angeordnet hatte. Sie waren ja jetzt schon durch den Wind genug. Doch trotzdem herrschte selbst unter den Kindern bedrücktes Schweigen. Sie rührten ihr Essen nicht an. „Was ist denn mit euch los?", fragte Ina. „Habt ihr denn keinen Hunger?" Doch, sie hatten Hunger. Und zwar großen. Allerdings lag ihnen die Sache mit ihrer Oma noch schwer im Magen. Es war wie Folter, die Schnitzel auf dem Tisch liegen zu sehen, und nichts davon essen zu können. „Wir haben keinen Hunger", log Lena.

Nach dem Essen mussten die Geschwister warten. Als es dann endlich kurz vor vier war, waren Thomas und Ina glücklicherweise Einkaufen, sodass Tom und Lena ungestört zum Haus ihrer Oma gehen konnten, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
„Schnell, kommt rein", sagte Gertrud, als sie ihren Enkelkindern die Tür öffnete. „Ich habe euch Einiges zu erzählen."

Kaum hatte er das Haus betreten, bemerkte Tom auchschon die schwebenden Feuerkugeln, die das Haus erleuchteten.
„Elementarmagie", erklärteGertrud ganz selbst verständlich. „Das lernt ihr auch, sobald ihr am Internatseid, und da müsst ihr auch schnellstmöglichst hin. Es gibt nämlich Magie, undes gibt diese Schule, und solange ihr nicht dort seid, und lernt eure Magie zubändigen, seid ihr in Gefahr."
Sie drehte sich zu Tom um, der noch immer die Lichter bewunderte.
„Ist Lena nicht mit dirhereingekommen, Tom?", fragte Gertrud. Tom hatte im Staunen Lena komplett vergessen,jetzt drehte auch er sich um. „Lena, wo bist du?"
Schnell gingen Tom und seine Oma zurück zur Tür. Durchs Fenster konnten siegerade noch sehen, wie Lena, in Handschellen und geknebelt, von einemPolizisten in einen Bulli gestopft wurde.
In dem Moment drehte derPolizist sich um und schaute Tom direkt durchs Fenster an.
Es war der Polizist von vorhin, nur, dass seine Augen anders aussahen.
Sie hatten jetzt statt dem Braun, das sie vorhin noch hatten, einfurchteinflößendes Hellblau.
Die gleichen Augen, der gleiche leere Blick, wie der Arzt, der gestern nachGertrud gesehen hatte.
Der Arzt, der dem Polizisten die Tür versperrt hatte.                                                                                                                                                                                                                                

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