Herz über Kopf #2

By ToshiLiu

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|| Alternatives Universum || Die letzten einhundert Jahre waren nicht gerade leicht für Loki. Während er zuse... More

Eine neue Bedrohung
Unschöne Methoden
Wo ist Tanalar Jaurison?
Probleme sind Herdentiere
Freier Fall

Geheimnisse

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By ToshiLiu


Es hatte eine gewisse Komik, wie vier der wichtigsten Männer und Frauen Asgards in einem leeren Zimmer standen und auf einen Apfel starrten.

Tatsächlich hatten sie Tanalars Zimmer aufgesucht und hatten den schlafenden Vanen zwischen den Laken gesehen – zumindest so lange, bis Loki ihn berührt und den Zauber somit gelöst hatte. Seither lag da einfach nur ein Apfel auf dem Kopfkissen und verhöhnte sie alle stumm.
„Ein Apfel ...", meinte Thor mit gehobenen Brauen und konnte es offensichtlich kaum glauben.
„Ein Apfel", bestätigten Freya und Balder im Chor.
„Ein verzauberter Apfel", korrigierte Loki mit einem liebreizenden Lächeln und erntete drei böse Blicke, von denen er sich allerdings nicht beirren ließ. Er trat zu dem Bett und hob das Stück Obst amüsiert auf; irgendwie hatten diese Spione echt Humor. „Wisst ihr, es gibt nicht viele Leute die eine solche Magie beherrschen. Das ändern der eigenen Gestalt ist schon schwierig genug, doch das ändern anderer Gestalten ist eine hohe Kunst."
„Die du beherrschst", kam es giftig von der Vanin.
Loki lächelte über ihren Kommentar hinweg. „Eine Kunst, die ich durchaus beherrsche. Besser als die meisten, wenn ich so bescheiden sein darf."
„Vielleicht hast du das alles ja ausgeheckt", warf Freya ein.

Gerade als Balder Luft holte, um sich mit einem wasserdichten Alibi einzuschalten, warf Loki ihm den Apfel zu und nutzte die so entstandene Stille um selbst zu antworten. „Ja natürlich habe ich das. Deswegen laufe ich ihm auch kilometerweit hinterher und komme zurück, um allen von meinem Verrat zu berichten. Weil ich nichts Besseres zu tun habe, als vanische Prinzessinen zu ärgern, mit nichts als blöden Tricks und Obst."
Freya schnaubte, doch sie schien es einzusehen. Auch Thor warf einen vielsagenden Blick in die Runde; es hatte keinen Sinn sich anzufeinden, wenn der wirkliche Feind da draußen lauerte und bereits daran arbeitete, ihnen allen zu schaden.
„Und jetzt?", wollte Balder wissen, biss genüsslich unbekümmert in den Apfel und erntete entsetzte Blicke von Freya und Thor. „Was denn? War doch nur eine Illusion und kein Gift", erklärte er zwischen zwei Bissen. „Ihr solltet wirklich mehr über Magie lesen ..." Er zwinkerte Loki zu und dieser kam nicht umhin, zu schmunzeln. 

Thors Laune rutschte sofort in den Keller, auch wenn er wohl krampfhaft versuchte, in seiner Rolle als Kronprinz Haltung zu bewahren. „Ich stelle einen Suchtrupp zusammen und ..."
„Nein!", fuhr Freya entschieden dazwischen. „Tanalar Jaurison ist mein Problem. Ich habe ihm vertraut und ihn hergebracht, also werde ich persönlich ihm den Kopf abreißen gehen!"
„Er kommt doch ohnehin zurück?", wollte Balder wissen und deutete auf den Apfel.
Loki wechselte einen schnellen Blick mit Thor, ehe er sich einmischte. „So ungerne ich das sage, Freya hat Recht. Natürlich wird er zurückkommen, aber wenn wir wissen wollen, wer wirklich hinter all dem steckt, müssen wir unserem kleinen Spion folgen. Nur so können wir sicher sein, was hier tatsächlich gespielt wird. Oder viel mehr gespielt werden soll."
„Warum Jotunheim?", wollte Thor wissen.
„Ich weiß es nicht", gab Loki zurück und zuckte mit den Schultern. Jotunheim war seit langer Zeit mit Asgard verfeindet - aber sollte es wirklich ein solch klischeehafter Grund sein, für den hier derart viel Aufwand betrieben wurde?

Es kam nicht oft vor, dass Spionage über hunderte Jahre hinweg unbemerkt blieb  und langsam machte Loki sich Sorgen. Nicht einmal wegen dem, was sie gefunden hatten. Es war mehr so ein Gefühl.
Sowohl Balders, als auch Thors besorgter Blick trafen Loki von der Seite und erst jetzt bemerkte dieser die Furche zwischen seinen eignen Brauen, auf der man seine dunklen Gedanken sicher ablesen konnte, wie auf einer Werbetafel.
Doch es war Freya, die die unbehagliche Stille mit einem lauten, genervten Schnauben brach. „Keine Ahnung was ihr so vorhabt, aber ich breche in einer Stunde auf. Thor, leihst du mir ein paar Waffen und einen Führer?"
„Einen Führer durch Jotunheim?" Thor runzelte die Stirn und schien zu überlegen, wer sich dafür eigenen würde und ob es überhaupt jemanden auf Asgard gab, der das konnte. „Ich kann Vater unmöglich um Hilfe bitten. Wenn das alles herauskommt, bricht in der ganzen Stadt Panik aus und Vater würde sofort zum Krieg rüsten wollen ..."
„... was eine furchtbar schlechte Idee wäre", warf Loki ein.
Thor sah ihn nur kurz an. „... wie dem auch sei, wir können damit unmöglich an die Öffentlichkeit treten. Wir müssen eine andere Lösung finden."

„Loki könnte es tun", schlug Balder so plötzlich vor, dass alle Köpfe sich zu ihm wandten. Selbst Loki starrte den Braunhaarigen entgeistert an, als hätte er gerade vorgeschlagen, nach Hel zu reisen oder sich Brunhilde, der Anführerin der Valküren, zu stellen.
„Ich weiß nicht, was du meinst", wehrte Loki den Vorschlag sofort ab und musterte den jüngeren Prinzen misstrauisch, fast als ahne er bereits, was dieser sagen wollte. Aber es war unmöglich, dass Balder von seinen kleinen Ausflügen wusste. Oder doch? Nervös trat Loki von einem Fuß auf den anderen.
Thor hob beide Brauen. „Loki kann doch unmöglich ..."
„Er war bereits in Jotunheim. Er kennt sich dort besser aus, als alle von euch zusammen", ließ Balder sich nicht beirren und biss erneut in den Apfel.

Die Stille, die folgte, war eine Mischung aus Überraschung und Lähmung und wurde nur von einem Knacken durchbrochen, als Balders Zähne sich erneut in den Apfel bohrten. 

Keine Ahnung, warum, doch diese Lockerheit des Diplomaten und dieser von den Göttern verdammte Apfel störten Loki plötzlich so sehr, wie kaum etwas auf den neun Welten und mit einem groben Schlag schlug er Balder das Stück Obst aus der Hand, noch ehe dieser protestieren konnte.
„Loki?", wollte Thor leise wissen, einen gefährlichen Unterton in der Stimme.
Von der anderen Seite trat Freya näher. "Nein, wie interessant ..."
Loki schwieg. Was bei Hel sollte er auch sagen? Und machte gerade das ihn nicht absolut verdächtig? Wer würde ihm noch ein Wort glauben, wenn sie ihn für den potenziellen Spion hielten?

„Immer mit der Ruhe", schaltete Balder sich wieder ein und warf Loki einen Blick zu, den dieser nicht wirklich deuten konnte. „Loki ist nicht der Spion. Unsere Männer, die Jotunheim seit Jahren unbemerkt beobachten, haben ihn eines Tages gesehen und davon berichtet. Daher weiß ich es", gestand der Prinz und zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Es tut mir leid, Loki, ich wollte es nicht ausplaudern, um dich nicht zu verdächtigen. Aber wir brauchen dich jetzt. Asgard braucht dich, alte Geheimnisse hin oder her. Später ist genug Zeit alles auszudiskutieren. Wenn wir etwas erreichen wollen, müssen wir sofort aufbrechen."
Thor kochte vor angestauter Wut, Freya schien enttäuscht darüber, niemanden lynchen zu können und Loki bedachte Balder mit einem Todesblick; aber sie alle wussten, dass er Recht hatte. Sie mussten jetzt handeln. 

Thor ergriff sofort das Wort, auch wenn es ihm sichtlich schwer fiel. „Freya, bitte deine Männer und Frauen über diesen Vorfall zu schweigen. Sie alle sollen bestätigen, dass wir in eurem Lager weitergefeiert haben. Offiziell hat niemand Asgard heute Nacht verlassen, haben wir uns verstanden?"
Die Prinzessin nickte. „In Ordnung. Wir waren die ganze Zeit hier."
„Wir haben nicht einmal mehr eine ganze Nacht Zeit für ...", warf Loki ein, doch Thors entschlossener, harter Blick ließ ihn schweigen.
„Deswegen müssen wir uns beeilen. Balder, tu was auch immer du kannst, um unser Verschwinden zu verschleiern. Außerdem will ich morgen über die Geschehnisse der heutigen Nacht am Hofe informiert sein. Wir dürfen keinen Hinweis verpassen", ordnete der Kronprinz an. Als auch Balder nickte, wandte der Donnergott sich schließlich wieder an Loki. „Und wir zwei ... wir müssen uns unterhalten."


                                                                             ꧁꧂



„Was bei allen alten Göttern hast du in Jotunheim gemacht?"

Kaum war die Tür zu Balders Gemächern geschlossen, konnte Thor sich kaum zurückhalten. Sie hatten das Zimmer des jüngeren Prinzen gewählt, um zu vermeiden, gesehen zu werden, doch wenn der Donnergott weiterhin seinem schwachen Geduldsfaden erlag, wusste bald ganz Asgard Bescheid, dass sie hier drin waren und stritten.
Sag ihm die Wahrheit.
Loki presste beide Lippen aufeinander und ignorierte die Stimme in seinem Inneren. Er konnte es nicht. Er fühlte sich hin und her gerissen zwischen seinem Schwur als Agent und seiner Liebe zu dem Donnergott, so sehr, dass er glaubte, gleich in zwei Teile zu brechen. Eine Seite seiner Seele wollte nichts lieber als dem Kronprinzen um den Hals zu fallen, ihm alles zu erzählen, was ihn seit Jahren belastete. Doch die andere Seite seiner Seele reckte stolz die Brust und hüllte sich in eisernes Schweigen. Letztlich siegte der pflichtbewusste Teil.
„Ich war neugierig, das ist alles."
„Neugierig? Du hättest in Stücken zurückgeschickt werden können!", protestierte Thor und schien nur noch wütender darüber, wie leichtfertig Loki davon sprach.
„Shhh", ermahnte Loki ihn und sah zur Tür, um zu lauschen. Nichts. „Wenn du weiter so laut bist, brauchen wir uns nicht zu verstecken, da können wir uns gleich mit Fackeln auf den verdammten Marktplatz stellen!", zischte er dem Donnergott entgegen.
„Vielleicht sollten wir das", knurrte Thor, auch wenn er sich bemühte, im Flüsterton zu bleiben. „Denn ganz offenkundig laufen hinter meinem Rücken einige Dinge ab, die mich brennend interessieren!"
„Nahezu alle wichtigen Dinge laufen hinter deinem Rücken ab! Was meinst du, wieso es Agenten wie mich gibt? Um neben dir hübsch auszusehen? Wir arbeiten seit Jahrhunderten, ja seit Anbeginn der goldenen Stadt, hinter Irgendjemands Rücken, damit Irgendjemand sich nicht mit allem herumschlagen muss und ganz nebenher nicht mit einem Dolch im Rücken aufwacht!"
Thor schnaubte, mit einem Griff packte er Loki unsanft am Arm und zerrte ihn zu sich, die sturmblauen Augen stechend in seine gebohrt. „Welcher kranke Sadist würde einen Jungen nach Jotunheim schicken um ..." Thor stockte und zum ersten Mal sah Loki etwas wie tiefe Erkenntnis sein wutverzerrtes Gesicht steigen. Langsam ließ Thor ihn los, als wollte er etwas sagen, ohne es zu können. Oder vielmehr, ohne zu es zu wollen, denn einmal ausgesprochen wurde das Gesagte zu einer unerschütterlichen Wahrheit, mit der er würde Leben müssen. „Es ... es war Mutter."

Loki schwieg. Und je länger die Stille hielt, je länger Thor nachdachte, desto härter und trauriger wurden die Züge des Donnergottes; man konnte zusehen, wie er jeden Wimpernschlag ein Stückchen mehr zerbrach, bis er sich schließlich auf das Bett sinken ließ, den Kopf mit beiden Händen an der Stirn gestützt. „Ich war ein Idiot ..."
„Du bist ein Idiot", korrigierte Loki mit einem Schmunzeln und ließ sich neben Thor auf die Bettkante sinken, nur um von dem Prinzen einen finsteren, tödlichen Blick zu ernten. Doch Loki ließ sich davon nicht beirren. „Du bist ein Idiot, wenn du denkst, dass alles nur geschehen ist, weil deine Mutter es so wollte."
„Ach, ist der Gedanke so abwegig?", wollte Thor süffisant wissen.
„Nein, das ist er nicht", gab Loki zu und stützte beide Ellbogen auf seinen Knien ab, den Blick zur Tür gerichtet, als könnte dort jeden Moment die Erkenntnis hineinspazieren. Oder ein Hinweis darauf, was er sagen konnte.

Normalerweise fielen ihm tausende Dinge ein und hätte neben ihm irgendein Fremder gesessen, er hätte genau gewusst, was zu sagen wäre. Doch es war Thor, der neben ihm saß und Loki hörte diese leise Stimme in seinem Inneren, dass es mehr brauchen würde, als nur seine üblichen Reden, um den Kronprinzen zu erreichen.
„All die Jahre dachte ich ... und dann ...", flüsterte Thor geschlagen.
„Hör auf damit", entgegnete Loki und verzog beide Mundwinkel streng. „Deine Mutter hat mir vertraut, deswegen hat sie mich zum Agenten ernannt. Sie wollte keinen Aufpasser für dich, Thor, sie wollte jemanden an deiner Seite, der wirklich nach dir sehen würde."
„Wie konntest du nach all dem, was mein Vater getan hat ... wie hast du damit ...?" 

Loki zuckte nur mit den Schultern. Wenn er ehrlich war, wusste er selbst nicht genau, wie er es all die Jahre ertragen hatte. Und zu antworten, er habe sich die ersten Monate in den Schlaf geflucht oder ganze Bergketten am Rande Asgards verstümmelt, war irgendwie keine gute Idee.„Ich...", zögerte Loki, unsicher, was er sagen sollte und vor allem durfte, als Thor ihm plötzlich eine Hand in den Nacken legte.

Der Donnergott zog ihn leicht zu sich, beugte sich vor, um ihn zu küssen. Loki wehrte sich nicht. Es war wie der erste Schluck Wasser nach einer ewigen, trockenen Wüste und er, als durstiger Reisender, nahm alles an, was Thor zu geben hatte. All die Gefühle, die stumme Bitte um Verzeihung. Der Kuss dauerte eine Ewigkeit und dann doch wieder nur Sekunden, aber als Thor seine Lippen löste, sog Loki leise Luft ein. Alles war gesagt.
Thor stand auf, voller Tatendrang, als hätte diese winzige, intime Geste ihn vollkommen wiederbelebt. „Erst bringen wir Jotunheim in Ordnung. Und dann wird es Zeit, endlich auch alles andere in Ordnung zu bringen. Pack deine Sachen, wir brechen in zwanzig Minuten auf."
Dann verschwand der Donnergott durch die Tür.

Gedankenverloren fuhr Loki sich mit der Zunge über die Lippen, dann stand auch er auf und machte sich auf den Weg in seine Gemächer.
Was auch immer gerade zwischen ihnen geschehen war, es musste warten. Alles musste warten, denn wenn sie nichts unternehmen würden, würde es bald kein Asgard mehr geben, auf dem sie Dinge richtig stellen, oder sich doch wieder streiten konnten. 

Und wenn Asgard erst einmal gefallen war, würden die anderen Welten auf dem Fuße folgen.

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