Die Verlierer - Könige der Pl...

By traumjaegerin

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[TEIL 1] Man soll sich seine Freunde nah halten und seine Feinde noch näher. Das ist Jays Devise, denn immerh... More

1 | Gewinnen
2 | Mutig oder verdammt dumm
3 | Alkoholische Freiheiten
4 | Keine Regeln
5 | Alles nur ein Spiel
6 | Saufen und scheitern
7 | Respektlos
8 | Kleinkriminell
9 | Kippen, Vokabeln, Planlosigkeit
10 | Respekt durch Freundschaft
11 | Mathe und MDMA
12 | Saufen im Kinderzimmer
13 | Kontrollverlust
14 | Von Katzen und Katern
15 | Nur bis Physik
16 | Zwischen Gewalt und Ganja
17 | Chancen und Niederlagen
18 | Federico geht saufen
19 | Jenseits von Moral
20 | Warum Schwänze verdammt praktisch sind
21 | Titten oder Teleskope
22 | Auf anderen Planeten
23 | Kein Platz für Freundschaft
24 | Das Gesocks und seine Paläste
25 | Unbesiegbar
26 | Gemeinsamkeiten
27 | Ballerspiele und Gangsterfilme
28 | Ekstase
29 | Blaues und rotes Licht
30 | Gefrorene Kirschtorte
31 | Ehrgeiz
32 | Fast Freunde
33 | Ritalin und Rumcola
34 | Genauso grob, genauso rücksichtslos
35 | Zukunftsvisionen
37 | Distanz
38 | Woran denkst du beim Wichsen?
39 | Keine Könige mehr
40 | Sternenscheiß
41 | Kotze im Papierkorb
42 | Niemals entschuldigen
43 | Viel zu schön
44 | Ekelhafte Sommernächte
45 | Dreiste russische Schönheiten
46 | Voll schwul, Alter
47 | Am besten keine Gefühle
48 | Gewaltfrei
49 | Keine Kompromisse
50 | Das machen Freunde nicht
51 | Wodka Melone
52 | Niemals
Tausend-Follower-Special
Ankündigung

36 | Koste es, was es wolle

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By traumjaegerin

Der verfickte Matheunterricht ging einfach nicht vorbei. Aber egal, das mit der Schule hatte sich eh erledigt, sobald ich für Tarek dealen würde. Ich hatte immer gewusst, dass ich niemand war, der einem Hurensohn von Chef den Kaffee an den Platz bringen würde.

Die Pickart malte ein paar Linien an die Tafel und drehte sich dann um. Ihr hässliches Kartoffelsackkleid, das sie bestimmt aus so 'nem Ökoladen hatte, flog um ihre Beine. »Wer kann mir sagen, wie wir weiter vorgehen, wenn wir jetzt die Nullstellen der Funktion bestimmt haben?«

Niemand meldete sich.

Aykan und Samu führten eine endbescheuerte Diskussion darüber, ob man mit vierzehn oder fünfzehn Jahren strafmündig sei, die man bis hier vorne mitbekam.

»Was ist mit dir, Federico?«, fragte sie und klopfte die Kreidehände an dem braunen Stoff ab. »Hast du keine Lösung?«

Mit einem schadenfreudigen Grinsen drehte ich mich zu ihm um.

»Hm?« Fede schreckte auf. Sein Heft lag zugeschlagen vor ihm und er hatte sich die ganze Stunde noch kein einziges Mal beteiligt. Tja, es hatten wohl auch Streber schlechte Tage.

Sie fasste die Aufgabenstellung noch einmal für ihn zusammen. Typisch. Jeden anderen von uns hätte sie längst zusammengeschissen.

»Ähm«, sagte Federico und sah auf die Tafel, dann wieder auf sein Heft. Fand dort keine Antworten, auch wenn er seine Augenbrauen konzentriert zusammen gezogen hatte.

»Alter, haltet mal die Fressen, ihr seid doch beide behindert«, war Maxims lautstarkes Maulen in der letzten Reihe zu hören. Er versetzte Samu einen groben Schlag gegen den Oberarm, an dem der eh schon ein paar blaue Flecken hatte. »Sonst würdet ihr nicht über so 'nen Müll diskutieren.«

»Ruhe dahinten jetzt!«, forderte die Pickart ihn scharf auf.

»Ey, ich hab doch gar nichts anderes gesagt!«

»Also, was ist jetzt?«, wandte sie sich wieder an Fede.

»Keine Ahnung«, sagte er und zog sich die Ärmelbündchen über die Handgelenke.

»Komm, versuch's doch wenigstens«, forderte sie ihn auf.

»Nehmen Sie doch einfach jemand anderen dran. Ich weiß die Antwort offensichtlich nicht und das darf auch mal okay sein.« Fede warf ihr einen wütenden Blick zu und verschränkte die Arme vor der Brust.

Sie seufzte, sah ihn noch einen Moment lang an und wandte sich dann wieder der Tafel zu, um mit ihren langweiligen Erklärungen weiterzumachen. Weit kam sie nicht, denn nur kurze Zeit später läutete es zur Fünfminutenpause.

»Ey, Jungs, was is'? Kommt ihr mit, eine rauchen?«, rief ich den anderen zu und stand auf.

»Klar, immer«, grinste Samu und boxte sich an Youssuf vorbei, der ihn sofort grob zurückstieß. Maxim dagegen hatte sich auf seinen Tisch gezogen, mal wieder irgendeinen Song angemacht und rappte Aykan irgendetwas vor. Der tat zwar so, als würde er das geil finden, aber als ob halt. Alles Heuchelei.

»Was machst du? Wir haben doch noch hier Unterricht«, merkte Bahar eben an. Ich folgte ihrem Blick und sah, wie Fede seine Sachen in seinen Rucksack stopfte.

»Gehen«, erwiderte er und zerrte den Reißverschluss zu. »Ich fühl' mich nicht gut.«

»Hast jetzt deine rebellische Phase gestartet oder was?«, grinste ich und wartete darauf, dass Bahar mit ihrem Stuhl zurückrutschte und ich durch den schmalen Gang zwischen den Tischreihen gehen konnte. »Ey, mach' ma' jetzt«, schnauzte ich sie an, sie rückte zurück.

Fede warf mir einen genervten Blick zu. »Richtig lustig mal wieder, Jay.« Er schob seinen Arm durch den Träger seines Rucksacks.

Besorgt sah Bahar Fede an und legte ihre Hand auf Fedes Oberarm, während ich mit Samu auf die Tür des Klassenzimmers zusteuerte. Der fühlte sich mal wieder besonders cool und trat lachend den Mülleimer um. Spast.

»Ist alles gut bei dir?«, fragte sie nach.

»Ja, passt schon«, vernahm ich Fedes Stimme noch in meinem Rücken, ehe wir auf den Gang traten.

Draußen angekommen ließ ich mich auf einer der Tischtennisplatten vor dem Eingang nieder. »Wollen wir nich' zum Raucherplatz vor?«, schlug Samu vor und ließ seinen Blick über den Pausenhof schweifen. Dort waren eh nur ein paar vereinzelte Leute zu sehen.

»Piss dir mal nich' in die Hose«, lachte ich. »Da wird jetzt keiner rummeckern wegen rauchen.«

»Ja, okay ...«, willigte Samu ein und sah sich nochmal um, während ich mir eine Zigarette ansteckte. »Krieg ich eine?«, fragte er mit Blick auf meine Schachtel.

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie die Glastür aufschwang und Fede nach draußen trat. »Ich würd' mich scheiße erbärmlich fühlen an deiner Stelle«, spottete ich, gab Samu aber die Schachtel.

Dann wandte ich mich Fede zu, der die Finger um die Träger seines Rucksacks geschlossen hatte. »Ey, so Fehltage machen sich bestimmt schlecht auf deinem Einser-Zeugnis«, rief ich ihm zu.

»Ich werd's verkraften«, erwiderte er mit einem gereizten Unterton.

»Hast deine Tage oder was bist du so mies drauf?« Ich inhalierte den Rauch.

»Spar's dir einfach, Jay, wenn du schon nichts Sinnvolles zu sagen hast.« Auch wenn ich es dank der paar Meter, die uns trennten, nicht erkennen konnte, war ich mir sicher, dass er gerade die Augen verdrehte.

»Ey, Streber, an deiner Stelle wär' ich mal nicht so frech«, mischte sich Samu ein, der mal wieder glaubte, seine Meinung würde hier auch nur irgendjemanden interessieren. Weder ich noch Fede reagierten auf ihn.

»Haut rein«, sagte er, dann löste er seinen Blick und ging weiter.

Ich führte meine Zigarette an die Lippen und sah ihm noch einen Moment lang hinterher, wie er den Pausenhof überquerte. Was war los mit ihm? Dass es ihm nicht gut ging, war offensichtlich und das Gelaber von wegen, er sei krank, glaubte ich ihm nicht.

Aber war ja eigentlich auch egal. Seine Sache.

Wahrscheinlich hatte er einfach nur eine Klassenarbeit verkackt.


Den Nachmittag verbrachte ich wie gestern schon bei Tarek und den anderen im Park.

»Ey, Jay, kommste mit, drüben bei Rewe was zu saufen zu holen?«, fragte er mich schließlich.

»Klar, immer.«

Wir ließen die Gruppe hinter uns und durchquerten den Park, der dunkel vor uns lag. Der Himmel war in ein dunkles Grau verfärbt, die Sonne war noch nicht vor langem untergegangen.

»Also raus jetzt mit der Sprache«, grinste Tarek auf einmal.

Ich kniff die Augenbrauen zusammen. »Was meinst du?«

»Jay«, lachte er und ließ seinen Blick auf mir ruhen. »Ich hab schon gemerkt, dass du über irgendwas mit mir reden willst.«

Wir gingen durch den Parkeingang, vorbei an dem schmiedeisernen Tor und der versifften öffentlichen Toilette, vorbei an zwei Kerlen, die ich nicht weiter beachtete.

Ich zögerte kurz. Sollte ich einfach so tun, als würde er Bullshit faseln? War doch scheiße ihm einzugestehen, dass ich tatsächlich seit gestern versucht habe, allein mit ihm zu quatschen. Richtig opferhaft.

Aber Tarek war niemand, der sich einfach so täuschen ließ.

»Lass mich für dich verkaufen«, meinte ich. »Scheiß auf so Spacken wie Jamal, die können nichts.«

Ich spürte, dass er mich von der Seite her anschaute, auch wenn ich seinen Blick nicht erwiderte, so tat, als ginge es mir völlig am Arsch vorbei.

»Tarek, yala taea!«, rief in diesem Moment einer der Typen uns zu.

Ich folgte Tarek zu den beiden rüber. »Marhaba, shu kefkun?«, lachte er und begrüßte die beiden mit einem Handschlag, gefolgt von einer herzlichen Umarmung. Ich zündete mir eine Zigarette an und stand rauchend daneben, während die drei miteinander rumlaberten. Heute war ich ausnahmsweise froh deshalb, weil ich darüber nachdenken konnte, wie ich das Gespräch mit Tarek fortführte.

Es dauerte noch eine halbe Ewigkeit, bis Tarek sich von den Kerlen verabschiedete und wir weitergingen.

Ich spürte, wie er mich von der Seite her anschaute. Er nahm sich die Zeit, nochmal an seiner Zigarette zu ziehen und sie dann ins Gras zu schnippen. »Du willst also für mich verkaufen?«, fragte er nach, als wäre es das Abwegigste der Welt.

»Scheinbar.«

Was sollte die Scheiße? Ganz so, als würde ich diesen Job nicht gut machen. Als könnte ich das nicht. Lachhaft.

Ich zwang mich dazu, die Wut runterzuschlucken. Er sollte keinesfalls mitbekommen, wie hart mich das abfuckte.

»Vergiss das mal ganz schnell wieder«, sagte er in brüderlichem Tonfall. Wir überquerten die Straße.

»Wieso?«

»Ey, such dir lieber was Vernünftiges. Du bist zu jung.« Er legte mir seine Pranke auf den Rücken.

»Ernsthaft?« Ich lachte auf und schlug seine Hand wieder weg. »Wer bist du? Meine Mutter oder was? Nich' mal die macht sich Sorgen, als kannst es auch lassen.«

»Wie gesagt, Jay. Ich zieh ganz bestimmt keine Vierzehnjährigen mit rein«, lehnte er entschieden ab und kratzte sich an seinem unordentlichen Dreitagebart.

»Lächerlich.« Ich rotzte auf den Boden und setzte dazu an, noch etwas zu sagen, sparte es mir aber. Wahrscheinlich würden ihn sowieso keine Worte, sondern nur Taten überzeugen können. Während wir in den Supermarkt gingen und Tarek drei teure Whiskyflaschen aus dem Regal nahm, dann bezahlte, wuchs die Entschlossenheit in mir nur noch an.

Auch dann, als wir auf der Rolltreppe standen und er das Thema wieder aufgriff. »Ernsthaft«, setzte er an. »Is' besser so. Ich mag dich, ich will dich nicht wie Jamal mit 'nem komplett zerstörten Gesicht sehen müssen.«

»Ich würd' so'n Scheiß auch nicht abziehen, auf mich ist Verlass«, erwiderte ich und öffnete die Flasche Whisky, die Tarek mir nach dem Bezahlen in die Hand gedrückt hatte. Der intensive, würzige Geschmack breitete sich in meinem Mund aus.

»Schlag dir das aus dem Kopf, verstanden?«, sagte er, aber das änderte nichts an meiner Entschlossenheit.

Tarek würde schon noch raffen, dass ich nicht zu jung fürs Dealen war.

Dass es ein verfickter Fehler sein würde, mich zu unterschätzen.

Koste es, was es wolle.





_________________
Yala taea! – Komm rüber!

Marhaba, shu kefkun? - Ah, hallo, wie geht's euch?

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