Lillith das schwarze Element

By veracrystall31

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"Der dunkle Mond bringt die Wende, sorgt für den Anfang, oder unser Ende" Lillith- ein ganz normales Mädchen... More

Prolog
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Infos zur Lesenacht
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Epilog
Info zur Fortsetzung

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By veracrystall31

Geschafft, aber froh für die Ablenkung, die mir mein neuer Job gab, ließ ich mich auf den Stuhl in der Küche fallen. Magret stand schmunzelnd an den Herd gelehnt und trocknete gerade einen Teller mit dem blauen Tuch ab. Erik saß mir am Tisch gegenüber und blätterte in einer Zeitung. Bei den Elementes wurde die immer Abends verschickt. Und das nach dem gleichen Prinzip wie Briefe. Die Zeitung war vor wenigen Minuten vor Erik mit einer Flamme aufgetaucht.
Camilia hatte ihre Schicht beendet und erstmal eine Pause, wie ich. In zwei Stunden würde sie wiederkommen und mit mir weiter bedienen. Wir öffneten ja immer nochmal um neun und die, die wollten, konnten was trinken.
Carisa war schon seit einer Stunde im Bett und schlief sicher schon.

Magret stellte mir fürsorglich ein Glas Wasser hin: „Du hast sehr gut gearbeitet." Ich lächelte sie dankend an, sowohl wegen dem Kompliment als auch wegen dem Wasser und trank einen Schluck.
Magret drehte sich zu ihrem Mann und fragte neugierig: „Was gibt es neues?"
Erik, der mit gerunzelter Stirn einen Artikel auf der Titelseite las, antwortete nach kurzem Schweigen: „Der Dunkle Mond hat die Elementes-Schule angegriffen."
Ich verschluckte mich heftig an meinem Schluck Wasser und musste kräftig husten.
Die Zeitung wusste es schon?
Magret hatte die Augen erschrocken aufgerissen und Erik fuhr ernst fort: „Er soll dort fünfzehn Schüler ermordet haben und niemand konnte es verhindern. Der Blutmond hat ihn stark gemacht und man konnte ihn nicht aufhalten. Er ist auf der Flucht und allen ist zur erhöhter Achtsamkeit geraten."

Magret hatte die Hand vor den Mund geschlagen und schien etwas geschockt. Dann schaute sie zu mir und ihr Blick wurde besorgt: „Was ist los? Du bist so blass?"
Ich hatte meine Hände um das Glas Wasser gekrallt und es wunderte mich, dass es noch nicht zersprungen war. 
„Ja... Ich bin nur geschockt", sagte ich und versuchte ruhig und tief zu atmen in der Hoffnung so mich zu beruhigen.
Ich hatte fünfzehn Leute abgeschlachtet und wegen mir wurden alle in Alarmbereitschaft gesetzt!
Ich spürte die Leere wieder deutlicher und das Loch in mir schmerzte.

„Gibt es ein Foto?", fragte Magret und Erik schüttelte den Kopf.
„Nein. Aber hier steht, er wird schon gejagt."
Alenia.
Es musste Alenia sein. Sie suchte mich.
Ich schluckte und versuchte vergeblich dieses hässliche Gefühl in mir zu vertreiben.
Vielleicht war es sogar besser wenn sie mich fand? Sie würde mich vermutlich töten müssen.
Mein Leben für die anderen fünfzehn, die ich beendet hatte. War das nicht eine gerechte Strafe?

Das Ehepaar schwieg eine Weile und Magret sprach plötzlich mich an: „Ich denke du solltest nicht im Dunklen irgendwo hingehen, falls du das mal vorhaben solltest. Ich denke, dass ist momentan nicht sicher."
Fast hätte ich bitter aufgelacht. Ich war dieses Monster vor den man sich schützen sollte und sie hatte keine Ahnung, dass sie und ihre Familie schon längst in Gefahr waren.
„Ok", mehr konnte ich nicht sagen. Ein Gewicht schwer wie Blei drückte auf meine Brust.

Ein sorgenvolles Schweigen hatte sich über uns gelegt, was meine Gedanken nur noch lauter wirken ließ.
Ich bin ein Monster. Eine Mörderin.

„Aber es gibt auch eine fröhliche Nachricht: Bald ist das Erschaffungs-Fest!", Magret durchbrach die Stille und schaffte es sogar zu lächeln.
Dankbar für das neue Thema sprang ich sofort darauf an: „Was ist das?
Überrascht zog sie die Augenbrauen hoch: „Du kennst es nicht?"
Ich schüttelte den Kopf und drehte verlegen das Glas herum. „Ich habe erst später erfahren, dass ich eine Elementes bin. Teilweise ist einiges neu für mich."
Magret, die bis eben gestanden hatte, setzte sich nun neben Erik, der inzwischen einen anderen Artikel las. Ich warf kurz einen Blick auf die Titelseite und schaute schnell wieder weg. Ich wollte nicht wissen, was sie sonst über mich geschrieben hatten.

„Am Erschaffungs-Fest wird die Erschaffung von uns gefeiert. Wir ehren die ersten Mächte des Universums. Vor allem die Scheinende, aber auch den Dunklen Mond. Er hat ja auch bei der Erschaffung der Welt geholfen.", erzählte Magret und ich musste den Blick senken. Eine Feier mir zu ehren?
„Am Tag wird die Scheinende gefeiert und es geht sehr fröhlich zu. Alle tragen weiße Sachen zum Zeichen der Reinheit und des Guten, was die Scheinende verkörpert. Viele flechten sich Blumen in das Haar, als Zeichen von Leben. Es gibt überall leckeres Essen, es wird ausgelassen getanzt und es gibt einige Shows und Wettkämpfe.", sie erzählte es mit einem vorfreudigen Funkeln in den Augen. Es hörte sich auch wirklich schön an.

„Und wie wird der Dunkle Mond geehrt?", fast traute ich mich nicht die Frage zu stellen.
„Sobald die Sonne sinkt und der Mond aufgeht, schmieren sich die Leute schwarze Farbe auf die weiße Kleidung, da der Dunkle Mond ein Geschöpf der Nacht und Dunkelheit ist.", ergriff nun Erik das Wort, „Die Blumen werden aus dem Haar genommen und durch dunkle tote Äste ersetzt. Der Dunkle Mond ist auch das Zeichen des Bösen und des Todes. Jeder schreibt eine Schuld oder eine Sünde, die man begangen hat auf ein Blatt Papier und wirft es in das Feuer. Man hofft so das pure Böse zu besänftigen. Mit den Geschichten böser Taten."

Ich nickte den Kopf, als Zeichen das ich alles verstanden hatte. Ein Geschöpf der Dunkleheit und Zeichen des Todes. Das mit dem Tod passte ja.
„Wann?", fragte ich, während ich überlegte, was ich darüber denken sollte.
„In sechs Tagen.", antwortete jetzt Magret, „Wir haben da geschlossen. Du kannst den Feiertag also in vollen Zügen genießen."
Ich war mir immer noch nicht sicher, ob ich mich freuen sollte oder nicht.
„Alles klar."
„Für dein Kleid kannst du morgen mit Josephine mitgehen.", schlug Magret vor, was sie für eine gute Idee hielt, „Sie wollte sowieso gehen."
Ich zuckte die Schultern und nickte. Dagegen hatte ich nichts und mir war eigentlich jede Ablenkung recht. Bloß keine Ruhe, denn dann könnte ich die Gedanken und Erinnerungen nicht ausblenden.

Pünktlich zu den Öffnungszeiten tauchte Camilia auf und zusammen begannen wie zu bedienen. Am Anfang waren es nicht viele, aber je mehr Zeit verstrich, desto mehr Leute kamen um sich etwas zu gönnen. Offengestanden hielt ich nich so viel von Alkohol und mit fünfzehn rührte ich auch keinen Tropfen an.

Ich hatte immer noch Probleme Camilia anzuschauen ohne dabei das Mädchen, das mein erstes Opfer gewesen war, zu sehen. Besonders jetzt, wo der Zeitungsbericht die Erinnerungen wieder aufgewühlt hatte. Es waren erst fünf Tage vergangen und ich hatte noch absolut nichts verarbeitet. Falls ich das je könnte.

Es war nur noch eine Stunde bis zum Schluss und eine kleine Truppe Männer und Frauen waren vermutlich gekommen, um ein bisschen zu feiern. Vielleicht einen Geburtstag oder so.
Jedenfalls hatten viele Rotwein bestellt und so trug ich ein Tablett mit den Wein gefüllten Gläsern zu dem Tisch.

Von den Gedanken über mich und die Schule abgelenkt, merkte ich nicht wie jemand seine heruntergefallene Gabel vom Boden aufhob und ich stolperte über den ausgestreckten Arm. Mit einem Aufschrei knallte ich hin und das Tablett mit den Rotwein flog in die Luft. Ein paar der Gläser landeten auf mir und die restlichen fielen auf Camilia, die gerade vorbei kam oder zerbrachen mit einem Klirren auf dem Boden.

Mit heißen Wangen schaute ich an mir herunter und erstarrte. Ich war befleckt mit dem roten Wein und  von meinen Haarspitzen tropfte es runter. Auf dem Boden hatte sich eine rote Pfütze gebildet und als mein Blick zu Camilia glitt, wurde mir augenblicklich schlecht. Bei ihr auf der Bluse prangte ein großer dunkelroter Fleck auf der Brust, als hätte ihr jemand ein Schwert in die Brust gerammt.
Wie ich den Schülern.
Obendrein sah sie auch noch aus wie die rothaarige Schülerin.

Der Wein sah aus wie das Blut der Schüler. Es war an meinen Händen, auf meiner Kleidung, an meinen Haar, auf den Boden und überall.

Camilia kniete sich besorgt vor mich: „Du bist so blass. Ist alles in Ordnung?"
Ich tat den Fehler sie anzusehen und sofort stiegen wieder Bilder auf, wie ich das Mädchen bis zu Tode quälte. Bis das Licht in ihren Augen erlosch.
Ich sprang auf und flüchtete aus dem Saal. Die Blicke, die mir folgten nahm ich nicht mal wahr. Ich rannte die Treppe hoch und verschloss mich in meinem Zimmer.

Dort lies ich mich zitternd die Tür runter rutschen und zog die Beine an die Brust. So als würde ich so das schwarze Loch in meiner Brust verschließen.

Ich hatte fünfzehn Leute auf dem Gewissen, war das gefährlichste und meist gesuchte Monster der Elementes und mir saßen die Hunter und Alenia im Nacken.
Der Wein tropfte immer noch an einigen Stellen von mir runter. Ich wusste, dass es nur Wein war, aber ich sah mich trotzdem wieder blutbefleckt und mit meinem beschmutzen Schwert vor meinem inneren Auge.

Voller Abscheu betrachtete ich meine roten Hände. Was war ich nur für ein Monster? Fünfzehn unschuldige Leben ohne mit der Wimper zu zucken auszulöschen? Dazu hatte ich noch Kova und Lexie verletzt. Und das obwohl sie meine engsten Freundinnen waren!
Ich ballte meine Hände zur Faust.
Und Alenia hatte ich mit meinen Schatten weh getan.
Die leblosen Gesichter meiner Opfer zogen einzelnd an mir vorbei und mit jedem Gesicht breitete sich die Kälte in mir mehr aus. Mit jedem Gesicht wuchs der Hass auf mich selbst.

Ruckartig stand ich auf und lief ins Bad, um mir den Wein abzuwaschen. Vor den Waschbecken schaute ich mir ins Gesicht. Die stumpfen dunklen Augen, das blasse Gesicht und die schwarzen Haare, an denen das Blut geklebt hatte.
Düster schaute ich mein Spiegelbild an. Das Gesicht einer Mörderin.

Im Spiegel konnte ich eine Schere auf der Fensterbank hinter mir sehen. Mir war egal, warum die da lag oder wem sie gehörte und ich griff danach.
Ich packte meine in Wein getränkten Haare und setzte die Scheere an. In einem Atemzug schnitt ich die schwarzen feuchten Haare ab. Sie fielen auf dem Boden und blieben dort liegen.

Als ich diesmal in den Spiegel blickte schaute mir immer noch die gleiche Mörderin entgegen, aber mit Haaren, die bis zur Wange reichten.
Ich wusste nicht, was es war, aber es fühlte sich besser an. Diese Haare würden nie wieder blutgetränkt sein. Nie wieder.

Ich sammelte meine alten Strähnen auf und schmiss sie in den Müll.
Dann zog ich mir schnell meine Sachen aus und sprang unter die Dusche. Ich schrubbte mich ab und stieg komplett sauber, auch wenn ich mich immer noch schmutzig fühlte, aus der Dusche. Ich zog mir frische Arbeitskleidung an und setzte mich schlaff auf das Bett.
Vielleicht hätte Devon mich töten sollen, als er mich im Wald attackiert hatte? Dann würden fünfzehn Elementes jetzt noch Leben.

Ich wusste nicht wie lange ich dasaß und ins leere starrte, aber irgendwann klopfte es an der Tür.
„Dahlia? Hier ist Magret. Darf ich reinkommen?"
Ich stand auf und schloss auf. Dahlia. Wie konnte ich nur den Namen meiner Freundin beschmutzen indem ich mich damit tarnte?

Mit verschlossener Miene, damit man mir nichts ansah, öffnete ich die Tür und eine besorgte Magret kam zum Vorschein. Ich wartete schweigend bis sie etwas sagte.
Magret betrachtete überrascht meinen neuen Haarschnitt, sagte dazu allerdings nichts.
„Was ist los? Camilia hat erzählt, du hättest das Tablett mit den Wein umgekippt und bist dann geflüchtet." Ich schluckte. Wie sollte ich das erklären?

„Ich wollte mir schnell andere Kleidung holen.", ich deutete auf meine neue Arbeitskleidung, „Und es war mir peinlich." Meine Stimme hörte sich seltsam stumpf an.
Magret schaute mich nicht gerade überzeugt an.
„Willst du darüber reden?", bot sie mir sanft an aber ich schüttelte den Kopf. Ich konnte ihr nichts davon erzählen. Niemanden konnte ich erzählen, dass ich der Dunkle Mond war. Sie würden mich alle hassen und mich rausschmeißen.
Ich hatte sie alle lieb gewonnen, besonders Carisa. Sie sollten mich nicht hassen.

Magret legte sanft die Hand auf meine Schulter: „Ich weiß zwar nicht war dich dazu veranlasst hat aus dem Saal zu stürmen und für Stunden in deinem Zimer einzusperren, aber falls du mal jemanden zu Reden brauchst, bin ich für dich da.
„Danke", flüsterte ich. Das hatte ich nicht verdient.
Sie umarmte mich plötzlich und ich war zu überrascht um zu reagieren.
Sie lies mich los und trat einen Schritt zurück.
„Geh schlafen und erhol dich. Wir haben eh schon geschlossen", sie lächelte mich ein letztes Mal an, dann ging sie wieder die Treppe runter.

Ich schaute ihr eine Weile nach.
Hätte ich mich nicht geborgen fühlen sollen, als sie mich umarmt hat? Oder dankbar?
Ich hatte gar nichts gefühlt, außer das kalte Loch in meiner Brust.
Und das machte mir Angst.

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