unspoken

נכתב על ידי normalsilentgirl

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❝ Weißt du was, Kleine? Ich bin keineswegs dein Romeo und du im Umkehrschluss nicht meine Julia. ❞ , grinste... עוד

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C.

„Wärst du so nett und würdest das Mördergerät von meinem Fuß wuchten?", presste Sage mit sichtbar angespanntem Kiefer hervor und stöhnte derart theatralisch, dass ich Mühe hatte zu unterscheiden, ob sie nun tatsächlich Schmerzen hatte oder sich lediglich über meine absurde Situation lustig machte.

Gemächlich verlagerte ich den stämmigen Schwerpunkt des Kühlschranks in Richtung meines Körpers, nicht ohne ein paar mal pressend ein- und auszuatmen und insgeheim meine deutlich ungeschickten Haare zu verfluchen: „Sorry, Mitbewohnerin. Lass ihn uns zuerst an die gegenüberliegende Wand lehnen, ich pack das sonst nicht.", schmunzelte ich dennoch angestrengt und versuchte einhändig meine hochgerutschte, schneeweiße Bluse zu richten, welche unbemerkt und ebenfalls ungewollt meinen Oberkörper entblößt hatte und mich peinlich berührt zurück ließ.

Sage, welche sich gänzlich für eine kurze Zeit vom Geschehen abgewendet hatte um ihre fein säuberlich manikürten Nägel alarmiert nach Brüchen abzusuchen, pfiff leise durch die Zähne und schüttelte bestürzt ihren leicht rötlich angelaufen Kopf, wand sich aber trotzdem erneut der trägen Masse zu.

Nicht ohne verwundert zu seufzen half sie mir, die nächste Abstellmöglichkeit wahrzunehmen. In klassischer Sage-Manier wurde das Nerven aufreibende Geschehen dennoch von mehreren hellklingenden 'warum tue ich mir so etwas grauenhaftes überhaupt an?' ihrerseits begleitet.

Als der Prozess des Tragens und Schiebens vorerst ein jähes, aber freudiges Ende genommen hatte, wagte ich mich neugierig an ein paar forsche Blicke in Bezug auf mein neues Zuhause.

Wie es sich herausgestellt hatte, gab es in diesem noch so renommierten und futuristischen Universitätstrakt keinen installierten Fahrstuhl, weshalb das Schleppen von Möbelstücken die erste Herausforderung für angehende Studenten darstellte. Neben, seitlich, unter und vor mir konnte ich zahlreiche von Meinesgleichen beim Auspacken und Umhertragen von Wohnutensilien beobachten. Der Großteil machte diesbezüglich glücklicherweise genau dieselbe erstaunlich schlechte und geschlagene Figur wie meine Wenigkeit.

Unser Zimmer, namentlich 'A 68', stellte sich katastrophal als achter Wohnraum im finalen sechsten Stock heraus. Schier verzweifelt und nachhaltig erschöpft aber trotzdem befreit bemerkte ich, dass ich auf den täglichen Gang ins Fitnessstudio wohl verzichten konnte, dank der ellenlangen Flure und breiten Treppenabsätze.

Ich warf meinem persönlichen Schneewittchen, dessen Erscheinung sich trotz der Anstrengung und den gefühlt zigtausend Zimmergängen überraschend kaum auffallend verändert hatte im Gegensatz zu mir, einen fragenden Blick zu. Diese hatte sich jedoch ebenfalls galant an der gegenüberliegende Wand positioniert und ihre schlankwüchsigen Finger huschten rapide über die Tastatur ihres knallroten iPhones.

Zum ersten Mal nahm ich bewusst ihre Kleidung ins Visier: schmale, pastelrosa Shorts sowie ein helles Oberteil mit blumenbesticktem Cardigan bildeten einen aufschlussreichen Kontrast zu ihren düsteren Haaren, stellte ich sprachlos fest.

Ich muss mich unbedingt bei meiner Mum melden, kam es mir schlagartig in den Sinn und ich schluckte kaum merklich zweimal hinter einander. Ich war zwar abrupt und ohne Hast aufgebrochen, jedoch wollte ich meine Familie und allen voran meine Mutter nicht mit überragenden Sorgen und Nöten in Ungewissheit lassen. Eine kurze Nachricht sowie ein aufklärendes Telefonat jede Woche, selbst wenn ich mich nur zu maximal drei Minuten durchringen konnte, war ich ihnen absolut schuldig. Eine Ausrede oder ein angekratztes Ego war schlichtweg nicht akzeptabel, nicht nach allem was vorgekommen war.

„So many boys, so little time.", riss mich meine erste Studienbekanntschaft aus meinen komplexen Gedankenvorgängen, verstaute ihr Smartphone erneut in ihrer winzigen Hosentasche und ließ ein sanftes, zuckersüßes Lächeln auf ihren Lippen erscheinen: „Möchtest du noch kurz auf's Zimmer bevor wir dich offiziell bei Tris anmelden?"

Den Spitznamen des ominösen Verwaltungsbeauftragten betonte sie derart liebenswert, als würde sie gerade über ihren nächsten Nageltermin, oder in meinem Fall, über ihren Lieblingsroman sprechen. Zweifelnd stellte ich fest, dass Mädchen mit einer dermaßen ausgeprägten Obsession in Bezug auf Jungs wohl nie unglaublich sympathisch auf mich wirken würden. Um dieses Verhalten an den Tag zu legen war ich fraglos einfach zu emanzipiert erzogen worden, allen voran von meiner Mutter.

Trotzdem würde ich versuchen, mich mit Sage perfekt anzufreunden, koste es was da wolle. Sie war schließlich bis jetzt meine einzige Vertraute und Zimmergenossin und würde sich oft in meiner näheren Umgebung befinden, männliche Bekanntschaften und Affären hin oder her.

„Eigentlich habe ich alles was ich benötige", entgegnete ich achselzuckend und fuhr mit Hilfe meines Zeigefingers die Proportionen meines Augenlids entlang: „Unseren Kühlschrank wird wohl so schnell keiner klauen und wenn doch, sei es ihm absolut gegönnt", fügte ich schmunzelnd hinzu und begann mein Handy aus der umgehängten Tasche zu ziehen, ehe ich Sage mit deutlichen Herz klopfen folgte.

4 Anrufe und 3 Nachrichten in Abwesenheit.

Interessiert entsperrte ich mein Handy und studierte detailliert die vorliegenden Mitteilungen. Nur exakt vier Anrufe von meiner Mutter?, schlich sich in meine Gedanken als ich verblüfft die berüchtigte Anrufliste durchging und eindringlich erneut hoch und runter scrollte aus Angst, etwas unglaublich wichtiges verpasst zu haben. Ich würde sie später, nach dem überaus wichtigen auspacken, zurück rufen.

Als Nächstes und immer noch Sage hinterher schlendernd, nahm ich mir meinen Nachrichteneingang vor, welcher sich ebenfalls als überwiegend überschaubar herausstellte.

13:45

Hey Cass,
ich sehe es nicht ein, dass du dich nicht bei Mum meldest - sie macht sich riesige Sorgen. Selbst wenn du es nicht für mich tust, tue es zumindest ihr zu Liebe (sie hat es ohne Zweifel verdient). Claire X

15:23

Lass deine Wut auf mich doch nicht durchgehend an unserer Mutter aus, Cassie!

Sichtlich gelangweilt und dabei immer auf die vor mir liegenden Treppenstufen und Sage achtend, schloss ich die aufgebrachten Nachrichten meiner Schwester. Für mich persönlich war es zu diesem Zeitpunkt schlichtweg überhaupt nicht von Bedeutung, ob sie nun sehen würde, dass ich sie wohl wissend und ohne zu zögern ignorierte.

In ihrer Position war sie diesbezüglich machtlos: Selbst wenn ich nicht gänzlich aus der Welt war, zu mir zu fahren würde Claire hundertprozentig nicht alleinig wegen einer Meinungsverschiedenheit auf sich nehmen. Gespannt öffnete ich den darunter gelegenen Chat, welcher ausdrücklich aufleuchtete.

12:24

Davon laufen ist keine Option. - A

Mein Sichtfeld verschwamm übertrieben langsam vor meinen fokussierten Augen, als ich die schwarzschimmernden Lettern einmalig entziffert hatte und erneut zum Lesen ansetzte. Mit zittrigen Händen versuchte ich erschüttert, meinen angestrengten Blick vom flimmernden Bildschirm und dem scheinbar unbekannten Verfasser loszureißen und stieß dabei beinahe mit einem tragisch vollbepackten Studenten zusammen.

Ein träges „Entschuldigung, nicht gesehen" wich mir über die starren Lippen, welche ebenfalls kläglich zu Zittern begonnen hatten. Ohne mich selbst zwingen zu müssen die Wörter erneut detailliert zu betrachten, schloss ich ohne jegliche Antwort den Chatverlauf und schwor mir selbst, keinerlei Begriffe als Entgegnung zu formulieren, auch wenn es mich spürbar in den Fingerspitzen juckte.

„Cassandra, hier entlang!", kam es nun ebenfalls äußerst vorwurfsvoll von Sage, die knapp fünf Meter vor mir in der enormen Eingangshalle zum Stehen gekommen war und auf einen schmalen Flur deutete, der wenige Schritte seitlich vor uns abzweigte. Überlastet rieb ich mir die pochende Schläfe.

Als hätte ich das überdimensionale, rötliche Schild auf dem monströs 'Verwaltung' prangte leichtsinnig übersehen können!, kam es mir genervt in den Sinn als ich hastig zu meiner Mitbewohnerin aufschloss und ihr erneut ohne Widerrede zu folgen begann.

Jene himmelblau gestrichenen Wände des Flures, welche die typischen Farben des Unilogos zur Schau stellten, erwiesen sich als äußerst behängt mit allerlei Bilderrahmen, die stolz einen glorreichen Dozenten nach dem Anderen aufzeigten.

Jedoch blieb mir partout keine Minute, den Porträts die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, da Sage bereits zärtlich gegen eine der vielen beschrifteten Türen geklopft hatte und auch ohne mich Anstalten machte, einzutreten. Eilig positionierte ich mich hinter ihr und folgte ihr gespannt in ein klassisches Bürozimmer, welches vollgestellt mit allerlei Kartons war, auf denen 'Erstsemester' in ausladenden Buchstaben einen förmlich anschrie.

Inmitten des üppigen Chaos fristete ein hochgewachsener junger Mann sein Dasein, der aufgrund des Platzmangels beinahe kläglich zusammengekauert an einem PC saß und erfreut seinen Kopf hob, als er allen voran Sage erblickte.

„Sage! Nett, dass du extra vorbei kommst. Deinen Erstling hast du also gefunden?", witzelte er kokett grinsend und erhob sich um meine Zimmergenossin hingebungsvoll zu umarmen, bevor er mir einen wissbegierigen Blick zuwarf und sich entspannt gegen den abgenutzten Schreibtisch lehnte.

„Tristan, Willkommen in Forthill.", fügte er an mich gewandt lächelnd hinzu, bevor er seine volle Aufmerksamkeit erneut auf die hübsche Erscheinung vor mir wendete. Genauso rapide wie ich meine Hand zur Begrüßung ausgestreckt hatte, ließ ich sie erneut wieder erschlaffen und zog sie peinlich berührt zurück.

Hände schütteln gehörte wohl anscheinend nicht mehr zu den alltäglichen Begrüßungsfloskeln der Jugend von heute, dachte ich mir während ich meine Zähne nachdenklich in meiner Unterlippe versengte und entgegnete schlichtweg: „Cassandra, schön dich kennenzulernen."

Als Sage den Jungen in eine kurze, Sympathie ausstrahlende Konversation zog, die sich anscheinend um nächtliche Partyexzesse drehte bei denen ich ohne Zweifel nicht mitreden konnte, begann ich begierig ihre Bekanntschaft in Augenschein zu nehmen.

'Tris' wie Sage ihn vertraut betitelt hatte, erwies sich als ein Altersgenosse in den frühen Zwanzigern, welcher einen dunkelbraunen Haarschopf besaß und erstaunlich düstere Augen, die je nach Lichteinstrahlung fast eine scheinbar schwarze Färbung annahmen. Zudem trug er ein mausgraues Brillengestellt, welches seine drastisch langen Wimpern umrahmte und in Kombination mit seinem Grübchen versehenen Lächeln einen unwiderstehlichen, aber dennoch freundlichen Eindruck machte. Neidisch musste ich mir eingestehen, dass er perfekt den attraktiven Nerd von nebenan in einem der klischeehaften romantischen Werke verkörpern konnte.

Verwaltungsposten hin oder her, Tristan war eindeutig nicht die Sorte Typ, welche sich in einem winzigen Bürozimmer zu verkriechen hatte, stellte ich nüchtern fest. Meine frühere beste Freundin Rose, die als angehende Schauspielerin immer ein Mädchen der drastischen Reaktionen und Emotionen gewesen war, hätte beim Anblick von Tristan wohl hechelnd eine Flasche gut gekühltes Wasser verlangt, dachte ich mir schmunzelnd.

„Anyways ... auf die Verbindungsparty bist du natürlich offiziell eingeladen, S. Und dein neues Anhängsel kannst du auch mitbringen, die Jungs freuen sich sicher.", riss mich die raue Stimme Tristans aus meinen abschweifenden Gedanken.

Immer noch unfähig einen klaren Satz zu formulieren, starrte ich meine Mitbewohnerin an, in der blanken Hoffnung, sie würde mich überhaupt nicht dabei haben wollen und gut gelaunt abwinken. Partys waren nämlich nichts für mich, schon ganz und gar nicht nach einem Kräfte zerrendem Tag mit allerlei verstörenden Begegnungen, die ich lieber hatte vergessen wollen.

Zu meinem Entsetzen grinste Sage jedoch heiter mit einer gewissen Coolness, die mein natürliches Wesen rein gar nicht zu versprühen vermag: „Wir sind um 9 bei euch.", zwinkerte sie ihm aufreizend zu und presste ihre Lippen schmetterlingsleicht an seine Backe, ohne mich mit den Augenbrauen wackelnd aus dem Sichtfeld gleiten zu lassen. Selbst wenn ihre Mimik und Gesten mir kaum bis überhaupt nicht vertraut waren, ihr leuchtender Blick verhieß nichts Gutes und duldete endgültig keine Widerrede.

Das konnte ja ein toller Abend werden, rief ich mir zögerlich ins Gedächtnis und atmete erstickt aus.

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