Anathema - III - Harry Potte...

By alienor

170K 10.7K 2K

| Wir alle tragen eine helle und eine dunkle Seite in uns | Nichts ist mehr so wie es war für Emily. Ein We... More

1. Flucht
2. Der Orden
3. Erinnerungen
4. Rettung
6. Geschwisterliebe II
7. Umbridge
8. Streit
9. Ein heimliches Treffen
10. Vertragen
11. Quidditch
12. Gewinnen und Verlieren
13. Ein kleines bisschen Glück
14. Die Taten unserer Eltern
15. Firenze
16. Siegen
17. Es war kein Traum
18. Rettungsmission
19. Lebendig
20. Feuer
21. Erwachen
22. Vollmond
23. Der Wolf in mir
24. Unter Drachen
25. Arkaden der Wunder
26. Nachrichten
27. Familie und Freunde
28. Weihnachten
29. Liebe hat ihre Zeit
30. Haus Black
31. Gespräche und Geheimnisse
32. Noch mehr Geheimnisse
33. Lauscher, Lauscher an der Wand
34. Lilium
35. Widerstand
36. Ein Treffen mit Drachen
37. Duelle
38. Lernen
39. Beltane
40. Enttäuschung
41. Am Boden
42. Nachricht aus Hogwarts
43. Rückkehr
44. Keine Niederlage, kein Sieg
45. Ein Moment Ruhe
46. Das verschwundene Mädchen
47. Abschied
48. Grau
49. Jede Menge Potters
50. Ein Wiedersehen
51. Das Trennen der Wege
52. Fragen ohne Antwort
53. Ein neuer Plan
54. Die Mission
55. Bereit
56. Illusionen
57. Heimkehr
58. McGonagalls Worte
59. Nur eine Frage
60. Carrow
61. Nicht allein
62. Dumbledores Armee
63. Auf unsere Weise
64. Tod und Sühne
65. Brennende Bücher
66. Wir sind zurück
67. Aktion und Reaktion
68. Endlich fliegen
69. Das Schwert von Gryffindor
70. Unerwartet
71. Verkündung
72. Der Verbotene Wald
73. Der Zentaur im Wald
74. Geschichten
75. Hogsmeade
76. Ein überraschendes Wiedersehen

5. Geschwisterliebe

7K 438 40
By alienor

5. Geschwisterliebe

„Wo seid ihr gewesen? Keine Nachricht von euch! Wisst ihr was für Sorgen wir uns um euch gemacht haben? Ihr hättet entführt worden sein können, tot sein können. Was habt ihr euch überhaupt dabei gedacht? Einfach so abzuhauen?“

Emily und Inga schauten betroffen zu Boden, schließlich mussten sie sich eingestehen, dass sie sich nicht wirklich viel dabei gedacht hatten.

„Wir wollten Leo retten“, murmelte Emily ohne den Blick zu heben.

Für den Moment hörte Mrs Weasleys Tirade auf und Remus tauchte neben ihr in der Tür auf.

„Wo ist er?“, fragte Remus scharf.

„Er steht draußen“, sagte Inga leise und deutete auf den Park hinter ihnen. „Er kann das Haus nicht sehen.“

Ohne ein weiteres Wort schob sich Remus an ihnen vorbei und überquerte die Straße.

„Ihr kommt sofort rein“, herrschte Mrs Weasley die beiden Mädchen an und scheuchte sie in die Küche. Das Porträt von Mrs Black fing ebenfalls an zu kreischen, was die anderen Bewohner des Hauses auf den Plan rief. Nur mit Müh und Not gelang es Sirius die Vorhänge wieder zuzuziehen und seine Mutter zum Schweigen zu bringen.

„Danke Sirius“, sagte Mrs Weasley. „Und der Rest von euch kann wieder schlafen gehen, hier gibt’s nichts zu sehen.“

Aus dem Flur hörte man das Knarren der Treppenstufen und das Trampeln der Schritte als sich alle wieder in ihre Zimmer begaben, während Emily und Inga betreten in der Küche standen. Mr Weasley saß am Kopfende des Tisches und las im Abendpropheten, während Tonks sich gerade einen Kaffee machte. Wenig später kamen Sirius und Mrs Weasley in die Küche.

„Ich habe deiner Mutter Bescheid gesagt“, sagte Mrs Weasley zu Inga. „Sie ist bald hier.“

„Kümmert sich Remus um Leo?“, fragte Emily bittend. „Er kann nicht die ganze Nacht alleine da draußen verbringen.“

„Das hättet ihr euch eher überlegen müssen“, sagte Mrs Weasley. „Aber ja, Remus passt auf ihn auf. Wir haben auch Professor Dumbledore informiert.“

„Aber wir wollten nur Leo helfen“, erwiderte Emily verzweifelt. „Er ist vor den Malfoys geflohen und die lassen ihn bestimmt nicht einfach so gehen. Die verfolgen ihn bestimmt.“

„Aber es ist nicht die Sache von euch ihn zu retten. Sirius und Remus haben euch versprochen, dass sie sich darum kümmern, da müsst ihr nicht einfach los stürmen und eure eigene Rettungsaktion starten. Was hättet ihr gemacht, wenn die Malfoys tatsächlich da gewesen wären? Ihr habt euch leichtsinnig in Gefahr gebracht“, rief Mrs Weasley aufgebracht.

„Molly, ich bin mir sicher, dass es die beiden nur gut gemeint haben“, sagte Sirius beruhigend.

„Hör auf die beiden in Schutz zu nehmen, Sirius.“ Mrs Weasley stemmte die Hände in die Hüften. „Und wage es ja nicht die beiden noch zu ermutigen. Natürlich haben die beiden es nur gut gemeint, aber was alles hätte passieren können. Ihr hättet tot sein können!“

„Entschuldigung, Mrs Weasley“, sagte Emily kleinlaut. Ihre Wangen brannten und sie wagte es kaum Mrs Weasley anzusehen.

„Tut uns Leid“, fügte Inga genauso leise hinzu.

Mrs Weasleys Miene wurde ein bisschen weicher. „Ihr geht jetzt ins Bett. Über eure Strafe reden wir noch.“

„Was ist mit Leo?“

„Wir kümmern uns um ihn, ich bringe ihm gleich noch etwas zu essen. Mach dir keine Sorgen, Emily“, sagte Mrs Weasley. „Er steht jetzt unter dem Schutz des Ordens.“ Sie brachte die beiden Mädchen noch nach oben, auf dem Flur hörte man eilige Schritte und leises Türeklappern, anscheinend hatten die anderen versucht sie abzupassen, aber keiner wollte Mrs Weasley begegnen.

Als Mrs Weasley endlich die Tür hinter sich schloss, ließen sich die beiden Mädchen aufs Bett fallen. „Das hätte auch besser laufen können“, seufzte Inga.

„Naja, Mrs Weasley hat schon Recht. Wir haben nicht wirklich nach gedacht“, sagte Emily.

Inga zuckte mit den Schultern. „Dafür haben wir Leo.“

Emily musste dann doch grinsen. „Ja.“

„Aber wehe, ihr hängt den Rest der Ferien nur aufeinander und spielt das tragische Liebespaar.“ Inga wackelte mit dem Zeigefinger.

„Haben wir das je getan?“ Emily verdrehte die Augen. „Was ist eigentlich mit Lee?“

„Ich hab ihn gesehen bevor wir hierhin gezogen sind“, sagte Inga. „Ansonsten schreiben wir uns.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Wir kommen schon klar.“

„Das klingt nicht so begeistert.“ Emily drehte sich so, dass sie Inga ansehen konnte.

„Es ist ne doofe Situation. Am Anfang habe ich ihn noch vermisst, aber mittlerweile habe ich mich dran gewöhnt.“ Sie zuckte wieder mit den Schultern. „Naja George und Tamsin geht’s ja auch nicht besser.“

„Was ist mit Fred und Angelina?“

„Keine Ahnung. Die haben sich wohl noch nicht so ganz geeinigt was zwischen ihnen ist.“ Inga grinste schief. „Aber wir sollten schlafen, ich will nicht wissen was Tante Molly sich für uns ausdenkt.“

***

Die Strafe beinhaltete Putzen und da sich am Grimmauldplatz sehr leicht ein Zimmer finden ließ, das immer noch dreckig war, nahm die Strafe ziemlich viel Zeit in Anspruch. Außerdem bedeutete es, dass Inga und Emily kaum Zeit mit den anderen verbringen konnten, weil ihnen keiner helfen durfte.

Wenigstens war Dumbledore noch nachts aufgetaucht und hatte Leo ins Haus gelassen und ihn zu den Malfoys befragt. In einem unbeobachteten Moment, erzählte Leo, dass sich viele der Todesser in Malfoy Manor getroffen hatten und er Dumbledore alles darüber erzählt hatte. Er sah es als Gegenleistung für den Schutz des Ordens an.

Nach einer Woche erklärte Mrs Weasley die Strafe für beendet, worüber die beiden Mädchen heilfroh waren, sie hatten schon befürchtet bis zum Ende der Ferien, was immer näher rückte, putzen zu müssen. In der Zwischenzeit hatten sie nämlich auch noch eine Strafpredigt von Ingas Eltern über sich ergehen müssen, ebenso wie von Remus. Sirius hielt sich zurück, Emily vermutete, dass er mehr stolz auf sie war als alles andere. Auch die Weasleyzwillinge feierten Inga und Emily, aber nur wenn Mrs Weasley ganz weit weg war.

Zum ersten Mal seit langem, vermutlich sogar zum ersten Mal in diesen Ferien, fanden Emily und Harry auch mal Zeit zum reden, ohne dass jemand sie störte. Die beiden hatten sich nämlich in das alte Schlafzimmer von Mrs Black verzogen, das sich im obersten Stock befand und in dem zurzeit zur Belustigung aller Seidenschnabel residierte.

Emily machte eine Verbeugung vor dem Hippogreif, welche ziemlich schnell erwidert wurde. Emily war sich nicht sicher ob es daran lag, dass er sie erkannte oder an dem Eimer mit Frettchen in der Hand.

„Es ist schon ein ulkiges Bild“, bemerkte Emily als sie Seidenschnabel ein Frettchen zuwarf.

Harry lachte. „Ja.“ Seidenschnabel hatte es sich nämlich auf dem riesigen Himmelbett bequem gemacht, auch wenn das Holz und die Polster schon tiefe Kratzspuren aufwiesen. Aber es war neben der Bibliothek und dem Saal, der größte Raum in diesem Haus und hier oben störte er keinen.

„Wenn Mrs Black das wüsste, die würde gar nicht aufhören zu schreien“, sagte Emily lachend.

„Als ob sie das jetzt schon tun würde“, schnaubte Harry. „Ist bei dir eigentlich alles wieder okay?“

„Ich denke schon“, sagte Emily langsam. „Bis jetzt habe ich keine Probleme. Ich hoffe nur dass ich nächstes Jahr wieder Quidditch spielen kann.

„Das habe ich schon ewig nicht mehr gespielt“, erwiderte Harry. „Wer wird wohl Kapitän?“

„Angelina. Sie ist die Älteste von uns allen und die Zwillinge sind zwar genauso lang dabei, aber die haben nicht die nötige Ernsthaftigkeit“, sagte Emily überzeugt.

„Meinst du Sirius würde uns im Saal Quidditch üben lassen?“

Emily lachte lauthals los. „Sirius ja, aber ich glaub der Rest hat was dagegen. Und das Argument der jüngste Sucher des Jahrhunderts muss üben, zählt wahrscheinlich auch nicht.“

„Aber du bist die jüngste Jägerin seit ewig“, widersprach Harry.

„Seit dreißig Jahren“, stellte Emily klar. „Und das war Angelinas Urahnin oder so.* Das kann man kaum ewig nennen.“

„Wie du meinst.“

„Ganz genau. Ich hab schließlich immer Recht.“ Emily grinste als Harry ihr die Zunge herausstreckte. Es tat gut so einfach herum zu albern ohne an all das zu denken was rundherum gerade passiert. Nach allem waren sie immer noch erst fünfzehn Jahre alt.

„Hahaha, das glaubst auch nur du“, erwiderte Harry. „Nur weil du so klein bist.“

„Pah.“ Empört schnaubte Emily. „Ich bin nicht klein. Ich habe genau die richtige Größe. Du bist einfach nur zu groß.“

Seidenschnabel krähte laut auf, als ob er Emily zustimmen wollte, aber sie vermutete, dass er eher Hunger hatte, deshalb warf sie ihm die restlichen Frettchen zu.

„Kampfzwerg.“

Emily verdrehte die Augen. „Fällt dir nichts Neues ein? Langsam wird das langweilig.“

Harry lachte. „Es ist aber lustig. Und solange du darauf reagierst, nenne ich dich so. Ich darf das, ich bin dein Bruder.“

„In Momenten wie diesen bezweifle ich das stark.“ Emily streichelte noch Seidenschnabel und wusch sich die Hände im angrenzenden Badezimmer. „Genauso wie deine Intelligenz.“

Harry starrte sie für einen Moment mit offenem Mund an. „Das nimmst du zurück.“

„Nein.“ Emily rannte an Harry vorbei aus dem Zimmer heraus.

„Doch“, schrie Harry ihr hinterher.

„Nein.“

„Ich krieg dich schon.“ Harry verschwendete keine Sekunde und stürmte Emily hinterher, den Flur entlang und die Treppen hinunter.

„Neeeeiiiin“, sang Emily fröhlich und nahm zwei Treppenstufen auf einmal. Im ersten Stock rannte sie bis zum Ende des Flurs und bog in die Bibliothek ab. Remus saß, wie so oft, an einem der Schreibtische und war in seine Arbeit vertieft, so dass er Emily gar nicht bemerkte.

Remus schaute erst auf als Harry mit voller Geschwindigkeit in die Bibliothek gerannt kam und beinahe eins der Regale umrannte.

„Hast du Emily gesehen?“, keuchte Harry.

„Nein“, antwortete Remus irritiert. „Sollte ich?“

Emily schlich um eins der Regale herum um die Unterhaltung besser belauschen zu können und lachte leise.

„Aber sie kann nirgendwo anders sein.“ Harry runzelte die Stirn. „Ich hab sie hierein laufen sehen.“

„Ich hab sie nicht gesehen“, beharrte Remus.

Mit Schwung rannte Emily auf die beiden zu und prallte gegen Harry als sie auf den glatten Holzboden ausrutschte. Krachend fielen beide zu Boden, doch Emily lachte einfach nur laut los und bald stimmte Harry mit ein.

„Alles gut bei euch?“ Remus klang zweifelnd.

„Siehst du doch“, japste Harry.

„Ist super bequem hier.“ Emily lachte immer noch so hart, dass Tränen über ihre Wangen liefen.

Remus schüttelte den Kopf. „Ich will gar nicht wissen was ihr angestellt habt.“

***

Das Leben im Hauptquartier des Ordens war viel langweiliger als es klang. Die Erwachsenen sorgten nämlich inzwischen dafür, dass den Jüngeren nichts mehr zu Ohren kam und auch Lasse und Tonks sagten nicht viel. Wenn man sie überhaupt sah, die meiste Zeit waren sie unterwegs und kehrten zu den komischsten Zeiten wieder.

Dafür hatten sie jetzt viel mehr freie Zeit, denn Mrs Weasley ließ sie nicht mehr die ganze Zeit putzen. Etwas, dass alle lautstark begrüßten. Emily und Leo nutzten ihre freie Zeit und saßen auf den Stufen vor dem Wintergarten und ließen sich von der Sonne bescheinen.

An die Rückseite des Hauses schloss sich über die gesamte Breite ein riesiger Wintergarten an, von da aus führten Stufen in den inzwischen total verwilderten Garten, der mehr einem Urwald als alles andere glich. Auch das Glas des Wintergartens war staubig und an vielen Stellen auch zerbrochen. Innen standen noch ein paar alte Stühle, deren Polster muffig und mottenzerfressen waren und der Boden war mit Scherben und Blättern übersät. Dennoch konnte sich Emily gut vorstellen wie prächtig es einmal gewesen sein musste und wie die Blacks hier ihren Tee abgehalten hatten. Außerdem fehlte dem Wintergarten das Dunkle und Erdrückende des Hauses, wenn die Sonne auf das Glas schien konnte man zu leicht vergessen wo man war.

Am Anfang redeten Emily und Leo nur über Belangloses, über die lange Trennung hinweg hatte sich etwas Fremdes zwischen sie eingeschlichen. Zu sehr hatten die beiden die Erlebnisse ihrer Ferien geprägt. Doch je mehr sie einfach nur redeten, desto mehr kehrte die alte Vertrautheit wieder zurück.

Trotzdem blieb Leo seltsam scheu. Er zuckte zusammen wenn Emily ihn berührte und er ließ nur langsam zu, dass sie seine Hand nahm oder ihn gar küsste.

„Ich will nicht, dass die Ferien enden“, sagte Emily und räkelte sich genießerisch in der Sonne. Auf ihrer Nase zeigten sich inzwischen feine Sommersprossen und ihre Haut hatte die ungesunde Blässe verloren.

„Für mich konnten sie nicht schnell genug enden.“ Eine feine Bitterkeit schwang immer noch in Leos Stimme mit, auch noch nach fast zwei Wochen am Grimmauldplatz.

„Konnten?“, fragte Emily ohne ihn anzusehen.

Leo schwieg für einen Moment. „Hier ist es okay. Aber es erinnert mich vieles an die Malfoys.“

„Daran habe ich gar nicht gedacht als wir dich geholt haben“, sagte Emily entschuldigend.

„Mach dir keine Gedanken darum“, wehrte Leo ab. „Ich bin froh, dass ihr es getan habt. Es fühlt sich nur manchmal an als ob ich ihnen gar nicht entkommen wäre.“

Leos Worte ließen Emily Sirius plötzlich viel besser verstehen. Sirius war wieder einmal in dem verhassten Haus in seiner Kindheit eingesperrt, ohne Möglichkeit dem zu entkommen. Leo konnte wenigstens bald wieder nach Hogwarts zurück. Emily drehte den Kopf und studierte Leos Profil im Gegenlicht.

In den feinen, fast schon aristokratischen, Zügen der beiden zeigte sich klar die Zugehörigkeit zu den Blacks. Und beide hatten die gleichen grauen Augen, auch wenn Sirius Augen einen ganz anderen Ausdruck enthielten. Sirius war stürmisch und wild, Leo ruhig und in sich gekehrt. Doch waren beide sich im Herzen ähnlich, sie teilten die gleichen Überzeugungen. Ob Andromeda den beiden auch so ähnlich war? Tonks sah man die Verwandtschaft zu den Blacks nur selten an, aber das war wahrscheinlich auch ihre Entscheidung.

„Hast du mal mit Sirius geredet?“ Er würde Leo noch am besten verstehen.

„Nur kurz“, sagte Leo. „Er hat mir zu meiner Flucht gratuliert und mir gesagt, dass er Andromeda Bescheid gesagt hat. Ich hab sie allerdings noch nie gesehen.“ Er zuckte mit den Schultern.

Die beiden schwiegen für einen Moment. „Darf ich dich was fragen?“

„Klar.“

„Was hast du in den Ferien wirklich erlebt? Es muss dieses Jahr schlimmer gewesen sein als davor, sonst wärst du nicht geflohen.“ Emily zögerte kurz. „Du musst nicht antworten.“

„Doch“, sagte Leo langsam. „Ich bin dir irgendwie eine Antwort schuldig.“ Er legte den Kopf in den Nacken, so dass die Sonne ihn wärmte, als ob ihm innerlich kalt sei. „Sie haben sich bei den Malfoys getroffen. Jeden Tag sind sie ein und aus spaziert, als ob es ein ganz normaler Besuch sei und sie nicht die Vernichtung unzähliger Menschen planen.“ Bitterkeit, Verzweiflung und Hass mischten sich in seine Stimme und ließen ihn beinahe ersticken. „Sie sahen so normal aus, sie haben sogar gelacht.“

Emily brauchte nicht zu fragen wen Leo meinte.

„Ich habe keine Ahnung was sie besprochen haben, ich hab sie nur gesehen“, fuhr Leo fort. „Ich hab all ihre Namen dem Orden verraten.“ Für einen winzigen Moment schwang so etwas wie Zufriedenheit in seinen Worten mit, vielleicht sogar so etwas wie Stolz. „Einen Abend haben sie sogar ein großes Fest veranstaltet, ich hab die Musik bis nach oben in mein Zimmer gehört, ich war natürlich nicht eingeladen. Draco und Katharina mussten mit dahin, sie trugen ihre feinsten Roben. Ich glaube sogar Voldemort war dort.“

Leo ballte die Fäuste. „Ich hab Katharina spätabends auf dem Flur gefunden, als ob sie sich verstecken wollte. Sie hatte Angst, das konnte man ihr ansehen. Dabei hat sie niemals Angst. Sie hat mich gesehen und ist wieder auf den Ball zurück gekehrt. Danach hat sie zwei Tage ihr Zimmer nicht verlassen.“

Emily hätte das nicht von Leos Schwester erwartet. Sie erinnerte sich noch zu gut an all die Begegnungen zwischen ihnen, wo in Katharinas Augen der Wahnsinn zu glimmen schien. Katharina, die perfekte Erbin der Lestranges. Doch Emily konnte es ihr noch nicht mal verübeln, dass sie Angst vor Voldemort hatte, dass sie vielleicht gar nicht so sehr wie ihre Mutter sein wollte.

„Du hast Angst um sie?“, fragte Emily sanft.

„Verrückterweise schon“, gestand Leo leise. „Ich kann sie einfach nicht hassen.“

„Sie ist immer noch Familie“, sagte Emily und strich sanft über Leos Hand, auch wenn er wieder zusammen zuckte und sich nur langsam wieder entspannte. „Petunia ist auch Familie, in manchen Momenten hasse ich sie für das was sie Harry angetan hat, aber manchmal erinnere ich mich auch daran, dass sie die Schwester meiner Mutter ist.“

„So ungefähr.“ Leo nickte. „Aber deine Familie bringt keine Muggel um.“

„Wenn Vernon nicht so viel Angst um sein Ansehen hätte, würde er Zauberer wahrscheinlich höchstpersönlich jagen“, sagte Emily. „Vorurteile und Rassismus existieren auf beiden Seiten.“

„Aber finden Muggel Zauberei nicht faszinierend?“ Leo sah Emily erstaunt an. „Es gibt doch diese Märchen.“

„Schon, aber viele verstehen die Zauberei nicht, für sie ist es nicht logisch oder erklärbar“, sagte Emily nachdenklich. „Außerdem kann Magie so vieles bewirken, was Muggel noch nicht können. Außerdem halten alle Zauberei und Magie für ein Märchen, Zauberer wissen, dass Muggel existieren. Muggel sind nicht besser als Zauberer, genauso wenig wie Zauberer besser sind als Muggel. Beide haben schon genug Kriege wegen Blut und Herkunft geführt.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Sie sind halt verschieden.“

„Wahrscheinlich“, erwiderte Leo. „Lass uns lieber über etwas anderes reden.“

Emily spürte, dass sie nichts mehr von Leo über dieses Thema erfahren würde und so lenkte sie die Unterhaltung auf einfachere Themen. Es sollte das einzige Mal bleiben, dass Leo über diese Ferien redete.

Continue Reading

You'll Also Like

100K 4.5K 137
Sophia verliert bei einem Autounfall beide Elternteile. Weitere Familie hat sie nicht. Sophia ist 14 Jahre alt, als sie ihre Eltern verliert und vor...
29.5K 964 36
𝐩𝐫𝐢𝐯𝐚𝐭𝐞 𝐛𝐮𝐭 𝐧𝐨𝐭 𝐚 𝐬𝐞𝐜𝐫𝐞𝐭. Aïssata ist wie jedes andere Mädchen in ihrem Alter: Sie hat ihr Abitur in der Tasche, hat danach direk...
32.3K 1.4K 75
Es ist meine erste FF zu dem ASDS. Es geht hier um eine Geschichte in der die Spezialisten sich um eine Angstpatientin kümmern... Was für eine Heraus...
14.2K 472 29
Leonora Brocker ist die Cousine von Carla Brocker, die die Freundin von Arthur Leclerc ist. Nach einem Besuch in Monaco bei ihrer Cousine lernt sie d...