Lillith das schwarze Element

By veracrystall31

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"Der dunkle Mond bringt die Wende, sorgt für den Anfang, oder unser Ende" Lillith- ein ganz normales Mädchen... More

Prolog
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Infos zur Lesenacht
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Epilog
Info zur Fortsetzung

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By veracrystall31

Am nächsten morgen verließen wir das Gasthaus in aller Frühe. John wollte die durch das Gewitter verlorene Zeit so gut es ging aufholen.
„Wir haben viel zu lange gebraucht und dich zu kriegen.", erklärte John mir, als wir so früh raus mussten.

Unser Weg setzte sich fort durch den Wald, zwischendurch überquerten wir eine Grasebene oder ein Feld. Devon blieb mir gegenüber freundlich, unser Gespräch im Zimmer des Gasthauses sprachen wir beide aber nicht nochmal direkt an, Max rivalisierte nach wie vor mit Devon und Ellie trainierte mich weiter im Bogenschießen.
Ich behielt Ellies Sachen an. Sie waren viel praktischer zu tragen.

Die dunklen Gedanken blieben, egal wie sehr ich mich ablenkte, sie kamen immer wieder zurück. Die Kälte hatte sich nicht verändert und die Gefühllosigkeit auch nicht. Aber leider hatte sich der Druck auf meine Brust verschlimmert. Mit jedem Tag ist er etwas stärker geworden, inzwischen ein unangenehmes pressen auf meinen Brustkorb. Wie als hätte jemand etwas schweres drauf gelegt.
Ich wusste, dass der Druck von den Fesseln kam, aber sie abzunehmen war keine Option. Nicht für die Hunter und nicht für mich. Ohne die Fesseln könnte der Dunkle Mond in mir wieder die Oberhand gewinnen.

„Das ist unser letzter Rast", informierte Devon mich leise, während wir zusammen die Pferde absattelten, „Morgen erreichen wir das Lager."
Ich schaute zu ihm und hörte kurz auf die Schnallen am Sattel zu lösen. Morgen. Morgen würde ich in einem Lager voll mit Huntern sein, die mich tot sehen wollten.
„Gut. Dann ist die Welt mich in wenigen Tagen los.", sagte ich leise, mehr zu mich selbst als zu Devon, aber er hörte es trotzdem.
„Es steht nicht fest, dass sie dich töten.", Devon schaute mich aus seinem braunen Augen an, „Vielleicht haben sie was anderes mit dir vor."
Irgendwie klang es so, als wolle er sich selbst überreden, das zu glauben.

„Was denn? Mich auf ewig zur Drecksarbeit verdonnern?" Ich schnaubte.
„Sie wollen mich für den Tod und die vielen bösen Dinge bestrafen, die ich in meinen vorherigen Leben getan habe. Der Tod ist wahrscheinlicher, denke ich."
Er schwieg, schien nachzudenken und einzusehen dass ich recht hatte.
„Ich denke da liegst du wohl richtig.", nickte er und machte sich weiter daran, dem Pferd den Sattel abzunehmen.

Nach dem Essen am Feuer, gingen wir in unsere aufgebauten Zelte. Ich schlüpfte wie immer in Devons Zelt und auch diesmal hatte er mir etwas zum schlafen aus Decken gemacht.
In der Dunkelheit wurde mir bewusst, dass es meine letzte Nacht in diesem Zelt sein würde. Der letzte Tag, den ich komplett mit ihm und den anderen verbracht hatte. Kein Schießunterricht bei Ellie mehr und das versprochene Schwertduell mit Devon würde wohl ausbleiben.

Aus irgendeinem Grund machte mich das ein wenig traurig. Es war mit Devon in manchen Momenten ganz schön gewesen, das musste ich zugeben.
Ich klammerte mich an dieses Gefühl, so fühlte ich etwas. Eine Abwechslung zu dem sonstigen Loch. Das war immer noch da, genauso wie der inzwischen starke Druck auf meiner Brust, aber das bisschen Trauer, lenkte mich davon ab.
Die Gedanken lullten mich in den Schlaf, in dem ich erneut von einem Albtraum heimgesucht wurde.

Vor mir erstreckte sich eine schier endlose schwarze Ebene. Über mir Hang ein wolkenloser Himmel, der aber trotzdem düster und grau war. Kein Windzug wehte und es herrschte eine Stille. Stille die einen unter die Haut drang und einem Angst einjagte.
Ich sah mich um, aber es gab nichts, was ich hätte sehen können. Mein Blick richtete sich auf den schwarzen Boden und mir blickte mein Spiegelbild entgegen. Der Boden schien aus Glas zu bestehen.
Ich sah mir ein Spiegelbild an, bis sich plötzlich die Augen schwarz färbten und das weiße ausfüllten.

Mit einem erschrockenen Aufschrei stolperte ich zurück, als schon eine Stimme ertönte: „Monster!"
Ich fuhr herum, aber da war niemand.
„Monster", hallte es wieder über die Ebene und ich drehte mich abermals um, um den Ursprung der Stimme erkennen zu können.

„Du hast fünfzehn Schüler getötet", fuhr sie fort. Sie triefte vor Hass.
Meine Hände begannen zu zittern.
„Das wollte ich nicht!", rief ich ihr entgegen, aber sie lachte mich als Antwort aus.
„Trotzdem hast du es getan! Und das mit Freuden, nicht?"
Ich ließ den Kopf hängen: „Ja"
Meine Stimme war leer und mir war übel.

Plötzlich drangen Klageschreie an mein Ohr und als ich den Kopf hob, war ich von Menschen umgeben. Und es waren nicht irgendwelche Menschen, es waren die fünfzehn Schüler, die in einem Kreis um mich herum standen. An ihrer Kleidung haftete Blut und ihre Augen waren kalt, leblos.
Mit geweiteten Augen sah ich mich stolpernd um. Mein Blick huschte von Gesicht zu Gesicht. Ich konnte jedem zuordnen, wie ich die Person getötet hatte.

Sie schrien weiter, aber irgendwann konnte ich die gequälten Stimmen verstehen.
„Du hast mich getötet!"
„Meine kleine Schwester hat ihren großen Bruder verloren!"
„Du hast meiner Freundin das Herz gebrochen!"
„Du hast mir meine Zukunft genommen!"

Ich hielt mir die Ohren zu, um die grässlichen Stimmen nicht mehr zu hören: „Es tut mir leid! Ich hatte keine Kontrolle über mich!"
Die Stimme schwollen an, wurden unerträglich laut. Egal wie stark ich mir die Ohren zuhielt, ich konnte sie dennoch verstehen.
„Mörderin!"
„Wie konntest du das nur tun!"

Ich beugte mich vornüber und kniff die Augen zusammen, um die vielen Schüler nicht mehr sehen zu müssen.
„Hört auf!", schrie ich sie an, damit sie mich nicht weiter beschuldigten. Ich wusste, dass ich ein Monster war und sie alle getötet hatte. Sie ihren Familien entrissen hatte. Die Schuld fraß mich schon von innen auf, die Schüler mussten es nicht noch zusätzlich verstärken.

Aber sie schrien weiter. Ihr Chor wurde immer lauter und ich fiel auf die Knie. Krümmte mich zusammen, um den Gesichtern und Schreien zu entkommen, sie abzuschirmen. Aber es half alles nichts. Ihre Stimme knallten weiter auf mein Ohr, erbarmungslos und laut.
„Hört auf!", meine Stimme brach, „Hört auf!"

„Lillith!"
Ich schlug keuchend die Augen auf und blickte in Devons dunkelbraune Augen. Seine Augenbrauen waren zusammengezogen und seine Hand lag an meiner Schulter. Er musste mich so geweckt haben.

Ich richtete mich auf und sah zur meiner Erleichterung nur das Zelt. Keine endlose
Spiegel-Ebene. Aber die Klageschreie hallten immer noch in meinen Ohren nach und die Schuld wurde unerträglich.
„Du weinst ja", bemerkte Devon überrascht und ich fasste mir an die Wange. Sie war nass.
„Ich hatte wieder einen Albtraum", murmelte ich nur und eine weiter Träne lief meine Wange herunter.

Ich spürte wie Devon neben mir zögerte, aber plötzlich fand ich mich in seinen Armen wieder.
Ich war so überrascht, dass ich für kurze Zeit aufhörte zu weinen. Seine Arme hatte er sanft und vorsichtig um mich gelegt. Sein Duft lullte mich ein und ich lehnte meine Stirn an seine Brust. Ein Schluchzen drang über mein Lippen und wieder liefen ein paar Tränen über meine Wangen. Dieser Traum hatte die ganzen Gefühle, die ich zu ignorieren versuchte mit einen Schlag wieder hochgetrieben. Ich wollte das alles nicht. Ich hatte es nie gewollt!

Mein Atem stockte kurz als Devon seine Hand auf meinen Rücken legt und ihn beruhigend streichelte.
Die Berührung wirkte tröstend und mein Atem wurde ruhiger.
Nach einer Weile, in der wir still so saßen und keiner es wagte diesen schönen Moment zu zerstören, versiegten meine Tränen. Devons ruhiger Atem und sein wunderschöner Duft beruhigten mich.

Dann löste Devon sich sanft von mir, er hatte die ganze Zeit über geschwiegen und das hatte mir mehr geholfen als alle Worte dieser Welt. Trotzdem vermisste ich sofort seine Wärme.
Er schaute mir prüfend in die Augen und ich schaute ihn offen an. Zeigte ihm die Schuld, die in mir tobte.
„Geht es wieder?", fragte er leise und ich nickte schwach lächelnd.
„Danke.", diese Wort waren zu winzig für das, was ich empfand. Er hatte mich getröstet, trotz allem was ich getan hatte.
Er nickte bloß und nahm seine Arme ganz von mir runter.

„Möchtest du dieses Mal darüber reden?", bot er an und wartete meine Antwort ab. Er drängte mich nicht. Ließ mich ganz frei entscheiden.
Ich nickte und erzählte ihm, was ich geträumt hatte. Von der Schuld, die der Traum wach gerufen hatte und den unerträglichen Schreien der Schüler.
Er hörte mir still zu, bis zum Schluss.
„Es hat die ganzen Schuldgefühle einfach wieder hochgebracht", endete ich mit müder Stimme und schaute zu dem nassen Fleck seines Hemdes an seiner Brust, „Tut mir leid, dass ich dich vollgeweint habe."
„Du musst dich nicht dafür entschuldigen", der Hunter im Dunkeln vor mir legte den Kopf schief, „Fühlst du dich besser?"
Mein schwaches Lächeln hielt immer noch an, als ich nickte und etwas warmes in meiner Brust entstand. Zum ersten Mal, fühlte ich etwas anderes als Kälte in mir.

„Denkst du, du kannst wieder schlafen?"
Ich nickte wieder und legte mich auf das Bett zurück, dass er für mich immer machte.
Er legte sich ebenfalls hin, diesmal aber nicht mit dem Rücken zu mir, wie sonst, sondern mit dem Gesicht zu mir. Ich tat es ihm gleich und fiel in einen ruhigen Schlaf.

Als ich am nächsten morgen aufstand und die Sonne mir ins Gesicht schien, war ich die letzte, die wach war. Alle anderen waren schon am packen für den letzten Teil unsere Reise. Schon heute würde ich im Hunter Lager sein.
Ich schloss die Augen und atmete ein und aus. Das war besser für alle anderen, wenn ich in ihrer Gewalt war. So konnte ich niemandem mehr weh tun.
Ich öffnete die Lieder wieder und machte mich daran Ellie beim Zelten abbauen zu helfen.

Als alles so weit fertig war, kam John plötzlich zu mir und hielt mir mein weißes, verdrecktes Sommerkleid hin. Ich nahm es verwirrt entgegen und schaute ihn fragend an.
„Zieh es an", wies er mich an, „Wenn du angezogen wie eine Hunter auftauchst, könnte man denken, wir hätten dich wie eine von uns behandelt."
Ich nickte zum Zeichen, dass ich es verstanden hatte. Und verschwand im Busch, um mich umzuziehen.

Sie wollten keine Schwäche zeigen, gegenüber ihren Kameraden. Wollten vermutlich auch nicht sagen, dass ich ihnen beim jagen geholfen hatte oder sonst irgendwas.
Ich kam in dem dünnen Kleid wieder raus und gab Ellie ihre Sachen zurück.
„Danke dafür. Die Sachen waren wirklich bequem."
Ellie nahm meinen Dank mit einem Nicken zur Kenntnis und verstaute ihre Sachen in der Satteltasche. Dann drehte sie sich plötzlich wieder zu mir um.
„Wärst du nicht der Dunkle Mond, hätte ich dich vielleicht gemocht.", sagte sie und schenkte mir ein flüchtiges Lächeln.
Ehe ich was darauf erwidern konnte, saß das blonde Mädchen auf und ritt nach vorne zu John, der inzwischen ungeduldig auf seinem Pferd wartete.

Vielleicht würde ich mich auch mögen, wenn ich kein Monster wäre. Wenn ich die Schüler nicht getötet und ihr Blut an den Händen gehabt hätte.
Ich steuerte, die Kiefer aufeinander gepresst, auf Devon zu. Er stand an sein Pferd gelehnt und sah nachdenklich aus. Den ganzen bisherigen Tag war er stiller als sonst.

„Ist alles in Ordnung?", fragte ich ihn deswegen und er hob den Kopf. Er schaute mich an und schwieg. Ich wartete auf seine Antwort, aber er starrte mich so lange an, dass ich unwohl von einen Fuß auf den anderen trat.
Plötzlich blinzelte Devon und schien aus seinen Gedanken gerissen: „Ob mit mir alles in Ordnung ist? Lillith, das sollte ich dich fragen."
Den Blick zu Boden gerichtete sagte ich bloß: „Alles in Ordnung. Hab mich schon längst damit abgefunden."
Selbst in meinen Ohren klang meine Stimme stumpf und leer. Aber das tat sie schon länger.
Seinen Blick konnte ich nicht deuten, aber er sagte nichts mehr.

Elegant stieg er schließlich auf sein Pferd und bot mir die Hand hin, um mir beim aufsteigen zu helfen. Ich ergriff sie genauso still und kurze Zeit später saß ich auf dem Pferd. Direkt vor ihm im Sattel, wie immer.

Während sein herrlicher Geruch mich einhüllte, ritten wir zu Ellie und John. Max wartete ebenfalls schon und als Gruppe galoppierten wir los zum Hunter Lager.

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