Die Verlierer - Könige der Pl...

By traumjaegerin

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[TEIL 1] Man soll sich seine Freunde nah halten und seine Feinde noch näher. Das ist Jays Devise, denn immerh... More

1 | Gewinnen
2 | Mutig oder verdammt dumm
3 | Alkoholische Freiheiten
4 | Keine Regeln
5 | Alles nur ein Spiel
6 | Saufen und scheitern
7 | Respektlos
8 | Kleinkriminell
9 | Kippen, Vokabeln, Planlosigkeit
10 | Respekt durch Freundschaft
11 | Mathe und MDMA
12 | Saufen im Kinderzimmer
13 | Kontrollverlust
14 | Von Katzen und Katern
15 | Nur bis Physik
17 | Chancen und Niederlagen
18 | Federico geht saufen
19 | Jenseits von Moral
20 | Warum Schwänze verdammt praktisch sind
21 | Titten oder Teleskope
22 | Auf anderen Planeten
23 | Kein Platz für Freundschaft
24 | Das Gesocks und seine Paläste
25 | Unbesiegbar
26 | Gemeinsamkeiten
27 | Ballerspiele und Gangsterfilme
28 | Ekstase
29 | Blaues und rotes Licht
30 | Gefrorene Kirschtorte
31 | Ehrgeiz
32 | Fast Freunde
33 | Ritalin und Rumcola
34 | Genauso grob, genauso rücksichtslos
35 | Zukunftsvisionen
36 | Koste es, was es wolle
37 | Distanz
38 | Woran denkst du beim Wichsen?
39 | Keine Könige mehr
40 | Sternenscheiß
41 | Kotze im Papierkorb
42 | Niemals entschuldigen
43 | Viel zu schön
44 | Ekelhafte Sommernächte
45 | Dreiste russische Schönheiten
46 | Voll schwul, Alter
47 | Am besten keine Gefühle
48 | Gewaltfrei
49 | Keine Kompromisse
50 | Das machen Freunde nicht
51 | Wodka Melone
52 | Niemals
Tausend-Follower-Special
Ankündigung

16 | Zwischen Gewalt und Ganja

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By traumjaegerin

»Ich hasse Tommy. Er ist so ein Idiot«, hatte Lexie ein paar Tage später mit aufgewühlter Stimme auch erkannt. Ich war gerade vom Training gekommen und lag verschwitzt auf meinem Bett, sie hing in meinem Zimmer rum. Im Fernseher lief mit Stirb Langsam ein Film, den ich schon ein paar Mal gesehen hatte, aber immer noch feierte.

»Ja, wow, jetzt merkst es auch mal.« Selbstgefällig hob ich meine Augenbrauen, ohne meinen Blick von dem Bildschirm zu lösen.

»Geht's dir eigentlich immer nur darum, Recht zu haben?«, fuhr Lexie mich wütend an. Hatte die ihre Tage oder was sollte die Scheiße?

»Fresse jetzt, die Szene da is' geil«, gab ich zurück. Griff nach der Fernbedienung und stellte den blechernen Ton ein wenig lauter. Schussgeräusche erfüllten das dunkle Zimmer, als John McClane gegen die Gangster kämipfte.

Als der Film durch Werbung unterbrochen wurde, warf ich meiner Schwester, die in den letzten Minuten verdächtig still war, einen kurzen Blick zu. Sie steckte in ihrem übergroßen Schlafshirt und saß auf dem Boden, das rechte Bein angezogen und mit den Armen umschlungen. Das Gesicht hatte sie in ihrer Ellenbogenbeuge verborgen. Untypisch für sie.

Ich drehte die Lautstärke wieder runter. »Was'n mit dir?«

»Nichts.«

Lexie wischte sich über die Augen und starrte auf die Kuschelsocken an ihren Füßen, zupfte an deren Saum herum.

»Heulst du jetzt?« Skeptisch zog ich die Brauen hoch.

»Quatsch.«

»Sag' mir jetzt, was du hast!« Ich drehte mich auf den Bauch und rutschte ein wenig über mein Bett, um sie fest am Arm packen zu können. Sie so zu zwingen, mich anzusehen.

»Lass mich, Jay.« Lexie wimmerte jetzt richtig und riss sich von mir los.

»Alter«, seufzte ich. War mir schon zu anstrengend diese Scheiße. »Dann halt nicht.« Ich wandte mich wieder dem Fernseher zu. Noch immer lief Werbung, in der eine hässliche Fotze Anti-Aging-Creme anpries. Als ob irgendjemand an diesen Bullshit glauben würde.

»Tommy ...«, murmelte Lexie auf einmal.

»Was Tommy?« Ich drehte mich zu ihr um. Vielleicht war diese ganze Sache doch interessanter als gedacht.

»Er ... weißt du noch, als du am Montag Training hattest?«

»Ja, keine Ahnung, ich hab' jeden scheiß Montag Training.« Ich verdrehte die Augen und schmiss gelangweilt die Fernbedienung in die Luft. Fing sie wieder auf. »Komm zum Punkt, ganz ehrlich. Ich hab keine Zeit zum Rumlabern.«

»Alter, du hängst vor der Glotze. Bist ja wirklich viel beschäftigt.« Sie ließ ein genervtes Seufzen von sich vernehmen .

Der Blick, mit dem ich sie ansah, war warnend. Sie wusste ganz genau, dass dies ihre letzte Chance war, mit der Scheiße rauszurücken. Ich ließ nicht mit mir spielen, verdammt.

»Er hat mich ... angefasst«, murmelte Lexie und pulte an ihrem Zehen herum.

»Ja, wow, und jetzt heulst hier rum oder was?« Gehässig lachte ich auf. Sollte sie mal kein so ein Drama machen.

Ihre Hände zitternden, als sie sich damit durchs Gesicht fuhr. »Nicht nur angefasst ... hatte seine ekelhaften Finger schon in meiner Unterhose, okay? Und ... ich ... hab seinen Schwanz gefühlt ... ist dir klar, wie schlimm das für mich war? Ich konnte mich nicht wehren. Wusste gar nicht, was hier abgeht ... was er will. Mann, er hat mich auch nicht mehr losgelassen ... und nur weil Mama zufällig früher nach Hause gekommen ist, konnte er nicht ... konnte nicht ... du weißt schon«, erzählte sie stammelnd.  

Ich nickte, während meine Gedanken längst der Frage galten, wie ich all das für mich nutzen könnte. Das verfickte Schicksal hatte mir gerade in die Hände gespielt. 

»Mann, du bis' so'n Wichser, versuchst ja nicht mal, mich zu trösten.« Lexie verschränkte die Arme vor der Brust und blinzelte angestrengt, als wollte sie um jeden Preis vermeiden, dass ihr die Tränen über die Wange liefen. Jetzt, wo ich alle nötige Informationen hatte, wurde mir ihr Drama schon wieder zu dumm.

»Hättest halt mal früher auf mich gehört. Ich hab dir gesagt, dass der Typ scheiße ist.« Schulterzuckend stellte ich den Fernseher wieder lauter. »Außerdem geht's doch nicht um Worte, sondern um Taten. Werd den kaputtboxen, wirst schon sehen.«

Das siegesgewisse Grinsen, das über mein Gesicht huschte, konnte ich mir nicht verkneifen. Jetzt wäre es eine Leichtigkeit, Tommy loszuwerden, ganz ohne großes Zutun meinerseits.

Da sollte mal einer behaupten, dass ich das Glück nicht für mich gepachtet hatte.

Ich beschloss, mich direkt an Tommy zu wenden. Da hatte ich bessere Erfolgschancen als bei meiner Alten, die in ihrem Liebeswahn eh diesem Hurensohn Glauben schenken würde. Wir beide waren ihr doch ohnehin egal, da hatte es auch keinen Wert. Sie würde ihn bestimmt nicht rausschmeißen.

Ich musste die Sache alleine in die Hand nehmen, so wie es immer schon gewesen war.

So weit, so gut. Aber dann tauchte der Wichser in den nächsten Tagen einfach nicht mehr bei uns auf.

»Wo steckt'n eigentlich Tommy?«, fragte ich beiläufig, als meine Mutter wieder mal am Esstisch saß und rauchte. »Hast du endlich eingesehen, was für ein Dreckskerl er ist?«

»Er is' Fernfahrer, darum is' er immer einige Tage weg«, erzählte sie und aschte in die leere Plastikschale, in der noch die Reste vom Fertigsalat klebten. »Und red' nicht so von ihm, er ist ein guter Mensch!«

Ich ließ sie labern. Das Wochenende war sowieso da und damit stand die Party von Rashids Kumpel vor der Tür. Es war Zeit für Wichtigeres.

Es stank nach Pisse und Müll auf dem versifften Spielplatz. Noch immer war die Luft kalt, aber weil es langsam Frühling wurde, roch sie frischer. Ein wenig zumindest, voller Abgase war sie natürlich trotzdem.

Rashid lag fast auf Nadja, begrub sie auf der verrosteten Drehscheibe unter sich, als ich die beiden am Freitagabend auf dem kleinen Spielplatz ein paar Straßen weiter traf. Die beiden fummelten aneinander rum, während ich mit der Wodkaflasche in meiner Hand über den morschen Holzzaun sprang. War eine Abkürzung, wenn man nicht den ganzen Weg außen herumgehen wollte.

»Hey«, grinste ich und zog mich neben den beiden auf das Karussell hoch. Knarzend begann es sich unter dem zusätzlichen Gewicht ein wenig zu drehen.

Was juckte es mich, dass Rashid dank mir sie erst später ficken würde. Er hatte ja gewusst, dass wir uns treffen würden, sein Pech. Irgendwann würde sowieso ich derjenige sein, der sie fickte.

Erschrocken löste sich Rashid von seiner Freundin. Die dagegen bemühte sich noch nicht einmal um Eile. »Hey, Jay«, grinste sie und zog in aller Ruhe ihre Strumpfhose wieder hoch, dann ihren Jeansrock runter.

»Du bist viel zu früh dran, Alter«, lachte Rashid, während die Beule in seiner Jogginghose langsam zurückging. Sein Blick wirkte schon ziemlich stoned mit den Augen, die weiter geschlossen als üblich waren. Ich nahm mir fest vor, heute endlich an Gras zu kommen.

»Laber keinen«, lachte ich und trank einen großen Schluck Wodka, ehe ich ihm die Flasche hinhielt. »Außerdem kennste dich ja aus mit zu früh kommen.«

»Ich kann dich versichern, das tut er nicht«, grinste Nadja und legte einen Arm um Rashid, der sie auf seinen Schoß zog. Verfickte Scheiße, langsam gingen mir die beiden mit ihrer Turtelei auf den Sack.

Ich war verdammt froh, als wir schließlich bei Rashids Kumpel ankamen. Stanislaw hieß der und lebte in einem Plattenbau nahe des Stadtrandes, soweit draußen, dass dort schon beinahe das Straßenbahnnetz endete. Schon als wir aus dem Aufzug in den langen Flur traten, war die dumpfe Musik nicht zu überhören. Es war schlecht produzierter Deutschrap, der aus den billigen Boxen klang, die total übersteuerten.

Stickige Luft schlug mir entgegen, genau wie der Geruch nach Rauch und Schweiß, als ich hinter den beiden in die Wohnung trat. Dann prasselten verdammt viel Eindrücke auf mich ein.

Flackerndes Licht, das den Flur in unregelmäßigen Abständen beleuchtete.

All die Menschen, die beieinander standen. Rauchten und soffen.

Aufgestylte Schlampen waren dabei, deren Ausschnitte so tief waren, dass einem die Titten fast ins Gesicht sprangen.

An den Wänden die teils heruntergerissenen Tapeten. Typen, die so aussahen, als würden sie einen ohne zu zögern abstechen. Wummernde Bässe.

Irgendein zugedröhnter Typ, der über das Gerät, das die hässlichen Discolichter erzeugte, stolperte. Er flog auf die Fresse und wurde direkt darauf von ein paar Leute angeschnauzt.

Mit einem Mal fühlte ich mich verdammt gut, während wir uns an all ihnen vorbeiquetschten. Schließlich war keiner der anderen Wichser aus meiner Stufe hier. Nur ich. Verdammt, wie sehr sie mich doch beneiden würden, weil ich auf solche Partys ging und sie nicht.

Dorthin, wo all die Leute herumhingen, die sich entweder das Gehirn mit Drogen weggeballert hatten und all jene, die sie ihnen besorgten.

Und eines Tages würden sie alle zu mir aufsehen.

Sie alle hier.

Recht schnell hatte ich Rashid und Nadja in dem Gedränge verloren. Wahrscheinlich waren sie auf dem Klo verschwunden, damit Rashid endlich seinen Harten loswerden konnte. Wie auch immer, jetzt wo ich erst einmal hier war, konnte er mir scheißegal sein. Ich konnte auch ohne ihn mit den Leuten hier in Kontakt kommen, das war eine Kleinigkeit.

Von einem blankgewischten Regal nahm ich eine Rumflasche, in der noch ein kleiner Rest war, und streifte durch die Wohnung. Den Wodka hatten wir auf dem Weg hierher vollständig ausgetrunken, die leere Flasche hatte ich mit einem schwungvollen Wurf auf die Straße befördert.

Was juckte mich das, wenn sich irgendein Wichser total darüber abfucken würde.

In die enge Küche hatten sich ein paar Leute gequetscht. Auf dem Boden hockten ein paar, andere um den Tisch herum. Ein blondes Mädel saß auf einem rostigen Motorrad, das aus unerfindlichen Gründen hier abgestellt worden war.

Auf dem Tisch stand neben neben ein paar Alkflaschen, einem vollen Aschenbecher und einer geöffneten Chipstüte auch eine Wasserpfeife. Deren süßlicher Geruch stieg einem gleich beim Eintreten in die Nase, dichte Rauchwolken hatten sich in dem kleinen Raum verbreitet.

Ich stellte die mittlerweile leere Rumflasche ab, schnappte mir ein Bier aus einem herumstehenden Kasten und wollte den Raum schon wieder verlassen, dann blieb mein Blick an diesem einen Türken hängen. Er saß auf der Eckbank und trug eine hässliche, prollige Armbanduhr. Garantiert gefakt, aber das passte zu ihm.

Aykan, dieser Wichser.

Warum zum Fick musste der hier rumsitzen? Ich biss die Zähne aufeinander.

Verdammt, das passte so gar nicht in meine Pläne.

Im selben Moment entdeckte er auch mich. »Ja, Jay, Alter. Hey«, grinste er.

»Was machs'n du hier?«, fragte ich mit Blick auf Aykan, der nun das Mundstück der Shisha in der Hand hielt und tief inhalierte. Wie immer sah er völlig entspannt aus, als hätte er nie etwas anderes getan. Als würde er an diesen Ort gehören wie die schmutzigen Wände und die Hängeschränke der Küche, deren Türen teilweise herausgebrochen waren.

»Ja, was wohl?«, sagte Aykan und lachte. »Bin oft hier eigentlich.«

»Wer is'n der Kerl?«, grinste der Typ neben ihm. Er sagte irgendetwas auf Türkisch zu Aykan, dessen Lippen sich zu einem breiten Grinsen verzogen. Elende Bastarde.

Ich fühlte die Anspannung, die durch meinen Körper jagte. Als würde es nicht reichen, dass Aykan hier war, musste er auch noch seine vermeintliche Überlegenheit auskosten.

»Hast du nicht die Eier in der Hose, direkt mit mir zu reden, was?« Mein Blick blieb auf ihm ruhen. Einen Moment lang zumindest, vielmehr meiner Aufmerksamkeit hatte dieser aufgeblasene Proll nicht verdient.

»Ganz schön große Fresse für dein Alter«, lachte er gehässig. Er stand schwankend auf und schob die Kohlen mit einer Metallzange zurecht. Versuchte es zumindest. Auch wenn man es seiner Stimme nicht angemerkt hatte, wurde erst jetzt klar, wie besoffen er war. So sehr, dass er beinahe die Shisha umwarf und sie bedrohlich ins Wanken geriet.

Aykan streckte seine Hand noch rechtzeitig aus, um sie vor dem Fallen zu retten. Ganz toll. Hatte er wenigstens einmal in seinem jämmerlichen Leben etwas richtig gemacht.

Sein komischer Kumpel wandte sich wieder mir zu. »Kann's dir gerne übersetzen. Hab mich nur gefragt, seit wann Kindergartenkinder hier rumhängen.«

Unbeeindruckt von seiner Aussage sah ich ihn an. »Im Ernst? Hätt' dir ja schon mehr zugetraut, als andere aufgrund ihres Alters zu beleidigen. Fühlst du dich dabei nich'n bisschen scheiße?« Nach außenhin blieb ich ruhig, auch wenn alles in mir danach schrie, diesem Wichser auf die Fresse zu geben. Er hatte es mehr als nur verdient. Verdammt, ich ließ mir meine Triumphe doch nicht von solchen Kerlen zerstören.

»Willst du dich über mich lustig machen?« Er kniff seine Augenbrauen zusammen.

»Muss man nicht. Du benimmst dich wie'n lächerlicher Bastard«, grinste ich. Er brauchte gar nicht glauben, dass er sich so einen Umgang mit mir erlauben konnte.

Sein Blick verfinsterte sich, während ein anderer johlend durch die Zähne pfiff. Freute sich wohl schon auf eine Prügelei.

»Ey, ich bring' dir Pisser mal Manieren bei«, zischte er und quetschte sich an seinem Nebensitzer vorbei, ehe er schwankend vor mir zum Stehen kam. Er stieß mich grob zurück, sodass ich gegen das Motorrad taumelte. War nur dem Alk zu verdanken, sonst hätte ich besser reagiert, das wusste ich.

»Passt doch auf!«, erklang die Stimme des Mädchens in meinem Rücken.

»Lass es, Üzeyir«, kam es von Aykan. Sein Gesichtsausdruck zeigte mir überdeutlich, wie cool er sich fühlte. Als wär' er ein edler Retter, der mich aus der Scheiße ziehen würde, dabei war er nur eine verfickte Prinzessin, die sich zu gut dafür war sich zu prügeln.

»Hast ja recht. Der kleine Scheißer hätte sowieso keine Chance. Wir wollen ja nicht, dass er heim zu Mami rennen muss, was?« Üzeyir grinste und spannte seinen Bizeps an. Als wäre das etwas, womit man angeben könnte.

Bei einer Prügelei wäre mit Sicherheit ich der Stärkere, seine aufgepumpten Muskeln waren nichts im Vergleich zu den Schlagtechniken, die ich dank des Kickboxens konnte.

Vielmehr dachte ich gar nicht mehr.

Dann landete meine Faust schon in seiner Fresse. Ich war mir sicher zu hören, wie seine Nase mit einem lauten Knacken brach. Auch wenn die Musik dafür eigentlich viel zu laut war.

Üzeyir schlug zurück. Traf mich mit den Knöcheln meiner Schläfe, mein Kopf sackte einen Moment nach hinten.

Ich fühlte das warme Blut auf meiner Haut. Dann donnerte ich ihm meinen Ellenbogen auf die ohnehin schon verletzte Nase.

Schmerzerfüllt stöhnte er auf. Ich war noch dabei, meinen Triumph auszukosten, da hatte er sich schon gebückt und mir seinen Kopf in die Magengrube gerammt.

Ich stöhnte auf und krümmte mich. Verdammt, vielleicht hatte ich ihn unterschätzt.

»Auseinander, Jungs.« Aykan war aufgesprungen und hatte sich zwischen uns gedrängt. Ich ignorierte ihn und richtete mich auf. GAriff Üzeyir mit einem Uppercut an, der jedoch sein Ziel verfehlte.

Aykan hatte diesen Wichser einfach zur Seite gezogen.

»Ja, echt mal. Wir wollen alle kein Stress!«, mischte sich irgendein anderer Typ ein.

Ich spuckte in Üzeyirs Richtung auf den Boden. »Wirst schon noch sehen, ich mach' dich fertig, wenn du nochmal deine scheiß Fresse aufreißt«, drohte ich und stieß gegen einen anderen Kerl, als ich auf den Ausgang zusteuerte.

Fuck. Scheinbar hatte ich doch mehr getrunken, als mir bewusst war.

Im Wohnzimmer steuerte auf die versiffte Couch zu, auf der nur einziger Typ lag. Erst als ich ihn schon fast erreicht hatte, erkannte ich auch, warum sie bis auf ihn leer war: Er hatte gekotzt, direkt auf den löchrig en Stoff. Sein Gesicht lag in dem Erbrochenen – ich tippte auf Döner, wegen der Rotkohlstücke –, ein wenig tropfte noch aus seinem Mund.

Grob schlug ich seine Beine von dem Sofa runter, um ein wenig Platz zu haben. Der Kerl wachte nicht auf, sondern grummelte nur irgendetwas und drehte sein Gesicht zur Seite, noch weiter in die Kotze hinein. Ich ließ mich in das Polster sinken und trank aus meinem Bier, während ich meinen Blick über die Party und ihre Gäste schweifen ließ.

Langsam beruhigte sich mein Puls wieder.

Verdammt, was für eine idiotische Scheiße war das eben?

Ich hätte mich nicht auf seine Provokationen einlassen sollen. Jetzt hatte ich die Küche wie der letzte Verlierer verlassen. Gar nichts hatte mir es gebracht.

Ich unterdrückte ein Fluchen und zündete mir eine Zigarette an. Wo steckte überhaupt Rashid?

Der tauchte nicht auf. Dafür aber ein wuchtiger Araber in einem dreckigen Unterhemd. Ob es Fett oder Muskeln waren, die seine Körpermasse ausmachten, konnte man nicht so genau sagen. Wie alle hier war er älter als ich, bestimmt schon achtzehn.

Der Besoffene war mittlerweile von der Couch runtergerollt und lag zusammengekrümmt auf dem Boden, die Kotze klebte noch immer auf dem hässlich gemustertem Stoff. Der freie Platz wurde direkt von dem dicken Typen in Beschlag genommen.

»Hey.« Seelenruhig nickte er mir zu und ließ dann sein Feuerzeug aufflammen. Einen Moment später stieg mir der Rauch seiner Zigarette in die Nase.

»Willst du mich anbaggern oder was soll die Scheiße werden?«, fuhr ich ihn an und spuckte auf den versifften Teppichboden. Der Kerl brauchte mal keinen auf Freundschaft machen, wir kannten uns nicht.

»Bisschen entspannen würd' dir mal guttun, Bruder.« Er klopfte mir auf die Schulter und gottverdammt, würde er die Scheiße nicht sein lassen, hätte er gleich einen heftigen Kinnhaken in seiner verfetteten Fresse sitzen. Ich presste die Zähne aufeinander. »Respekt für die Sache eben. Üzeyir hat schon lange mal 'ne Abreibung verdient. Hält sich für was Besseres, wie seine ganze scheiß Sippe. Die meisten fallen drauf rein. Gehört 'ne Menge Mut dazu, sich ihm entgegenzustellen.«

Unbeteiligt packte ich meine Kippen aus und konzentrierte mich darauf, eine von ihnen zwischen meine Lippen zu schieben. Sie anzuzünden. Der Kerl sollte bloß nicht merken, dass seine Worte tatsächlich wichtig waren für mich.

Scheinbar hatte ich die Küche doch nicht als Verlierer verlassen. Und verdammt, er respektierte mich.

Natürlich kackte mein Feuerzeug in genau diesem Moment ab.

»Hast mir mal Feuer?«, fragte ich ihn, ohne auf sein Gelaber einzugehen. Er warf es mir zu, es war ein schweres, silbernes Sturmfeuerzeug. Ich zündete meine Kippe an, ehe ich es ihm wiederreichte.

»Wie heißt'n eigentlich? Ich muss ja wissen, auf wen ich zählen kann, wenn ich diesen dreckigen Hurensohn fertigmache.« Der Typ verzog seine Lippen zu einem breiten Grinsen und offenbarte so den Blick auf seine Zahnlücke zwischen den Vorderzähnen.

»Jay.«

»Ich bin Tarek«, stellte er sich vor und reichte mir seine Hand. Er hatte einen lockeren Druck, der sich mit seinen verschwitzten Fingern so anfühlte, als hätte er mir gerade ein verficktes totes Tier oder so in die Hand gedrückt.

»War's das jetzt?« Ich hob eine Augenbraue und zog an meiner Kippe.

»Du bist'n respektloser Wichser. Ich mag dich«, lachte Tarek. »Das sollten wir auch besiegeln.«

»Besiegeln?« Skeptisch sah ich ihn an. Der Typ laberte ja noch mehr Bullshit als Federicos kleiner Bruder.

Mit einem leichten Grinsen im Gesicht griff Tarek in die Tasche seiner lottrigen Jogginghose mit Tarnmuster und beförderte nach kurzem Grinsen etwas hervor, dass ich dank des düsteren Lichts im Raum nicht direkt erkennen konnte. Erst dann, als er mir es beinahe direkt unter die Nase hielt.

Es war ein bläuliches Plastiktütchen gefüllt mit dem grünbraunen Kraut.

Verficktes Marihuana. Letzten Endes waren alle Pläne noch aufgegangen.

Das verdammte Glück dieser Welt gehörte eben den Arschlöchern. 

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