wild (bxb)

By Cupid42hearts

228K 14.3K 1.3K

Marlon versucht ein ganz normaler Junge zu sein und ein ganz normales Leben zu führen. Er lebt bei seiner Ta... More

*Vorwort*
*(1) Ein Blick*
*(2) Schwachstelle*
*(3) Lächeln*
*(4) Abweisung*
*(5) Maske*
*(6) Fühlen*
*(7) Herausforderung*
*(8) Schreie*
*(9) Lästern*
*(10) Zuhause*
*(11) Hand*
*(12) Augen*
*(13) Verletzt*
*(14) Kontrolle*
*(15) Keine Erklärung*
*(16) Weitermachen*
*(17) Unmenschlich*
*(18) Reden*
*(19) Seiten*
*(20) Herzschläge*
*(21) Farben*
*(22) Gerechtigkeit*
*(24) Abgefuckt*
*(25) Zuhause*
*(26) Rätsel*
*(27) Ausnahme*
*(28) Frust*
*(29) Schlamm*
*(30) Lady und Lord*
*(31) Angriff*
*(32) Blut*
*(33) Gefühle*
*(34) Bleiben*
*(35) Illusion*
*(36) Verwandlung*
*(37) Beschützen*
*(38) Liebe*
*(39) - D*
*(40) Turteltauben*
*(41) Öffentlich*
*(42) Duft*
*(43) Allein zuhause*
*(44) Biest*
*(45) Urteil*
*(46) Sinn*
*(47) Ohne ihn*
*(49) Gefahr*
*(50) - D*
*(51) Davonlaufen*
*(52) Auslösen*
*(53) Mühe*
*(54) Unerwartet*
*(55) Party*
*(56) Hier bei mir*
*(57) Probleme*
*(58) Bleiben*
*(59) Reden*
*(60) Vereint*
*(61) Ärger*
*(62) Vergangenheit*
*(63) Besuch*
*(64) Gesundheit*
*(65) Provokation*
*(66) Auftritt*
*(67) Lecker*
*(68)-D*
*(69)-D*
*(70)-D*
*(71)-D*
*(72)-D*
*(73) Aufwachen*
*(74) Wissen*
*(75) Gebrochen*
*(76) Kälte*
*(77) Zurück*
*(78) Flucht*
*(79) Schuld*
*(80) Ignoranz*
*(81) Symptome*
*(82) Besuch*
*(83) Schnell*
*(84) Klartext*
*(85) Entscheidung*
*(86) Mächtig*
*(87) Gewinnen*
*(88) Kategorien*

*(23) Aufwachen*

4.6K 319 11
By Cupid42hearts

Wenn dein Leben ein Alptraum ist, warum wachst du dann nicht auf?

~~~


„Irgendwie habe ich mir deine Tante ganz anders vorgesellt", meinte Damian, während er durch mein Zimmer lief und jede Ecke inspizierte.

Ich kickte ein paar herumliegende Klamotten unter mein Bett. Er tat so als bemerkte er es nicht.

„Wie hast du sie dir vorgestellt?"

„Irgendwie dachte ich, sie ist eine verbitterte alte Ziege."

„Mit Hörnern?"

Ich stellte mich zu ihm, vor meine Basketball-Wand, an der ein paar Poster und Medaillen hingen.

„Und Bart", sagte er todernst.

Die Vorstellung meiner Tante mit Hörnern und Bart war witzig. Dennoch half sie nicht, mich von meinen Gedanken daran, was unten passiert war, abzulenken.

Hätten wir uns geküsst?

Wäre es gut gewesen?

Was hätte das bedeutet?

Was bedeutete es?

Finn war der einzige Junge, den ich bisher geküsst hatte. Betrunken. Auf einer Party.

Mit Damian alleine im Keller zu stehen, ihm meinen Körper zu präsentieren und ihn zu fragen, ob ich ihn küssen durfte, war viel intimer gewesen. So viel intimer, dass ich es jetzt kaum schaffte, ihm in die Augen zu sehen.

„Wann erzählst du mir eigentlich deine tragische Lebensgeschichte?", fragte Damian mich, schnippte eine Goldmedaille an die Wand und ging weiter zu meinem Bücherregal.

Weder antwortete ich ihm, noch lief ich ihm hinterher.

Er drehte sich zu mir, zog die Augenbrauen hoch und fragte: „Fettnäpfchen?"

„Normalerweise fragen die Leute immer, warum ich bei meiner Tante wohne. Wenn ich sage, dass meine Eltern tot sind, sprechen sie ihr Beileid aus und wechseln das Thema. Keiner will wirklich die Geschichte hören. Ich weiß nicht mal, ob sie erzählen könnte."

Damian zog die Augenbrauen zusammen. „Hast du noch nie darüber geredet?"

„Nur in der Therapie."

„Mh", machte er, wie so oft. Jedes Mal bedeutete es etwas Anderes. Diesmal war es der Ausdruck seines Unmutes. „Willst du meinen Therapiewerdegang hören?"

Ich nickte wortlos.

„Klein Damian wird zum Psychiater geschickt, weil er zu unruhig ist. Der Psychiater verschreibt ihm Pillen. Die Pillen stellen ihn ruhig. Ende."

„Wow", sagte ich trocken. „Echt jetzt?"

Er nickte. „Die im Heim waren komplett überfordert. War nicht unbedingt die Schuld der Erzieher, sondern eher die des Systems. Die haben einige von uns völlig zugedröhnt. Ein paar haben davon so viel gekotzt, dass es wieder abgesetzt wurde. Hat ja Arbeit gemacht, die Kotze wegzuwischen. Ich bin erst von dem Zeug runtergekommen, als ich bei meiner Pflegefamilie war. Es war krass, weil meine Pflegemutter insgesamt fünf Kinder bei sich hatte und trotzdem die Zeit gefunden hat zu hinterfragen, was sie mir da jeden Morgen in den Mund stopfen soll."

„Wurde es dann abgesetzt?"

Damian nickte. „Fun fact: als Kind soll man eigentlich Impulskontrolle lernen. Ich war so zugeballert, dass ich quasi gar keine Impulse hatte."

„Und deshalb konntest du nicht lernen, damit umzugehen?"

„Genau."

„Wow", wiederholte ich.

Nick hatte erzählt, dass seinen Eltern davon abgeraten worden war, Damian zu sich zu holen. Er sei anstrengend und manchmal auch gefährlich. Das klang nicht so als hätte irgendwer vom Amt die Verantwortung dafür übernommen, was sie getan hatten oder als würde jemand auch nur ansatzweise anerkennen, dass sie Damian wichtige Entwicklungsschritte verwehrt hatten, um ihn ruhigstellen.

Mir wurde eiskalt bei dem Gedanken. Gleichzeitig rauschte heiße Wut durch meine Adern.

„Reg dich nicht auf." Damian verlor sein Interesse an meiner Einrichtung und stellte sich zurück zu mir. „Jedem passiert Mal ungerechte Scheiße."

Aber ich regte mich auf. Diese Leute hätten ihm ein Zuhause geben sollen. Stattdessen hatten sie ihn mit Pillen zugedröhnt.

Nicht nur ihn. Auch andere. Und niemand, der etwas daran ändern konnte, interessierte sich dafür. Obwohl man ganz genau nachschauen konnte, wer das getan hatte. Sie konnten zur Verantwortung gezogen werden. Es musste alles in den Akten stehen. Es gab Beweise für das Unrecht, das ihm angetan wurde.

„Willst du denn gar keine Gerechtigkeit?"

„Wie soll das aussehen? Ich muss schon lange keine Pillen mehr nehmen. Allgemein war es, nachdem ich von meiner Pflegefamilie zurück ins Heim gekommen bin, ganz anders als davor. Entweder hat sich in den Jahren, in denen ich weg war, extrem viel geändert, oder es lag daran, dass ich älter war und als Jugendlicher eingestuft und behandelt wurde, statt als Kind. Keine Ahnung. Aber jetzt die alte Geschichte wieder aufzumachen würde sich mehr nach Rache nehmen anfühlen als nach Gerechtigkeit."

„Selbst wenn. Auch Rache steht dir zu."

Damian sagte nichts.

Ich schaute zu Boden, wollte nicht sehen, was auch immer es war, das sein Blick mir zeigte.

„Marlon..."

Mein Name klang so schön aus seinem Mund. Aber es fühlte sich nicht schön an. Nichts fühlte sich gerade schön an. Schön, gut oder auch nur ansatzweise erträglich. Das konnte es nicht. Dazu waren die Bilder in meinem Kopf zu lebhaft. Die Erinnerungen zu penetrant. Obwohl ich mir nicht einmal sicher sein konnte, dass sie echt waren.

Damian machte einen Schritt zu mir. Damit trat er direkt in mein Blickfeld. „Hast du das Bedürfnis nach Rache?"

„Ich erinnere mich nicht mal richtig. Und das, woran ich mich erinnere, könnte gar nicht echt sein. Das hier jetzt gerade könnte gar nicht echt sein. Du könntest nicht echt sein."

„Ich bin echt." Er legte seine Hände an meine Schultern. „Das hier ist echt."

Ich nickte, obwohl ich nicht wirklich überzeugt davon war. Es war eher... ich wollte, dass er echt war.

„Wie sind deine Psychosen normalerweise?", wollte Damian wissen, ohne seinen intensiven Blick von mir zu lösen. „Siehst du heiße Typen, die sich dir gegenüber widersprüchlich verhalten, weil sie bei dir sein wollen, aber wissen, dass sie es nicht sollten?"

Ich hatte nicht die Kapazität zu verarbeiten, was er sagte. Mein Mund antwortete ganz automatisch. „Ich sehe Monster. Manchmal auch nur ihre Schatten. Sie sehen aus wie Menschen, aber sie sind riesig und stark. Der einzige Ton, den man von ihnen hört, ist ihr Lachen. Sie verfolgen mich und sie..." Ich schluckte. „Sie schleppen die Leichen meiner Eltern mit sich. Ich höre ihre Körper über den Boden schleifen. Überall ist Blut und ich höre Schreie, aber ich weiß nicht, woher sie kommen."

„Respekt." Damian nickte anerkennend. „Abgefuckter Scheiß, der null in deinem Leben verankert ist. Oder?"

Wieder schüttelte ich den Kopf. Er hatte Recht.

„Da hast dus. Ich bin viel zu toll, um eine Psychose zu sein."

„Eigentlich bin ich stabil."

Damian machte mir keinen Vorwurf und doch hatte ich das Bedürfnis, mich zu verteidigen. Ihm zu erklären, dass ich nicht verrückt war. Ich hatte mich im Griff. Es war nur manchmal... da spielte ich mit dem Gedanken, dass ich nie aus der Klinik gekommen war. Dass ich immer noch in meinem Bett lag, sediert nach einem Nervenzusammenbruch, und mich meinem eigenen Wahnsinn hingab.

„Nicht eigentlich. Du bist stabil. Sonst wärst du nicht dazu im Stande, es zu bezweifeln."

„Danke."

Sobald Damian erkannte, dass ich okay war, nahm er seine Hände von mir und steckte sie in seine Hosentaschen. „Dafür, dass ich meine Existenz verteidigt habe? Bitte." Er verdrehte betont genervt die Augen.

„Warum bist du so ruhig?", fragte ich, unberührt von seinem gespielten Desinteresse. „Das Ganze ist dir kein Stück unangenehm."

Es wirkt nicht so als wäre es dir unbekannt.

„Ich habe dir doch von Spence erzählt..."

Ich nickte. „Dein Ex."

„Ich habe dir erzählt, dass er die ersten Monate von oben bis unten mumifiziert rumgelaufen ist..."

Wieder nickte ich.

„Er kam ins Heim, nachdem seine Eltern bei einem Hausbrand gestorben sind. Fast jede Nacht hat er davon geträumt, wieder in seinem Haus zu sein, in seinem Zimmer, in seinem Bett. Dass er wach wird, weil er seinen Hund bellen hört. Dass alles in Flammen steht. Dass er nach seinen Eltern ruft, aber die Tür brennt und er nicht weiß, ob sie noch schlafen oder schon bewusstlos durch den Rauch... Jedenfalls denkt er, wenn aufwacht, dass er wieder in genau der Situation ist und, dass er seine Eltern finden und nur schnell genug sein muss, um sie retten zu können. Er hat in diesen Momenten gar nicht verstanden, dass wir nicht bei ihm zuhause waren und, dass wir uns noch gar nicht gekannt haben, als er noch da gewohnt hat."

Damian lachte, doch es sah nicht amüsiert aus. „Manchmal ist er ins Bad gerannt, hat Handtücher nass gemacht und sie uns aufs Gesicht gedrückt, damit wir den Rauch nicht einatmen. Manchmal dachte er, er steht wieder in Flammen und hat mich angeschrien, warum ich ihm nicht helfe... Fuck."

Damian presste die Lippen zusammen und blinzelte den Tränen in seinen Augen entgegen.

Er weinte nicht. Aber irgendetwas in mir sagte mir, dass es ihm verdammt guttun würde, loszulassen.

„Darf ich dich umarmen?" Mit dem Zeigefinger hakte ich mich im Saum seines Hoodies ein.

Er schaute zu mir nach oben. Seine Augen trugen so viel Emotion in sich, dass ich nicht dazu im Stande war, sie kognitiv zu erfassen. Ich konnte sie nur erfühlen.

Continue Reading

You'll Also Like

313K 19.5K 20
Kain ist ein Vampir. Kalt. Unerschrocken. Gefühllos. Er zählt nur auf sich und lebt sein ewiges Dasein. Bis er Blaine trifft. Und ein Licht in se...
92K 9.1K 141
Eigentlich sollte es nur eine Klassenfahrt nach Schottland werden - aber als Lina auf einem Friedhof in Edinburgh plötzlich von einem Geschöpf wie au...
287K 20.9K 127
"Du musst gar kein Stern sein, um zu strahlen" Alec ist vielleicht ein hübscher und begehrter junger Mann, aber er selbst kann mit der Liebe nichts...
273K 1.2K 3
»𝐈𝐜𝐡 𝐰𝐢𝐥𝐥 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭 𝐫𝐞𝐝𝐞𝐧, 𝐰𝐢𝐥𝐥 𝐧𝐢𝐜𝐡𝐭, 𝐝𝐚𝐬𝐬 𝐖𝐨𝐫𝐭𝐞 𝐝𝐢𝐞𝐬𝐞𝐧 𝐌𝐨𝐦𝐞𝐧𝐭 𝐳𝐞𝐫𝐬𝐭𝐨̈𝐫𝐞𝐧. 𝐈𝐜𝐡 𝐰𝐢𝐥𝐥 𝐢𝐡�...