Lillith das schwarze Element

By veracrystall31

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"Der dunkle Mond bringt die Wende, sorgt für den Anfang, oder unser Ende" Lillith- ein ganz normales Mädchen... More

Prolog
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Infos zur Lesenacht
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Epilog
Info zur Fortsetzung

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By veracrystall31

Devon
Ich war noch im Land der Träume, als ich plötzlich einen Schrei hörte. Verwirrt fuhr ich aus meinem Schlaf hoch und sah mich blinzelnd in meinen dunklen Zimmer um. Einen Moment lang war ich orientierungslos, das schrie die Person nochmal.

Sofort war ich hellwach und hechtete aus dem Bett. Es war Lillith, die schrie!

Barfuß und oberkörperfrei, aber mit einer langen, weißen Schlafhose, die man mir auf Bett gelegt hatte, huschte ich schnell aus meinem Zimmer und ging zu Lillith' rüber. Die Tür war geschlossen, aber wieder schrie sie. Diesmal waren es Worte: „Hör auf!"
Es folgte ein weiterer lauter Schrei, schmerzerfüllt.

Ich stieß die Tür so heftig auf, dass ich fürchtete sie aus den Angeln zu heben. Aber das war mir egal. Mit schnellen Schritten hatte ich das Zimmer durchquert und ihr Bett erreicht. Es war genauso überfüllt mit Kissen wir meins, aber davon hatte Lillith die meisten schon weggetreten. Sie lagen überall verstreut im Zimmer. Auch jetzt wandte sie sich hin und her, auf ihrer Stirn glänzte der Schweiß und zwischendurch zuckte sie oder krümmte sie sich zusammen.

Ich wollte sie wecken und rüttelte sie am Arm, aber sie wachte nicht auf. Sie wimmerte nur und hörte nicht auf sich hin und her zu werfen.

„Lillith!", rief ich und als sie nicht reagierte noch etwas lauter, „Lillith!!!"

Sie wollte verdammt nochmal nicht aufwachen! Aber ich musste sie aus diesem Albtraum holen. Ich konnte nicht dabei zusehen, wie sie darunter litt. Ich sah es an ihren gequälten Gesichtsausdruck, der jetzt von unendlicher Trauer ersetzt wurde. Erschrocken musste ich feststellen, dass ihr Tränen über die Wangen liefen.
„Nein", hauchte sie und wurde plötzlich ganz still. Sie erschlaffte regelrecht. Und das war sogar noch schlimmer.
Verzweifelt schüttelte ich sie durch: „Wach auf verdammt!"

Sie schlug endlich die Augen auf und sah sich hastig im Zimmer um. Ihr Wangen waren nass von den Tränen und ihr Atem ging keuchend. Sie war ganz verschwitzt, sodass ihr das weiße, dünne Nachthemd am Körper klebte. Und wie es bei weißen, feuchten Sachen so war, schien die Haut etwas durch.
Schnell richtete ich meine Augen wieder auf ihr Gesicht.

Zitternd und ohne, dass sie mich wahrnahm richtete sie sich auf und trat die Decke weg. In ihren Augen lag etwas dunkles und abgrundtief trauriges. Dazu kam der bekannte Hass und ... Angst. Große Angst.

Sie fiel halb aus dem Bett, weil sich ihre Beine in der Decke verfangen hatten. Aber sie ignorierte die harte Landung und rappelte sich schwer atmend wieder auf. Sie wirkte gehetzt, nein, panisch.

Gerade wollte sie losrennen, da hielt ich sie am Arm fest und drehte sie zu mir um.
„Lillith?", ich versuchte ihren Blick einzufangen, aber ihre dunklen Augen konnten nicht still stehen.

„Lass mich los", flüsterte sie und wandte sich verzweifelt in meinen Griff. Ich ließ sie kein Stück locker.
„Beruhig dich es ist nur ein Traum."
„Ich muss es abwaschen!", mir entging nicht wie stark ihre Hände zitterten.
„Was musst du abwaschen?", meine Stimme war sanft und ruhig, während alles in mir tobte. Sie versuchte weiterhin sich aus meinem Griff zu befreien. Hektisch zerrte und zog sie, aber ohne Erfolg.
„Ich muss es abwaschen.", wiederholte sie nur. Diesmal etwas lauter. Bis jetzt hatte Lillith mich noch kein einziges Mal länger als ein paar Sekunden angesehen, bevor ihr Blick weiter sprang.

„Es war nur ein Traum. Er war nicht real.", was konnte ich tun, um ihr die Panik zu nehmen?
Sie hörte auf sich zu wehren, und ich dachte sie hätte mich gehört. Aber dem war nicht so.

„Blut, so viel Blut.", ihre Augen sahen nun geweitet auf ihre Hände. Sie ballte die zarte Hand zur Faust und weitere Tränen liefen ihr übers Gesicht.

Was hatte sie geträumt? Was setzte ihr so dermaßen zu?

Ich ließ ihren Arm los und umschloss stattdessen sanft ihre Fäuste. Sie zuckte zusammen: „Ihr Blut. An meinen Händen."
„Lillith, ich bin's Devon. Es war nicht echt, hörst du?", eindringlich sah ich sie an. In der Hoffnung sie würde mich so endlich richtig wahrnehmen.

„Luft", sie keuchte plötzlich, „Ich brauche Luft!"
Jetzt riss sie sich aus meinen Griff und stolperte zum großen Fenster mit Balkon hin. Sie zerrte an dem Griff, der es öffnete, aber ihre zitternden Hände bekamen ihn nicht zu fassen. Also schob ich Lillith sanft zur Seite und öffnete es für sie.

Sofort peitschte uns kühle Luft entgegen und ich erschauderte. Schließlich trug ich kein Shirt, aber ihr war die Temperatur völlig egal. Sie trat ebenfalls barfüßig hinaus und atmete tief ein.

Ihre Atmung wurde tatsächlich ruhiger. Die Kraft verließ sie und sie sank auf die Knie.
Wimmernd schlang sie die Arme um sich und begann sich vor und zurück zu wiegen. Einzelne Tränen liefen ihr die Wangen runter und tropften in ihren Schoß.

Ich kniete mich neben ihr hin: „Es ist nur ein Traum gewesen."
Lillith schloss kurz die Augen und nickte: „Ja"
„Dir wird nichts passieren."
„Ja", sie stieß die Luft aus und wandte ihr Gesicht zu mir. Sie war blasser als sonst und ihre Augen vom Weinen gerötet. Aber das was in ihren Augen lag, machte mir am meisten Angst. Bodenlose Leere.

„Danke", ihre Stimme war leise und zaghaft. Zerbrechlich.
Ich seufzte und wischte ihr sanft die Tränen von den Wangen: „Was hast du geträumt? Beim letzten Mal hat es auch geholfen es zu erzählen."
Sie spannte sich ein wenig an, nickte aber und holte tief Luft: „Es waren vier Sachen von denen ich geträumt habe. Im ersten kam Alenia vor..., im zweiten mein Vater."
Sie wollte nicht ins Detail gehen. Das war verständlich.

„Im dritten Castriel"
Ich biss die Zähne aufeinander, um die plötzliche Wut auf den Mann im Zaum zu halten.
"Und im letzten dann auch du."
Ich hielt den Atem an und betrachtete ihren angespannten Körper. Die verkrampften Schultern und die immer noch zitternden Hände.

„Habe ich dir etwas getan?", ich fragte es ganz leise, aber laut genug für die Stille der Nacht.
Sie schüttelte den Kopf und ich war erleichtert. Sie sollten nicht denken, ich würde ihr jemals schaden wollen.

Lillith öffneten den Mund, schloss ihn wieder, doch sagte dann: „Ich habe dir was angetan."
„Du hast mich ja nicht wirklich verletzt.", ich sah, wie es ihr zu schaffen machte. Aber sie begann nur stärker zu zittern.
„Ich habe dich umgebracht! Da war so viel Blut!"
Schnell zog ich sie in eine Umarmung und fuhr ihr beruhigend über den Rücken.
„Es ist nichts passiert. Ich bin quicklebendig und du würdest mich nie töten."

Zu meiner Erleichterung wurde Lillith wieder ruhiger und lehnte ihren Kopf an meine Brust. Trotzdem fragte sie traurig: „Was macht dich da so sicher?"
Ich hörte nicht auf ihr sanft den Rücken zu streicheln und dabei die Narben zu ignorieren, die ich unter meinen Finger spürte.
„Du bereust alles."
Ich hatte schon Hunter gesehen, die gemordet hatten, ohne mir der Wimper zu Zucken und deren Gewissen unantastbar blieb. Auch ich hatte viele getötet und es war eine Last, die man trug. Nur bis vor einigen Tagen hatte ich geglaubt, es wäre für die richtige Sache.

Lillith aber bereute es, die Schüler getötet zu haben aus tiefster Seele. Dabei war es nicht mal ihre Entscheidung gewesen, sondern die des Dunklen Mondes, der sich ihren Körper zunutze gemacht hatte. Es war die Magie, die sie kontrollierte hatte.

Lillith schwieg und ich würde zu gerne wissen, was sie dachte. Genauso wollte ich wissen, was genau sie geträumt hatte. Aber ich würde sie nicht drängen. Sie sollte trotzdem wissen, dass ich ihr zuhören würde.
„Ich werde dich zu nichts drängen. Aber wenn du reden willst, kannst du jederzeit zu mir kommen."

Sie lehnte sich so weit zurück, dass sie zu mir hoch schauen konnte. Meine Arme waren immer noch um sie gelegt und wir waren uns dennoch sehr nah.
„Danke Devon. Ehrlich.", in ihrem Blick lag tiefe Dankbarkeit und Bewunderung. Sie glaubte immer noch nicht sowas verdient zu haben. Lillith bestrafte sich selber immer noch. Aber hatte sie denn nicht genug bezahlt?

Sie hatte fliehen müssen und war entführt worden. Ihre Magie war über Wochen hinweg blockiert gewesen und letztendlich war sie sogar in einem Trackles Käfig eingesperrt worden. Sie hatte Peitschenhiebe ertragen müssen, die zusätzlich mit Salz eingerieben wurden. Dazu raubten ihr die Albträume den Schlaf.

„Du wirst wieder lächeln." flüsterte ich. Das gleiche hatte ich ihr heute Mittag versprochen. Kurz bevor... ich sie geküsst hätte. Jedenfalls glaubte ich, dass ich das getan hätte. Ich hatte garnicht großartig nachgedacht, aber das Licht hatte sie so wunderschön beleuchtet. Wir hatten und tief in die Augen geschaut und plötzlich... plötzlich hat es mich einfach überwältigt. Ich habe mich vorgebeugt, aber dann kam Alenia dazwischen.

In Lillith' Augen lag nichts, was man als Zuverischt bezeichnen könnte, aber ein kleiner Funken Hoffnung glimmte auf. Das war für den Anfang genug.

Ohne Vorwarnung griff ich sie unter den Beinen und am Rücken. Sie schrie überrascht leise auf, aber da hatte ich sie schon hochgehoben und sicher im Griff. Sie war sogar recht leicht. Fast schon zu leicht.

Ich trug sie zum Bett und legte sie sanft wieder hin. Sie wehrte sich nicht, sondern sah mich einfach nur an. Kurz war der Blick warm, dann wurde er wieder von der Leere abgelöst, die auch sonst immer in ihm lag.

„Schlaf", forderte ich sie auf und deckte sie zu.
Lillith grub ihre Hände in das Laken. „Ich.. Ich glaube das kann ich noch nicht."
Die Bilder waren frisch. Was hatte sie im Schlaf nur gesehen?

Achselzuckend stieg ich kurzerhand zu ihr in Bett und stahl etwas von ihrer Decke.
„Was tust du da?", sie wirkte völlig verwirrt.
„Schlafen."
„Hier?"
Ich zog nur eine Augenbraue hoch: „Stört dich das?"
Sie schüttelte hektisch de Kopf, aber ich merkte wie ihr Atem etwas schneller ging. Aber diesmal lag es nicht an dem Albtraum.

„Äh.. willst du dir vielleicht was drüber anziehen?", ihre Augen lagen auf meinem Bauch, bevor sie eilig wieder zu meinem Gesicht sprangen.
Ich grinste frech und rutschte näher zu ihr: „Mache ich dich nervös?"
Sie zuckte zwar nicht zurück, aber ihre Wangen färbten sich eine Hauch rosa. Zumindest wirkte es so im dunklen Zimmer.
Lillith schluckte einmal und sagte dann leise: „Nein."
Meine Mundwinkel zuckten, aber ich ließ es unkommentiert. „Dann bleibe ich so."
Sie presste die Lippen aufeinander und warf sich herum, kehrte mir also den Rücken zu: „Schön"

Kurz musste ich grinsen, dann legte ich mich ebenfalls zum schlafen hin. Ich lag auf der Seite und hatte einen Arm unter das Kissen gelegt. Mein Blick lag auf ihrem Rücken. Der Stoff des Nachtkleides lag zwar da drüber aber der verschwitzte Stoff schien leicht durch. Jedenfalls konnte ich die kleineren und größeren Narben, die sich jetzt quer über ihren Rücken zogen verblasst erkennen.

Ich hätte Castriel töten sollen. Oder einfach verhindern, dass er sie überhaupt auspeitschen konnte. Ich stand doch in der Nähe auf dem Podium. Zwei Schritte, dann hätte ich das Messer in ihn versenken können, oder ihn weggestoßen.

„Ich bleibe hier. Schlaf jetzt."
Lillith Kopf nickte einmal und sie zog die Decke weiter hoch: „Danke."

~•~

Lange ging ich meinen Gedanken nach ohne einzuschlafen, da verkrampfte Lillith sich plötzlich wieder. Sie schlief schon, aber anscheinend bahnte sich der nächste Albtraum an.

Schnell schloss ich meinen Arm um sie und zog sie an mich. Ihr Rücken berührte meine Brust und mein Arm, den ich um sie geschlungen hatte, hielt gleichzeitig ihre Hand fest.

Sie wurde tatsächlich ruhiger und lehnte sich im Halbschlaf weiter an mich. Lächelnd strich ich ihr über die Hand und genoss die Wärme, die von ihrer Haut ausging. Mein Herz klopfte schneller und mein Bauch flatterte.

In der Dunkleheit des Zimmers und den noch immer geöffneten Fenstern, die einen sanften Luftzug über meine Gesicht streichen ließen, schlief ich von Lillith' süßen Duft umgeben ein.

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