Herz über Kopf #2

By ToshiLiu

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|| Alternatives Universum || Die letzten einhundert Jahre waren nicht gerade leicht für Loki. Während er zuse... More

Eine neue Bedrohung
Unschöne Methoden
Wo ist Tanalar Jaurison?
Geheimnisse
Freier Fall

Probleme sind Herdentiere

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By ToshiLiu

Loki betrachtete sich skeptisch im Spiegel, während er die letzten Gurte zurecht zurrte.
Eigentlich sah er ganz asisch aus, mit der grünen Lederrüstung, den goldgespickten Armschienen und Ziermetallen, ein dickes schwarzes Fell um die Schultern geschlungen, ebenso wie einen bodenlangen Mantel. Nur die pechschwarzen Haare, gepaart mit den giftgrünen Augen hatten schon immer für Aufsehen gesorgt. Niemand in Asgard besaß solche Merkmale; niemand besaß einen solchen Körper. Groß und schlank, eher definiert als muskulös oder kräftig.
Seit er denken konnte, hatten die meisten Asen ihn abgelehnt. Keine Ahnung, ob es wegen dem war, was er früher alles getan hatte, oder wegen dem was er war: ein Fremder. Oder in ihren Augen ein Spion. Auf jeden Fall aber der unheimliche Magier ohne glaubhafte Herkunft. Einer, der nichts als Unsinn im Kopf hatte.
Dabei wollte er verdammt nochmal selbst wissen, wo er herkam, wer seine Eltern waren oder wieso er ausgerechnet in Asgard gelandet war, vor so vielen Jahren.
Asgard – Loki hasste und liebte es gleichermaßen.

Schwer seufzend schob er das beklemmende Gefühl in seiner Brust auf seine Probleme mit Thor und packte die letzten Taschen voll mit nützlichem und weniger nützlichem Zeug. Zunder, trockenes Feuerholz, Behältnisse, Salben, eine Decke. Dabei war ihm nicht einmal kalt. Genaugenommen war ihm nie kalt. Auch eine Tatsache, die er geflissentlich verschwieg; wer wusste schon, was sie ihm sonst noch unterstellen würden. Lieber trug er den verdammten Pelz und Mantel und zitterte hin und wieder ein wenig, wie es sich für einen anständigen Asen gehörte.

Es klopfte leise und ehe Loki etwas sagen konnte, glitt Balder durch den Spalt in der Tür. Loki hob nur kurz den Kopf, doch ihm war gerade nicht nach Reden zumute, weshalb er sich wieder aufs Packen konzentrierte.
„Es tut mir leid, Loki ..."
„Was tut dir leid, Balder?", antwortete Loki weder wirklich fragend, noch besonders beteiligt.
„Das mit Jotunheim. Ich wollte nicht ..."
„Oh, du wolltest nicht - das macht natürlich alles besser." Loki merkte gar nicht, dass er seine Sachen förmlich umbrachte, bevor sie in die Taschen wanderten und Balder hob seufzend beide Brauen, während er ihm eine Weile schweigend zusah.
„Du trägst einen Mantel?", wollte Balder schließlich wissen.
„Natürlich."
„Als wir einmal draußen auf dem Balkon standen, im Winter, sagtest du, dir ist nicht kalt. Dir wäre niemals kalt."
Loki hielt einen Moment inne, doch kurz darauf legte sich ein gespielt freundliches Lächeln auf seine Lippen. „Balder, wir waren Kinder. Und ich hatte getrunken, mehr als ich vertrage. Wenn das der einzige Unsinn war, den ich von mir gegeben habe, dann bin ich zufrieden."
Dem Diplomaten schien diese Aussage nur bedingt zu genügen, doch er merkte auch, dass es sinnlos war, hier zu stehen und zu reden; wenn Loki nicht sprechen wollte, konnte ihn keine Armee dazu bewegen. Er konnte stundenlang ausweichen und das Thema wechseln, bis jedem Wesen die Lust verging. Und Zeit hatten sie auch keine.
Balder rieb sich über die Schläfe. „Willst du Frigga denn nicht sagen, dass wir gehen?"

Diese Frage erwischte Loki kalt und diesmal ließ er endgültig von seinen Taschen ab, nachdem er sie zugezogen hatte. „Was willst du, Balder?"
Balder sah Loki mit einem Blick an, der nicht darauf schließen ließ, was er wirklich dachte. Er schien zu zögern, doch dann endlich fand er wohl die Worte, die er loswerden wollte. „Die Reise nach Jotunheim ist gefährlich. Wir wissen nicht, was uns dort erwartet. Ich dachte nur, wir ... wir sollten vielleicht ein letztes Mal mit denen sprechen, die uns wichtig sind. Ich glaube nicht an ein Unglück aber, ..."
„... aber dann wieder tust du es doch."
Loki wandte sich ab, irgendwie machten Balders Worte ihn wütend. Nicht nur, dass er die Geschichte mit Jotunheim vollkommen egoistisch hinausposaunt hatte, nein, nun wollte er sich auch noch verabschieden, als wäre das ihre letzte Reise ins Ungewisse, ohne Wiederkehr. Dabei würden sie auf jeden Fall wiederkehren. Sie mussten, denn Asgard brauchte Thor. Vanaheim brauchte Freya. Und Thor brauchte ...
Loki stockte. Brauchte Thor ihn? Brauchte Asgard ihn? Brauchte ihn überhaupt irgendjemand?
Mit einem Mal hielt er weder Balders Anwesenheit aus, noch ertrug er seine eigenen Gedanken. Ein wenig zu heftig schulterte er den Ledergurt mit Beuteln, machte ihn vehement fest und sparte sich einen Kommentar. Er öffnete die Tür und wies Balder mit einer überfreundlichen Geste nach draußen, ein nettes, knappes Lächeln auf den Lippen, das den Rest seiner Züge nicht erreichte. „Ich denke, wie müssen jetzt gehen. Nach dir ...."
Balder zögerte kurz, musterte Loki eindringlich; dann folgte er dessen Aufforderung ohne ein weiteres Wort.

                                                                        ꧁꧂


Jeder der Reisenden hatte einen anderen Weg zu ihrem Treffpunkt genommen und als Loki zwischen zwei Felsen und dichtem Gestrüpp hervortrat, fand er Thor und Balder schweigend und wartend vor. Auch Loki schwieg; die Lust auf Reden war ihm absolut vergangen.
Zum ersten Mal in seinem Leben war er daher froh, als Freya und zwei ihrer treusten Männer von der anderen Seite her auftauchten und die unangenehm drückende Stille durchbrachen. Auch sie waren zu Fuß unterwegs, mit Pferden würden sie in Jotunheim nicht besonders weit kommen. Freya trug einen weißgrauen Pelz mit dem Wappen der vanischen Königsfamilie, ihr Blick war entschlossen und ihre Bewegungen frei von Angst.
Sie würde eine gute Herrscherin abgeben. Auch wenn er sie nicht wirklich leiden konnte, empfand er in diesen Stunden äußersten Respekt für die Kriegerin. Vielleicht aber auch, weil sie wenigstens immer gerade heraus sagte, was sie dachte und man sich sicher sein konnte, dass sie es auch so meinte.
„Der Trampelpfad hat sich ganz schön verändert, seit wir als Kinder hier gespielt haben", brummte die Vanin missmutig und streifte sich die restlichen Dornenbüsche von der Rüstung.
„Verzeiht, hätte ich gewusst, dass die Dornen Eure Hoheit derart belästigen, hätte ich einen anderen Weg vorgeschlagen", schmunzelte Loki.
„Halt die Klappe, Loki", fauchte Freya bissig zurück.
Thors Blick traf Loki kurz darauf mit einer Mischung aus Ungeduld und Belustigung; der Kronprinz fand ganz offensichtlich witzig, dass Freya durch verdorrte, stachelige Büsche hatte kriechen müssen und nun aussah wie ein gerupfter, nidvallscher Truthahn.
Es gab also noch Hoffnung. Vielleicht würde er nicht als steifer Herrscher mit Stock im Hintern enden, wie sein Vater.
„Gehen wir", beschloss Thor schließlich und setzte sich in Bewegung, wobei die anderen ihm kommentarlos über die Ebene folgten.
Selbst Balder, der alles immer ziemlich locker nahm, schien angespannt und spielte die ganze Zeit nervös mit den Riemen seiner Beutel, den Blick gedankenversunken auf den Boden gerichtet. Andererseits war es sein gutes Recht, angespannt zu sein. Schließlich reisten sie nach Jotunheim und nicht an die Strände Vanaheims, um die Sonne zu genießen.

Als sie vor der Felsformation ankamen, lief Loki zu dem kantigen Gestein, legte prüfend einen behandschuhten Finger darauf. Eine Weile verharrte er so, lief von links nach rechts, tastete, schloss die Augen.
„Was soll das werden, Trickster, hm? Ich dachte du weißt wo es lang geht?", schnaubte Freya ungeduldig und begann mit dem Fuß über den Boden zu scharren, wie ein nervöser Bulle.
Loki rollte kaum merklich mit den Augen und wandte sich an die Gruppe, als versuche er einem Haufen Kinder Magie zu erklären. „Ich weiß, wo es lang geht. Aber jeder von euch stellt sich Magie immer so einfach vor; Loki zauber dies, Loki zauber das – es braucht Kraft, um ein Portal zu erschaffen und überhaupt ist nur eine Handvoll Seidr dazu in der Lage. Ich suche nach der Stelle mit dem größten eigenen Magiepotenzial, das dauert eben eine Weile. Es sei denn ihr zieht es vor, mich durch Jotunheim zu tragen, weil ich zu ausgelaugt zum Laufen bin."
Thor sah von Loki zu Freya und sein Blick gebot der Vanenprinzessin Geduld, zugleich hatte er etwas Mahnendes. Fast kam es Loki vor, als wäre Thor nach ihrem Gespräch besonders darauf bedacht, ihn in Schutz zu nehmen, als könnte er damit alles wieder gutmachen, was die letzten Jahre schiefgelaufen war. 

Loki wies die Gruppe an, zurückzutreten, machte selbst ein paar Schritte von dem Felsen weg und konzentrierte sich. Die  Augen zu angestrengten Schlitzen verzogen, streckte er beide Hände aus. Er konnte fühlen, dass ein Teil des Bifrösts verborgen unter dem Stein lauerte, wie eine Hintertür, eine Seitenstraße, die längst in Vergessenheit geraten war. Es dauerte etwas, bis die Magie unter seinen Fingern sich sammelte, formte, Befehle an den geheimen Teil der Regenbogenbrücke weiter gab, bis nach und nach ein sanfter Schimmer in der Luft erschien.
Gut, den Durchgang hatte er gefunden. Jetzt musste er ihn nur noch greifen, Energie hinzugeben und den Pfad öffnen.
Loki konzentrierte sich so sehr, das er alles andere um sich herum ausblendete. Er hatte zugegeben noch nie ein Portal alleine geöffnet, ohne Hilfe fremder Magie oder Energiezufuhr, aber das war kein guter Moment, es zuzugeben. In Gedanken hatte er es tausend Mal gemacht und es musste einfach funktionieren. 

Zu Lokis endloser Erleichterung, tat es das; wenige Momente später schillerte der Übergang der Welten vor ihnen auf, in allen Farben des Regenbogens, knisternd, etwas wackelig, aber stabil genug, um die Weltenbrücke zu passieren. Dass Balder ihm einen beeindruckten Blick aus gehobenen Brauen zuwarf, bemerkte Loki kaum. „Könntet ihr euch ein wenig beeilen? Ich kann das nicht lange halten", brachte er stattdessen zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Ich gehe vor", beschloss der Donnergott sofort und wollte schon den ersten Schritt tun, als Balder ihn plötzlich am Arm packte.
„Nein, ich gehe zuerst. Es ist nicht so, dass ich Loki nicht traue, aber solche Passagen sind immer etwas kniffelig und Asgard braucht seinen ..."
„Geh endlich!", fauchte Loki ihnen zu und Balder nickte. Beherzt lief er auf den Schimmer zu und sprang hindurch - dann war er verschwunden. Nach einem kurzen Moment – Loki wusste nicht, worauf die anderen warteten, vielleicht dachten sie, Balders Körper würde explodieren – folgten Freya und Thor dem Beispiel des jüngeren Prinzen. Loki übertrug einen großen Teil seiner Kraft in das Portal, dann senkte er die Arme und sprang er selbst hindurch.

                                                        ꧁꧂


"Uhh, so ein verfickter ..."

Loki landete leichtfüßig wie eine Katze  im Schnee Jotunheims und bekam gerade noch Freyas Fluchen mit, direkt neben sich im Schnee. Grinsend warf er ihr einen schadenfrohen Blick zu und sah sich kurz um. Thor steckte bis zur Brust in den Schneemassen, Freyas Krieger kämpften sich gerade mehr schlecht als recht heraus. Gar nicht schlecht für sein erstes Portal. Immerhin hätten sie auch gut im Abgrund daneben landen können.

„Wäre das auch sanfter gegangen?", wollte Thor genervt wissen, während er sich herauszog, von Schnee befreite und sich Eiskristalle aus dem Bart schälte.
„Tut mir leid, ich habe nicht gerade besonders viel Übung darin, eine Handvoll selbstmordgefährdeter Asen durch die Welten zu transportieren." Schmunzelnd half Loki den beiden Kriegern, Freya aus dem Schnee zu befreien. 
„Na ja, wir leben. Ich schätze, es hätte schlimmer kommen können." Der Donnergott klopfte ihm lobend auf die Schulter und Loki knickte sofort ein. „Loki... ist alles in Ordnung?"
„Ja, es geht mir gut", log Loki so astrein, dass er sich am liebsten noch einmal selbst auf die Schulter geklopft hätte. „Es war nur ziemlich anstrengend, das geht gleich wieder."
Ziemlich anstrengend? Es ist ein Wunder, dass du nicht ohnmächtig bist, so viel Kraft wie du verloren hast. Wie willst du sie eigentlich zurückbringen?
Loki schob den unangenehmen Gedanken seiner inneren Stimme zur Seite. Er musste sich eben schneller regenerieren als sonst. Irgendwie. Zur Not würde ihm schon irgendetwas einfallen. Das tat es immer.

Es war Freya, deren Stimme den pfeifenden Wind durchbrach und mit einem Mal auch Lokis Gedanken. „Hey Leute, sagt mal ... wo ist eigentlich Balder?"
Loki ließ den Blick schweifen und auch Thor begann sich mit einer hektischen Drehung umzusehen, doch es waren weit und breit keine Spuren im Schnee, außer dort, wo sie alle angekommen waren. Keine Fußabdrücke, die irgendwo hinführten, keine Hinweise darauf, dass Thors Bruder irgendwo in der Nähe war.
„Loki?"
Dieser drehte sich zu Thor um, doch verdammt, er hatte keine Antwort auf die unausgesprochene Frage. „Das ist ungewöhnlich", antwortete er schließlich.
„Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?", fauchte Freya von der Seite. „Hast du das überhaupt schon mal gemacht, mit den Portalen?"
Loki warf der Vanenprinzessin nur einen finsteren Blick zu, als Thor in sein Sichtfeld trat und den Blickkontakt der beiden unterbrach. „Jetzt ist keine Zeit für Vorwürfe. Wir müssen Balder finden und zwar schnell, das hier ist kein Urlaubsausflug, sondern Jotunheim. Wenn wir ihn nicht bald finden ..." Thors Stimme versagte und auch Loki schluckte.
War es wirklich seine Schuld? Hatte er einen Fehler gemacht? Hatte er dafür gesorgt, dass Balder womöglich etwas zugestoßen war? Aber eigentlich gab es keinen Trick bei der Sache, er hatte auch noch nie von einem solchen Unfall gehört. „Er kann nicht weit sein, es ist noch nie jemand bei einer Portalreise verschwunden, jedenfalls nicht seit Anbeginn der Aufzeichnungen", erklärte Loki schließlich, um die anderen zu beruhigen. Wobei das nur die halbe Wahrheit war. Es gab eine Geschichte von einem verschollenen Reisenden, doch genaugenommen war das nicht die Schuld des Portals gewesen, sondern dessen, was auf der anderen Seite gewartet hatte. Ob Balder womöglich ... nein. Besser, er dachte nicht daran, dass Thors Bruder vielleicht entführt worden war. Doch der Gedanke ließ Loki nicht los, während er nervös auf der Unterlippe kaute.

„Wir sollten uns aufteilen und nach ihm suchen, er kann unmöglich weit entfernt sein", beschloss Thor schließlich.
„Gut, wir suchen ihn. Das hier scheint ein Plateau zu sein, wir können uns nicht verlieren, wenn wir aufmerksam bleiben. Passt auf die Felsspalten auf, der Schnee ist tückisch", fügte Loki an und nickte zu ihren Füßen.
„In einer halben Stunde hier?", wollte Freya wissen.
„Nicht hier", warf Loki ein. „Das ist, als würden wir uns mitten auf die Hauptstraße stellen und mit Feuerwerk auf uns aufmerksam machen. Wir müssen den Portalbereich verlassen. Am besten sofort." Loki sah an Freya vorbei zu einer Felsformation, schätzungsweise eine halbe Stunde von ihnen entfernt. „Dort hinten ist gut, ich kann keinerlei Magie spüren. Dort sollten wir sicher sein."
„Gut. Dann treffen wir uns in einer Stunde dort oben", nickte Thor. „Seid vorsichtig und vor allem pünktlich, ich will nicht noch mehr von uns verlieren."

Nur kurz tauschten sie alle einen vielsagenden Blick; dann wandten sie sich in verschiedene Richtungen ab und wateten davon.

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