Ja, was fühle ich?
Da war es aber auch schon vorbei.
„Bist du dir sicher Brooke? Ich meine wir sind schon so-"
Wie bringt man einen geschwätzigen heißen Typen zum Schweigen? Genau, man fängt an mit ihm rumzumachen.
Vielleicht war es ein Fehler ja, vielleicht hatte es noch Konsequenzen, aber man kennt mich ja schon. Erst im Nachhinein werde ich mir darüber bewusst.
Mein Körper an seinen gepresst ließ ich mich von seinem Kuss einnehmen. Er konnte es ziemlich gut, genau wie alle hübschen Jungs, aber Jace war-
Brooke!, schrie mich mein Engel an. Scheiße warum verglich ich ihn bitte mit Jace? Das war doch bescheuert!
Einfach weiter küssen! Dann merkt er nichts. Sonst wäre er bestimmt nur sauer und wir haben uns gerade erst vertragen.
Als wir uns keuchend voneinander lösten, ließ ich mich auf ihn sinken und legte den Kopf auf seiner Brust ab.
Jetzt hab ich's! Ich fühle mich schlecht.
Schlecht, weil ich an Jace gedacht hatte und schlecht, weil ich es nicht hatte genießen können. Scheiße, ich wusste, ich hätte es nicht tun sollen.
Gib ihm eine Chance!, flüsterte es in mir. Ja! Vielleicht überraschte er mich und wir kamen noch richtig zusammen und waren verliebt und-
Stopp! Hör jetzt auf zu denken! Ich Idiotin mache immer alles kaputt.
*
Ich saß in dem großen Zimmer von Mason und tippte an seinem Schreibtisch unsere Präsentation ein, während Mason trinken holte.
Keine Ahnung, was das zwischen mir und Alec war. Wir hatten einfach weiter gekuschelt und keiner hatte ein Wort verloren. Heute hatte er mir zwar eine guten Morgen Nachricht geschrieben, aber das hatte er schon öfters getan.
Ich konnte mich nicht konzentrieren während ich versuchte zu verstehen, warum verdammt die Deutschen den Genitiv hatten. Denn ich wusste noch nicht mal, was das ist!
Welcher Idiot erfand sowas?
„Immer noch nicht weitergekommen?", fragte Mason, als er grinsend mit Eistee zurückkam.
„Nein. Verstehst du das? Für mich könnte es genauso japanisch sein.", sagte ich und runzelte die Stirn.
Mason nahm sich einen Stuhl und glotzte mit mir auf den Computer.
„Es ist ganz einfach." Er begann zu tippen. „Den Genitiv kannst du mit der Frage Wessen? in den Sätzen bestimmen. Er wird mit Artikeln und einem s bei den Wörter gebildet..."
Alles, was ich verstand, war keine Ahnung, blabla ich will nach Hause Bahnhof.
Trotzdem nickte ich und hörte - oder versuchte - ihm zuzuhören.
„Aha.", machte ich an Ende seines kleinen Vortrags und er tippte ab jetzt. Später würde ich nur vorlesen müssen. Wir durften ja sogar auf englisch präsentieren.
„Du hast immer noch keinen blassen Schimmer, hab ich Recht?", fragte er und grinste mich an. Er sah richtig gut aus mit dem blonden Haar und diesen Wahnsinnsaugen. Dieses dunkle und tiefe Blau...
„Ja, ehrlich gesagt bin ich echt schlecht in Sprachen.", gab ich zu und lächelte etwas schief.
„Wie wärs, wenn ich den Part mit der Vorbereitung übernehme und du präsentierst einfach das meiste?", schlug er vor und tippte eifrig weiter.
„Ja, das liegt mir etwas besser.", stimmte ich zu und lehnte mich zurück.
*
Der Sonntag verging recht langsam und noch immer hatte ich keine Ahnung, was mit Alec und mir war. Wünschte ich mir da was? Oder nicht? Ehrlich gesagt hätte ich nicht verwirrter sein können.
Deshalb verbrachte ich den halben Tag im Bett und blieb einfach chillend zuhause. Es fühlte sich gut an, nichts zu tun.
Als ich dann am Montag wieder in die Schule kam, erwarteten mich schon die Dramen.
Alec begegnete ich auf dem Flur und bevor ich irgendwas Peinliches sagen konnte, hatte er mich schon geküsst und dann meine Hand genommen. Wir liefen gemeinsam zu Bio und er musste dann leider weiter.
„Wir sehen uns spätestens in der Mittagspause.", rief er mir von weitem zu und ich lächelte ihn an.
Jesse bemerkte sofort, dass ich auf Wolke sieben saß. „Was ist denn mit dir passiert?", fragte sie lachend.
„Naja, am Freitag hab ich mich mit Alec vertragen und jetzt sind wir irgendwie zusammen.", erklärte ich etwas verlegen.
Jesse Augen weiteten sich enorm. „Du bist mit Alec zusammen?", sagte sie so laut, dass sich einige andere Schüler interessiert zu uns drehten.
„Shhhht!", fuhr ich sie an und wir steckten die Köpfe zusammen. Der Lehrer bemerkte uns gar nicht.
„Es ist irgendwie passiert.", flüsterte ich. „Er liebt mich ja schon lange und ich hab mich unserem Kuss hingegeben und jetzt versuchen wir es eben."
„Das ist ja süß.", schwärmte Jesse mit leuchtenden Augen. „Beste Freunde finden sich nach so langer Zeit." Sie formulierte es so, dass es wie eine Schlagzeile klang, was mich zum Grinsen brachte.
„Hast du das von Jace eigentlich schon gehört?", fragte sie mich dann.
„Was?" Mir wurde flau im Magen.
„Na, auf seiner Party hat er sich wohl mit einem Typen geschlägert. Carsen hat ein blaues Auge und Jace ist wieder da, mit einer Schramme auf der Wange."
Meine Augen wurden riesig und mir blieb der Mund offen stehen. Was ich Jesse nämlich nicht sagte, war, dass ich ja dabei gewesen war, aber er danach keine Schramme gehabt hatte. Irgendetwas war doch hier falsch! Aber erst musste ich mit Jace darüber reden.
*
In der großen Pause aber, erwartete uns schon die nächste Überraschung. Während wir wie so oft an unseren Platz bei einer Baumgruppe standen, fiel mir plötzlich ein Pärchen ins Auge. Und nein, nicht Amber und Alec, sondern Amber und Caine.
Ich schlug Jesse auf den Arm. „Sieh mal! Ich glaube, die sind wieder zusammen!"
Jesse Kopf flog in deren Richtung und ihr Blick verfinsterte sich. „War ja klar.", sagte sie nur.
„Alles in Ordnung?", fragte ich sofort, weil ich natürlich mitbekam, dass es das nicht war.
"Ach weißt du, als du mit Mason auf der Party verschwunden bist, haben Caine und ich uns eigentlich gut verstanden. Aber naja." Sie zog die Augenbrauen hoch und schaute so nach dem Motte tja-Pech-gehabt.
"Oh süße! Mit dem wäre keine Beziehung möglich. Außerdem stehst du doch eh auf Jace.", versuchte ich sie aufzuheitern.
"Genau wegen Caine zweifle ich es eben an."
"Moment! Meinst du Jace ist Geschichte?", fragte ich schockiert und versuchte meine plötzliche Erleichterung zu verstecken. Verdammt, was ist denn los mit mir?
"Ja denke schon.", antwortete sie leicht lächelnd.
Ich wurde im nächsten Moment leider Zeuge wie Amber ihre hellbraunen Haare zurückwarf und uns mit selbstgerechtem Grinsen musterte.
Klar, die Schlampe fühlt sich wieder besser als jeder andere!
Es ging nicht anders, ich verdrehte automatisch die Augen, aber da war ihre Zunge wieder in Caine's Mund.
*
Ich lief die Treppen runter, um Alec in der Cafeteria zu treffen, aber als ich unten im großen Flur ankam, sah ich Jace Richtung Bibliothek laufen.
Nein! Da täuschte ich mich sicher nur.
Es gefiel mir nicht Alec warten zu lassen, aber wenn es wirklich Jace war, musste ich unbedingt mit ihm reden. Über seine Schramme oder die Sache mit meinem Bruder. Eigentlich sollte er noch eine Menge von mir zu hören bekommen und ich war fest entschlossen es ihm endlich ins Gesicht zu sagen.
Vor der großen Tür blieb ich kurz stehen. Sie war aus dunklem Holz und die Mitte oben am Bogen über den beiden Türen war mit einem geschnitzten Buch versehen. Es schlug die Seiten wild durcheinander, als würde der Wind hindurch wehen.
Ganz langsam öffnete ich die Tür und wunderte mich, wie leise es war. Ich wusste nicht, ob ich jemals schon in der Schulbibliothek gewesen war.
Die großen Regale raubten mir sofort den Atem. Im Lesen hatte ich nie wirklich etwas Besonderes gefunden, aber wie die Bücher hier gefühlt bis in den Himmel ragten, war so beeindruckend, dass ich mir am liebsten eins geschnappt hätte und mich darin verloren hätte.
Aber nein keine Zeit! Konzentration Brooke!
Die kleine Frau hinter dem Tresen, bei der man die Bücher ausleihen konnte, schaute nicht mal auf, als ich näher kam. Sie schien sehr in Gottlose Küsse vertieft zu sein.
In mich hinein grinsend ging ich weiter. Wo war Jace bloß hin? Es gab hier gefühlt dreihundert Nischen. Wo sollte ich jetzt anfangen zu suchen?
Immer wieder spähte ich unauffällig um ein paar Ecken, aber entweder war der Tisch leer oder ein Streber las gerade. So wurde das sicher nichts werden.
Mir fiel sofort das Kichern auf, welches die Stille füllte wie Wasser ein Glas.
Es klang nach einem jungen Mädchen. Ich kannte sogar die Stimme, aber niemals hatte ich sie jemals kichern hören.
Um meine Vermutung zu bestätigen, schaute ich unauffällig zwischen den Regalen durch. Sie gaben genau den perfekten Spalt zum Beobachten frei.
Tatsächlich Ellison Maze, die Streberin, die mit 16 bei uns im Senior Year war, saß dort mit Jace Blaak.
Sie rückte sich die Brille zurecht und strich mit den Fingern durch ihre hellblonden Haare. Ihre Augenfarbe kannte ich nur aus Entfernung, aber Jesse meinte, es wäre blaugrau.
Ellison amüsierte sich wirklich gerade mit Jace. Sie saßen auf einer Couch und rissen alberne Witze. Sogar Jace sah sehr glücklich aus. Wie lange ging das denn schon?
Und die viel wichtigere Frage! Was mache ich hier eigentlich gerade und warum interessiert es mich?