White Armor

By Hen_Lux

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Bislang blieb der Fokus der Republik auf die Klonkriege gerichtet. Doch das einzige Mittel zum Sieg ist in ih... More

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Prolog
Kapitel 2 - Trueblood
Kapitel 3 - Ihr Schicksal wird das unsere sein
Kapitel 4 - Emotionslos
Kapitel 5 - Die Stille davor
Kapitel 6 - Schlammspringer
Kapitel 7 - Täuschung und Vertrauen
Kapitel 8 - Heilungsprozess
Kapitel 9 - Die Röte auf seinen Wangen
Kapitel 10 - Seyda
Kapitel 11 - Nicht sein Geschmack
Kapitel 12 - Die Süße der Vergangenheit
Kapitel 13 - Unbeglichene Schulden
Kapitel 14 - Herzstillstand
Kapitel 15 - Ein Nichts in der Schwärze
Kapitel 16 - Die Frage der Realität
Kapitel 17 - Alte Sünden
Kapitel 18 - Drayk

Kapitel 1 - Die Stille nach dem Lärm

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By Hen_Lux

Es war still. Nur Geschnarche, leise Atemgeräusche und Gewälze unter rauen Decken, die nicht mal ansatzweise wärmten, durchbrach diese furchtbare und gleichzeitig wohltuende Stille. In dieser Nacht bekam ich kein Auge zu, wälzte mich auf der steinharten Matratze rum und starrte gegen die Decke, der Boden des Bettes über mir. Eigentlich sollte ich sofort ins Koma fallen und durch Schlaf die Schmerzen an meinem gesamten Körper vergessen, aber sobald ich die Augen schloss waren meine Gedanken zu drängend und die Erinnerungen zu laut. Lärm ertönte in meinen Ohren und riss mich jedes Mal wieder zurück in den wachen Zustand, sobald ich auch nur leicht einschlief. Seufzend sah ich mich um, entdeckte nicht nur einen meiner Brüder, der sich ebenfalls wach im Bett herumwälzte und gegen das Bett über sich starrte. Ich hatte meine Komplexe mit dem oberen Stockwerk eines Etagenbettes. Dort oben fand man keinen Schutz, war jedem ausgeliefert und konnte so schnell rechts und links runterfallen, wenn die Gedanken dich wach hielten.
Cross, das hier ist ein Schlafraum, kein Schlachtfeld.
„Cross, Bruder.", ertönte es plötzlich flüsternd neben mir und ich sah in das Gesicht meines besten Kumpels Hunt.
„Ja?", antwortete ich, doch es glich eher einem Atemzug.
„Versuch endlich zu pennen. Was geschehen ist kann niemand rückgängig machen. Straight hätte nicht gewollt, dass du wertvolle Stunden an Schlaf vergeudest."
Straight. Er fiel durch eine Explosion ausgelöst durch einen verdammten Droiden. Frustriert seufzte ich.
Bleib ruhig.
„Ja... Da hast du wohl recht. Ich versuch's."
Wieder schloss ich die Augen und wieder war alles um mich herum laut und verkrampft, dort waren Schreie, Explosionen und Gebrüll vom Captain - Er ist ebenfalls gefallen. Ihn konnte zwar niemand leiden, doch ich hätte ihm niemals solch einen Tod gewünscht.
Ich wünschte jedem, mir ebenfalls, einen schnellen und schmerzlosen Tod, dass es einfach von jetzt auf gleich vorbei sein würde, doch jeder wusste, dass dies nur ein Wunsch war und nicht die Realität. Niemand ging hier schnell und schmerzlos von uns, sie schrien, sie brüllten, sie keuchten und hatten Furcht in den Augen, die sie niemals haben durften, doch in dem Moment, in dem all meine toten Brüder uns verlassen haben, waren sie davon befreit und bekamen ein wenig Menschlichkeit zurück. Ihnen musste man es gestatten Menschliches auszustrahlen und nach ihrem besten Kumpel zu brüllen und sich die Seele aus dem Leib zu schreien, wenn sie von Laserbolzen durchlöchert wurden. Das war unser letzter, realer Wunsch, der in der Realität erfüllt werden könnte.
Ich dachte an etwas Schönes. Und dann fiel ich in den tiefsten Schlaf, den ich je bekommen hatte. Denn dieses Schöne war ein stiller und friedlicher Tod.

***

Als ich aufwachte war schon leises Gemurmel zu hören und ehe ich richtig wach werden konnte, ertönte das gehasste schrille Geräusch, das auch die Letzten aus ihrem Schlaf riss. Flüche und Seufzen ertönte von allen 36 Männern im Raum, uns blieben nun fünf Minuten zum wach werden, dann hieß es Waschen, sich in die Rüstung werfen und etwas in den Magen zu bekommen bevor es wieder zurück zur Basis ging, wo jede Menge Schlaf und Erholung auf uns alle wartete. Nur das half uns an diesem frühen Morgen aufzustehen.
Ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich knapp drei Stunden geschlafen hatte, dabei fühlte es sich an wie drei Minuten.
„Steh auf, Cross. Du musst unbedingt duschen.", meinte Hunt neben mir und war dabei sich seiner gesamten Kleidung zu entledigen. Äußerlich konnte ein Außenstehender Hunt nur wegen seinen hellbraun gefärbten, zurückgekämmten Haaren unterscheiden, während meine hingegen dunkelbraun gefärbt und zerzaust waren, doch mittlerweile kam das Schwarz wieder hindurch und nahm einen Teil von mir.
„Klar. Gib mir einen Moment, ich komme gleich nach."
Müde rappelte ich mich auf, fuhr genervt mit beiden Händen durchs Haar und versuchte mich auf Schlaf und Ruhe zu freuen. Dann stand ich auf, zog Druckanzug und Unterwäsche aus und folgte dem Strom an nackten Männern in den Waschraum. Ich suchte mir eine Dusche neben Hunt, drehte das Wasser auf und drehte mich zur Wand, an der ich mich abstürzte und ließ den Kopf hängen.
„Verdammt, tut das gut...", seufzte ich. Warmes Wasser lief über meine Haut, über mein Gesicht und spülte jegliche Spuren der letzten grausamen Schlacht fort, doch leider nicht die Erinnerungen aus meinem Hirn, das mich noch weitere Nächte wachhalten würde.
„Ja, Mann. Und wenn wir wieder da sind, werde ich schlafen, essen und duschen und das immer wieder in derselben Reihenfolge.", lachte Hunt.
Und das bis zur nächsten Schlacht, vergaß er zu erwähnen, aber das traute sich keiner auszusprechen. Stattdessen hörte man im Raum immer wieder, wie sehr sich jeder auf Schlaf und Ruhe freute.
Ich gab etwas Seife auf meine Hand und seifte mich von oben bis unten ein und zum ersten Mal war der neutrale Geruch der Seife ein Segen. Doch auch wenn ich noch gerne länger das Wasser genossen hätte, gab es einen Zeitplan und der musste eingehalten werden. Ich suchte die Toilette auf und lief wieder zurück in den Schlafraum, wo ich Unterwäsche und Druckanzug anzog und schließlich die Panzerplatten anlegte.
Weiß. Nichts als weiß.
An der Wand hing zwar ein Spiegel, doch ich wagte es nicht in diesen zu sehen, aus Unlust das Gesicht zu erblicken, das ich auch sehen konnte, wenn ich zu meinen Brüdern sah.

„Oh Mann, ich hab kein Auge zugemacht...", stöhnte Vec neben mir und rieb sich über die Augen, zugegeben sah er wirklich fertig aus, als würde er gerade frisch vom Schlachtfeld kommen - Was wir tatsächlich auch alle taten.
Schweigen herrschte größtenteils am Tisch, außer Hunt gegenüber von mir - Er konnte mir nicht zusehen, wenn ich schwieg und den Kopf so hängen ließ, wie ich es gerade tat.
„Cross, wenn wir wieder daheim sind, gehen wir einen trinken."
Ich sah zu ihm auf.
„Jo, machen wir.", meinte ich nur und schob mir einen weiteren Löffel von diesem Brei in den Mund, bei dem man nicht ganz wusste, was es war. Ein Seufzen ertönte wieder gegenüber von mir.
„Du kannst nicht ewig so depressiv sein, Mann. Kopf hoch und einfach durch, weißt du noch? Und wenn die nächste Schlacht kommt, dann geht hier keiner mehr drauf, oder?"
Keine Antwort. Unser Trupp war wieder komplett am Tisch versammelt, bestehend aus Hunt und mir, Vec, Breaker, Arrow, Blackout, Ghost und Silver - Acht Mann, die zusammenhielten.
Doch Hunt musste sich nun auch eingestehen, dass alle Anwesenden an diesem Tisch genauso den Kopf fast in ihr Essen hängen ließen. Manche aus Müdigkeit und Kopfschmerzen, manche aus einem Gehirn, das einfach nicht die vergangene Schlacht vergessen wollte. Wir waren am Anfang zehn gewesen - Bis vor drei Monaten Clicker und am vorherigen Tage Straight uns verlassen hatten. Ich wusste zwar nicht, was in Hunt vor sich ging, aber ich wusste ziemlich sicher, dass ihm der neuste Verlust von Straight mehr das Herz brach, als uns allen zusammen.
„Ich glaube, wir sind einfach alle hundemüde und haben Schmerzen, dass wir an nichts anderes mehr denken können.", sprach ich und bekam zustimmende Blicke. Wie gut, dass kein General an diesem Tisch saß - Wie gut, dass kein General generell in der ganzen Kantine war: Hängende Köpfe, tiefe Augenringe, Gemurre und Gesichter überzogen mit Schrammen und Blutergüssen. Etwas anderes bekam man nicht zu Gesicht.
Als Hunt die Zustimmung sah, war sogar er ausnahmsweise mal still und stocherte weiter in seinem Essen rum. Uns blieb noch ungefähr fünfzehn Minuten bis wir zum Shuttle nach Coruscant gehen mussten, zur Delta-XVII-Kaserne, wo auf uns bereits unsere ersehnten Betten und Ruhe wartete, doch auch Trainingseinheiten würden auf uns warten, denn so wie man den Lieutenant kannte, ließ er nicht zu, dass wir auch nur ein bisschen mehr Ruhe bekamen, als unbedingt notwendig war.
Ghost schnaubte am Tischende.
„Der Lieutenant wird uns doch eh keine Ruhe gönnen."
Er hatte sein Haar schneeweiß gefärbt und hielt es sehr kurz geschnitten, damit wir ihn unterscheiden konnten, doch wenn er glaubte, dass wir ihn auch nur ein Mal verwechseln würden, dann irrte er sich gewaltig. Eine gezackte, sehr weiß verfärbte Narbe verlief über sein künstliches Auge, welche er sich durch einen Kommandodroiden zugezogen hatte.
Keiner antwortete. Sein Pessimismus war hier fehl am Platz. Fehl am Platz bei acht Männern, die vor sich hin starrten.
Okay, spätestens nach einem Tag würde das wieder anders aussehen, dann würden wieder Rüstungsplatten durch die Luft fliegen, dann würde Arrow, der mit den schulterlangen schwarzen Haaren, sich wieder mit dem dunkelbraunhaarigen Blackout Machtkämpfe liefern.
„Wir kriegen einen Neuen zu uns... damit unser Trupp wieder vollständig ist.", meinte Breaker wie aus dem Nichts.
Plötzlich schien sich die Stille in Luft aufzulösen.
„Ich bringe den Lieutenant um!", brüllte Ghost fast quer durch die gesamte Kantine und stand auf.
Klasse, Ghost, brüll doch einfach noch ein bisschen mehr rum, ist ja nicht so, dass wir eh schon für verrückt gehalten werden.
Vec hatte es die Sprache verschlagen, sein Mund stand offen und er sah von einem zum anderen am Tisch - Wir hatten noch nie einen neuen Mann bekommen, bisher war unser Trupp immer vollständig gewesen mit Straight, Clicker gehörte davor zwar einem anderen Trupp an, aber für uns gehörte er trotzdem dazu. Und nun hatte der Krieg Straight verschluckt, ihn einfach ausgeschaltet, als wäre er nichts - Denn das waren wir auch. Nichts. Man konnte uns alle von jetzt auf gleich ausschalten und es täte keinem weh, höchstens den Brüdern untereinander.
„Die wollen Straight einfach ersetzen...", gab dann Vec doch von sich, aber Silver legte ihm brüderlich eine Hand auf die Schulter.
„Beruhig' dich. Ist doch klar, dass sie unseren Trupp wieder auffüllen wollen, einer zu wenig kann viel bedeuten."
Der grauhaarige Silver fing sich sofort einen bösen Blick von Gost ein.
„Moment mal... Wieso weiß keiner außer Breaker davon?!", schaltete sich nun auch Arrow ein, Blackout neben ihm nickte nur, doch Hunt gegenüber von mir war auffällig still, was dieses Thema anging.
„Hunt? Hast du uns etwas zu sagen?", fragte ich ihn und stupste ihn unter dem Tisch mit dem Fuß an.
„Nun ja... Lieutenant Cale hat uns beide gestern sprechen wollen.", erklärte er und rieb sich verlegen den Nacken.
„Wieso nur euch beide, bitte? Das ist etwas, was den ganzen Trupp angeht!", schoss es plötzlich aus Blackout heraus, seine Hände waren zu Fäusten geballt.
„Weil er befürchtet, dass der Rest zu emotional reagieren wird."

„Und wenn wir es nebenbei erfahren, dann tut es weniger weh, oder was?", entfuhr es dann auch mir. Ich war wütend, wütend auf diesen Krieg, wütend auf all die Lügen und all diese Verluste. Stille herrschte am Tisch, alle Augen waren auf mich gerichtet, als ich meinen Helm nahm, mir ihn über den Kopf stülpte und die Kantine schnell verließ.
„Cross!", rief Hunt mir noch nach, doch da schlossen sich schon die Türen der Kantine.

***

Während wir nun unten vor diesem riesigen Kreuzer im Raumhafen der GAR standen und auf unseren Lieutenant warteten, war dort wieder diese unangenehme Stille, die unseren Trupp umgab. Auf dem Weg dorthin hatte keiner mehr etwas gesagt seitdem ich die Kantine verlassen hatte, doch um die Blicke von Hunt kam ich nicht herum - Er wollte helfen, doch ich wollte, dass er erstmal sich selbst half. Okay, uns konnte man allen nicht mehr helfen, wir waren ein komplett durchgedrehter Haufen, obwohl wir stinknormale Trooper waren, wenn wir unsere Helme auf hatten.
„Trupp 77.", ertönte es plötzlich hinter uns allen.
Wir stellten uns aufrecht hin, salutierten.
Ein Captain stand vor uns, sein Gesicht war zur Hälfte Opfer einer Verbrennung gewesen und in sein Haar waren Zacken geschoren - Wir alle schluckten schwer.
„Ich bin Captain Dox, der neue Captain eurer Kompanie. Wie ich hörte seid ihr der Chaos-Trupp? Hm...", erklärte er und sah sich einen nach dem anderen ganz genau an. Als er bei mir ankam, blieben seine Augen länger als zwei Sekunden haften - Ich schluckte.
„Ja, ich sehe es. Einer verrückter als der andere. In Ordnung, rührt euch. Euer Lieutenant wird jede Sekunde hier sein und euch zur Kaserne begleiten. Gönnt euch ein bisschen Ruhe."
Dann war er weg und man sah nur noch seinen Rücken in der Ferne.
„Wenn er sagt, dass wir verrückt sind, was ist er dann? Ich meine, habt ihr euch den Typ mal angeschaut?", plapperte Vec laut los. Ghost rammte ihm den Ellenbogen in die Rippen.
„Au! Wofür war das denn?"
Ghost deutete nur stumm auf den Lieutenant, der im Anmarsch war.

„Ich habe gehört, dass auf Blenjeel ganz schön Chaos herrschte, aber das ist ja nichts Neues, wenn man euch dabei hat.", meinte unser Lieutenant und lachte.
Stille herrschte.
„Hört zu, ich weiß, das mit Straight ist schwer, aber wir müssen euren Trupp so schnell wie möglich wieder auffüllen. Wenn wir wieder in der Kaserne sind, dann darf jeder so viel heulen wie er will, aber bei der nächsten Schlacht seid ihr alle wieder mit klarem Verstand dabei, klar?"
„Sir, ja, Sir!", salutierten wir im Chor.
„Gut. Mir fällt es bei euch schwer dies zu sagen, aber... Gute Arbeit, Jungs. Und jetzt Abmarsch, ein bisschen Ruhe habt ihr euch verdient!"
Auch diesmal gingen wir schweigend in das Kanonenboot, das uns zur Kaserne bringen sollte, wo Schlaf, Essen und Ruhe auf uns wartete.

In der Kaserne war viel los, überall liefen Männer rum, denn unsere Legion kam gerade an und bis wieder Ordnung herrschen würde, dauerte dies noch einen halben Tag.
„Seid nett zu ihm, er ist noch ein bisschen grün hinter den Ohren.", lachte der Lieutenant nur und machte sich dann auf den Weg in sein eigenes Quartier.
„Also ich weiß ja nicht so, was ich von all dem halten soll...", meinte Arrow, als wir vor der Tür unseres Quartiers standen und unsere Blicke nur auf den Türöffner gerichtet waren, doch keiner traute sich diesen zu betätigen.
„Werden wir schon sehen.", entgegnete Silver und schlug auf den Öffner.
Wir reihten uns in einer Schlange ein, vor mir Breaker, dann kam ich als Letzter in unser Quartier.
Wie ich schon erwähnt habe, hatte ich meine Komplexe mit der oberen Etage des Bettes, weshalb Straight immer oben schlafen musste.
Doch als ich den Grünschnabel auf meinem Bett sitzen sah, kochte in mir plötzlich irgendetwas auf.
Der Neue sah auf, als plötzlich acht Männer vor ihm standen und ihn mit unterschiedlichen Blicken betrachteten - Und als ich den Raum betrat, flogen alle Blicke plötzlich zu mir. Was das Bett anging, war ich ziemlich penibel, das schien jeder zu wissen - Außer der Neue natürlich, und das war ein fataler Fehler.
„Ähm... Hey. Ich bin Trueblood, der Neue in eurem Trupp.", lächelte er und stand auf. „Ich habe mich einfach mal hier niedergelassen, ich hoffe das macht keinen was aus, wenn-"
Mir reichte es. Der Tag war beschissen, die ganze Lage war beschissen.
„Cross, nich-"
Ich stürmte auf den Neuling zu, packte ihn am Kragen und drückte ihn mit aller Kraft gegen den Bettpfosten, sein Kopf stieß gegen das obere Bett.
„Hör zu, Trueblood, wenn dein Blut wirklich so wahr sein sollte, dann verziehst du dich von meinem Bett und schaust es auch danach nie wieder an. Du lebst hier gefährlich als Ersatz für unseren gefallenen Freund, du wirst hier keine Zustimmung finden.", knurrte ich und sah in sein reines, unvernarbtes Gesicht mit mehreren tätowierten Tropfen an den Schläfen und nur seine schwarzen Haare, die an den Seiten bis zur Kopfhaut runtergeschoren waren, unterschieden ihn von den anderen. Auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, äußerlich passte er eigentlich perfekt in unseren Chaos-Trupp.
„Cross, lass ihn los, verdammt.", zischte Silver und zerrte an meiner Hand, die Truebloods Kragen umfasste.
„Ich... Ich kann gerne oben schlafen, das ist kein Problem... Ich war mir unsicher, welches Bett mir zugeteilt ist, aber ich habe nicht gezielt dein Bett gewählt, wirklich. Es tut mir leid. Ich war nicht auf Ärger aus.", versuchte er mich zu beruhigen, doch meine Hand ließ ihn nicht los. Verdammt, ich kochte innerlich, kochte er vor Wut auf diesen Krieg und den Verlust von Straight, auf Trueblood hingegen kaum.
„Okay, das reicht jetzt, Cross. Du lässt ihn jetzt runter, weil es nicht seine Absicht war, sich auf dein Bett zu setzen und er einfach nur gut mit uns auskommen möchte. Und du wirst dich jetzt zusammenreißen und die ganze Nacht durchpennen, weil so wie ich dich kenne, bewirkt Schlafmangel, Hunger und Trauer nichts Gutes in dir. Lass ihn runter!"
Hunt legte mir seine Hand auf die Schulter. Man konnte ihn schon fast als Anführer unseres Trupps ansehen, denn er war hier derjenige, der für Ruhe und Ordnung sorgte, ansonsten wären wir schon längst ein zerstrittener, emotionaler Haufen. Chaotisch waren wir, aber nicht schwach.
Sobald Hunt seinen Satz beendet hatte, ließ ich den armen Kerl los und fragte verwirrt mich selbst, was eigentlich mit mir los war.
Trueblood wirkt doch ganz nett, sei nicht so voreingenommen wegen Straight.
„Ich gehe duschen.", meinte ich nur, quetschte mich zwischen Vec und Ghost hindurch, um nicht weiter mit ansehen zu müssen, wie der Rest auf Trueblood reagierte. Bei Ghost war ich mir ziemlich sicher, dass es lange brauchen würde bis er Trueblood ins Herz geschlossen hatte. Hunt und Silver schienen ihn hingegen zu mögen, doch bei Vec, Breaker, Arrow und Blackout war ich mir nicht ganz sicher.
Ich wollte einfach nur kurz meinen Verstand klären, denn dieser war gerade so ziemlich im Eimer.

***

Zum zweiten Mal frisch geduscht, nach langem wieder mit geputzten Zähnen und halbwegs wieder entspannt betrat ich unser Quartier.
„Hast du dich beruhigt?", fragte Hunt sofort und musterte mich.
„Ja."
Ghost saß, wie vermutet, hinten ganz oben in der Ecke und musterte Trueblood misstrauisch. Der Rest saß auf seinen Betten, Vec erzählte Blackout davon, wie viele Droiden er insgesamt schon zerschrottet hatte, doch Hunter, Arrow und Breaker unterhielten sich mit Trueblood - Silver saß sogar schon über mir auf Truebloods Bett und schien ihn sehr schnell ins Herz geschlossen zu haben. Typisch.
Schnaubend schmiss ich den Haufen an meinem gereinigten Druckanzug, meinen polierten Panzerplatten, die ich schmerzhaft von Straights Blut gesäubert hatte, und frischer Unterwäsche aufs Bett. Dann zog ich meine Unterwäsche und Druckanzug an und sah zu Trueblood auf.
„Tut mir leid, Kumpel. Ich wollte das nicht. Wir haben nur einen sehr guten Freund verloren."
Stille herrschte.
„Kein Ding, das kann ich verstehen."
„Ich bin Cross.", sagte ich mit einem schiefen Lächeln und hielt ihm meine Hand hin.
„Sieht man. Trueblood."
Sein Händedruck war kräftig - Ja, der Typ war ganz in Ordnung.
Ich nickte nur. Dann sortierte ich meine Rüstung legte alles feinsäuberlich zu den anderen, denn niemand behielt hier gerne die Rüstung auch nur eine Sekunde länger an, als nötig. An der Wand entdeckte ich schließlich den Spiegel.
Zum ersten Mal sah ich nach einer Woche wieder in den Spiegel - Und entdeckte das Kreuz aus Narben auf meinem Gesicht. Sie nannten mich Cross. Mein Ausbilder hatte mir etwas hinterlassen, das mir für immer Individualität, aber auch unerbittlichen Schmerz gab.
All das ignorierend legte ich mich auf mein Bett, warf die Decke über meinen Körper und schlief durch bis zum nächsten Morgen.

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